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Am nächsten Tag lief der Vormittag ähnlich ab, wie am Tag zuvor, doch es gab einen großen Unterschied: Ich konnte mich kaum auf den Unterricht konzentrieren, da ich die ganze Zeit an Chiara denken musste. Heute Nachmittag würden wir uns endlich treffen. Ich würde meine leibliche Mutter kennenlernen!
Davor musste ich jedoch 9 Schulstunden mit 3 Pausen hinter mich bringen. Das kann echt lange sein, vor allem, wenn man hofft, dass die Zeit möglich schnell vergeht.
Am liebsten hätte ich den Unterricht geschwänzt, um mich sofort mit Chiara zu treffen, doch zum einen war sie als Lehrerin gerade selbst in der Schule und zum anderen war mir klar, dass das total bescheuert war.
Selbst wenn ich es gemacht hätte und Chiara tatsächlich zu Hause gewesen wäre oder ich zu ihrer Schule gegangen wäre, hätte sie mich garantiert zurück in die Schule gebracht und mir gesagt, dass ich bis heute Nachmittag warten sollte.
Mir blieb also nichts anderes übrig, als die Uhr anzustarren und darauf zu warten, dass die Schule endlich endete.
Das dauerte ewig und fühlte sich noch länger an. Als würde eine Schulstunde 1000 Jahre dauern!
Das schlimmste daran war jedoch, dass es sich nicht beschleunigen ließ.
Um 15:35 war es endlich soweit. Die Schule war aus.
Während Kia zusammen mit Cheyenne zu ihr nach Hause ging, machte ich mich so schnell ich konnte auf den Weg zu Chiara. Ich wollte sie endlich treffen.
Ihr Haus hatte ich dank Google Maps schnell gefunden.
Mein Herz raste wie wild, als ich vor der Tür des blauen Hochhauses stand.
Vor dem Hochhaus war eine Treppe. Daneben waren rechts einige große Mülltonnen und links eine Tiefgarage. Es gab auch einen Innenhof, auf dem einige Kinder spielten. Die waren vielleicht 4 oder 5 Jahre alt. Möglicherweise auch schon 6. Älter aber nicht.
Hier wohnte Chiara also.
Ich sah mich einen kurzen Moment um. Es war eine echt schöne Gegend zum Wohnen.
Mein Blick wanderte zu den Klingelschildern. Von oben nach unten ging ich die Namen durch. Asran, Müller, Bäcker, Ming, Jock, Nagel, Fuchs, Sánchez,...
Da! Auf dem achten Klingelschild von oben stand: "Chiara Linuka". Mein ganzer Körper zitterte, als ich ihren Namen sah.
Langsam bewegte sich mein Finger in Richtung der Klingel, biss er sie irgendwann berührte. Daraufhin wartete ich. Ziemlich lange. Ich klingelte erneut. Wieder nichts. Offensichtlich war sie gerade nicht zu Hause.
Kurz spielte ich mit dem Gedanken, hier zu warten, aber ich wusste nicht, wie lange Chiara unterwegs war. Vielleicht war sie stundenlang unterwegs. Ich konnte doch nicht mehrere Stunden vor dem Haus stehen. Sollte ich vielleicht ein paar Minuten warten und dann gehen? Einen Versuch war es wert. Ich setzte mich also auf die Treppe und begann, zu warten.
Es kamen einige Leute rein und raus. Ein paar Nachbarn, welche Chiara offensichtlich kannten, sagten zu mir, dass ich ihr sehr ähnlich sähe. Die echte Chiara tauchte jedoch nicht auf.
Nach einer Weile stand ich auf und wollte gerade gehen, doch da sah ich sie endlich. Sofort begann mein Herz, welches sich gerade ein wenig beruhigt hatte, wieder zu rasen. Eigentlich wollte ich sofort zu ihr gehen, doch als ich sah, dass sie mit ihrem Freund unterwegs war, versteckte ich mich hinter den Mülltonnen. Ich wollte die beiden auf keinen Fall stören und das hätte ich definitiv gemacht, wenn Chiara mich gesehen hätte. Ich hätte es zwar schöner gefunden, wenn sie ihm von mir erzählt hätte, doch ich wollte Chiara zu nichts zwingen.
Heimlich beobachtete ich die beiden. Zumindest glaubte ich das.
Hand in Hand liefen sie den Weg entlang und standen plötzlich vor den Mülltonnen...
"Lia, du kannst rauskommen. Wir haben dich längst gesehen.", sagte Chiara. Der Freund meiner Mutter, der übrigens Nino hieß, ergänzte: "Chiara hat mir alles erzählt. Ich weiß, dass du Chiaras Tochter bist." Überrascht kam ich aus meinem versteckt. "Wann?"
"Als sie erfahren hat, dass du nach Köln kommst.", erwiderte Nino und lächelte mich an. Chiara lächelte ebenfalls. "Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, ich würde es ihm ewig verschweigen, oder?" Sie versuchte, cool zu bleiben, doch wir wussten alle, dass sie genauso aufgeregt war, wie ich.
"Natürlich nicht!", sagte ich. "Aber warum hast du mir nichts gesagt?"
"Ich wollte es dir sagen, wenn du da bist.", erklärte sie. "Das fand ich einfach schöner, als es dir auf Instergram zu schreiben. Viel persönlicher." Liebevoll betrachtete sie mich nun.
"Du siehst fast so aus, wie ich, als ich 14 war.", bemerkte Chiara nach einer kurzen Pause. "Ich habe nur eine andere Augenfarbe und keine Sommersprossen. Auf jeden Fall bist du Wunderschön." Daraufhin umarmte Chiara mich ganz fest, als wollte sie mich nie wieder loslassen. Wahrscheinlich wollte sie das auch nicht.
Ich erwiderte ihre umarmung und hielt sie einige Zeit ganz fest. Ich konnte fühlen, wie mir die Tränen über die Wangen liefen und war mir sicher, dass es Chiara genauso ging.
Ein paar Leute, die gerade am Haus vorbeigingen, glotzten uns an und tuschleten miteinander, doch das war mir sowas von egal. Dieser Moment gehörte mir und Chiara und keiner konnte ihn zerstören.
Wir umarmten uns extrem lange. Kein Wunder. Es war unsere erste umarmung, nachdem wir 14 Jahre voneinander getrennt gewesen waren. Zum Glück war diese lange Zeit endlich vorbei und wir waren wieder vereint. Nachdem wir uns eine ganze Weile umarmt hatten, küsste Chiara mich sogar auf die Stirn. Ich war ziemlich überrascht, doch ich ließ sie gewähren. Es fühlte sich sogar gut an. Richtig gut.
"Ich gehe dann mal wieder. Viel Spaß, ihr beiden.", verabschiedete sich Nino mit einem fetten Grinsen im Gesicht. "Chiau.", erwiderte Chiara, die gerade überglücklich aussah. Danach machte sich Nino auf den Heimweg und wir gingen gemeinsam nach drinnen.
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