Kapitel 38 - Teil 2
„Perfektes Timing. Ich habe Frühstück gebracht" trällert er beinahe stolz und schmunzelt etwas als er mich betrachtet. Er stellt das Tablett auf dem kleinen Tisch vor dem Sofa ab und lässt sich in einen Sessel fallen.
„Komm schon, setzt dich. Du musst sicher Hunger haben" sagt er während er mich zu sich winkt. Ich lasse mich auf einen Sessel ihm gegenüber fallen. Seine offene und freundschaftliche Art überrascht mich. Aber ich versuche nicht zu misstrauisch zu wirken.
„Oh das habe ich noch getragen. Ich denke du willst es zurück." Ich halte ihm die Kette entgegen, doch er schüttelt den Kopf.
„Nein, das gehört dir. Es ist ein Geschenk für die Mädchen die mich auf den Ball begleiten." Etwas verwundert über seine Großzügigkeit, lege ich sie neben mich und folgte seiner Anweisung zuzugreifen. Die leckersten Speisen füllen das Tablett. Neben frischem Rührei und Speck, stapeln sich Pfannkuchen, kleine Muffins und sogar Waffeln. Ich lasse mir jeden Bissen schmecken und die Milch ist wie Honig in meiner geschundenen Kehle.
„Ich hab noch eine Überraschung für dich." Hinter seinem Rücken zieht er plötzlich schokoladen Pudding hervor und ich kann meine Freude nicht verstecken. Mit jedem Löffel der leckeren Schokolade, verschwindet ein wenig die Erinnerung des gestrigen Abends. Kurz vergesse ich auch das es der Prinz ist der vor mir sitzt und nicht irgendein Freund.
„Emmelin ich wollte dich fragen..." doch bevor er zu Ende sprechen kann, klopft es an der Türe und er springt erschrocken auf.
„Kian ich bin's" ertönt Lillies Stimme und schon im nächsten Moment öffnet sich die Türe. Eilig stellt der Prinz sich vor seine Schwester, um ihr den Blick in sein Zimmer zu verwehren.
„Guten Morgen, Kleine. Was ist denn los?" fragt er sie so liebevoll, dass mir das Herz wieder zu schmelzen scheint. Die Liebe die er zu seiner Schwester hat, ist wahrhaftig ehrlich und aufrichtig. Eine Liebe die nur ein Bruder seiner Schwester geben kann. Kurz bin ich eifersüchtig auf das was die beiden haben, aber verwerfe den Gedanken schnell wieder.
„Du warst nicht beim Frühstück und ich wollte mit dir spielen." Unerwartet drückt sie die Türe weiter auf und tritt auch schon in den Raum. Nicht nur der Prinz, sondern auch ich schauen das kleine Mädchen erschrocken an. Ich weiß nicht weshalb er nicht will, dass sie mich sieht. Aber mir ist aufgefallen, dass es einen Grund gibt und da es nun soweit gekommen ist muss ich schwer schlucken. Ich bezweifle, dass das kleine Mädchen den Aris von mir im Zimmer des Prinzen erzählt. Aber trotzdem ist es eine weitere Person die das Geheimnis kennt. Und dann auch noch ein kleines Kind, das vermutlich nichts für sich behalten kann.
„Emmelin" drückt das Mädchen freudig hervor und Kian schmettert die Türe abrupt zu.
„Schsch Lilly nicht so laut."
„Ist Emmelin zum Spielen hier?" will das kleine Mädchen nun aufgeregt wissen, während sie auf und ab springt.
„Ja ist sie aber es ist ein Geheimnis. Okay? Du darfst es niemandem sagen. Schaffst du das?" richtet er die Worte an seine kleine Schwester. Wenn wir wieder alleine sind, muss ich ihn fragen weshalb es so wichtig ist das es ein Geheimnis bleibt. Es kann doch nicht nur meinetwillen sein. Oder doch? Tut er es wirklich nur um mich vor Gerüchten zu schützen?
Freudig springt mir das kleine Mädchen entgegen und setzt sich neben mich auf den Sessel, der genügend Platz für uns beide bietet.
