Kapitel 17 - Der Mann mit dem gebrochenen Herzen
"Kalormenen haben Dörfer Telmars angegriffen. Frauen wurden geschändet, die Kinder vor ihren Augen abgeschlachtet, die Männer gehäutet wie Tiere. Sie unterstehen Titanos, Kaspian. Wir befinden uns im Krieg! Wir sollten unsere Kräfte versammeln und zurückschlagen!"
Lucy sah den König Telmars eindringlich an, den Brief des Kundschafters krampfhaft in der Hand haltend. Kaspian hatte den Blick auf die Karte vor sich gerichtet. Er überlegte. Edmund und Eustachius waren ebenfalls in dem Strategiezimmer anwesend, und auch Peter, der vor dem Fenster stand, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und nach draußen blickend.
"Welche Kräfte?", gab Edmund zurück.
"Wir haben Telmar, Narnia -", begann Lucy, wurde jedoch von ihrem Bruder unterbrochen.
"Und? Niemanden mehr! Nur noch eine Handvoll Archenländer. Die Riesen, Archenland, sie stehen auf Titanos' Seite. Wir sind in der Unterzahl. Weitaus."
"Versteht ihr denn nicht? Das war der Peitschenhieb. Das war der Beginn. Er hat uns herausgefordert. Die Dorfbewohner sind eine Warnung gewesen. Wir müssen kämpfen!"
"Und uns sinnlos in den Tod stürzen?", fragte Kaspian. "Tut mir leid, Lucy, aber ich gebe Edmund recht. Wir haben keine Soldaten."
Lucy schüttelte den Kopf und strich sich eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. "Und was, gedenkt ihr, sonst zu tun?"
"Wir sollten uns ergeben." Peter wandte sich um und sah die vier an. "Wir sollten vor Titanos niederknien."
"Und ihm deine Tochter aushändigen?" Verständnislos blickte Eustachius zu ihm.
Peter antwortete nicht.
"Du hast schon lange aufgegeben, oder?", fragte Edmund seinen Bruder. "Du glaubst nicht mehr an ein Königreich."
"Woran sollte man glauben, wenn es nicht gibt, woran man glauben kann?", gab Peter tonlos zurück.
"Belle bringt das nicht zurück, wenn du alles liegen lässt!", rief Edmund.
Wütend funkelte Peter ihn an. "Erwähne nicht ihren Namen!", knurrte er.
"Warum nicht? Weil sie tot ist? Ich habe sie geliebt, Peter, wir alle haben das. Doch wir machen weiter. Wir geben nicht so einfach auf."
"Er ist mit ihr gestorben", meinte Eustachius, den Blick weiterhin auf seinen Cousin gerichtet. "Du kannst so viel auf ihn einreden, wie du willst, es interessiert ihn nicht."
"Danke, werter Cousin", sagte Peter - sein spitzer Unterton war kaum zu überhören. "Du hast recht. Es interessiert mich nicht."
"Und warum bist du dann hier?", verlangte Edmund sauer zu wissen.
"Deinetwegen." Peter trat näher. "Ich bin hier, um dir die Krone Narnias zu überreichen. Du wirst der oberste Herrscher sein."
"Wir herrschen alle, Peter", meinte Lucy.
"Aber wenn ich zurücktrete, gibt es nur noch euch beide. Susan ist mit Kaspian verheiratet. Sie hat Ansprüche auf Narnia, doch wird ihre Liebe sie stets nach Telmar ziehen. Edmund ist nun der Anführer der Armee. Ich übergebe dir alles, was mir je gehört hat - Cair Paravel, die Einsamen Inseln ..."
"Und Helena? Übergibst du mir auch deine Tochter?", gab Edmund mit einem wütenden Funkeln in den Augen zurück.
"Tu', was du willst. Händige sie aus, gebe sie in Gefangenschaft - es ist dir überlassen", meinte Peter ausdruckslos.
Fassungslos starrte Edmund den Mann an, den er einst Bruder nannte. "Sie ist kein Gegenstand!"
Peter machte eine abfällige Geste. "Deine Meinung. Es ist mir egal." Der Mann schritt zur Tür. "Das Schreiben liegt in meinem Zimmer. Mein Berater weiß bescheid. Er wird dich unterstützen." Mit diesen Worten verschwand er.
Entsetzt starrte Lucy zu der Stelle, wo soeben noch ihr Bruder gestanden hatte. "Das ist gerade nicht passiert, oder? Das hat er nicht getan."
"Tut mir leid, Lu", sagte Edmund und sah sie mitfühlend an. "Ich weiß, wie du dich fühlst. Ich dachte, unser Bruder würde nicht so sein, wie du's mir erzählt hattest, doch Eustachius hat recht: Er ist mit ihr gestorben."
