Kapitel 15
Für den weiteren Nachmittag hatte ich nichts geplant, außer mich in meinem Bett zu verkriechen und zu lesen. Der Wind rüttelte an den Fenstern und ein kalter Luftzug zwängte sich unter der Fensterritze hindurch. Ich zog die Decke enger um mich; der Geruch erinnerte mich an Rhian. Wo war sie nur? Ich vermisste sie schmerzlich. Wieso kam sie nicht vorbei, um mich zu besuchen? Mein Herz wurde schwer. Gerade jetzt brauchte ich sie mehr denn je. Der Wind heulte.
Da riss jemand die Tür auf und trat herein. Sofort ließ ich mein Buch fallen.
Meine Tante trat ein. „Warum bist du noch nicht angezogen? Und wieso liegst du im Bett? Na los, unsere Gäste kommen gleich!" Sie klatschte in die Hände, ich zuckte zusammen.
Reflexartig sprang ich aus dem Bett und mein Buch rutschte auf den Boden. „Wofür soll ich angezogen sein? Wer kommt gleich?"
Sie durchwühlte meinen Kleiderschrank. „Schrecklich, fürchterlich, kitschig. Hm, das hier behalte lieber ich. Ah, das ist gut." Sie zog ein mintgrünes Kleid aus dem Schrank. „Hier, zieh das an." Ich verzog das Gesicht. Die Farbe an sich war nicht schlecht, aber es hatte einen dicken Rock aus Spitze, und ich fühlte mich in diesem wie ein Spitzendeckchen. Das Kleid, das Patricia sich aus meinem Schrank genommen hatte, war ein dunkelrotes gewesen – einer meiner liebsten.
„Ich komme in zehn Minuten wieder. Dann bist du fertig. Ich schicke dir eine Zofe. Aber jetzt: Hurry up! Wir haben zum Tee geladen. Deine Großmutter will den Adel kennenlernen, wir müssen uns beliebt machen." Dann verschwand sie aus meinen Gemächern.
Es verging eine ganze Minute, in der ich auf die geschlossene Tür starrte. Ich fasste es nicht. Sie waren keinen halben Tag hier, und schon machten sie sich in den Räumen hier breit, fragten Cai nach Geld und gaben Teepartys. Immerhin eines war beim Alten geblieben. Sie kommandierten mich herum. Ich seufzte, als ich mich in das schäbige Ding quetschte.
Die Zofe – leider nicht Rhian - war mir dabei eine große Hilfe. Sie schnürte es, schminkte mich und flocht mein Haar zu einer edlen Frisur. Dann legte ich mir noch Schmuck an, und voila – ich sah aus wie ein geschminktes mintgrünes Spitzendeckchen.
Gerade noch rechtzeitig wurden wir fertig und ich hatte kaum Zeit, mich bei der Zofe zu bedanken, da holte Patricia mich ab. Als mein Blick auf Celesté fiel, klappte mir der Mund auf. Nicht nur trug sie viel mehr Schminke und Schmuck als ich, sondern auch trug sie mein dunkelrotes Kleid. Und es stand ihr außerordentlich gut. Sie sah nicht aus, als würde sie auf eine Teeparty gehen – oder vielleicht doch, wenn Männer auf den Tellern serviert würden.
„Du hast doch nichts dagegen, dass Celesté sich ein Kleid von dir geborgt hat, oder? Diese Schneiderin, noch so eine Ausländerin, hatte noch nicht ihre exakten Maße, aber da ihr ja ungefähr gleich gebaut seid, bis auf eine andere Verteilung des Körperfettes, dachte ich, das müsste schon passen."
Ich war zu sprachlos, um etwas zu sagen. Und wirklich: das Kleid saß ihr wie angegossen und betonte ihre Rundungen. Ich fühlte mich in meinem einfach nur unförmig.
Da trat Magaret auf den Flur, ihre Fingernägel wie immer perfekt lackiert und ihre Kleidung einwandfrei sauber.
Dann eilten wir durch die Flure. Eigentlich dachte ich, wir würden zum Teesalon gehen, doch Magaret peilte einen anderen Weg an. Bald schon wurden ihr die Glastüren zu einem Wintergarten geöffnet. Das Schloss hatte einen Wintergarten?
Einige Damen tunnelten sich schon auf den Sofas, manche saßen auch draußen. Als ich den Wintergarten betrat, fuhr mir sofort eine eiskalte Brise unter die Spitzenärmel. Ich schlotterte. Den Vampiren um mich herum schien die Kälte nichts auszumachen. Schnell ließ ich mich auf einen der Sessel fallen und schenkte mir Tee ein. Etwas Druck fiel von mir ab, als ich die Wirbel und die Fäden der Lebensenergie im Wasser beobachtete.
Sofort umschwärmte eine kleine Gruppe meine Familie. Celesté wurden von zwei Mädchen in Beschlag genommen, die ich als Kahleen und Morrigan 2.0 abstempelte. Die älteren Vampirdamen setzten Margaret und Patricia in ihre Mitte und banden sie sofort in ihr Gespräch ein. Meine Großmutter sagte etwas, und die Gruppe brach in Gelächter aus. Vereinzelnd wehten Fetzen von Geschichten zu mir herüber, die ich schon viel zu oft gehört hatte. Magaret war voll und ganz in ihrem Element.
Ich nippte an meinem Tee, und wenn niemand hinsah, umklammerte ich die Tasse. Meine Finger waren ganz taub, und meine Zehen würden bestimmt bald abfrieren. Ich saß etwas abseits, und jetzt, wo Frischfleisch die Runde betreten hatte, kümmerte sich niemand um mich. Auf der einen Seite war ich dankbar, da ich so der Konversation und eventuelle Anspielungen auf den Ball aus dem Weg gehen konnte. Auf der anderen Seite hätte ich auch genauso gut im Bett bleiben können.
„Lijana, komm doch hierher. Du sitzt da ja ganz alleine." Innerlich verdrehte ich die Augen, als ich die Stimme meiner Tante vernahm. Mit gesenktem Kopf erhob ich mich und schlurfte zu ihnen. Dann zwängte ich mich zwischen Patricia und eine etwas ältere Vampirdame. Dabei geriet ich leicht aus dem Gleichgewicht. Als ich mich hinsetzte, schwappte ein großer Inhalt des Kleides auf mein Kleid. Der Tee brannte sich durch den Stoff. Schnell stellte ich meine Tasse ab.
„Och, Lijana! Was machst du denn nur? Kannst du nicht mal richtig trinken?" Patricia nahm ein Taschentuch hervor und begann, über den Fleck an meinem Oberschenkel zu reiben. Röte schoss mir in die Wangen. Ich versuchte, ihr das Taschentuch aus der Hand zu nehmen, erfolglos. Einige Vampirdamen kicherten hinter vorgehaltener Hand. Meine Hände ballten sich zu Fäusten.
„Entschuldigt mich", zischte ich, stand auf und suchte das Weite. Als ich ging, hörte ich, wie meine Tante so etwas wie „Sie ist ja so empfindlich" murmelte. Das war zu viel.
Ich brauchte nicht lange, um Kahleen und Morrigan zu finden. Sie saßen etwas abseits und – danke, Aquamarin – nicht bei denjenigen, die meine Cousine umschwirrten.
Ich atmete tief durch. Ihr wollt dieses Spiel spielen? Könnt ihr haben!
Dann ließ ich mich neben Kahleen aufs Sofa sinken. „Hey, Süße! Wie geht's dir?", begrüßte sie mich und drückte mich, als hätte sie mir nicht bei unserer letzten Begegnung indirekt gedroht. „Hey, Mädels." Ich umarmte auch Morrigan. Bilder von Arthur stiegen in mir hoch, wie er mein Kleid aufschnitt und meine Haut berührte. Ich blinzelte sie weg.
„Das ist also deine Familie", fragte Morrigan. Ich nickte, und sie holte Luft, wie immer, wenn sie etwas sagen wollte. Doch ich unterbrach sie. „Ein Glück, dass heute keine Männer anwesend sind." Ich kicherte.
Die beiden warfen sich einen verwirrten Blick zu. Kahleen runzelte eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen. „Oh, ja richtig. Das könnt ihr ja nicht wissen." Ich gab mich gespielt überrascht, legte mir eine Hand aufs Dekolletee. Dann senkte ich die Stimme.
„Naja, ohne aus dem Nähkästchen zu plaudern, aber meine Cousine Celesté hat einen großen Verschleiß, was Männer angeht." Ich machte eine dramatische Pause. Kahleen und Morrigan lehnten sich vor.
„In unserer alten Heimatstadt", fuhr ich fort, „kannte sie jeden Mann persönlich, wenn ihr wisst, was ich meine. Egal ob verheiratet oder nicht." Ich schielte zu Morrigan. „Und sie hatte schon drei Abtreibungen. Das Mädchen ist erst sechzehn!"
Die beiden wechselten Blicke und schielten zu Celesté. Volltreffer! Besonders Morrigan, die mit Arthur verheiratet war, warf meiner Cousine einen feindlichen Blick zu, als hätte diese schon jetzt Augen auf ihren Mann geworfen.
Also wieso nicht noch Öl ins Feuer gießen? „Besonders auf verheiratete Männer hat sie es abgesehen." Und dann erzählte ich die Geschichte, wie meine Großmutter ihren fünften Mann beim Fremdgehen erwischt hatte, nur dass ich aus der anderen Frau Celesté machte und meiner Großmutter einen anderen Namen gab. Als ich geendet hatte, weiteten sich ihre Augen. Abwechselnd schielten die beiden zu meiner Cousine und dem Schwarm, der sich um sie versammelt hatte. Ich konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen.
Da wurde ich übermütig. „Und ich habe noch gar nicht von meiner Tante angefangen." Ich grinste, als sich ihre Augen wieder auf mich richteten. „Sie geht auf die fünfzig zu und nichts an ihr ist echt." Die beiden schnappten nach Luft. Nur mit Mühe konnte ich ein Lachen verkneifen.
Die nächste Stunde gestaltete sich deutlich amüsanter, da ich die Zeit damit verbrachte, mir pikante Details über Celestés und Patricias Leben auszudenken. Bald schon wurde ich durch Patricias nicht zu übersehene Blicke aufgefordert, mich zurückzuziehen. Höflich verabschiedete ich mich und freute mich darauf, diesen eisigen Ort zu verlassen. Als ich aufstand, hörte ich ein leichtes Knacken. Ich sah hinab. Der Fleck auf meinem Kleid war zu Eis gefroren. Merkwürdig. Ich pickte eine Eisscherbe vom Stoff und zerdrückte sie in der Hand. Es war kalt im Wintergarten gewesen, aber doch nicht so kalt. Und wenigstens meine Körpertemperatur hätte das Wasser flüssig halten oder wenigstens trocknen lassen sollen. Ich runzelte die Stirn, beschloss aber, diesen Vorfall zu vergessen.
Stattdessen konzentrierte ich mich auf meinen Sieg. Es war keinesfalls ein glorreicher Sieg, geschweige denn ein offensichtlicher. Doch meine Lügen würden schon sehr bald Früchte tragen. Ich konnte es kaum erwarten, sie zu ernten.
„Okay, Lijana! Du hast jetzt Zeit, um dich hübsch zu machen, dein Make Up aufzufrischen und dir etwas Ordentliches anzuziehen. In zwei Stunden treffen wir uns wieder hier."
„Warum?", protestierte ich und legte mein Buch aus der Hand, einen Klassiker über Kriegsführung.
„Weil es eine wunderbare laue Nacht ist, und uns einige der Vampire den Garten und das Labyrinth zeigen wollen. Und Männer werden da sein." Bei diesen Worten konnte ich mir ein Lächeln kaum verkneifen. Nun würde sich zeigen, ob meine Intrigen von gestern Früchte trugen.
Dennoch konnte ich den Ruf meines Bettes nicht überhören. Und bei der Vorstellung daran, eine Nacht draußen mit Vampiren zu verbringen, erschauderte ich. „Aber wir haben doch gestern den ganzen Nachmittag mit denen verbracht."
„Keine Widerrede! Hurry up, und wenn ich wiederkomme, siehst du gefälligst ordentlich aus. Hier!" Sie eilte zu meinem Schrank, wühlte darin herum und zog ein quietschpinkes Kleid heraus. „Zieh das an!" Dann knallte Patricia die Tür zu.
Ich sah an meinem hellblauen Lieblingskleid herunter, das ich trug, seufzte und glättete den Stoff des Alptraumes in Pink. Das würde ich garantiert nicht anziehen. Also trat ich an meinem Schrank und öffnete ihn. Mir klappte der Mund auf. Fast die Hälfte meiner Kleider fehlte. Und natürlich waren es nur Nikitas Meisterwerke und edelste Kreationen. Ich knallte die Schranktür zu. Wie konnte sie es wagen? Das waren meine Sachen, sie wurden mir geschenkt. Aus meiner Position erhaschte ich einen Blick auf mein Spiegelbild. Meine mittlerweile wieder silbernen Haare waren zerzaust und einzelne Strähnen fielen aus meinem Zopf. Flecken zeichneten sich auf meinem Gesicht ab. Meine Hände waren zu Fäusten geballt.
„Okay, Tantchen", knurrte ich. „Lass uns spielen."
Zweieinhalb Stunden später trat ich auf den Flur hinaus zu meiner Familie. „Lijana, wo bleibst du denn? Du-" Sie erstarrte. Im Sekundentakt gewann ihr perfektes Gesicht an Rottönen dazu. Ich konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen.
Meine silber gefärbten Haare waren gewaschen, gespült und gebürstet worden, und steckten nun in einem kunstvoll geflochtenen Dutt. Schmetterlinge aus Diamanten steckten als kleine Clips in meinem Haar, und ich ahnte jetzt schon, dass es durch all das Haarspray eine Qual sein würde, die wieder rauszuziehen. Ihr Gesicht war es allemal wert. Mein Make Up war kräftig, beinahe zu kräftig. Die Lippen wurden mir in einem altrosa angepinselt, die Augen waren dunkel geschminkt.
Nikita hatte noch ein Kleid für mich auf Lager. Dunkelblau und mit feinsten Stickereien am Saum, und schulterfrei. Ein absolutes Meisterwerk. Ich sah, schlicht und ergreifend, atemberaubend aus.
Das alles war aber nicht der Grund, warum Patricia gerade einen Wutanfall erlitt. Denn ich trug meine geliebte Glaskette, dazu Turnschuhe und – der eigentliche Grund – eine Winterjacke. Cai hatte mir seine geliehen, daher war sie mir an den Ärmeln viel zu lang und reichte mir fast bis zu den Knien. Schon jetzt schwitzte ich, doch sobald wir in den nächtlichen Garten gingen, würde ich dafür dankbar sein.
„Zieh sofort dieses scheußliche Ding aus! Und warum trägst du nicht dieses andere Kleid? Zieh dich sofort um!", zischte sie und machte Anstalten, es mir vom Körper zu reißen. Ich wich zurück.
„Das werde ich garantiert nicht tun." Patricias Gesicht verzehrte sich vor Wut. Ich vergrub nur die Hände in den Taschen. „Außerdem würde ich es zeitlich nicht schaffen, mich umzuziehen. Wann hat die Veranstaltung angefangen? Vor einer halben Stunde? Und schau dir meine Frisur an. Du willst doch nicht, dass ich sie ruiniere."
Da fiel mein Blick auf meine Großmutter. Magaret hatte bis jetzt geschwiegen, ihr kalter Blick ruhte auf mir. Ich zog den Kopf ein.
„So willst du dich also an der Seite deines Mannes zeigen? Wie das unkultivierte Mädchen vom Lande, das du bist? Hast du mal darüber nachgedacht, dass du nicht nur uns blamierst, sondern auch deinen Mann? Was für eine furchtbare Ehefrau du doch bist, Lijana." Mein Name aus ihrem Mund traf mich wie ein Schlag. Ich schloss die Augen, damit sie nicht sahen, wie sie sich mit Tränen füllten. Ich hatte gar nicht daran gedacht, wie sich meine Modesünde auf Cai auswirkte. Doch wenn es darum ging, ob ich ihn lieber blamierte, oder mir den Arsch abfror, dann wählte ich ersteres. Außerdem: was weißt du schon, was es bedeutet, eine gute Ehefrau zu sein? Sechs Männer sind dir weggelaufen, du altes, garstiges Weib.
„Können wir dann endlich los? Die Gäste warten auf uns." Patricia hakte sich bei Celesté unter. Da trat ich neben sie. Geräuschvoll schnupperte ich an ihr, ehe ich das Gesicht verzog.
„Was?", zischte sie.