„Wenn du mit Kian fertig gespielt hast, kommst du dann wieder zu meiner Tee Party" will diese nun mit großen flehenden Kulleraugen wissen. „Kian kann auch mitkommen" fügt sie schnell hinzu. Ich möchte das kleine Mädchen nicht anlügen, aber sie auch nicht enttäuschen wenn ich nicht zu besagter Party erscheine. Weshalb ich Hilfe suchend zu dem Prinzen schlaue.
„Kleine, weißt du wir haben viel zu tun. Ich weiß nicht ob wir es zur Tee Party schaffe. Aber ich verspreche dir wir werden es versuchen. Aber jetzt erst mal zum Unterricht" sagt er liebevoll zu Lilly und deutet auf die Türe. Die Kleinen schlingt kurz ihre Arme um mich, bevor sie auch ihren Bruder in eine Umarmung zieht.
„Ausgemacht" sagt sie noch schnell, ehe sie aus der Türe tritt und Kian sie sicherheitshalber versperrt um ungebetene Gäste fernzuhalten.
Auf einmal wird mit etwas bewusst und ich springe auf.
„Arbeit! Ich muss doch arbeiten. Madam Pilo macht mich fertig wenn ich nicht erscheine" presse ich panisch hervor, doch Kian scheint ganz entspannt zu sein.
„Keine Angst alles schon abgeklärt" sagt er ohne weitere Erklärung. Da mich sowieso die genauen Details nicht interessieren, da mein Kopf wieder anfängt zu hämmern, gebe ich mich damit zufrieden. Ich habe genug andere Sorgen als mich auch noch damit herumzuschlagen.
"Ich springe kurz auch unter die Dusche. Schau dich gerne um, aber bitte verlass das Zimmer nicht und mach auch niemanden auf. Es ist wirklich zu deiner eigenen Sicherheit." Kurz schaut er mich noch einmal besorgt an und als ich bestätigend nicke, dreht er sich um und verschwindet im Badezimmer. Was kann es schon schaden noch hier zu bleiben? Es ist nicht so als könne ich mich vor ihm verstecken.
Langsam kämpfe ich mich aus dem gemütlichen Sessel und schreite auf eines der Fenster zu. Inzwischen steht die Sonne hoch am Himmel. Von hier habe ich einen guten Ausblick auf den Vorgarten und scheine sogar beinah über die Mauern hinaus zu sehen. Im Garten tummeln sich gerade einige Gärtner und kümmern sich um die etlichen Pflanzen und auf der Mauer patrouillieren Wachen.
Mein Blick fällt auf den Tisch vor mir. Die Papiere die ich vom Bett sehen konnte, entpuppen sich als Zeichnungen. Wunderschöne, detaillierte, professionelle Zeichnung. Einige von pflanzen, noch ein paar von der Prinzessin und andere von Tieren die genauso gut Photographien sein könnten.
Ein Zwitschern zieht meine Aufmerksamkeit wieder zu den Fenstern und ich bemerke die offen stehende Balkontür. Langsam trete ich durch die Türe und auf den Balkon. Die Morgenluft ist noch kühl und ein leichter Rosenduft weht mir entgegen. Am Geländer gelehnt schließe ich meine Augen und lausche in die Stille. Das fröhliche Zwitschern der Vögel erheitert meine Stimmung und der Wind in den Baumkronen legt einen inneren Frieden in mich.
"Siehst du den kleinen Vogel da, der mit dem blauen Köpfchen und dem gelben Brauch" mein Vater deutet auf besagten Vogel und seine ruhige Stimme kitzelt mein Ohr. Ich sitze auf dem Laub bedeckten Waldboden und mein Vater hat sich hinter mich gekniet und streckt seinen Kopf über meine Schulter.
"Oh der ist so schön." Der kleine Vogel trällert glockenhell und ich sehe wie er eine Heuschrecke beobachtet.
"Das ist eine Blaumeise. Obwohl sie so klein sind, haben sie so viel Selbstbewusstsein, dass sie viele der größeren Vögel vertreiben können. Also nur weil man klein ist, heißt es nicht das man sich nicht gegen den Großen wehren kann. Merk dir das Prinzesschen." Mein Vater streicht mir liebevoll durchs Haar und ich betrachte wie der kleine Vogel die Heuschrecke packt und davon fliegt.
Ein leises mir bekanntes zwitschern, holt mich aus meiner Erinnerung. Vor mich setzt sich ein mir bekannter kleiner Vogel, auf das Geländer.
"Hallo kleine Blaumeise" begrüße ich den fröhlichen Vogel.
"Wusstest du, dass sie nur wenige Jahre in Freiheit überleben, aber in Gefangenschaft vervielfacht sich ihre Lebensdauer um einiges." Die Stimme vom Prinzen erschreckt mich und ich drehe mich abrupt um. An dem Türrahmen gelehnt, beobachtet er mich. Sein nasses Haar ist in einen ordentlichen Knoten gebunden. Er trägt eine simple schwarze Hose und eine dunkelblaue Tunika mit goldenen Verzierungen am Saum. Ich bin mir nicht sicher ob er mit seiner Bemerkung mir etwas sagen möchte, ignoriere es jedoch dann.
"Und doch ihrer kleinen Größe ist es ihnen möglich größere Vögel zu vertreiben" gebe ich etwas neckisch zurück und ernte ein Lachen von ihm. Er bleibt weiterhin an der Tür gelehnt und scheint über etwas nachzudenken.
"Spielst du Schach?" Sein plötzlicher Gedankensprung trifft mich etwas überraschend. "Oh tut mir leid ihr habt wahrscheinlich keine Zeit für solche Spielereien" sagt er etwas beschämend als er seine Frage überdenkt. Zwar ist seine Aussage nett gedacht kommt aber trotzdem etwas hart rüber. Aber wieder entscheide ich mich es zu ignorieren, da er es nur gut meint.
"Das haben wir wirklich nicht. Aber du hast glück, mein Vater, ein Mann mit vielen Talenten war es möglich Zeit zu schaffen auch wenn er keine hatte" erkläre ich. Jedoch scheint Kian nicht zu verstehen was ich meine. "Ja ich kann ein wenig Schach spielen. Aber ich habe schon viele Jahre nicht mehr gespielt." Kurz versuche ich mich zu erinnern wie lange, doch es muss Jahre vor dem Vorfall gewesen sein.
Etwas freudig dreht er sich ab, nimmt ein wunderschönes Mahagoni Schachbrett aus einem Regal und stellt es auf den kleinen Tisch vor dem Sofa. Kurz nehme ich einen letzten Atem der frischen Luft und setze mich vor ihn auf den Sessel. Die goldenen und silbernen Spielfiguren schimmern im Sonnenlicht. Nachdem ich auch das fünfte Mal verloren habe, gebe ich auf. Was mir ein amüsiertes Schnaubt von Kian beschert.
"Du spielst echt nicht schlecht. Um einiges besser als Lilly."
"Was für ein Kompliment. Ich spiele besser als ein zehnjähriges Mädchen, danke dir Kian" Inzwischen fühlt es sich nicht mehr komisch an, den Prinzen beim Namen zu nenne. Es fühlt sich beinahe vertraut und familiär an. Nicht-Emmelin scheint wohl noch etwas länger in Kontrolle zu sein. Diesmal zum Glück, ohne den Einfluss von Alkohol.
"Acht" presst er unterlachen hervor "Lilly ist erst acht Jahre." Ich versuche ihn böse anzublicken. Doch bei seinem Gekicher kann ich nicht anders, als mit einzustimmen. Als wir uns ein wenig beruhigt haben, wird er wieder etwas ernster. Ich sehe, dass ihm eine Frage auf den Lippen brennt aber er nicht weiß wie er sie formulieren soll.
"Emmelin, also was ich dich vorhin fragen wollte bevor Lilly gestört hat war..." Schon wieder wird er durch ein Klopfen unterbrochen und genervt verdreht er die Augen. Laut schnaubt er auf.
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