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Feuer. Feuer...
"Ähm, Olivia?", seine Stimme riss mich wieder aus meinen wunderschönen Träumen. "Wie bitte?", ich räusperte mich. "Nimm dir schnell den Föhn und trockne deine Sachen. Ich bringe dich dann nachhause oder zu einer Freundin." Oh. Da war jemand auf jeden Fall überzeugt davon, nichts Falsches zu tun... – verständlich.
"So kenne ich dich gar nicht", lachte er und schüttelte den Kopf. Automatisch rückte ich etwas weiter weg von ihm. Wie hatte ich nur glauben können, dass ein erwachsener Mann etwas für mich übrig haben könnte? Immerhin war ich doch nicht mehr als ein Kind in seiner rebellischen Phase. Mir ekelte es abermals vor mir selbst.
"Tja, ich habe verschiedene Seiten. Ich bin meistens privat ganz anders", erklärte ich seufzend und er nickte langsam:"Das geht jedem so." "Ich verstehe schon, dass es nicht geht, dass ich hier schlafe. Ich ziehe mich gleich um und dann gehe ich."
"Nein, also... Ich will dich nicht rausschmeißen."
"Aber das müssen Sie." Ich tat das Richtige.
"Ich kenne das, wenn man nicht nachhause möchte, auch, wenn das natürlich schon etwas länger her ist bei mir. Du kannst ruhig noch länger bleiben..." Manchmal war das Richtige eben das Falsche.
"Wie bitte?" Mein Herz blieb stehen und ich sah ihm tief in die blauen Augen. Er nickte. "Vielen Dank... Was meinen Sie mit länger?", sagte ich und atmete tief ein. "Du musst hier auf der Couch schlafen. Sonst gibt es Probleme... Das sage ich irgendwie in letzter Zeit oft, haha", erklärte er nervös. Ich errötete.
Ich wusste, dass ich nein hätte sagen sollen. Aber wer würde eine solche Einladung von seinem Schwarm wirklich ablehnen? Mein Puls dröhnte mir in den Ohren. Wie hatte ich das nur geschafft? Zugegeben, ich war ein wenig von mir selbst beeindruckt. Andererseits war ich auch ziemlich manipulativ und falsch. Natürlich wollte ich wirklich nicht nachhause, aber es war nicht so, als würde ich große Probleme dort haben.
"Willst du noch etwas essen?", fragte er seufzend, worauf ich dankend ablehnte. Immerhin hatte ich erst zuvor etwas konsumiert. Trotzdem setzte ich mich zu Lancaster an den Tisch, welcher immer wieder unsicher von seinem Teller aufsah.
"Hast du schon deine Hausaufgaben erledigt?", wollte er wissen und ich sah ihn verdutzt an. "Wir haben Ferien."
"Oh, stimmt...", er lachte nervös.
Nach einer Weile legte er sein Messer, welches ich immer in den Augen behielt (ich hatte die Stalker Theorie noch nicht völlig ausgeschlossen), zur Seite und überlegte kurz, bevor er zu sprechen begann:"Olivia, verstehe mich nicht falsch. Du bist ein nettes Mädchen, aber das hier ist nicht gerade die Ideal-Situation. Ich sollte dich zu Christina oder Emma bringen. Die beiden verstehen dich sicher und, wenn das gar nicht geht, dann eben nachhause oder..." "Es tut mir so leid!", beteuerte ich und meinte es auch so in dem Moment, "ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Ich habe mir eigentlich nichts dabei gedacht." Gelogen.
"Jetzt schäme ich mich dafür, dass ich solche Dinge gesagt habe", lachte er und stand auf, "du kannst heute Nacht hier bleiben. Ich muss nochmal raus. Ich vertraue dir 'mal, dass du meine Wohnung nicht zerlegst." Er hob kurz eine Augenbraue und drehte sich dann um. Ich fühlte mich schlecht, aber irgendwie auch gut. Ich nutze diesen armen Mann schamlos aus. Aber wie schon? Ich bekam im Prinzip nichts daraus, außer komischen Fantasien, die lieber nicht weiter erläutert werden sollten.
"O-okay. Ich werde nichts machen."
"Nein, du kannst ruhig fernsehen oder so", sagte er grinsend und zeigte auf die Fernbedienung auf dem kleinen Tischchen neben der Couch. Dann verschwand er wieder in dem Raum neben dem Badezimmer und kam schließlich mit Bettzeug wieder heraus. Er legte es auf das Sofa und begann das Leintuch auszubreiten. Nein, ich konnte ihn das nicht alleine machen lassen als höflicher Gast! Schnell sprang ich von dem Sessel auf und spürte, wie ich mit der Haut an meinen Oberschenkeln an dem Holzmaterial kleben blieb. Ich biss mir auf die Lippe, um einen kleinen Schrei zu verhindern. Möglichst unauffällig sah ich an meiner hinteren Seite hinab und betrachtete den schönen, roten Abdruck auf meinen Beinen. Na toll. Langsam ging ich zu ihm, versuchte dabei seinen Blick auf meine Rückenseite zu vermeiden. Warum war ich so ungeschickt? Karma, antwortete ich mir selbst.
"Überlassen Sie das mir, ich schaffe das. Dankeschön", meinte ich und nahm ihm das Stück Stoff ab und er nickte. "Bis dann... Auf dem Kästchen dort drüben ist ein Zweitschlüssel", murmelte er, schnappte die seinen und verschwand schließlich, nachdem er sich angezogen hatte. Dann war es still in der Wohnung.
Ich hinterfragte mein gesamtes Leben. Wieso war ich so eigenartig?
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