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22. Kapitel - Vom Abschiednehmen

Ich war in meine Kammer zurückgekehrt, um etwas zu schlafen, doch ich fand keine Ruhe. Draussen wanderte die Sonne ihrem Zenit entgegen und trotz geschlossener Vorhänge war es immer noch zu hell im Raum. Stattdessen hatte ich mit einer Bestandesaufnahme meiner Habseligkeiten begonnen. Meinen Vorrat an Kräutern, Salben und Tinkturen würde ich auf jeden Fall aufstocken müssen, bevor ich Edoras verliess, ebenso das Verbandsmaterial. Ausserdem brauchte ich Proviant. Lang haltbares Brot, Dörrfleisch, Dörrfrüchte. Zusätzliche Wasserschläuche brauchte ich auch noch. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, während ich den gewohnten Tätigkeiten nachging, und meinen Besitz sortierte. Es war gleichzeitig ein wehmütiges, wie auch ein erwartungsvolles Lächeln. Wehmut, über alles, das ich zurücklassen würde; gespannte Erwartung aufs nächste Abenteuer. Ich war schon viel zu lange hier und das ohne echte Aufgabe. Es war nur Éowyns Unterricht, der mich wirklich hier hielt und das war nichts, dass nicht jemand anderes auch übernehmen konnte – auch wenn ich es sehr vermissen würde, die quirlige Kleine nicht mehr um mich zu haben. Ich schüttelte den Kopf. Es war an der Zeit, dass ich wieder einer echten Aufgabe nachging, einer Aufgabe, bei der meine Fähigkeiten wirklich gebraucht wurden. Es war an der Zeit, den Kampf gegen Sauron endlich wieder aufzunehmen. Auch wenn ich das nicht wie von meinem Vater beschlossen als vollwertige Magkylira tun konnte. Aber davon würde ich mich nicht abholten lassen!

Es klopfte an der Tür, als ich gerade einfache Winterkleidung zuunterst im Rucksack verstaute.

«Herein!», rief ich, ohne mich umzudrehen. Vermutlich war es wieder einmal Théodred. Er würde bestimmt versuchen, mich vom Gehen abzuhalten.

«Was machst du da?», fragte eine junge Stimme und ich zuckte zusammen. Éowyn.

Nun drehte ich mich doch um und sah ins Gesicht der Nichte des Königs. Meines Schützlings – so hatte einer der Offiziere, Déorwine, sie bezeichnet. Ihre Miene zeigte Unglauben, Bestürzung, Verrat.

«Théodred hat gesagt, dass du fortgehen willst, aber ich habe ihm nicht geglaubt», sagte sie leise. «Wolltest du einfach so davonschleichen, ohne dich zu verabschieden?» Es klang verletzt.

«Einige Tage werde ich schon noch hier sein. Ich habe noch einig Vorbereitungen zu treffen», versuchte ich Éowyn zu beruhigen.

«Du kannst nicht einfach gehen. Du kannst mich nicht einfach hier allein lassen! Das darfst du nicht!», rief sie und stampfte mit dem Fuss auf. Tränen traten ihr in die Augen und als die erste über ihre Wange kullerte, drehte sie sich um und floh.

«Verdammt», murmelte ich und sprang dann auf. Meine Reisevorbereitungen mussten nun wohl noch etwas warten, Éowyn war wichtiger. Ich hatte so eine Ahnung, wo sie hinwollte und lief ihr nach.

Unterwegs traf ich auf Éomer, der mich wütend anfunkelte.

«Was hast du ihr getan!», wütete er und kam mir nachgelaufen, während ich die Ställe aufsuchte.

Ich ignorierte ihn und suchte die Box von Éowyns Pferd. Hier hatte sie sich immer verkrochen, wenn sie keine Lust auf ihren Unterricht hatte. Das Pferd war da, also sie schon mal nicht davongeritten – ein Glück. An der Boxentür angelangt, spähte ich hinein und sah Éowyn, die ihre Arme um den Nacken der rotbraunen Stute gelegt hatte und ihre Schluchzer in deren Fell zu ersticken suchte.

«Was hast du getan!», fauchte Éomer mich nochmals an, bevor er die Boxentür öffnete, zu seiner Schwester ging und sanft seine Arme um sie legte.

Éowyn schluchzte auf und klammerte sich an ihren Bruder. «Sie darf nicht weggehen! Sie darf nicht einfach so gehen! Wen habe ich denn sonst noch», brachte sie schluchzend hervor.

Éomer erstarrte und sah zu mir, die ich unglücklich ausserhalb der Box stand und die Geschwister beobachtete.

«Du hast deinen Bruder und du hast Théodred, Éowyn», erklärte ich bekümmert. Mir war bis eben nicht klar gewesen, wie fixiert die Kleine auf mich war.

«Die sind doch nie da», schniefte Éowyn an der Schulter ihres Bruders. «Éomer ist immerzu mit irgendwelchem Kampftraining beschäftigt, bei dem ich sicher nicht mehr mitmachen darf, wenn du weg bist, Calenna. Und Théodred reitet ständig mit den Soldaten hinaus. Und Éomer wird das auch irgendwann tun und dann ... und dann ...», ihr Schluchzen wurde stärker, «und dann kommt er vielleicht auch irgendwann nicht mehr zurück. Genau wie Vater.» Ihre letzten Worte endeten in einem lauten, herzzerreissenden Schluchzen, bei dem Éomer seine kleine Schwester ganz fest an sich drückte.

«Ich werde immer zu dir zurückkehren!», versprach Éomer und hielt Éowyn ganz fest.

«Das hat Vater auch gesagt», schniefte Éowyn, offenbar untröstlich.

Darauf wusste Éomer nichts einzuwenden.

«Wir geben alle unser Bestes, Éowyn, um wieder zurückzukommen», sagte ich leise. «Aber wir müssen kämpfen, müssen immer wieder gehen und uns dem Feind stellen. Sonst ist unser aller Ende gewiss.»

«Gehst du deswegen?», fragte sie mich und blinzelte mit tränennassen Augen über Éomers Schulter.

«Ja», antwortete ich. «Ich kann nicht hierbleiben, wenn meine Fähigkeiten anderswo gebraucht werden.»

«Aber ... wirst du zurückkommen?», fragte Éowyn verzweifelt.

«Ich hoffe, dass wir uns eines Tages wiedersehen werden. Ob das hier sein wird oder an einem anderen Ort ... wer kann das schon wissen», erwiderte ich beruhigend. «Doch noch ist es nicht Zeit, Abschied zu nehmen. Ein paar Tage bleiben noch.»

Éowyn nickte, klammerte sich aber weiterhin trostsuchend an ihrem Bruder fest. Éomer ... sein Gesichtsausdruck hatte etwas Unwilliges. Einerseits war es ihm sehr recht, dass ich endlich verschwand, andererseits wollte er nicht, dass seine Schwester traurig war.


Zurück in meiner Kammer sortierte ich meine Kleidung fertig und kam zu dem Schluss, dass ich kaum etwas davon mit mir nehmen konnte. Mit meinem Aufbruch hier musste ich eine neue Identität annehmen und es würde wieder die eines Mannes sein. Zwar hatte ich zwar auch an Théodens Hof oft Hemd und Hose getragen, doch die Hemden waren immer so geschnitten, dass sie einer Frau standen. Zudem war meine Kleidung hier meistens aus Stoffen, die ein gewisses Mass an – nicht gerade Reichtum, aber sicherlich Wohlstand zeigten. Was ich brauchte, war einfache Männerkleidung. Und Bänder, um meine Brust wieder zu schnüren.

Seufzend griff ich nach meinem Geldbeutel und machte mich auf den Weg in die Stadt, um meine Besorgungen zu erledigen. Wenn ich zurückkehrte würde ich entscheiden, was ich mit den Dingen tun würde, die ich nicht mitnehmen konnte.


Als ich zurückkehrte brach bereits der Abend herein und die Müdigkeit setzte mir langsam zu. Die ganze Nacht war ich wach gewesen. Ich beschloss, aufs offizielle Abendessen zu verzichten – ein paar Happen meines Proviants konnte ich schon entbehren – und dann würde ich mich gleich schlafen legen. So machte ich es und meine Augen fielen zu, sobald mein Kopf das Kissen berührte.

Ich hörte nicht, wie jemand mehrfach laut an die Tür meiner Kammer klopfte und auch nicht, wie diese Person die Tür schliesslich knarzend öffnete und den Kopf hereinstreckte. Genauso wenig weckte mich ihr seufzen, als sie mich schlafend entdeckte. Die Tür schnappte ins Schloss und die Person kam zögernd näher, sah sich um, begutachtete die Auslegeordnung und blickte dann auf mich hinab. Entschlossen bückte sich der Eindringling schliesslich, zog seine Schuhe aus und setzte sich aufs Bett. Das Einsinken der Matratze sorgte dafür, dass ich mich murmelnd herumwälzte, doch ich wachte nicht auf. Nach einem kurzen Moment schlüpfte die Person zu mir unter die Decke und zog mich mit starken Armen in eine liebevolle, warme Umarmung.

Ein Seufzen kam mir im Schlaf über die Lippen.

Der warme Atem des Eindringlings strich mir über die Wangen, die Lippen. Dann fanden seine Lippen meine, sein Geschmack breitete sich in meinem Mund aus.

«Théodred ... Bist du wirklich hier oder träume ich nur», murmelte ich im Halbschlaf.

«Was Euch lieber ist», erwiderte der Eindringling und küsste mich erneut.

«Du weisst, was dein Vater davon halten würde», brummte ich in den Kuss hinein.

«Was kann mein Vater dafür, wenn Ihr von mir träumt, Calenna Rabenfrau», flüsterte er.

«Wohl wahr. Und was ist das für ein Traum, in dem du dich in meine Kammer schleichst und in mein Bett steigst?»

«Was immer du willst, Calenna. Wir können tun und lassen, was du willst», bot er an.

Aufmerksam sah ich Théodred an. «Du weisst, dass es kein 'Wir' geben kann.»

«Es kann jetzt ein 'Wir' geben. Für heute Nacht», erklärte er eindringlich.

«Und was soll das bringen, Théodred?», fragte ich resigniert.

«Ich weiss, dass du es willst», flüsterte Théodred und fuhr mit den Fingern über meinen Körper. Die Berührung war zart und zusätzlich gedämpft durch den dünnen Stoff meines Nachthemds, doch ich spürte, wie meine Brustwarzen sich verhärteten. Théodred spürte es auch und grinste schelmisch. «Siehst du», murmelte er an meinem Ohr und begann meinen Hals mit Küssen zu bedecken.

Ein Stöhnen entfuhr mir, als die sanfte Berührung seiner Lippen auf meiner nackten Haut die Leidenschaft in mir anfachten. Wie gierige, hungrige Flammen loderte sie auf. Ein ausgehungertes, wildes Tier, das aus einem viel zu langen Winterschlaf erwachte.

«Théodred–!» Ich wusste selbst nicht, ob es der schwache Versuch eines Protests war oder die Bitte, er solle weitermachen, aber mehr als seinen Namen brachte ich nicht heraus. Mit einem Lächeln auf den Lippen verschloss er meinen Mund.

Der Kuss war so intensiv und voller Leidenschaft, dass er mir den Atem raubte. Ich vergrub meine Finger in seinem dunklen Haar, zog Théodred näher zu mir, schlang meine Beine um seine Hüften, presste mich gierig an mich, spürte, wie das Feuer des Begehrens heiss in mir loderte, meinen ganzen Körper in Brand steckte. Meine Hände wanderten über seinen Körper.

«Warum hast du verdammt nochmal so viel an!», knurrte ich und zog an seinem Hemd. Er trug sogar noch sein Lederwams.

Théodred lachte auf. «Du könntest es einfach wegträumen, immerhin ist das hier nur ein Traum, schon vergessen?», sagte er.

«Du könntest mir helfen», brummte ich, während ich an den Schnüren zerrte. Das entlockte Théodred ein erneutes Lachen, aber er ging mir gerne zu Hand.

Mein Nachthemd war viel schneller ausgezogen als seine verschiedenen Kleidungsschichten und dann lag endlich Haut auf Haut und ich spürte, wie das Feuer in mir noch weiter aufloderte. Théodred küsste mich erneut und ich schloss die Augen und erwiderte den Kuss voller Leidenschaft, überliess mich bereitwillig der immer höher auflodernden Glut und dem anschwellenden Hunger.


Sonnenstrahlen fielen durch den schmalen Spalt zwischen den Vorhängen und kitzelten mein Gesicht. Der Morgen musste bereits weit fortgeschritten sein, vielleicht näherte sich der Vormittag bereits dem Mittag. Höchste Zeit aufzustehen. In ein paar Tagen würde ich wieder in meinen alten Rhythmus zurückfinden müssen: Frühmorgens aufstehen, den ganzen Tag durchmarschieren, abgesehen von einer kleinen Rast am Mittag, und erst spät am Abend ein einfaches Nachtlager aufschlagen. Ohne weiches Federbett. Ohne wärmendes Feuer. War es da so verwunderlich, dass ich lieber noch etwas unter der warmen Decke liegen blieb, die Annehmlichkeiten eines gemütlichen Bettes genoss? Aber es half ja alles nichts. Mit einem Seufzen setzte ich mich auf – oder versuchte es zumindest. Starke Arme hielten mich fest an eine warme Brust gedrückt. Eine nackte Brust. Genauso nackt wie mein Rücken und überhaupt ein ganzer Körper. Oh verdammt, es war also wirklich kein Traum gewesen. Es wäre besser, wenn es doch einer gewesen wäre.

«Théodred, wach auf», sagte ich eindringlich und versuchte mich gleichzeitig aus seinen Armen zu befreien.

«Ich will nicht aufwachen. Ausser du beschliesst zu bleiben», brummte er und hielt mich eisern fest. Es war nicht unangenehm, ganz im Gegenteil: Es war warm und behaglich. «Können wir nicht noch etwas weiterträumen?»

«Wozu soll das gut sein, Théodred? Du weisst, dass das nicht geht.»

«Ein Traum, eine Erinnerung ist besser als gar nichts», sagte er, schob sich über mich und küsste mich erneut.

Kurz liess ich es mir gefallen, schob ihn dann aber von mir, schlug die Decke zurück und zog mich an. Dann zog ich einen meiner Kräuterbeutel hervor und kramte einige Kräuter heraus, die ich schon lange nicht mehr eingenommen hatte. Sie würden verhindern, dass dieser Vorfall Spätfolgen hatte.

«Du weisst, dass ich nun jedes Recht habe, dich als meine Frau zu beanspruchen?», fragte Théodred, der in meinem Bett sass und mich beobachtete.

Ich fuhr herum und blitzte ihn verärgert an. «Ich warne dich, Théodred, bei unserer Freundschaft, wage es gar nicht erst!», knurrte ich. War es ihm die ganze Zeit nur darum gegangen?

«Ihr habt mit mir das Bett geteilt, Calenna. Den Gebräuchen der Eorlingas nach seid Ihr eine entehrte Frau – wenn Ihr mich nicht heiratet», erklärte der Prinz.

«Dann ist es gut, dass ich keine Eorlinga bin!», fauchte ich. «Den Gebräuchen meines Volkes nach hat es nämlich nichts zu bedeuten, wenn man mit jemandem das Bett teilt, ausser, dass man diese Person mag. Und jetzt verschwinde aus meinem Zimmer, Prinz.» Verärgert wies ich zur Tür.

Mit einem Seufzen erhob Théodred sich, wobei er sich keine Mühe gab, gewisse Körperpartien zu verbergen, zog sich quälend langsam an und kam dann einige Schritte auf mich zu. «Ich mag dich, Calenna Rabenfrau», erklärte Théodred ernst, gab mir einen kurzen Kuss auf die Stirn und verliess die Kammer.

Kraftlos liess ich mich gegen den Tisch sinken. Das machte es nur noch dringlicher, dass ich Edoras so bald wie möglich verliess. Ich konnte meine Reisevorbereitungen noch etwas Abkürzungen, nur um Éowyn tat es mir leid. Aber vielleicht war es auch besser, wenn der Abschied nicht zu lange dauerte. Kurz und schmerzlos.


Erst nachdem ich ausgiebig gebadet hatte, vermutlich das letzte Mal für lange Zeit, fühlte ich mich wieder einigermassen wohl und traute mich unter Leute. Die Bürger von Edoras lächelten mich freundlich an, anstatt mir wie sonst feindselige Blicke zu schenken. Die Kunde meines Einsatzes für die verletzten Soldaten hatte sich herumgesprochen und nun hatte ich tatsächlich den Respekt der Rohirrim errungen. Und gerade jetzt würde ich sie verlassen. Aber vielleicht würden sie sich daran erinnern, wenn ich irgendwann nach Edoras zurückkehren sollte. Wer konnte schon wissen, wohin mein Weg mich noch führen würde.

Nach einem sehr späten, ausgiebigen Frühstück in der Küche der Goldenen Halle, das eher als Mittagessen durchging, passte ich Éowyn nach ihrem Unterricht ab.

«Wohin gehen wir?» fragte die Kleine.

«Nun, ich habe einige Dinge, die ich nicht mitnehmen kann auf meine Reise und ich habe überlegt, dass du das haben kannst, was du davon gebrauchen kannst», erklärte ich und dirigierte Éowyn zu meiner Kammer. «Und ich habe eine Überraschung für dich», fügte ich mit einem Zwinkern an.

«Eine Überraschung?», kiekste sie begeistert.

«Schscht! Es muss ein Geheimnis bleiben», mahnte ich sie.

Mit leuchtenden Augen sah sie mich an.

Als ich die Tür zu meiner Kammer aufstiess, fiel mein Blick zuerst auf das Bett und ich musste meine Gedanken mit Gewalt davon abhalten, zur vergangenen Nacht zu schweifen. Stattdessen ging ich geradewegs zum Tisch mit der Auslegeordnung meiner Habseligkeiten. Mittlerweile lagen hier fast nur noch Dinge, die ich nicht mitnehmen würde. Alles andere hatte ich bereits in meinem Rucksack verstaut.

«Also, erst zum langweiligen Teil», erklärte ich und deutete auf die Kleidung, die ich aussortiert hatte. Qualitativ gute Kleider, Hemden und Hosen. Das meiste davon einer Dame vom Hofe nicht angemessen, aber sehr praktisch. «Die sind dir zwar alle noch etwas zu gross, aber du wirst schon reinwachsen. Du kannst alles haben, wenn du möchtest. Besonders Hemden und Hosen sollten dir gefallen, hab' ich mir gedacht. Wenn du irgendwann einmal meine Grösse erreicht hast, bist du wahrscheinlich zu alt, als dass man dir erlauben würde, so etwas zu tragen oder zu erwerben.»

Éowyn grinste mich an. Das war dann also ein Ja.