"Ich kann es nicht glauben!", schrie sie und lief unablässig auf und an. "Er ... er ist ... er ist nicht mehr er selbst! Er ist krank, Lorion. Er ist krank. Er ist nicht mehr mein Vater! Es ist besser, wenn er tot wär'."
"Helena ...", versuchte der Prinz Kalormens sie zu beruhigen, doch sie hob die Hand und er schwieg.
"Nein. Nein! Ich kann nicht zulassen, dass seinetwegen meine Heimat dem Untergang geweiht ist. Wir müssen handeln. Wir müssen ..." Verzweifelt sank das Mädchen auf den Stuhl, die Hände vor das Gesicht haltend. "Ich weiß nicht, wie ... Ich weiß es nicht."
Lorion kniete sich vor sie, ergriff ihre Hände und sah sie ernst an. "Du weißt, wie."
"Nein", sagte sie hastig.
"Helena, es ist unsere einzige Möglichkeit." Der Prinz blickte zu den Büchern, die immer noch auf dem Boden lagen. "Darin steht alles, was wir wissen müssen. Jedes Mal, wenn deine Mutter die Kraft benutzt hat, wurde es aufgeschrieben. Das wird uns helfen. Wir müssen es wenigstens versuchen."
Unsicher sah Helena ihn an.
"Ich verspreche dir, dass ich dir helfen werde. Dir wird nichts geschehen."
Helena nickte. "Ich versuch' es."
Lorion lächelte. Er beugte sich hervor und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Die beiden gingen in die Gärten, um dort ungestört trainieren zu können. Helena stand wenige Meter von der Trainingspuppe entfernt. Sie wollte versuchen, sie anzuzünden. Ihre Mutter hatte des Öfteren die Elemente beeinflusst, wie Fackelschein oder Erde.
Helena konzentrierte sich auf die Puppe aus Stroh. Sie hatte die rechte Hand ausgestreckt und die Augen angestrengt zusammengekniffen. Lorion stand neben ihr, ein Pergamentstück mit den wichtigsten Informationen über die Kraft aus den Bücher in der Hand.
Als nichts geschah, atmete Helena enttäuscht aus. Sie ließ ihre Hand sinken und sah den Prinzen an. "Es funktioniert nicht."
Ratlos sah Lorion erst zu Helena, dann zu der Puppe. "Vielleicht musst du wütend sein."
Helena legte verständnislos den Kopf schief. "Wieso sollte ich wütend sein?"
"Als mein Berater dich angegriffen hatte, warst du auch wütend."
"Ich habe ihn getötet!", rief das Mädchen.
"Das ist nur eine Puppe", entgegnete Lorion.
Helena seufzte. Sie wandte sich wieder dem förmigen Strohballen zu und konzentrierte sich wieder.
"Du solltest dich vielleicht nicht so darauf fixieren", meinte der Prinz vorsichtig.
Helena ließ die Hand ein weiteres Mal sinken und sah ihn an. "Und was, soll ich, deiner Meinung nach, dann tun? Wegsehen?"
"Nein, ich meine nur -"
Die Königin wandte sich ab und er schwieg. Sie streckte die Hand aus und versuchte alle möglichen Haltungen - eine Faust, die Handfläche darauf gerichtet, nur einige Finger hebend; doch nichts funktionierte.
"Vielleicht musst du lockerer werden ..."
Helena schrie genervt auf. "Wie soll man da locker sein, Lorion? Kannst du mir das erklären? Probier es doch selbst, wenn du's besser weißt!"
In ihrem Wutanfall bemerkte sie nicht, wie Lucy auf den Weg neben die Puppe trat. Während das Mädchen sprach, entzündete sich auf einmal das Kleid ihrer Tante. Entsetzt schrie Lucy, und Helena und Lorion blickten zu ihr.
"Hol Wasser!", befahl das Mädchen und der Prinz rannte eilig los.
Helena lief zu ihrer Tante und half ihr dabei, die Flammen auszuklopfen. Als Lorion mit einem Eimer zurückkam, war das kleine Feuer bereits erloschen.
"Was sollte das?", verlangte Lucy außer Atem zu wissen.
"Das ... das tut mir ... furchtbar leid. Ich wollte nur ... Wir wussten keinen Ausweg!", versuchte Helena mit klopfendem Herzen zu erklären.
"Ich denke, das benötigt noch ein wenig Übung, aber, ja, wir kennen keinen anderen Ausweg - und das ist der einzige, der uns noch bleibt."
1173 Wörter
Hey, ho! Ich melde mich dieses Mal ein wenig früher. Was sagt ihr zu dem Kapi?
Ich habe hier auf Wattpad ein Mädchen gesehen, welches ein Video zu ihren Büchern gemacht hat, wo sie Fragen beantwortet und einige Sachen darüber sagt.
Falls ihr das auch wollt, schreibt es in die Kommis. Ihr könnt auch noch Fragen stellen :)
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro