Cair Paravel
Lucy pov.
Da Belle die letzte unseres Zuges war, kam sie auch als letzte auf der Lichtung mit der Laterne an. Ich hatte ihr einmal die Geschichte erzählt, wie ich hier Herrn Tumnus kennen gelernt hatte, als ich das erste Mal in Narnia gewesen war. Die Erinnerung an den Faun ließ mein Herz verkrampfen. Er war einer meiner ersten richtigen Freunde gewesen.
Doch jetzt hatte ich keine Zeit, um zu trauern. Wir waren zurück! In Narnia! Obwohl wir eigentlich zu alt waren.
»Kommt! Wir müssen weiter. Cair Paravel ist noch ein gutes Stück von uns entfernt!«, sagte Peter bestimmend und lief los. Wir folgten ihm schweigend.
Was sollen wir denn essen?, fragte ich mich. Ich sprach die Frage aber nicht aus, da sowieso alle angespannt waren. Wie würde wohl die Begegnung mit Kaspian aussehen? Würde er Belle oder Susan in die Arme fallen? Ich wusste, dass die Königin noch in Peter verliebt war. Das sah sogar ein Blinder.
»Wenn in Narnia Frieden herrscht, wieso sind wir dann hier?«, fragte Edmund plötzlich. Ich war so in Gedanken gewesen, dass ich das Gespräch gar nicht mitbekommen hatte.
»Das wüsste ich auch gerne!«, meinte Belle achselzuckend. Sie überholte Peter und lief voran.
»Glaube mir, ich kenne den Weg auch!«, sagte mein Bruder leicht sauer.
»Ja, aber ich kenne ihn besser«, antwortete Belle.
Susan und ich sahen uns an. Schon wieder dieser Kampf, wer der bessere sei.
Den restlichen Weg liefen wir ohne ein weiteres Wort entlang.
»Das sind wir«, erklärte Belle. Wir standen auf der Klippe und betrachteten Cair Paravel von weitem. »Kommt!« Und nun machten wir uns auf den Weg zur Brücke. Cair Paravel sah noch genauso wie damals, als wir das erste Mal in Narnia gewesen waren.
»Du hast es wieder original getreu aufbauen lassen«, stellte Susan fest.
»Ich dachte mir, wenn ich es schon meine Schuld war, dass es zerstört wurde, dann muss den Glanz auch wieder herstellen. Es hatte etwas länger gedauert. An manchen Ecken wird noch gebaut, doch man kann darin schon wieder normal leben.«
Keiner antwortete. Belle war also immer noch der Meinung, dass es ihr Fehler gewesen war, das Narnia an die Macht der Telmarer kam. Doch dies war vor vielen Jahren gewesen und eine zu lange Geschichte.
Wir kamen an der Brücke an, wo vorne zwei Wachen standen. Sie trugen die Farben Narnias und ich atmete erleichtert auf.
Als wir ihnen entgegen liefen, sahen sie uns verwundert an.
»Wir haben den Befehl -«, sagte der eine sofort.
»- niemanden durchzulassen, ohne meine Erlaubnis«, meinte Belle und drängte sich an uns vorbei. Erschrocken sanken die beiden Männer vor ihr auf die Knie.
»Eure Majestät«, flüsterten sie ehrfürchtig. »Wir dachten Ihr seid -«
»Das tut jetzt nichts zur Sache. Ich möchte zum König!«
Belle lief voran und drückte die riesige Flügeltür des Thronsaals mit beiden Händen auf. Sie hatte ja doch nicht alles so aufgebaut wie damals. Früher gab es keine Tür zum Saal. Ich nahm mir vor, Belle später noch einmal darauf anzusprechen.
Zum Vorschein kam die Halle der vier Throne, obwohl er seinen Namen nicht wirklich verdient hatte, denn eigentlich waren dort fünf. Rechts im Raum stand Kaspian vor einem Tisch, auf welchem eine große Karte lag. Er hob den Kopf und sah seine Frau erstaunt an.
»Belle!«, rief er sofort und rannte auf sie zu. Die beiden fielen sich in die Arme. Die Königin war fast zwei Köpfe kleiner als ihr Gemahl.
