38. Teil: beim Arzt
„Gehts wieder?", fragte der Mann besorgt und hielt seine Arme weiterhin offen vor sich, damit er mich im Fall der Fälle noch einmal fangen konnte.
Ich nickte nur, hielt mich mit einer Hand an der Wand ein, hatte die andere auf meinem Bauch liegen und atmete tief durch, um die brodelnde Übelkeit in meinem Inneren zu beruhigen. Ich wollte mich nicht schon wieder übergeben.
„Sam oder?", fragte er und sah mir aus klaren, grünen Augen entgegen. Seine schwarzen Haaren waren ordentlich frisiert und rahmten sein helles Gesicht schön ein. Er war nur ein wenig größer als ich selbst, dafür jedoch umso breiter gebaut, aber immer noch sehr drahtig und athletisch.
Ich erkannte seinen Duft eindeutig und jetzt wo ich auch sein Gesicht wieder sah, wusste ich zu hundert Prozent, wer da vor mir stand. Und auch er hatte mich anscheinend wiedererkannt. Offenbar konnte er sich sogar an mehr erinnern als ich, denn mir wollte beim besten Willen sein Name nicht einfallen.
„Ja...", antwortete ich zögerlich. „Ich heiße eigentlich Mathis."
Er zog überrascht eine Augenbraue nach oben, ehe er zu grinsen begann. „Du hast mir einen falschen Namen genannt?"
Ich zuckte mit den Schultern und nickte dann. Das schien ihn zu erheitern.
Als ob ich irgendeinem One Night Stand meinen richtigen Namen verriet.
„Ich kann mich an deinen Namen leider nicht mehr erinnern", gab ich ehrlich zu und musterte ihn eindringlich. An seine schwarzen Haare konnte ich mich noch erinnern, aber diese stechenden, grünen Augen waren tatsächlich in Vergessenheit geraten.
Es war mir beinahe unangenehm, als ich realisierte, wie ähnlich er Russell eigentlich sah. Hatte ich ihn deswegen in dem Club auserkoren mit mir zu schlafen? Weil er meinem Chef, an dem ich schon damals gefallen hatte, so ähnelte?
Hoffentlich hatte mein betrunkenes Ich damals andere Beweggründe.
„William", stellte er sich schmunzelnd vor und reichte mir seine Hand. Sein Blick fiel auf meinen Bauch, als ich meine Hand nach unserem Händeschütteln wieder darauf legte. Er musterte ihn deutlich, zumindest soweit es durch den Pullover möglich war, und sah mich dann mit einem unlesbaren Blick an.
Wir hielten für einen Moment deutlichen Blickkontakt, ehe ein entsetztes „Nein" über seine Lippen kam. Er riss seine Augen auf und starrte mir panisch entgegen, ehe er mich hektisch, aber trotzdem vorsichtig vor sich her in die Toilette scheuchte und hinter uns absperrte. Meine Arme legten sich gleich schützend um meinen Bauch, während ich versuchte so viel Abstand zwischen mich und ihn zu bringen, wie es in dem kleinen Raum möglich war.
Der Beta strich sich angestrengt durchs Gesicht, atmete mehrmals tief ein und sah dann wieder zu mir. Als er meine schützende Haltung bemerkte, seufzte er leise und setzte sich auf den geschlossenen Toilettendeckel.
„Entschuldige bitte. Ich wollte dir keine Angst machen. Ich tue dir nichts." Er seufzte erneut und fuhr sich ein weiteres Mal durch die Haare, sodass sie mittlerweile nicht mehr ordentlich frisiert aussahen.
„Es sind sicher meine?", fragte er mit gesenkter Stimme nach und fluchte flüsternd als ich nickte.
„Wie viele?"
„Zwei." Ein zierliches Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, welches aber gleich wieder verschwand.