„Naja, ist dein Parfüm nicht etwas ... lasch? Die Vampire mögen es gerne, wenn man gut riecht. Du weißt, sie haben extrem gute Nasen und werden jedes noch so kleine Schweißperlchen riechen." Ich konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen.
Ich konnte dabei zuschauen, wie die Zahnräder sich in Patricias Kopf drehten. „Was weißt du schon?", zischte sie schließlich und stakste los.
„Ja, was weiß ich schon", warf ich ihr hinterher. „Ich wohne hier ja erst seit zwei Wochen. Außerdem: mich werden sie beachten. Ich bin die Frau des zukünftigen Vampirkönigs. Ihr seid nur meine läppische Verwandtschaft." Patricia blieb stehen. Mein Lächeln wurde breiter.
„Und wenn du schon nicht unwiderstehlich sein willst, ist das ja schön und gut. Aber was ist mit deiner Tochter?" Das zog. Patricia wandte sich mir zu, dann lief sie zu ihren Gemächern. Celesté wurde wie eine Puppe mitgezogen.
Ich lächelte, bis ich realisierte, dass Magaret auch auf dem Flur stand. Alles zog sich in mir zusammen. Die Tür zu meinen Gemächern erschien mir plötzlich wie ein Rettungsanker. Da öffneten sich ihre perfekt roten Lippen.
„Weißt du, als ich so alt war wie du, war ich dir nicht unähnlich. Ich wollte rebellieren, die Regeln brechen und all den Flausen in meinem Kopf nachjagen. Ich wollte frei sein. Glaub mir, ich hatte meinen Spaß. Dann ließen sich meine Eltern scheiden. Meinetwegen. Sie verzweifelten daran, dass sie mich nicht unter Kontrolle hatten. Die Familie brach auseinander. Meine Schwester verfiel in Depressionen und musste zum Doktor –was für eine Schande." Ihr eiskalter Blick bohrte sich in meinen. „Und bald wirst du lernen, was ich zu lernen hatte. Treib es so wild du willst, aber du kannst die Regeln, in denen du lebst, nicht brechen. Und bei dem Versuch, das zu tun, wirst du nur denjenigen schaden, die die am Herzen liegen. Das ist der Preis."
Rhian. Mein Mund klappte auf. Mehr als je zuvor zweifelte ich an meiner Entscheidung. Dabei ging es nicht mehr länger um meine Jacke. Es ging um jedes Bisschen Freiheit, dass ich mir erkämpft hatte. Was dachte ich mir nur dabei? Ich hatte Gerüchte über meine Cousine verbreitet, und wofür? Damit die Gesellschaft sie ausstieß? Schnitt ich mir damit nicht nur ins eigene Fleisch? Ich schielte zu meinen Gemächern. Noch war es nicht zu spät. Ich könnte die Jacke noch ausziehen. Ich könnte meine Entscheidung, mein Vorhaben, rückgängig machen. Ich könnte eine gute Ehefrau sein, Magaret der Gesellschaft vorstellen, meine Cousine mit einem wohlhabenden Mann bekannt machen, meiner Tante Cais Geld überlassen. Ich könnte wieder ihre Marionette sein.
Da entflammte dieses eiskalte Feuer in mir, und es wehrte sich mit all seiner Macht dagegen, das zu tun. Ich war es so satt. Wie sie auf mir herumhackten, mich ausbeuteten und ausnutzten. Wie sie herumliefen, als gehöre das Schloss ihnen. Dabei war ich diejenige, die tagtäglich ihr Leben riskierte beim Versuch, Cais Seelenverwandte zu spielen. Nein. Ich hatte die Nase voll davon. Ich war nicht ihre Marionette, ich war nicht schwach. Meine Entscheidung stand fest. Wie um dies zu bekräftigen, krallte ich meine Finger in den Stoff der Taschen.
Ich wollte die Regeln nicht brechen, ich wollte sie zerstören. Ich wollte meine Familie zu meinen Füßen kriechen sehen, gedemütigt und gebrochen. Als Rache für zehn Jahre Demütigung und Zerstörung.
Patricia und Celesté kamen zurück. Schon von weitem stach mir ihr Parfüm in die Nase. Es war, als umhülle sie eine dichte Wolke. Grinsend schritt ich voran, mit erhobenem Kopf.
Lasst die Spiele beginnen.
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