Unwillkommene Reisebegleitung
Pritana drückte bei den ersten Sonnenstrahlen gegen ihre Brust. Sie konnte sich nicht öffnen, versuchte es aber und weckte Anisa bei dem Versuch.
Schlaftrunken zog sie den Libros heraus und las:
„Wir können mit Egios und Tobian sprechen. Ich habe sie schon die Geschichte lesen lassen und erzählt, was vorher in der Bibliothek passiert ist."
„Ah ok, dann zeig mal", nuschelte Anisa.
Die Seite leerte sich und dann tauchte Tobians Schrift auf:
„Guten Morgen, Schlafmütze!"
Sie lachte und im Buch erschien in ihrer Handschrift gleichzeitig: Anisa lachte.
„Guten Morgen!", fragte sie unsicher und zeitgleich bildeten sich die Worte im Libros. „Ist ja lustig", bemerkte sie und wieder manifestierten sich die Buchstaben wie durch Zauberhand auf der Seite.
„Was ist lustig?", erkundigte sich Tobian durch die Libros hindurch.
„Na diese Unterhaltung auf diese Art zu führen", antwortete Anisa vergnügt.
„Wir sind beeindruckt von deinen Erfolgen", bemerkte Egios, unbeeindruckt von dem Geplänkel.
„Danke. Ich bin auch echt froh, dass es geklappt hat. Wo steht die Zeit?", fragte das Mädchen.
„Noch ungefähr 22 Tage. Das ist gerade Halbzeit. Denn die Zeit hat sich wieder letzte Nacht verkürzt, als Pritana geboren wurde", erwiderte Tobian.
„Hat Glühbirnchen euch geglaubt, dass wir uns nicht im Unterschlupf begegnet sind?", fragte sie als Nächstes.
„Nicht wirklich", seufzte Egios und der Junge ergänzte: „Sie bringt uns nicht mehr dorthin."
„Was ist mit Zanzia?" Seht ihr die noch?", wollte Anisa wissen.
„Nein, die Birne hat so gewütet und uns ziemlich die Flügel gestutzt. Unsere Strafe ist, dass wir uns nicht mehr sehen dürfen. Raus darf ich auch nicht. Mein Vater ist gestern Nacht noch aufgetaucht und wacht mit Argusaugen über mich. Ich bin so genervt"; antwortete Tobian.
„Wo ist er jetzt?", fragte das Mädchen.
„Ach, schläft noch. Das läppische Buch sieht er nicht als Bedrohung. Hat er noch nie. Wenn er wüsste... ", bemerkte der Junge.
„Vielleicht sollte ich ihm einen Stromschlag versetzen. Dann nennt er mich nicht mehr läppisch", murrte Egios beleidigt.
„Pritana hat gesagt, dass der Meermann dich alleine gelassen hat. War ja zu erwarten", meinte Tobian leichthin.
„Das stimmt nicht!", rief Anisa aufgebracht. „Er hatte seine Gründe."
„Hmm, na wenigstens ist Grasgrün noch bei dir. Ich würde mich gar nicht wohl fühlen, wenn du alleine wärst", bemerkte er rasch.
„Ich bin doch auch noch da!", kommentierte Pritana.
„Leider höre ich meinen Vater, am besten du bleibst, wo du bist. Tarja und Kratos finden dich schon, ich habe ihnen gesagt, wo. Nur solltest du dieses Mal nicht wieder abhauen. Sie erzählen dir, vom Plan, wie wir in die Bibliothek kommen. Ich bin nur nicht sicher, ob wir wirklich noch Zanzia beteiligen sollen, nach allem was ich jetzt gehört habe. Bis später!", ratterte der Novize herunter.
„Tarja und Kratos, echt jetzt?", wollte Anisa wissen, aber die Seite blieb schon leer. Die Verbindung schien unterbrochen zu sein.
Das Mädchen seufzte. „Toll", knurrte sie. „Ich darf echt auf die zwei Trottel warten." Dabei kickte sie einen Stein weg, der ein paar Meter im Wasser landete. Ein Schatten entfernte sich, aber sie war sich nicht sicher, ob das Licht auf der Wasseroberfläche ihr nicht einen Streich gespielt hatte.
Das Feuer war heruntergebrannt. Grasgrün schnarchte auf dem Rücken liegend und mit allen Vieren von sich gestreckt; fünfen, wenn man den Schwanz mitrechnete.
Sie nahm den dritten Fisch, der noch am Stock steckte und frühstückte. Trübsinnig schaute sie aufs Meer, das zwar in der Morgensonne glitzerte, aber in der Ferne zogen Wolken auf, die ihr überhaupt nicht gefielen.
Daher nahm sie sich nach dem Frühstück Palmenblätter und baute sich unter den Pinien einen provisorischen Unterstand, was anderes hatte sie ohnehin gerade nicht zu tun. Grasgrün kam irgendwann dazu und beobachtete neugierig, was sie da trieb. Besonders genau beäugte sie, wenn sie Knoten band oder mit ihren Fingern filigrane Arbeiten verrichtete, dann legte sie ihre Patschepfoten daneben und verglich die Unterschiede fasziniert.
Als der erste Blitz über den Himmel zuckte, verkroch sich der Wasserdrache im Sand neben dem Unterstand und schaute skeptisch durch ihre Pfoten auf die Umgebung. Dann entschied sie, dass es im Ozean sicherer sei und versuchte Anisa mit sich zu ziehen.
„Ich kann nicht", bestimmte das Mädchen bedauernd. Sie deutete auf Pritana, denn sie hatte keine vor Wasser schützende Tasche, wie Taunilus.
„Außerdem soll ich hier warten", meinte sie frustriert.
Der Drache setzte sich neben sie und zuckte nervös mit den Ohren. Als der Donner näher rückte, sprang sie manchmal aufgeschreckt hinter Anisa und hielt sich die Schlappohren zu. Als der Regen einsetzte, schien sie sich besser zu fühlen, aber beäugte nach wie vor kritisch die Umgebung. Es wurde, obwohl es mitten am Tag war, immer dunkler und die Blitze zuckten nur so über das Firmament.
Anisa beobachtete den Drachen belustigt und ängstigte sich deshalb kaum, obwohl auch ihr der Wind und der Starkregen zusetzten. Am Liebsten hätte sie das Unwetter unter Wasser abgewartet, aber das Buch konnte sie beim besten Willen nicht zurücklassen.
„Hast dir ja ein gemütliches Plätzchen ausgesucht", erklang da eine Stimme direkt hinter ihnen. So dass sowohl Drache als auch Mädchen einen gewaltigen Satz nach vorne machten und sich erschrocken umwandten. Nicht einmal Grasgrün hatte Tarja bemerkt, das Unwetter hatte offensichtlich alle verräterischen Geräusche übertönt.
„War leider kein Platz mehr im Gasthaus um die Ecke frei", erwiderte Anisa sichtlich um Fassung ringend.
„Kommst du dieses Mal freiwillig mit?", erkundigte sich Tarja und beäugte den Drachen. „Dein Meerfreund scheint ja dieses Mal nicht in der Nähe zu sein."
Jetzt bemerkte Anisa auch das Portal, das direkt hinter dem Mädchen an einer Felswand prangte.
„Ich kann nicht in die Bibliothek, das weiß sie immer sofort", erklärte sie deshalb.
„Wir gehen nicht dahin, zumindest noch nicht. Es ist außerdem eben nicht so klug eine Tür direkt ins Herzstück zu öffnen. Wenn du irgendwo Portale erschaffst, wo viele Leute sind, fällt das in der Regel nicht auf. Nur mal so als Hinweis", kommentierte Tarja schadenfroh grinsend.
„Ich wusste nicht einmal, dass ich das kann. Aber nächstes Mal schreib ich dir erst mal ne Karte, um deinen Rat einzuholen", zischte Anisa und Grasgrün fauchte.
„Ok, ok. Ist ja schon gut", beschwichtigte die Novizin. „Wir gehen an einen Ort, wo die Bibliothek nicht misstrauisch wird. Sie weiß nicht, wer durch das Portal geht. Ich muss nur einen guten Grund liefern, warum ich hier durch musste. Allerdings suchen wir einen abtrünnigen Scheinautor, der sicher auch zu dir Kontakt sucht, wenn er die Gelegenheit bekommt. Ich glaub, du bist ihm sogar schon begegnet. Rintu ist sein Name. Aber darum kümmern wir uns später. Vielleicht fragt auch keiner. Dein letzter Standort, war definitiv besser zu begründen."
„Dir ist schon klar, dass denen auffällt, dass du immer da auftauchst, wo ich in der Nähe bin? Immerhin wissen die auch, dass ich in Zinoka war und kurz davor, müsst ihr ja das Portal geöffnet haben", überlegte Anisa und schaute Tarja provokativ an.
Die betrachtete sie aber nur abfällig. „Es gibt noch andere Möglichkeiten, vielleicht hab ich ja die genutzt, Blitzbirne", entgegnete sie gehässig. „Können wir dann?"
Das Mädchen seufzte und sah zu Grasgrün. „Ich gehe da mit", erklärte sie und gestikulierte Richtung Portal. „Ich danke dir von Herzen für deine Hilfe." Sie beugte sich runter und drückte den kleinen Drachen an sich. Der war nicht begeistert und fauchte noch mal Tarja warnend an.
„Keine Sorge", erklärte diese. „Erst Mal ist sie sicher, aber was danach passiert, kann ich leider nicht beeinflussen."
„Tschüss, Kleines", flüsterte Anisa und trat mit Tarja durch das Tor.
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