„Okay, hör zu. Ich..." Er erhob sich wieder von der Toilette und zog seinen Geldbeutel hervor, ehe er mir eine Visitenkarte entgegen hielt. „Ich bin mit meinem Gefährten hier. Er ist auch schwanger. Auch von mir." Er schnaubte über die schlechte Ironie und atmete erneut tief ein. „Ich..."
„Du bist deinem Gefährten fremd gegangen?!", platzte es abrupt aus mir heraus, als ich realisierte, was er gerade gesagt hatte, und vergaß dabei für einen Moment in welcher Situation wir uns befanden. Meine Arme fielen von meinem Bauch, bevor ich einen energischen Schritt in seine Richtung machte und ungeniert den Kragen seines Oberteils beiseite zog, um nach einem Biss zu suchen.
Selbst betrunken hätte ich mich nicht auf einen gebundenen Mann eingelassen. Ich achtete immer auf einen Biss, aber auch jetzt fand ich in seiner Halspartie keinen.
Er seufzte leise und zog dann den Saum seines Oberteils nach oben, um mir seine Seite zu zeigen und offenbarte dabei einen Biss direkt an seinen Rippen.
Wer zum Teufel markiert seinen Gefährten an den Rippen?!
„Ja, ich bin meinem Gefährten fremd gegangen. Bitte halte mir jetzt nicht auch noch einen Vortrag." Er seufzte schwer. „Er weiß davon. Ich habe es ihm am nächsten Tag erzählt."
„Und er hat dir einfach so verziehen?", fragte ich ungläubig und schüttelte den Kopf. Was für eine absurde Situation.
Ich lehnte mich zurück, spürte das Waschbecken hinter mir und hielt mir mit einer Hand darin ein.
„Nein... hätte er kurz vorher nicht gemerkt, dass er schwanger ist, hätte er mich verlassen...", antwortete William sichtbar niedergeschlagen und fuhr sich erneut durch die Haare.
„Du bist ihm fremd gegangen, obwohl er schwanger von dir ist?!"
„Ich wusste nicht, dass er schwanger ist", kam es gleich zurück.
Ich wollte meinen Unmut erneut kund tun, als er beschwichtigend seine Arme hob. „Darum geht es jetzt aber auch gar nicht."
Er ließ seine Arme seufzend sinken, strich sich durchs Gesicht und sah mir dann mit einem Ausdruck purer Verzweiflung entgegen. „Wenn ich ihm jetzt sage, dass mein One Night Stand schwanger ist, verlässt er mich auf der Stelle."
„Das hättest du verdient, das weißt du, oder?", kam es neutral von mir.
Jemand, der seinem Gefährten fremd ging, hatte meiner Meinung nach nur schlechtes verdient.
„Ich weiß", antwortete William ehrlich.
Er deutete auf die Visitenkarte in meiner Hand. „Ich möchte dich trotzdem nicht damit alleine lassen. Melde dich bei mir, damit wir ungestört an einem etwas besseren Ort darüber sprechen können, ja?"
Ich nickte langsam. Sah erst auf die Visitenkarten, dann wieder zu dem Beta vor mir. Ich konnte seinen Blick nicht ganz deuten und nickte dann nur erneut.
Die Übelkeit war zurück gekehrt und am liebsten würde ich mich nur noch hinsetzen.
„Hilfst du zurück ins Wartezimmer? Ich muss mich hinsetzen." Ich keuchte angestrengt, als aus dem Nichts plötzlich Radau in meinem Bauch losging und ich einen schmerzhaften Tritt abbekam.
„Verdammt, du weißt gar nicht, was du mir angetan hast", schimpfte ich leise und rutschte am Waschbecken etwas hinunter.
Ich wollte mich nur hinsetzten.
Doch William kam mir dazwischen, legte seine Arme um mich und stellte mich wieder auf. „Du setzt dich nicht auf den Toilettenboden", tadelte er mich und sperrte stattdessen die Toilettentür auf.