«Dann habe ich hier deinen Bogen. Er gehört ohnehin dir, aber ich denke, du solltest ihn nun offiziell zu dir nehmen. Und hier meinen Bogen.» Es fiel mir schwer ihn abzugeben, aber er passte nicht zu meiner Tarngeschichte.

«Den kann ich nicht annehmen», sagte Éowyn kopfschüttelnd und wies den Bogen zurück.

«Doch, natürlich kannst du. Ich kann ihn nicht mit mir nehmen und dein jetziger Bogen ist für ein Kind gemacht. Früher oder später wirst du einen anderen brauchen und genau wie bei der Kleidung wird man dir kaum erlauben einen zu erwerben.»

Éowyn schluckte und nahm den Bogen entgegen. Ehrfürchtig strich sie über das glatte Eibenholz.

«Und natürlich auch Köcher und Pfeile», sagte ich und deutete auf beides. Ungläubig starrte Éowyn erst die Ausrüstung an und dann mich, widersprach aber nicht erneut. «Und ...», ich seufzte, denn das hierzulassen fiel mir bei weitem am schwersten, «und auch den Rundschild, den du mir geschenkt hast, Éowyn. Ich wünschte wirklich, ich könnte ihn mitnehmen, aber dort, wo ich hingehe, kann ich nicht mehr Calenna Rabenfrau sein, ich werde eine neue Identität annehmen müssen.»

«Oh», machte Éowyn und sah betreten drein.

«Aber es war ein wunderbares Geschenk und ich habe mich wirklich sehr, sehr darüber gefreut», versuchte ich die Kleine aufzumuntern. «Nun ich fürchte, wir müssen mehrmals gehen, um all diese Kleidung in dein Zimmer zu schaffen», erklärte ich und zwinkerte ihr zu, bevor ich Köcher und Pfeile zwischen einigen Hemden verschwinden liess.

In Éowyns Augen funkelte es und sie machte sich rasch daran, ihren Bogen mit einigen Kleidern zu tarnen.

Die zweite Ladung enthielt den anderen Bogen und die Überraschung, die ich versprochen hatte. Den Schild trug ich offen, denn ich sah nicht ein, weshalb jemand etwas dagegen haben sollte, wenn ich diesen der Nichte des Königs überliess. Als wir in Éowyns Zimmer angekommen waren, schloss ich die Tür und wickelte das Bündel aus, dass ich getragen hatte. Zwischen den Kleidern blitzte in mit grün und goldenen Stickereien verziertem Leder ein Schwert auf. Ungläubig öffnete Éowyn den Mund.

«Es gehört dir», sagte ich und hielt der Kleinen das Schwert entgegen. «Es ist zwar noch etwas zu gross für dich, aber das wird sich schon noch geben.»

Zaghaft nahm sie mir das Schwert ab und betrachtete es ehrfürchtig. Ich hatte es eigens für sie anfertigen lassen, nach dem Vorbild von Théodreds Schwert, dass ich bei unseren Übungskämpfen oft genug gesehen hatte. In den Schwertknauf war das Abbild von zwei Pferdeköpfen eingearbeitet.

«Und schliesslich noch das hier», sagte ich und zog mein Panzerhemd hervor. «Auch da wirst du erst noch reinwachsen müssen.»

«Nein, nein, das kann ich nicht annehmen!», rief Éowyn. «Du kannst nicht ohne Schutz gehen!» Es war beinahe schon ein Aufschluchzen.

«Ich werde nicht ohne Schutz sein, Éowyn», sagte ich beruhigend. «Ich bin eine Zauberin, schon vergessen? Ich habe meine Magie, um mich zu verteidigen. Und schon bald werde ich wieder eine Rüstung haben, nur eine andere als jetzt. Es würde mich verraten, wenn ich in der Rüstung einer Reiterin von Rohan auftauchen würde, kannst du das verstehen?»

Éowyn nickte unglücklich und schaute auf das Panzerhemd hinab, dass ich ihr immer noch entgegenhielt. Zögernd nahm sie es an.

Aufmunternd lächelte ich. «Ich weiss, dass dieses Kettenhemd und das Schwert bei dir am richtigen Ort sind. Jetzt brauchst du nur noch einen eigenen Dolch, dann ist deine Ausrüstung komplett. Und vielleicht einen Speer, auch wenn ich mich nie damit habe anfreunden können.» Gequält verzog ich die Mundwinkel und Éowyn lachte.

«Théodred hat mir erzählt, dass du dich schrecklich schlecht mit dem Speer angestellt hast.»

Ich versuchte bei der Erwähnung des Prinzen nicht zusammenzuzucken.

«Und ich habe einen Dolch», sagte Éowyn verschwörerisch. «Ich habe ihn von Éomer geklaut. Er glaubt, er habe ihn verloren.» Dann wurde sie wieder ernst. «Wann wirst du gehen?», fragte sie.

«Morgen früh, bei Tagesanbruch, Éowyn.»

Die Augen der Kleinen füllten sich mit Tränen bei diesen Worten. «So bald schon?»

Ich nickte. «Es ist Zeit, lebe wohl zu sagen. Bitte behalte für dich, wann ich gehen werde. Ich werde es allen sagen, die es wissen müssen.»

Éowyn nickte und ich griff nach ihren Händen. «Ich wünsche dir alles, alles Gute, Éowyn. Du wirst deinen Weg finden und eine starke, mutige Frau werden, da bin ich mir sicher.»

«Werden wir und wiedersehen, Calenna?», fragte sie flehend.

«Ich weiss es nicht, Éowyn. Vielleicht ... eines Tages ...» Ich konnte ihr nichts versprechen. Nicht nur weil dort, wo ich hinging Krieg herrschte, sondern auch, weil ich keine Ahnung hatte, wohin mein Schicksal mich führen würde.


Die einzige Person, die ich ausser Éowyn von meiner Abreise am nächsten Morgen unterrichtete, war der König. Théoden war einigermassen überrascht, als ich darum bat, ihn unter vier Augen sprechen zu dürfen.

«Ich hätte eher gedacht, dass Ihr mir aus dem Weg gehen würdet, Calenna Rabenfrau», begrüsste er mich.

«Weshalb das?», fragte ich stirnrunzelnd.

«Nun, ich habe so das Gefühl, dass mein Sohn letzthin versucht haben könnte, mich vor vollendete Tatsachen zu stellen. Er ist heute Morgen nicht zu einer militärischen Lagebesprechung erschienen, was ganz untypisch für ihn ist. Er nimmt seine Pflichten als zweiter Marschall der Mark sonst sehr ernst. Jedenfalls hielt ich es heute Morgen für ... unangebracht, ihn aufzustöbern.» Der König sah mich fragend an und ich spürte, wie mir die Röte in die Wangen stieg.

«Nun, da Euer Volk anders zu dieser Angelegenheit steht, als die Eorlingas, nehme ich an, dass sich Eure Pläne nicht geändert haben?», fragte er.

«Das ... ist richtig», sagte ich peinlich berührt. Das ausgerechnet der König die richtigen Schlüsse hatte ziehen müssen ... Aber er war Théodreds Vater und kannte seinen Sohn wohl am besten. «Ich werde morgen früh bei Sonnenaufgang aufbrechen. Bitte sagt Théodred nichts davon.»

Théoden nickte. «Ja, es ist wohl am besten, wenn wir ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Er wird sonst nur wieder versuchen, Euch aufzuhalten. Soll ich ihm etwas ausrichten oder wollt Ihr ihm einen Brief hinterlassen?»

«Ihr könnt ihm ausrichten, dass er von Anfang an wusste, dass ich nicht hierbleiben kann.» Ich schluckte leer und fügte dann hinzu: «Und dass es mir leidtut, dass wir so auseinander gingen.»


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