Entscheidungen
Ich spürte eine kalte Hand auf meiner Stirn und schreckte auf. Belle saß neben mir auf dem Bett und lächelte mich freundlich an. Ich setzte mich langsam auf und schaute ihr in die Augen.
»Wie geht es dir?«, fragte die Frau.
»Gut«, antwortete ich.
Belle erhob sich und ging zum Fenster. »Nun gut. Dann kannst du dich fertig machen. Du musst nach Hause!«
»Und dann?«, wollte ich wissen.
»Dann versuche ich die Zeit zurückzudrehen und du kannst dein Leben weiterleben, ohne das du deine Eltern verlierst und als Verrückte bezeichnet wirst.«
»Das ist nicht dein Ernst?«, rief ich und sprang vom Bett. »Ich habe alles, wirklich alles durchgemacht. Ich habe Hindernisse aufgenommen, seit ich ein kleines Kind war, musste durch Höhen und Tiefen gehen, nur um zu erfahren, dass es wegen einer magischen Welt und dir ist und nun willst du mich fortschaffen? Soll das ein Scherz sein?«
Belle sah mich an. Sie war leicht bleich und wusste nicht, was sie sagen sollte. »Du kannst nicht hier bleiben. Du wirst alles verlieren …«
»Ich habe doch bereits schon alles verloren«, meinte ich. »Was habe ich noch zu verlieren? Meine Eltern? Die sitzen auf Mallorca und genießen ihren Drink. Meine Freunde? Außer Fanny wollte niemand mit mir etwas zu tun haben. Jack? Der hat mich leider Gottes betrogen. Nun. Sag' mir, was habe ich noch zu verlieren?«
»Es lohnt sich doch …«
»Erzähl mir jetzt nichts über das Leben. Ich habe genug gesehen!«, unterbrach ich sie sauer.
»Ach ja. Und ich nicht? Ich bin seit über 2000 Jahren auf dieser Welt. Ich kenne meine Eltern nicht, vor wenigen Jahren (für dich sind es viele) habe ich zum ersten Mal mehr als zwei Menschen gesehen, ich musste jemanden heiraten, den ich nicht liebte, ich wollte Narnia beschützen und hatte versagt. Ich habe Menschen verletzt - nicht nur einmal. Erzähl mir nicht, dass dein Leben hart war, Sally! Es gibt auch andere auf dieser Welt, denen es genauso - vergib mir für das Wort (das habe ich von dir) - beschissen geht! Überlege es dir, Sally. Ich habe kein Problem damit, aber du kannst nie wieder zurück. Behalte das immer im Hinterkopf!«
Wütend wollte Belle das Zimmer verlassen. Bevor sie dies tat, fügte sie noch hinzu: »Du hast bis heute Abend, kurz vor dem Sonnenuntergang Zeit, deine Entscheidung zu überdenken! Dann werde ich wieder Ordnung in der Menschenwelt schaffen. Narnia hat von dem Wandel ja nicht viel mitbekommen ...«
Mit einem lauten Knall fiel die Tür zu. Ich war alleine, aber irgendwie fühlte ich mich gut. Ich wusste nicht viel von Narnia, doch ich nahm mir vor später einige Leute hier danach zu befragen.
Lächelnd verließ ich das Zimmer und hüpfte leise durch die Korridore. Ich trug immer noch eine Jeans und eine karierte Bluse.
Auf einmal hörte ich ein Klirren. Ich folgte dem Geräusch. Es kam aus einem Raum fast neben mir. Leise öffnete ich die Tür. Vor mir erschien ein Schlafzimmer mit einem Himmelbett mitten im Raum. Eine Magd kehrte gerade Scherben auf und verließ - ohne mich zu beachten - hastig das Zimmer.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ein Junge auf dem Bett lag. Ich ging näher heran und sah, dass er käsebleich war. Sein dunkelbraunes Haar und sein Gesicht erinnerten mich voll und ganz an Peter, Susan und Lucy ... Moment. Ist das nicht ... Edmund?
»Was machst du hier?«, flüsterte ich und ergriff seine Hand.
Belle pov.
Ich stand im Thronsaal und lauschte Peters Schilderung, bis er fertig war. Kaspian schaute nicht glücklich drein - verständlich. Während ich 70 Jahre in einem Menschen gelebt hatte, war Narnia 70 Jahre in Stein verwandelt gewesen.
Doch mir blieb nichts anderes übrig. Ich musste die Zeit zurückdrehen, da es sonst das Gleichgewicht auseinanderbrachte. Es würde nichts passieren, aber dennoch war es ein gewagter Versuch, da ich eine solch starke Macht nie zuvor eingesetzt hatte.
»Und Sally will wirklich hier bleiben?«, fragte Lucy.
»Sie hat noch bis heute Abend Zeit, ihre Entscheidung zu überdenken«, erklärte ich und goss mir etwas zu trinken ein.
Auf einmal ging die Flügeltür auf und Teresa, die Magd, kam aufgeregt hereingerannt.
»Eure Majestäten, die ... das Mädchen ... sie befindet sich in König Edmunds Schlafgemach!«, rief sie.
Augenblicklich stürmte ich los. Als ich an Teresa vorbeiging, flüsterte sie: »Ich sollte euch doch Bescheid sagen, wenn ein unangemeldeter Gast …«
»Alles ist gut«, hörte ich Peter sagen. Ich rannte weiter bis zu Edmunds Zimmer und riss wütend die Tür auf. Sally hockte auf dem Bettrand, hielt Edmunds Hand und sang ihm leise ein Lied.
»Was hast du hier zu suchen?«, rief ich aufgebracht.
Erschrocken sprang das Mädchen auf.
»Ich ... ich ... es tut mir leid.« Sie machte mir Platz und ich fühlte die kalte Stirn Edmunds.
»Was ist mit ihm?«, fragte Sally leise.
»Das weiß ich nicht. Aber es wäre jetzt besser, wenn du gehst.«
Ich drehte mich zu ihr um und bemerkte, dass sie sich schon ein wenig verändert hatte. Ihre Züge wirkten jünger, ihre Haut blasser und die Wangen rosiger. Ich hatte sie durch meinen Geist verändert. Nicht viel, aber ein wenig. Jetzt könnte sie als meine Tochter durchgehen und nicht mehr als mein Zwilling.
Sally nickte und verschwand hastig. Dafür betrat Peter das Zimmer.
»Warum bist du so grob zu ihr?«
»Ich weiß es nicht, Peter. Wahrscheinlich ist das die Sorge um sie. Ich kenne sie seit 16 Jahren und sie ist mir ziemlich ans Herz gewachsen …«
»Dann adoptiere sie doch«, sagte Peter plötzlich und ich starrte ihn entgeistert an.
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