„Warte", murmelte ich angestrengt. Sein Arm lag fest um meinen Körper, drückte mich an seine Seite und gab mir damit ein wenig Halt. Dafür war ich ihm wirklich dankbar.
„Wir haben doch verhütet", kam es atemlos über meine Lippen. „Warum? Wie konnte das passieren?" Ich wollte schon von Anfang an wissen, wie es trotz Kondom dazu gekommen war. „Hast du das Kond–" „Gott nein", unterbrach mich William gleich. „Ich habe es nicht einfach wieder abgezogen. Es muss irgendwie ein Loch gehabt haben, weil gerissen ist es, so weit ich mich erinnern kann, auch nicht. Sonst hätte ich dir dort noch gleich was gesagt."
Ich nickte zögerlich. Ich glaubte ihm.
Auch wenn er so herzlos sein konnte, um seinen Gefährten zu betrügen, war es doch noch einmal etwas ganz anderes, einen anderen Omega zu schwängern.
„Komm", forderte er mich auf und öffnete die Tür.
„Warte", murmelte ich erneut und richtete mich schwerfällig etwas weiter auf. William hielt mich dabei an meiner Hüfte fest, damit ich sicher stand. Meine Hände fuhren mehrmals durch seine Haare, um das Chaos, das er mit seinem andauernden hindruch streichen verursacht hatte, wieder zu bändigen. Andernfalls würde seinem Gefährten wohl sofort auffallen, dass etwas los war, wenn er mit einer völlig anderen Frisur zurück kam.
Warum auch immer ich einem Fremdgänger half es noch weiter zu vertuschen. Seltsamerweise hatte ich irgendwie Mitleid mit William. Ich hatte gesehen, was für eine Panik meine Schwangerschaft bei ihm ausgelöst hatte und dass er deutlich Angst hatte seinen Gefährten zu verlieren. Ich wollte nicht der Grund dafür sein.
William bedankte sich mit einem Lächeln bei mir und führte mich dann aus der Toilette. Meine Beine zitterten bei jedem Schritt und ich wollte einfach nur noch sitzen.
Ob Russell schon da war? Wie viel Zeit war vergangen?
Ich sah mich erschöpft im Empfangsbereich um, während William mich mit kleinen Schritten zum Wartezimmer begleitete.
Genau in diesem Moment kam Russell mit besorgten Blick aus eben diesem und als er mich sah, sah man deutliche Erleichterung, bevor er William mit seinem Blick beinahe erdolchte. Dem Alpha gefiel es natürlich nicht, dass ein fremder Mann mich berührte.
„Russell", murmelte ich matt und streckte mein Hand nach dem Alpha aus, der gleich auf mich zukam. William übergab mich ohne zu zögern an Russell, der mich vorsichtig gegen seinen Körper drückte. Seine Nähe beruhigte mich gleich ungemein und schaffte es auch meinen Puls, der vor Anstrengung hoch war, etwas zu senken.
„Ich bin William", stellte sich William höflicherweise vor und reichte Russell seine Hand. Ich drehte meinen Kopf von Russells Brust weg und war von Williams Blick ein wenig überrascht. Er musterte Russell eindringlich, hatte fast schon einen warnenden Ausdruck. Es war als würde er überprüfen wollen, dass es mir, oder wohl er seinen Jungen, bei diesem Alpha gut ging.
Russell ergriff sie, stellte sich ebenfalls vor.
„Er ist mein Lebensgefährte", lächelte ich und schmiegte mich dabei weiter an ihn. Russell drückte mich auch für einen Moment fester an seinen Köper, um mir zu zeigen, wie sehr er sich über diesen Titel freute.
„Ah", kam es von William, der verstehend nickte und den Kopf dabei etwas schief legte.
„Danke, dass Sie ihm geholfen haben. Die Schwangerschaft nimmt ihn sehr mit." Russell bedankte sich zwar, aber an seinem Ton konnte man deutlich hören, dass es eine Aufforderung an William war, sich von seinem schwangeren Partner fern zu halten.
