Kapitel 8
Bei unserem Keuchen bildete sich frischer Nebel in der Luft. Das Stechen in meinen Rippen erinnerte mich daran, dass ich in menschlicher Form ziemlich untrainiert war. Meine Wölfin war neidisch. Zu gerne hätte ich mit ihr getauscht.
Ich versuchte mit Lukes Tempo mitzuhalten, aber seine Schritte waren um einiges länger als meine. Meine Oberschenkel begannen zu brennen, doch ich ignorierte es. Das Gras glänzte mit nächtlichem Eis, das noch auf die Sonne wartete. Mein Körper wachte langsam auf und war nicht glücklich über die Situation, in die ich ihn gebracht hatte.
„Komm, die können wir überholen", sagte Luke, kaum außer Atem, während ich keuchte wie ein Greis. Die Gerüche von drei Wölfen lagen direkt vor uns und mit jedem Schritt wuchsen ihre Hinterköpfe.
Still überholten wir sie am Rand und ließen sie hinter uns. Nicht lange danach kam uns das Plätschern von Wasser entgegen. Die Bäume lichteten sich und gaben den Weg um den See vor, den wir noch laufen mussten. Auf der anderen Seite sah ich die Person, die mit Abstand vorne weglief: General Astor.
Ein Kribbeln prickelte in meinem Magen und dämpfte die Anstrengung. Sein Schatten preschte durch die Nacht, als wäre er hinter jemandem her.
„Hey Dan, was hast du jetzt so eilig? Also nicht, dass ich mich beschwere", sagte Luke neben mir und grinste, als er auch begann schneller zu laufen.
„Ich will aufholen", keuchte ich und starrte zurück auf General Astor. Ich wollte ihm zeigen, was ich konnte. Meine Beinmuskeln schienen zuzustimmen.
„Ha, ich glaube dein Kampfgeist ist aufgewacht", antwortete Luke. Wir zogen das Tempo weiter an und überholten Gruppe um Gruppe an Wölfen. Dann nährten wir uns einem bekannten Geruch.
„Ulf, komm!", rief ich, motiviert durch den Schatten von General Astor. Wir liefen an ihm vorbei, doch er winkte abwegig.
„Lasst mich zurück. Ich bin alt und brauche meine Kräfte noch", sagte er.
„Wie du meinst!", rief Luke über die Schulter und wir ließen ihn und sein gemütliches Tempo hinter uns. Mein Körper hatte Feuer gefangen und das gab mir Kraft und Ausdauer. Meine Wölfin wollte gewinnen.
Mit jeder Gruppe, die wir überholten umrundeten wir den See weiter. Mein Herz raste, so wie meine Beine.
„Da vorne sind die Letzten", keuchte ich und zeigte auf eine Zweiergruppe. Ihre Fährten waren die einzigen in der Luft... bis auf den himmlischen Geruch von General Astor, der aber schon weit weg sein musste. Trotzdem stachelte er mich an.
Einer der Wölfe drehte sich um, als er unsere Schritte hörte. Seine Augen waren giftgrün und er war durchtrainiert wie Luke. Seine roten Haare waren kurzgeschnitten, während sein Blick mich durchstach. Der Wolf neben ihm war noch muskulöser. In der ganzen Truppe war er wohl der Größte, denn er überragte sogar Luke um einen Kopf. Seine rechteckige Form erinnerte mich an einen Schrank.
Wir zogen das Tempo weiter an, sodass wir fast an ihnen vorbeisprinteten. Der Rothaarige streckte sein Bein aus, doch meine Sinne waren scharf. Ich sprang über sie hinweg und mit kraftvollen Schritten ließen wir ihn und seinen wie ein Bär gebauten Kameraden hinter uns.
„Nicht heute", keuchte ich. Sein hasserfüllter Blick bohrte sich in meinen Hinterkopf. Schade nur, dass er mein Grinsen nicht sehen konnte. Jetzt wusste ich wenigstens, wem ich ausweichen sollte.
Hitze flutete durch meine Venen und das Brennen in den Beinen kehrte zurück. Nur der Geruch von General Astor ließ mich nicht stehen bleiben. Heißer Schweiß sammelte sich unter meiner Uniform. Wir ließen das Wasserplätschern hinter uns. Lukes Herz pochte genauso schnell wie meines, nur kräftiger.
Die Bäume lichteten sich und das Lager kam in Sicht. Auf dem riesigen Platz standen zwei Wölfe, Delta Ivan und General Astor. Mein Magen zog sich zusammen, während mein Brustkorb schrumpfte.
Es waren nur noch Luke und ich.
Wir starrten uns an, ohne stehenzubleiben. In seinen Augen leuchtete der Wettkampf auf. Ich gab all meine Kraft in die Beine und wir sprinteten die letzten hundert Meter. Mit jedem Schritt gewann Luke eine Nasenspitze und bald war er einige Meter vor mir. Mein Herz pochte wütend, doch egal wie schnell sich meine Beine bewegten, ich konnte nicht mithalten.
Mein Gesicht musste rot sein wie eine Tomate, als ich hinter ihm auf dem Platz ankam. Ich schnappte nach Luft, doch meine Lunge war überfordert.
„Beeindruckend", sagte Delta Ivan und ich blickte auf. „Als letzte aufgeholt zum ersten Platz. Das nenne ich wahren Kampfgeist."
Ein Quäntchen Stolz floss durch meine Venen und kühlte die Hitze. Mein Blick fand den von General Astor und ich konnte das Lächeln nicht verhindern, das auf meinen Lippen erblühte.
Er zeigte keine Reaktion, doch irgendwie sah er zufrieden aus. Vielleicht würde die Höllenwoche doch nicht so schlimm werden. Sein Blick löste sich von mir.
„Edgar, hast du die Reihenfolge?", fragte er mit der tiefen Stimme und seine rechte Hand kam aus dem Zelt, aus dem ein herzhafter Geruch strömte.
Essen...
Mit einer Feder kritzelte Edgar über sein Papier, auf dem wohl unsere Namen stehen mussten.
„Ist notiert", sagte er und musterte uns.
Am Horizont regte sich die Sonne und tauchte den Platz in ein oranges Licht. Astors Haare begannen wie Gold zu funkeln. Mein Bann löste sich, als die Schritte und Herzschläge der anderen hinter uns ertönten. Nach und nach kamen alle auf dem Platz an.
Edgar hüpfte herum und notierte jeden auf seiner Liste. Ulf war einer der Letzten, doch das schien ihn nicht zu stören. Im Gegensatz zu uns anderen hatte er kaum geschwitzt und auch sein Herzschlag war gleichmäßiger.
„Salutiert!", befahl Astor und sofort nahmen wir Haltung an. Luke stand ganz vorn, ich neben ihm und zu meinem Pech der Rothaarige auf meiner anderen Seite. Er verströmte einen sauren Geruch von Schweiß und ich rümpfte die Nase.
Plötzlich klingelte eine Glocke aus dem Essenszelt und bei einigen Wölfen knurrte der Magen.
„Rührt euch!"
Sofort öffnete Luke das Zelt und wir tauchten in das Paradies aus Frühstück: Speck, Brötchen, Eier...
Das Wasser in meinem Mund lief fast über, als ich mir einen Teller schnappte. Meine Muskeln brannten noch, aber das war mir egal bei diesem Anblick.
„Lass uns reinhauen", sagte Luke und ich konnte nur nicken.
...
Mein Magen war randvoll mit köstlichem Essen. Ich stopfte das letzte Stück des salzigen Specks in mich hinein und kaute. Luke war noch lange nicht fertig, während Ulf an einer Tasse Tee schlürfte. Er hatte kaum etwas gegessen.
Ich warf einen verstohlenen Blick hinter mich auf das Duo aus Rothaar und rechteckigem Rohling. Letzterer machte Luke beim Essen ernste Konkurrenz, wodurch mir allein vom Zusehen schlecht wurde. Kein Wunder, dass er so aussah. Eierreste klebten in seinem braunen Bart und der Rothaarige redete ihn von der Seite zu. Plötzlich sah er mit seinen giftgrünen Augen zu mir.
Sofort fuhr ich herum, ertappt.
„Also wenn jedes Essen so ein Festmahl ist, dann beginne ich die Armee zu mögen", schmatzte Luke vor sich hin. Ulf schüttelte nur den Kopf, behielt aber seine Gedanken für sich.
„Hergehört!", befahl Delta Ivan und stand auf. Das Brummen von Stimmen verstummte und wir drehten uns zu ihm. „Es geht weiter!"
General Astor stand auf und wanderte durch das Zelt.
„Mitkommen!"
Wir alle standen ohne zu Zögern auf, wobei Luke beschäftigt war die letzten Reste von seinem Teller in sich hineinzustopfen. Wir folgten General Astor an die frische Morgenluft. In der Ferne zwitscherten Vögel und die Sonne erhob sich langsam an den blauen Himmel. Delta Ivan und Astor steuerten schon wieder auf den Wald zu, in dem wir vorher noch laufen waren.
„Ein guter Verdauungsspaziergang", raunte Luke und ich grinste.
Über den Waldboden erklang das hektische Hoppeln von Hasen, die sich vor unseren donnernden Schritten versteckten.
„Ich ahne es schon", sagte Ulf und wir beide sahen ihn skeptisch an. Dann hörten wir es auch: das Plätschern des Sees.
Lukes Grinsen verblasste unverzüglich, als die dunkle Oberfläche des Wassers in Sicht kam. Direkt davor blieben Delta Ivan und Astor stehen, an der flachen Stelle ohne Schilf. Sie warteten, bis wir einen Halbkreis um sie gebildet hatten.
Lukes Herzschlag hüpfte unregelmäßig in seiner Brust.
„Bleib ruhig", raunte ich. „Wir schaffen das zusammen."
„Die Aufgabe ist einfach!", rief Astor und musterte uns. „Lasst die Uniform an! Schwimmt einmal durch den See, hin und zurück! Los!"
Die Ersten rannten schon ins Wasser, während wir noch damit beschäftigt waren unsere Schuhe auszuziehen. Der Angstschweiß brannte auf Lukes Haut. Die anderen Soldaten spritzten das Wasser in alle Richtungen. Wir waren schon wieder die Letzten.
„Komm Luke, du hast mir beim Laufen geholfen und wir haben gewonnen."
Ich spürte den brennenden Blick von Astor auf mir. Er sagte nichts, sondern wartete nur darauf, dass wir anfingen. Delta Ivan ging neben den anderen Schwimmern am See entlang.
Die Steine drückten in meine Füße, als ich mich dem Wasser nährte. Die leichten Wellen fluteten über meine Füße und sandten eine dicke Gänsehaut los. Es war kalt wie flüssiges Eis. Bevor ich nachdenken konnte rannte ich hinein und tauchte unter. Mein ganzer Körper erzitterte. Auch die Uniform war völlig durchnässt, doch ich versuchte das ekelhafte Gefühl von dem klebenden Stoff zu ignorieren.
„Komm!", rief ich zu Luke, der noch am Ufer stand. „Hier kannst du stehen!"
„Ich warte auf der anderen Seite auf euch", sagte Ulf und schwamm in gleichmäßigen Zügen an mir vorbei.
„Renn einfach rein!", rief ich und nach kurzem Zögern tat Luke genau das. Das Wasser spritzte wie hunderte Funken um in herum und sein Herzschlag setzte bei der Kälte einige Schläge aus. Während ich meinen Kopf geradeso über der Oberfläche hielt, reichte es ihm gerade zu den Schultern.
„Was jetzt?", fragte er und blickte auf die anderen Soldaten, die beinahe die Hälfte des Sees schon hinter sich gelassen hatten.
„Noch können wir aufholen", sagte ich. „Beweg einfach deine Arme so."
Ich zeigte ihm die Bewegung und Luke machte sie im Stehen nach.
„Genau, und mit den Beinen tritts du einfach wie ein Frosch."
Ich stieß mich vom sandigen Grund ab und begann mich zu bewegen. Ich schob das Wasser zur Seite und drehte mich zu Luke um. Sein Kopf war wie ein Schwan über Wasser gestreckt und er imitierte meine Bewegungen.
„Gut! Genau so, und jetzt zeigen wir es Ulf!", rief ich und grinste über dem Wasser.
Mit Abstand, sodass wir uns nicht gegenseitig schlugen, schwammen wir tiefer zum Herz des Sees. Ich ermutigte ihn immer weiter und langsam hatten wir einen guten Rhythmus.
An manchen Stellen schien sogar die Sonne durch die Baumkronen und wärmte die Oberfläche. Luke schnappte immer wieder nach Luft und sein Herz schlug wild in der Brust.
„Ich ka-!", keuchte er und ein Gurgeln erklang. Er hatte Wasser geschluckt. Er strampelte auf der Stelle gegen die Oberfläche, doch der Grund musste einige Meter unter uns liegen. Panik strömte von ihm aus und sofort drehte ich mich um und schwamm zu ihm. Wir waren mitten ihm See, weit weg von jedem Ufer und jedem Boden.
„Luke, warte! Du musst ruhig bleiben!"
Meine Worte kamen nicht bei ihm an und ich konnte ihn kaum noch sehen durch die Spritzer und Wellen, die von ihm ausgingen. Ich kämpfte meinen Weg hindurch und versucht seinen Arm zu packen. Meine Beine strampelten, genau wie seine ihm Nichts.
In seinen Augen stand purer Horror, und als er meinen Arm spürte stützte er sich auf mich.
„Lu-"
Das Gewicht drückte meinen Kopf unter Wasser und ertränkte meine Worte. Es drang in meinen Mund und stahl den Atem aus meinen Lungen. Ein Schrei Unterwasser entkam meinen Lippen. Wilde Blasen machten sich zur Oberfläche. Ich ruderte mit den Armen und packte nach seiner Hand auf meinen Schultern.
Mit aller Kraft stieß ich mich nach oben und schnappte Luft, sobald ich konnte. Luke hing auf meinem Rücken und ich versuchte ihn abzuschütteln. Meine Wölfin knurrte innerlich und preschte gegen ihre Fesseln.
„Hilf-!", rief ich, bevor mich das Wasser einhüllte und gefangen hielt. Meine Lungen kreischten nach Luft und ich quälte mich mit letzten Kräften an die Oberfläche. Seine Hände hatten sich vor Angst so fest in meine Schultern gebohrt, dass ich sie nicht abbekam.
Er röchelte mit offenem Mund und ich blickte in seine Augen. Sie verfärbten sich golden und mein Herz blieb stehen. Der Stoff der Uniform zerriss. Die Hände auf meinen Schultern verwandelten sich in Krallen. Wie Nägel bohrten sie sich durch meine Haut.
Oh nein.
Ich schloss die Augen, als mich die Masse zurück in die eisige Dunkelheit drückte.
...
OwO
Ich traue mich gar nicht etwas zu sagen...
Egal, Flachwitze müssen sein!
Was macht man, wenn man auf der Autobahn nicht mehr weiß, wo man ist?
Umdrehen und das Radio einschalten.
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