Kapitel 3
„Er redet nicht viel. Die meiste Zeit hängt er in seinen Ketten und lacht." - „Er lacht?" Finya runzelte die Stirn. Es war ein langer Silbergang gewesen. Ihre Wunden waren versorgt worden, der Elf in den Kerker abgeführt und verhört, Ulrics Knöchel von einem Verband umschlungen und Alectus von oben bis unten in einem Kräuterbad abgewaschen. Sie hatten alle sehr viele Verletzungen davon getragen. „Ja", erwiderte Gerald, „es ist ein eiskaltes Lachen. Das Lachen eines Irren. Da kriegst du überall Gänsehaut bei." Die Prinzessin nickte. „Das kann ich mir gut vorstellen", antwortete sie. Die Elfen waren beide nicht gerade zimperlich mit ihr umgegangen. Doch sie hatte keine ernsthaften Verletzungen davongetragen. „Er ist angriffslustig", fuhr der Hauptmann fort,„wir mussten ihn betäuben, damit er uns nicht angreifen kann." Ein leises Seufzen entkam Finyas Lippen. „Hast du den Blonden gesehen?", fuhr Gerald schaudernd fort, „Der hatte weiße Haare. Zwei seiner Zähne sind raus gefallen, als wir ihn anhoben." Ein Nicken war alles, was Finya zustande brachte. „Ruh dich aus." Gerald legte der Prinzessin eine Hand auf die Schulter. „Du hast es dir verdient." Dann schritt er langsam davon, um seinen Wachposten einzunehmen.
Doch Finya hatte nicht vor sich zu erholen. Mit ihren Vater, der sie holen ließ, konnte sie auch zur späteren Stunde sprechen. Jetzt musste sie erst einmal nach ihren Freunden sehen.
Du Bastard! Das ist meine Tochter! Abermals versuchte Vi gegen die Barriere anzukämpfen. Sie war verzweifelt. Wütend. Nichts, was sie versuchte, war von Erfolg gekrönt. Ihre letzte noch lebende Tochter! Vi konnte sich genau an ihre Geburt erinnern. Es hatte nicht lange gedauert, da hatte sie ihre Mutter angesehen. Ein Lachen war das erste, was Finya von sich gegeben hatte, als man sie ihr auf ihre Brust gelegt hatte.
Plötzlich spürte sie wieder diesen Schatten, der sich vor ihr legte. Verzweifelt kämpfte sie dagegen an, kämpfte um das Leben ihrer Tochter. Doch er war stärker. Er war immer stärker. Oft ließ er sie erbarmungslos zusehen. Ließ sie spüren, wie er ein weiteres Ungeborenes der schwarzen Magie opferte. Mit jedem Mal wurde sie verzweifelter. Mit jedem Mal brach ein Stück von ihrem Herz entzwei.
Doch sie schaffte es nie, die Kontrolle zu gewinnen und dem ein Ende zu setzen. Das Messer lag so nah ... Und doch konnte sie es nicht greifen. Sich nicht in ihr Herz stechen. Nicht das Leben ihres einzigen Kindes retten, welches überlebt hatte. Ein wehklagender Schmerzensschrei verblasste in den geteilten Gedanken der schwarzhaarigen Frau mit den grünen Augen. Niemand würde je davon erfahren ...
„Er wurde nicht gefasst." Alectus schüttelte traurig den Kopf. „Ich muss gehen. Ihn suchen." - „Ich komme mit dir!", erwiderte die Prinzessin, ohne eine Widerrede zu dulden. „Nein." Etwas in Alec hatte sich verändert. Seine Augen glänzten nicht mehr voller Schalk. Er war beinahe traurig. Glanzlos sahen sie Finya entgegen. „Ich werde dich nie wieder in Gefahr bringen."
„Finya!" Die Stimme Tasjus erklang. Die Heilerin versuchte ihn davon abzuhalten in den Krankensaal zu laufen, schaffte es jedoch nicht. Im Nu war der Künstler bei ihr. Er sah ihr in die Augen und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. „Um des Drachen Willens!", stieß er erschrocken aus. „Es ist nichts", versuchte Finya ihren Liebhaber abzuwimmeln. Sie nahm seine Hände in die ihre. „Bitte, Liebster", sagte sie ruhig, was Alectus ein unterdrücktes Kichern entlockte. Seinen falschen Humor hatte er jedenfalls nicht verloren. „Mir geht es gut." Doch Tasjus Augenbrauen schossen in genau diesem Moment in die Höhe. Nein, natürlich glaubte er ihr nicht. „Liebste", erwiderte er – und wieder erklang von Alectus ein unterdrücktes Lachen, „was ist geschehen?" Behutsam löste er seine linke Hand aus ihrer rechten und strich ihr über ihren bandagierten Kopf. „Ich wurde belogen", gab Finya zögernd zurück, „verraten und betrogen." Die Prinzessin sah in den Augen des Adligen, dass er ihr nicht recht glauben schenkte. „Liebster, geh doch schon einmal vor. Ich werde nicht lange benötigen. Wir treffen uns bei meinem Vater." Recht widerwillig ließ Tasjus sie los. Dann wandte er sich wortlos ab und entschwand ihrem Blick.
„Ich verstehe immer noch nicht, wie du mit diesem arroganten Sack das Bett teilen kannst", sagte Alectus, als Tasjus außer Hörweite war. „Wir teilen das Bett nicht miteinander. Wir haben uns nur versprochen." Alectus schnaubte. „Er ist es nicht." Finya seufzte, ließ den Wortwechsel jedoch dieses eine Mal Alec gewinnen. „Ich werde nicht darauf antworten." Die Form gebot es, ihm die letzte Antwort zu geben, ehe sie sich umdrehte und Tasjus mit großen, zügigen Schritten folgte.
Alectus sah seiner Freundin nach. Er verstand nicht, wie sie eine rebellische Prinzessin sein und dennoch mit einem Adligen liiert sein konnte. Sie hatten sich noch nicht einander versprochen – nicht so, wie es sich gehörte – doch Alectus wusste, dass sie bald erkennen würden, wie verschieden sie doch waren. Ihr Vater hatte alles versucht, sie mit einem Adligen zu verheiraten, doch sie hatte stets abgeblockt. Der Magier konnte sich vorstellen, dass sie auch bei dem Künstler verneint hätte, hätte sie ihn durch ihren Vater kennen gelernt. Schließlich hatte sie auch ihn abgeblockt. Er betrachtete Finya ohnehin nicht als seine zukünftige Frau, das passte einfach nicht zu ihr. Und zu Alectus selbst überhaupt nicht. Doch so war Finyas Vater nun einmal. Er versuchte sie mit den Männern zu verheiraten, die er für stark genug hielt, Finyas Rebellion unter Kontrolle zu halten oder zumindest auf seine Tochter zu achten. Vielleicht hatte die Prinzessin deshalb den zarten Künstler erwählt? Er passte nicht in das männliche Bild ihres Vaters.
Wenn Alec es sich recht überlegte, passte er auch nicht mehr hinein. Er hatte versagt. Und nun musste er sein Versagen wieder gut machen. Musste stärker werden. Alectus seufzte. Nun musste er vom Lehrer zum Schüler werden.
Und auch das passte nicht zu ihm ...
„Vater", sagte Finya laut, noch ehe der König beginnen konnte, „ich bitte dich, tu dies nicht." Doch der König schüttelte den Kopf. „Du bist verletzt, meine Tochter", sprach er. Finya verzog das Gesicht.„Aber ich bin hier. Und ich lebe!" - „Ich vermag nichts sagen zu dürfen, mein Herr", begann Tasjus, was Finya zum ersten Mal in ihrer Beziehung gut fand – doch der König stoppte sein Eingreifen sofort: „Dann tu dies auch nicht, Tasjus! Du hättest bei ihr sein müssen!" Tasjus senkte den Blick und brachte ein betretendes „Ja, Euer Majestät" zustande. Finya schnaubte. „Lass ihn ausreden, Vater!" Ihre Stimme war scharf – und sie hätte es nicht gedacht, doch der König nickte Seufzend. „Nun gut. Tasjus, sprich." -„Ich denke, der Magier hat gute Arbeit geleistet", fuhr Tasjus schüchtern fort, „er hat sie beschützt und zurück gebracht." -„Dennoch wird meine Tochter keine weiteren Unternehmungen während des Silberganges begehen." Sein Blick galt Finya, die nur mit den Augen rollte. Wie wollte er dies verhindern?
Als hätte ihr Vater ihre Gedanken gelesen, sprach er weiter: „Vor ihrem Fenster werden Eisenstäbe angebracht. Ihre Tür wird von nun an von zwei Wachposten bewacht. Während die Silbersichel am Himmel steht, wird ein Magier bei ihnen sein." - „Aber Vater!", rief Finya aufgebracht aus, doch König Orbi schnalzte mit der Zunge. „Nichts da! Du wirst nicht noch einmal in Gefahr gebracht, meine Tochter." Seine Hand strich über Finyas Verband am Kopf, doch sie schlug diese zurück.„Lass mich!", fauchte sie. Dann machte sie auf den Absatz kehrt.„Wo willst du hin?", rief ihr Vater ihr nach, doch sie antwortete nicht.
Ihre Wut trug ihre Beine so schnell, dass sie nicht bemerkte, wie sie außer Atem kam. Sie lief weiter, achtete nicht auf den Weg. Gitter am Fenster! Wachen vor der Tür! War sie eine Gefangene? Oder war sie seine Tochter?
Erst als ihr Schwindelig wurde, verringerte sie ihr Tempo. Sie stützte sich an der Wand ab und griff mit ihrer linken Hand an ihren Kopf. Kurz schloss sie ihre Augen, um ihre Kräfte zu sammeln. Ja, es hatte sie schlimm erwischt. Sie wurde niedergeschlagen, ihr Gesicht sah nicht mehr aus wie das einer Prinzessin und sie hatte vier große Blutergüsse am Körper. Doch wenn sie es recht bedachte, hatte sie viel Glück gehabt. Ihre Freunde waren am Leben, worüber sie sich am meisten freute. Ihre Wunden würden schnell verheilen. Die blauen Flecke würden schon in einigen Drachengängen nicht mehr zu sehen sein. Sie konnte sich glücklich schätzen, nicht so auszusehen wie Riro, der Gängelang nicht richtig sehen können wird und dessen Gesicht aufgeplatzt und geschwollen war. Seine Tochter hatte ihn kaum erkannt. Sie hatte geweint, als sie ihn gesehen hatte. Finya glaubte, dass sie noch immer weinte. Das arme Kind. Es musste ein Schock gewesen sein, ihren Vater so zu sehen. Und auch Ulric ging es nicht besser. Er war nicht so entstellt wie Riro, hatte nicht so viele Verletzungen wie Alectus und hatte auch keine Wunde am Kopf, wie Finya. Doch er war sehr erschöpft und seinen Knöchel würde ervielleicht sogar den ganzen Silberlauf nicht richtig benutzen können. Er hatte Gehhilfen bekommen und konnte von Glück reden, wenn sein Fuß im Blütenlauf noch belastbar war.
Finya öffnete ihre müden Augen. Das Licht der Drachenscheibe reichte nicht in den Gang hinein, in dem sie nun stand. Mit einem Schaudern bemerkte sie, dass sie vor den Kerkern stand.
Wenn sie bereits hier war, könnte sie auch gleich ... Ja, wieso nicht?
Entschlossen ging die Prinzessin weiter. Ihre Füße trugen sie wie von selbst die Treppen hinab. Die Wachen, die hier postiert waren, kannte sie nicht. Sie war nicht gerne im Kerker, obwohl er dunkel war. Doch es hatte eine bedrückende Atmosphäre. Kein Freiheitsduft lag in ihnen. Es gab nur kahle, steinerne Wände und Eisengitter. So wie nun auch in meinem Zimmer, schoss es der Prinzessin durch den Kopf.
An einer Gabelung blieb sie stehen. Wo war er untergebracht worden? Sie sah sich um. Dann drehte sie sich um. Die goldene Rüstung der Königswache glänzte in der Dunkelheit. Vielleicht sollten sie ihre Rüstung mit Ruß bedecken. Wenn jemand versuchte zu fliehen, würde man die Wachen auf einhundert Schritt Entfernung schon sehen. „Hey!", rief Finya – und ihre Stimme hallte im tristen Korridor wider. „Wache!" Mit einem lauten, metallischem Scheppern löste sich eine Wache von seinem Posten und kam auf sie zu. Gut so. So musste sie den Weg nicht doppelt ablaufen.
Wenn Finya es sich recht überlegte, dann würde es auch nichts nützen, die Rüstungen mit einem Schwarzen Film zu überziehen. Sie waren ohnehin so laut,dass sie zu hören waren, noch bevor sie in Sichtweite kamen.
„Prinzessin?", fragte der Mann in der Rüstung. Er verneigte sich, was mit der Rüstung sehr holprig und geradezu lächerlich aussah. Finya reckte das Kinn. „Bitte, steht auf", sagte sie mit einer festen Stimme. Sie reichte ihm ihre linke Hand, auf die er einen raschen Kuss drückte, ehe er sich aufrichtete und sie aus dunklen Augen anblickte. „Sagt, wo ist der Elf, der an meiner versuchten Entführung beteiligt war?" Finya mochte es nicht, sich wie eine Prinzessin zu verhalten, doch oft half es. Ihr Befehlston war harsch, ihre Miene blieb reglos und hart.
Die Wache zögerte,was Finya einen Gedanken in den Kopf trieb: Natürlich hatte ihr Vater bereits an diese Sache gedacht und den Wachen verboten, auch nur ein falsches Wort zu sagen. Ein Lächeln schlich sich auf ihren Lippen. „Ihr müsst es nicht sagen", begann sie zu wispern,„zeigt es mir!" Die Wache sah Finya an. Fast flehentlich. Ein Augenrollen war ihre Antwort. „Bitte, ich kann auch den gesamten Drachengang in den Kerkern herumirren." Mit diesen Worten wandte sie sich auf den Absatz um. Ein leichtes Quietschen war zu vernehmen, was Finya ein weiteres Lächeln entlockte. Über ihre rechte Schulter sah sie den Wachmann an. „Ja?", fragte sie süffisant. Dann zeigte er nach links. „Vielen Dank. Ihr dürft wieder auf euren Posten zurückkehren." Die Prinzessin achtete nicht darauf, ob er schuldbewusst drein blickte oder sich für seine Handlung schämte. Sie schritt einfach weiter voran.
Schweigend kam sie an weitere Zellen vorbei. Zellen, die doppelt gesichert waren. Finya erkannte das Flimmern von magischen Kraftfeldern, welche sich vor den Gitterstäben zogen. Dieser Bereich musste für die besonders schweren Verbrecher gesichert worden sein. Je weiter sie kam, desto stärker und heller wurde das Flimmern. In einigen Zellen erkannte sie magere Gestalten, die an den Wänden angekettet waren. Ihre Verbrechen mussten groß genug sein, um nie wieder das Licht der Drachenscheibe zu sehen, doch zu gering, um ihren Kopf zu verlieren. Vielleicht Vergewaltiger und brutale Schläger. Doch keine Mörder.
„Prinzessin!", hörte sie eine Stimme, noch bevor sie eine Person erkennen konnte. Bis hierher hatte sie nur das Geräusch ihrer Schritte begleitet, weswegen sie heftig zusammenzuckte. Ihr Herzschlag wurde so schnell, dass es mit einem gestreckten Pferdegalopp mithalten könnte. Nicht einmal ein Stöhnen oder ein anderes Geräusch von den Gefangenen hatte sie vernommen. Sie vermutete, dass die Eingesperrten einen Lärmzauber umgaben, um sie nicht zu hören.