William und er lieferten sich einen Moment einen bissiges Blickduell, bevor William scheinbar zufrieden zu grinsen begann und sich dann lächelnd von uns verabschiedete.
Was auch immer ihm der stumme Kampf mit Russell gezeigt oder gesagt hatte, stellte ihn offenbar zufrieden.
„Was war das denn für einer?", fragte Russell, als William nur einen Moment später mit einem zierlichen, blonden Omega im Arm wieder aus dem Wartezimmer kam. Er musste, Williams Worten zufolge, mit seiner Schwangerschaft ein wenig weiter sein als ich, dennoch war sein Bauch trotz des engen Oberteils, das er trug, beinahe klitzeklein im Gegensatz zu meinem.
Der Kleinere der beiden hatte einen bissigen Blick und schien keinesfalls erfreut. Man sah William seufzten, ehe er eine Handbewegung in unsere Richtung machte. Die hellen, blauen Augen des Omegas sahen mir gleich entgegen. Er musterte mich eingehend. Mein Gesicht, meinen Körper und vor allem meinen Babybauch, ehe sein Blick zu Russell ging, der genauso gemustert wurde.
Genau in dem Moment wurde auch mein Name aufgerufen, sodass Russell und ich schlussendlich in die selbe Richtung gingen, wie William und sein Gefährte. Wobei wir deutlich langsamer waren, als die beiden und Russell größtenteils mein Gewicht trug.
„Das erkläre ich dir später." Russell sah mir auf meine Antwort hin einen Moment entgegen und nickte dann.
Im Behandlungszimmer angekommen, kam auch mein Arzt recht schnell. Er begrüßte mich lächelnd und freute sich sehr darüber, dass ich mich endlich dazu entschieden hatte, den Kindsvater zur Untersuchung mitzubringen.
Ich schilderte ihm mit Hilfe von Russell, der immer mal wieder wichtige Punkte, die mir entfallen waren, mit einbrachte, wo meine Beschwerden die letzten Tage lagen. Woraufhin ich eine sehr unbefriedigende Antwort bekam. Er riet uns so ziemlich das selbe, was Russells Vater uns schon gesagt hatte. Lediglich mit dem Zusatz, dass ich gleich wieder her kommen sollte, sobald meine Übelkeit ein starkes Ausmaß erreichte.
Er vollzog seine standardmäßige Untersuchung, die ich mittlerweile schon kannte, wodurch ich mich bei allem deutlich wohler fühlte, als bei den ersten Malen.
„Ich schätze, das Thema einer Befreiung für den Schonurlaub ist somit vom Tisch?" Mein Arzt sah plötzlich fragend in die Runde, ehe sein Blick auf mir liegen blieb. Ich schluckte angestrengt und spürte auch Russells Blick beinahe brennend auf mir.
Ich nickte.
Der Doc hatte tatsächlich Recht behalten. Mal abgesehen davon, was in der Firma mit Quentin passiert war, fühlte ich mich körperlich einfach nicht mehr in der Lage gute Arbeit leisten zu können. Die Schwangerschaft und vor allem die Übelkeit und diese verdammten Emotionen setzten mir wirklich zu.
Ich wollte nichts anderes mehr, als den lieben, langen Tag mit Russell zuhause zu verbringen.
„Gut." Er lächelte zufrieden, notierte etwas auf seinem Block und schob ihn dann zu Seite.
„Das ist jetzt nur eine Vermutung, aber der Verlauf ihrer Schwangerschaft deutet daraufhin hin, dass mindestens ein Alpha dabei ist. Vielleicht sind sogar beide Alphas. Alpha-Schwangerschaften sind erfahrungsgemäß die anstrengendsten und kräftezehrendsten. Vor allem für Omegas. Deswegen geht es Ihnen zur Zeit auch nicht so gut. Ich lege Ihnen nochmals ans Herz, sich wirklich ruhig zu halten, Mathis." Ich nickte. Er lächelte und deutete auf die Liege.
„Wollen wir sie uns mal anschauen?" Russell und ich begannen beide breit zu grinsen.
Der Alpha hielt fest meine Hand, während der Doc meinen Bauch entblößte und das Gel auftrug.
„Ihr Bauch hat auf jeden Fall schon eine ansehnliche Größe erreicht." Der Arzt schmunzelte und Russell drückte meine Hand lächelnd, als das Gerät aufgesetzt wurde.
Tränen schossen mir sofort in die Augen, als man auf dem Bildschirm eindeutig zwei kleine Köpfe und angedeutete Körper erkennen konnte. Ich schluchzte gerührt auf und drückte Russells Hand fester.
„Sie entwickeln sich bestens und sind top fit." Der Arzt lächelte zufrieden, ehe er mir ein paar Papierhandtücher reichte. Er begann etwas zu kramen und lächelte uns dann zu. „Mathis, Sie kennen das schon." Der Doc zwinkerte mir zu, was mich breit lächeln ließ, ehe ich meinen Blick auf Russell richtete. Der Alpha sah mir abwartend entgegen.
Als dann rhythmisches Pochen durch den Raum hallte, schossen dem Alpha sichtbar die Tränen in die Augen.
„Ist... Sind das... die Herzschläge?", fragte er tonlos und sah zwischen mir und dem Arzt hin und her, der nickte, bevor er meine Hand in seiner mehrmals küsste.
„Haben Sie schon einen Termin im Krankenhaus ausgemacht?", fragte der Arzt interessiert, als ich von der Liege rutschte. „Den errechneten Geburtstermin habe ich Ihnen letztes Mal gegeben."
Ich nickte und verneinte dann seine Frage. Ich hatte mich noch nicht dazu bewegen können, dort anzurufen. Es würde das bevorstehende nur noch unvermeidbarer machen und dazu war ich noch nicht bereit. Aber jetzt, wo Russell davon wusste, war es wahrscheinlich nur eine Frage von Stunden, bis er dort anrufen würde.
Wir klärten noch ein paar Dinge mit dem Arzt, bevor Russell mich wieder auf den Flur hinaus führte. Ein breites Lächeln lag weiterhin auf unseren Lippen und zu wissen, dass es den beiden gut ging, ließ mich selber auch noch einmal etwas besser fühlen. Dennoch war mein Körper erschöpft und ich freute mich, mich zuhause einfach faul aufs Sofa legen zu können.
Zufällig ging genau in diesem Moment die gegenüberliegende Tür auf und erst William und dann sein Gefährte traten heraus. William hatte einen unlesbaren Gesichtsausdruck, während sein Gefährte deutlich gerötete Augen hatte.
Offenbar hatten die Beiden keine so gute Untersuchung hinter sich.
„Dir geht es also schlecht?", fragte der zierliche Blondschopf plötzlich. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass auf mich zugekommen war.
William stand wenige Meter weiter und sah uns seufzend entgegen.
„So schlecht, dass du nicht alleine gehen kannst", fügte er schnaubend hinzu und musterte meinen Körper erneut. Wieder blieb sein Blick an meinem Bauch hängen.
„Offensichtlich", antwortete Russell für mich mit ruhiger Stimme.
Die blauen Augen unseres Gegenübers funkelten Russell daraufhin wütend an. Es überraschte mich, dass er sich das bei einem so dominanten Alpha wie Russell traute. Der Knirps hatte es anscheinend faustdick hinter den Ohren.
„Komm, Spatz." William legte seinen Arm vorsichtig um die Taille des Kleineren, doch ehe ich mich versah, hatte er sich bereits wieder von ihm gelöst und funkelte nun ihn wütend an.