»Ich dachte, du seist abgehauen!«, flüsterte er in seinem spanischen Akzent. Uns beachtete er nicht. »Wo warst du gewesen? Was ist passiert?«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Susan plötzlich. Kaspian löste sich aus der Umarmung und schaute meine Schwester überrascht an.
»Und bei Gelegenheit werden wir sie dir auch erzählen. Aber zuerst müssen wir beide miteinander reden. Alleine!« Und schon wieder klang Belle zu bestimmend und gefühllos.
Kaspian sah sie verwirrt an, nickte aber dann. »Ich werde euch in eure Zimmer bringen lassen«, erklärte er. Genau in diesem Moment kam ein alter Mann in den Saal. Professor Cornelius. Der Lehrer von Kaspian!
»Willkommen zurück, Eure Majestäten!«, begrüßte er uns.
»Professor, würden Sie bitte unsere Freunde in ihre Gemächer bringen?«, fragte der König freundlich.
»Sehr wohl, Mein Prinz. Wenn Ihr mir bitte folgen würdet!« Meine Geschwister und ich taten ihm den Gefallen, auch ungern. Wir liefen quer durch den Saal und gingen durch die kleine Tür in der Nähe der Throne. Der alte Mann führte uns durch die Gänge.
»Ihre Zimmer befinden sich noch an genau derselben Stelle wie damals«, meinte er.
»Na dann weiß ich auch, wo meines ist«, sagte ich sofort. »Ich finde den Weg alleine. Danke Professor.« Erst sah er mich misstrauisch an, doch dann nickte er und ließ mich alleine im Flur stehen.
Schwerer Fehler, dachte ich grinsend und rannte den Weg zurück zum Thronsaal. Ich öffnete die Tür leise einen Spalt und stellte mich so, dass ich etwas sehen konnte, aber Kaspian und Belle mich nicht.
»Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalten werde!«, hörte ich Belle verzweifelt sagen.
»Noch eine Weile, Isabella. Nur bis das alles funktioniert!« Kaspian wollte ihre Hand ergreifen, doch Belle zog sie hastig weg.
»Es funktioniert aber nicht! Die wahre Liebe, pah! Das ich nicht lache. Die gibt es doch gar nicht!«, rief die Königin wütend. »Und falls es funktionieren sollte: Wozu willst du diese Magie einsetzen?«
»Um vollkommenen Frieden in Narnia herzustellen«, meinte Kaspian mit einem eigenartigen Unterton, der mich erschaudern ließ. Als wäre er besessen von etwas.
»Du bist doch verrückt!«, sprach Belle genau das aus, was ich dachte.
»Die Aufstände beginnen. Die Leute wundern sich, werden misstrauisch. Wir müssen es noch einmal versuchen. Stärker, besser!« Nun stand Kaspian mit dem Rücken zu mir, so dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Belle stand vor ihm.
»Nein, genug! Ich habe genug! Ich kann nicht mehr, Kaspian!« Belle lief los - in meine Richtung - und wollte den Saal verlassen, aber der König ergriff blitzschnell ihr Handgelenk.
»Du bleibst hier!«, brüllte er. Er riss sie herum, so dass sie unter Schmerzen aufstöhnte.
»Lass mich los!«, schrie sie. Die Königin schlug um sich und traf Kaspian im Gesicht. Dann tat er etwas, was ganz und gar nicht seine Art war. Er schlug Belle ins Gesicht, so dass sie zu Boden stürzte. Beinahe hätte ich aufgeschrien, doch da hielt mir jemand den Mund zu. Ich drehte meinen Kopf und sah, dass es Peter war.
»Es ... es tut mir leid«, stotterte Kaspian plötzlich und hielt Belle seine Hand entgegen, aber sie schlug diese zur Seite, rappelte sich auf und stürmte wütend aus dem Saal - genau in unsere Richtung.
Mein Bruder und ich pressten uns an die Wand und sie rannte an uns vorbei, ohne das sie uns sah. Ich sah Peter verzweifelt an und dieser nickte nur stumm.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro