Kapitel 26
„Du schon wieder" ertönt die Stimme des Arztes als er mich erkennt und ein Hauch von Anschuldigung weht mir entgegen. Als er jedoch mein zerfetztes Kleid und die Blutspuren sieht springt er schnell von seinem Stuhl und hilft mir auf einer der Liegen platz zu nehmen. Da ich beinah drohe einzuknicken. Unsicher ob Rosalee und das andere Mädchen mich halten können, breitet sich Erleichterung aus als der kräftige Mann meine Schultern packte und ich lasse ihn gewähren.
Kurz erklärt Rosalee was vorgefallen ist, da ich inzwischen so erschöpft bin und kein Wort heraus bringe. Ungläubig schüttelt er den Kopf und wendet sich dann mir zu. Er schickt Rosalee in die Küche um etwas Eis zu holen und das andere Mädchen zurück zur Arbeit.
Mit einer Schere schneidet er den rechten Ärmel auf und zum Vorschein kommt ein Zerkratzter rechter Arm und ein Blutbefleckter Verband. Vorsichtig schneidet er auch den Verband auf und betrachtet die Markierung.
„Das scheint nicht so schön zu heilen wie es sollte" bemerkt er als er die Wunde genauer betrachtet. Auch ich wage nun einen Blick zur besagter Stelle. Obwohl ich kaum noch schmerzen habe, sieht die Verbrennung noch sehr wund aus. Beinahe als wäre sie erst vor wenigen Stunden gemacht worden.
Ein längerer Schnitt durchbricht jedoch nun das Zeichen und frisches Blut verkrustete an der Oberfläche. Behutsam betrachtet er auch die anderen Schnitte. Zu meiner Erleichterung ist keiner so tief um genäht werden zu müssen.
Nachdem er die etlichen Schnitte mit einer brennenden Flüssigkeit gereinigte hat, klebte er einige der etwas tieferen Schnitte und verbindet meine Verbrennung mit einer Salbe neu. Inzwischen ist Rosalee zurück und ich drückte mir das Eis auf meine immer noch pochende Wange. Die Kälte betäubt die Schmerzen ein wenig und legt die leichte Schwellung.
„Du musst jetzt aus dem Kleid schlüpfen damit ich auch deinen restlichen Körper untersuchen kann" erklärt der Arzt sachlich. Widerwillig folgte ich seiner Aufforderung und streife das Kleid von mir. Erleichtert das Rosalee bei mir ist greife ich nach ihrer Hand.
Nur in Unterwäsche sitze ich vor dem Arzt und Unbehagen macht sich in mir breit. Jedoch erinnern die Schmerzen an den Vorfall und meine Gedanken schweifen von der unangenehmen Situation ab. Außer einem großen Hämatom an meiner Hüfte ist mein restlicher Körper unbeschadet. Als ich mir gerade das frische Kleid, das Rosalee mitgebracht hat, überziehen will rast eine Schmerzwelle an meinem Arm entlang.
„Tut dir noch etwas weh?" will der Arzt nun überrascht wissen.
„Meine Hand" gebe ich unter Schmerzen zu und blicke auf mein nun geschwollenes Handgelenk. Zuvor hat es noch unscheinbar normal gewirkt. Als auch sein Blick auf die Schwellung gleitet verzieht er sein Gesicht. Gekonnt nimmt er die Hand und bewegt sie vorsichtig in verschiedene Richtungen. Die Bewegungen schmerzen und jagen immer wieder Sterne in mein Blickfeld jedoch sind sie trotzdem möglich.
„Scheint nur eine böse Prellung zu sein und kein Bruch" sagt er beinahe erleichtert. „Ich hole dir schnell eine Schiene" erklärt er eilig, als er auch schon hinter einer Türe verschwindet. In dem Moment als die Türe zuschlägt fällt mir Rosalee in den Arm.
„Oh Emmelin warum passieren nur dir die ganze Zeit diese schlimmen Dinge" presst sie unter Tränen hervor. Mit meiner gesunden Hand streiche ich ihr über den Rücken und versuche das aufgebrachte Mädchen zu beruhigen. Diese löst sich abrupt von mir als der Arzt zurückkommt.
Vorsichtig streift er mir die kühlende Schiene über den Arm, reicht mir ein paar Schmerztabletten, von denen ich eine gleich nehme und erklärt mir, dass ich den Arm für ein paar Tage ruhig halten soll. Der ist Lustig, wie soll ich denn mit nur einer Hand arbeiten.
„Wenn sonst noch was sein sollte weißt du wo du mich findest. Aber jetzt darfst du erstmal gehen" beendet der Arzt seine Erklärung. Seine erste ablehnende Haltung gegenüber mir hat sich inzwischen zu einem fürsorglichen Verhalt verändert.
Unsicher schreiten Rosalee und ich über den Gang. Bei jedem Schritt schmerzt meine Hüfte und ich humpele langsam an Rosalees Schulter gestützt. Tolle Schmerzmittel sind das, beschwere ich mich innerlich.
Da es noch knapp zwei Stunden bis zum Abendessen sind und ich keine Lust habe die Zeit im Zimmer zu verbringen, überrede ich Rosalee mit mir in den Garten zu gehen. Die angenehm warme Luft und die Sonnenstrahlen auf meiner Haut zaubern mir, doch der Schmerzen, ein Lächeln ins Gesicht. Tief ziehe ich die bezaubernden Düfte in mich ein und für einen kurzen Augenblick, nur einen Bruchteil einer Sekunde, vergesse ich meinen Schmerz komplett.
Langsam humple ich zur Bank auf der ich mich vorsichtig nieder lasse. Immer noch besorgt betrachtet Rosalee jede meiner Bewegungen.
„Lee, es geht mir schon viel besser. Bitte hör auf mich die ganze Zeit wie ein verletztes Reh zu betrachten." Gebe ich freundlich aber streng von mir.
„Aber du bist ein verletztes Reh, Emmelin" gibt sie mir etwas neckisch zurück und bringt mich somit zum Lachen. Doch dann wird sie wieder etwas ernster.
„Sowas kann der König doch echt nicht machen" sagt sie nun mit so viel Verachtung, dass ich kurz ins Stocken komme.
„Er hat es ja nicht mit Absicht gemacht." Versuche ich sein Verhalten zu rechtfertigen. „Außerdem ist er der König. Der darf doch alles. Er könnte uns am lebendigen Leib verbrennen und wir könnten nichts sagen. So ist es halt. Aber es ist ja nichts Schlimmes passiert. Lasse uns das einfach vergessen okay?" versuche ich das aufgebrachte Mädchen zu beruhigen. Ich habe weder die Willenskraft noch die körperliche Stärke das Erlebte zu hinterfragen.
„Nein ich lass das nicht einfach..." versucht sie zu protestieren doch ich unterbreche sie.
„Bitte Lee" flehe ich sie, mit Tränen in den Augenwinkel, an. Sie muss an meinem Gesicht ablesen können wie ernst es mir ist, da sie augenblicklich verstummt. Als Dank schenke ich ihr ein aufrichtiges Lächeln.
Die restliche Zeit verbringen wir schweigend und dem plätschern des Wasser lauschen. Immer wieder erwische ich Rosalee dabei wie sie mich wehmütig beobachtet. Aber zu meiner Erleichterung sich weitere Kommentare spart. Auch die Schmerzmittel scheinen endlich ihre Aufgabe zu erledigen denn das Pochen in meinem Gesicht und meiner Hüfte verschwinden beinahe komplett. Und auch die Kopfschmerzen ebben langsam ab.
Vor dem Abendessen bitte ich Rosalee das Geschehen für sich zu behalten und sollte jemand fragen zu erklären, dass ich einfach nur ungünstig gefallen bin. Ich bin nicht daran Interessiert wieder das Gesprächsthema Nummer eins zu werden. Etwas widerwillig stimmt sie zu.
Zu meiner Erleichterung scheint jedoch keinem meine Verletzungen aufzufallen oder sie haben den Anstand mich nicht darauf anzusprechen. Ein paar musternde Blicke erhasche ich, doch sobald mein Blick den ihre trifft wenden sie sich schnell ab. Auch Kalea hat sich heute nicht zu uns gesetzt so, dass mir auch ihre Fragen erspart bleiben.
Jayden, schießt es mir in den Kopf. Nach dem Abendessen werden wir wieder Tanzunterricht haben und er wird sicher wissen wollen was passiert ist. Kurz spiele ich mit dem Gedanken die heutige Stunde zu schwänzen, komme aber zu der Schlussfolgerung, dass das nur mehr Probleme verursachen würde.
Also schreite ich etwas widerwillig in Richtung Saal, da die Schmerzmittel inzwischen meine kompletten Schmerzen überschatten ist auch das Humpeln beinah verschwunden. Darauf bedacht meinen geschienten Arm hinterm Rücken zu verstecken, um Jayden nicht gleich die komplette breite meiner Verletzung sehen zu lassen, betrete ich den Saal. Meine geschwollene rote Wange hingegen kann ich nicht so gut verbergen weshalb Jaydens blick sich sofort mit Sorge füllt als er auf mich trifft.
„Oh nein was ist denn dir passiert?" fragt er so besorgt, dass es mich beinahe zu Tränen rührt.
Eilig schreitet er auf mich zu. Als ich ihm keine Antwort gebe schaut er verzweifelt zu Rosalee, die jedoch nur den Kopf schüttelt und an ihm vorbei, zu ihrem Tanzpartner geht.
„Emmelin, WAS IST PASSIERT?" will er nun etwas getränkter wissen und lässt kein schweigen als Antwort zu.
„Es ist kompliziert ... sagen wir mal so ich war am falschen Ort, zur falschen Zeit, neben einem aufgebrachten König" versuche ich das Geschehene zu verharmlosen und wedle theatralisch mit meinen Armen. Was jedoch zur Folge hat das Jayden nun meinen geschientes Handgelenk zu Gesicht bekommt so wie die Schnittwunden an meinem Arm.
„Emmelin!" presst er erschrocken heraus und betrachtet meine Blessuren mit so viel Mitleid, dass es beinah weh tut ihn zu beobachten. Ein Blick in die Umgebung lässt mich aufatmen denn keiner der anderen scheint uns zu beobachten.
Als er gerade wieder etwas sagen will fordert Herr Falk alle auf in Ausgangsposition zu gehen und lässt Jayden verstummen. Doch immer noch betrachtet er mich mit einem so großen Mitleid das ich meinen Blick von ihm abwenden muss. Der Vorfall ist jetzt passiert und Mitleid macht es auch nicht besser.
Vorsichtiger als sonst hält mich Jayden heute und auch seine Schritte scheinen bedachter zu sein, was langsam eine Wut in mir schürt. Ich mag es nicht wie ein verletztes Reh behandelt zu werden. Mit Mitleid kommt man im Leben nicht weit. Das war auch der Grund weshalb ich damals Rim verlassen habe. Ich konnte den Ausdruck in den Augen der Leute, wenn sie mich ansehen, einfach nicht mehr ertragen.
„Emmelin, wie fühlst du dich? Geht es dir wirklich gut? Vielleicht solltest du dich ausruhen" flüstert er mir nun leise zu, nachdem ich schon wieder die Schrittfolge verwechsele. Die heutige Nähe zu ihm scheint unerträglich und im Gegensatz zu gestern breitet sich keine Wärme bei seiner Berührung aus.
„Mir geht es gut. Bitte frag nicht mehr. Okay?" sage ich etwas wütender als beabsichtigt. Weshalb ich schnell hinzufügt, „Es tut mir leid. Aber ich mag es nicht wenn mich Leute bemitleiden und mich ansehen wie ein zerbrochenes Mädchen. Es wäre echt schön wenn wir uns auf diese blöden Tanz konzentrieren könnten."
„Okay" haucht er kaum hörbar und sein Blick wird etwas sanfter auch wenn die Besorgnis nicht ganz weicht. Dankbar über seine Einsicht konzentriere ich mich wieder auf den neu erlernten Tanz.
Da Herr Falk mit unserer Leistung unzufrieden ist. Behält er uns dreißig extra Minuten bis auch das letzte Paar, die Schrittfolge ohne grobe Fehler zustande bekommt. Zu meiner Erleichterung gelingt mir die Schrittfolge fehlerlos nach einer Stunde. Nur mit der Geschwindigkeit habe ich noch ein paar Problem.
Unter der Voraussetzung, dass wir nicht über den Vorfall sprechen begleite ich Rosalee und Jayden erneut in den Garten. Glücklicherweise halten die beiden sich an die Vereinbarung und wir unterhalten uns über Belangloses und einige weitere der Pflanzenarten. Ein paar mitleidige Blicke können die beide jedoch nicht unterdrücken. Um die Situation nicht noch unangenehmer zu machen verzichte ich jedoch auf einen Kommentar.
Darauf bedacht, erst nach Kaleas Bettzeit ins Zimmer zurückzukehren, unterhalten wir uns noch lange nachdem die Sonne untergegangen ist. Als die Müdigkeit mich doch einholt, gehen wir ins Zimmer zurück, wo, zu meiner Freude, Kalea bereits tief und fest schläft.
(Danke für euer fleißiges lesen. Ihr habt es so weit geschafft. Ich hoffe euch gefällt es bis jetzt. Lasst mir gerne Kommentare da über Verbesserung Tipps oder was euch gefällt. Gerne auch als PM und über votes freu ich mich natürlich auch. Gerne auch ein paar Namensvorschläge für zukünftige Charaktere. Weiterhin viel Spaß)
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