„Ich weiß ja, dass du untreu bist, aber dass du dich sogar an einen schwangeren Omega ranmachst, ist unterste Schublade", zischte der Blondschopf und drehte sich im nächsten Moment zu mir um. „Und du! Wie erbärmlich kann man sein, dass man sich schwanger von einem fremden Kerl angrabschen lässt?!"
„Was?", kam es von Russell, während ich den anderen Omega nur sprachlos anstarren konnte.
„Ja, was! Das habe ich mich auf gefragt, als ich gesehen habe, wie die zwei in der Toilette verschwunden sind. War ja ein schnelles Nümmerchen", zischte er und wandte sich für den letzten Satz wieder an seinen Gefährten. William seufzte nur und versuchte anscheinend gar nicht erst die Situation aufzuklären.
„William war so nett mir zu helfen", brachte ich schlussendlich energisch über die Lippen. „Mir ist schwarz vor Augen geworden und er war zum Glück da, um mich aufzufangen, sonst wäre ich einfach zusammengeklappt. Er hat mich in die Toilette gebracht, damit ich mich hinsetzten konnte", zischte ich und baute mich ein wenig auf. Ein Großteil davon war zwar wahr, aber die kleine Notlüge fiel mir dennoch schwer. Da mich sein Verhalten jedoch ärgerte, kam sie mir deutlich leichter über die Lippen als gedacht.
Was fiel ihm überhaupt ein hier mitten auf dem Flur so ein Drama zu machen. Ja, sein Gefährte war ihm untreu und ja, das war zufällig mit mir, aber das wusste mein Gegenüber nicht. Außerdem hieß das noch lange nicht, dass ich mich vom ihm gleich nochmal bespringen lassen würde. Deswegen war es für mich alles aber sicherlich nicht ok, mich so anfahren zu lassen.
„Das würdest du wissen, wenn du einfach mal gefragt hättest, anstatt einfach einen Fremden als erbärmlich zu betitelt!"
Dem blonden Omega traten urplötzlich Tränen in die Augen, die sofort überquollen. Er schluchzte eine unverständliche Entschuldigung und schlang seine Arme fest um seinen Bauch.
Sein Anblick weckte sofort starke Schuldgefühle in mir.
William wollte ihn in seine Arme ziehen, doch er wich ihm sofort aus und warf ihm über seine Tränen hinweg einen wütenden Blick zu.
Wäre William ihm nicht mit mir fremd gegangen, würde er jetzt kein derartiges Vertrauensproblem haben. Dann wären seine durch die Schwangerschaft wahrscheinlich ohnehin schon extremen Gefühle nicht noch stärker durcheinander.
„Nein, mir tut es leid", murmelte ich entschuldigend und öffnete meine Arme ein wenig. Der Omega zögerte nicht und schluchzte im nächsten Moment mit bebenden Körper in meinen Armen.
Ich wusste nicht, was mich dazu geritten hatte, ihm diese Umarmung anzubieten, aber es fühlte sich seltsamerweise gut an. Ich hatte noch nie einen anderen Omega umarmt. Vor allem keinen schwangeren. Unsere Bäuche drückten sanft gegeneinander, was mir aus welchem Grund auch immer, ein Lächeln auf die Lippen zauberte.
„Ich bin Paul", stellte sich der Omega vor und strich sich mit dem Ärmel die Tränen von den Wangen. „Bitte entschuldige, dass ich dich so angefahren habe. Ich... ich..." Er suchte fieberhaft nach einer Erklärung, aber ich winkte nur ab.
„Ich bin Mathis und du brauchst dich nicht entschuldigen. Ich weiß, wie sie einem die Gefühle durcheinander werfen." Ich strich über meinen Bauch, um zu verdeutlichen, was ich damit meinte und Paul nickte lächelnd.
William trat, ebenfalls mit einem kleinen Lächeln, wieder an seinen Gefährten heran, der die Berührung diesmal zuließ.
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