Eine Wache stand vor ihr. Sie versperrte ihr den Weg. „Ich kann Euch nicht hindurchlassen", sagte er ernst. Sie seufzte. Nicht noch einer! „Er hat mich verwundet. Er wollte mich entführen. Ich will wissen, warum." Ihre Stimme war streng. Sie hatte keine Lust mehr, sich mit den Wachen zu streiten. „Wir werden es herausfinden", versprach er, doch Finya schüttelte den Kopf. „Mein Vater muss mir diese Chance lassen." Ohne auf ihn zu achten, presste sie sich an der Wand links von ihm an ihn vorbei. „Prinzessin!" Er griff nach ihren Arm, ließ ihn jedoch direkt los, als er ihren Blick einfing. Er seufzte.„Nun gut. Aber ich werde euch begleiten." Mit dieser Lösung war Finya zufrieden. Sie nickte und ließ ihn voran gehen.
Es war nicht weit. Nach nur wenigen Schritten standen sie vor einer Zelle, in der ein hölzernes Kreuz aufgestellt war. An diesem Kreuz war derschwarzhaarige Elf angekettet. Als er Finya erblickte, grinste er sie an. Da fiel ihr auf, dass ihm ein Zahn fehlte. Er schien gealtert zu sein, grauweiße Strähnen zogen sich durch seine Haare und Finya meinte sogar zwei kleine Falten um seine Augen zu sehen. „Sie werden dich kriegen", nuschelte er. „Sie werden dich kriegen, Prinzesschen." - „Wer?", fragte sie und legte so viel Verachtung und Hass in ihre Stimme, dass sie selbst zusammenzuckte. „Wir werden dich töten", fuhr er unbeirrt fort, als hätte er sie nicht gehört. Die Prinzessin schürzte ihre Lippen und zog die Augenbrauen hoch. „Wer?", wiederholte sie die Frage, doch auch dieses Mal sprach er einfach weiter: „Du kannst dich nicht verstecken!"
Ihre Augen huschten zur Wache. „Ist er bei Verstand?" Sie erinnerte sich, dass er betäubt werden sollte. „Sein Verstand ist benebelt. So kann er keine Zauber wirken", klärte die Wache sie auf. „Soso",erwiderte sie, „weshalb sollte es dann zu gefährlich für mich sein, her zu kommen?" - „Die Wirkung hält nicht ewig an", klärte die Wache genervt auf, „Wir brauchten vier Magier und zwei Wachen, um ihn ruhig zu stellen." Darauf antwortete Finya nicht. Er tat, als wäre sie ein dummes, kleines Mädchen, welches mit diesen Dingen nicht vertraut war. Ein leichtes Kopfschütteln konnte sie sich jedoch nicht verkneifen.
Der Elf stöhnte und zog so ihre Aufmerksamkeit zu sich. „Wie heißt du?" Finya beschloss, mit einfachen Fragen zu beginnen und ihn so die benötigten Informationen zu entlocken.
„Ich bin Màleg", antwortete er müde, wie in Trance. „Wie alt bist du?"
„Das Alter ist nicht von Belang."
„Wieso?"
„Wir zählen es nicht in Läufen."
Seine trüben Augen fixierten Finya mordlustig. „Wir werden dich töten." Sie schluckte. „Wie alt bist du?", fragte sie wieder. „Wir zählen nicht. Wir sind." Diese Antwort verwirrte die Prinzessin zunehmend. Abermals stellte sie die Frage: „Wie. Alt. Bist. Du." Dieses Mal machte sie zwischen den Wörtern eine kleine Pause. Laut und deutlich sprach sie mit eindringlicher, wütender Stimme. „Wäre ich ein Mensch, wäre ich nun vierundvierzig Jahre alt." Erleichtert seufzte Finya. Sie konnte sich ihre weiteren Worte jedoch nicht verkneifen: „Wieso nicht direkt so?" - „Weil du es nicht verstehen würdest." Natürlich. Wer fragte musste auch mit einer Antwort rechnen. Sie widerstand den Drang sich mit der Flachen Hand auf die Stirn zu schlagen. „Wer hat dich geschickt?"
Doch der Blick des Elfen klärte auf. „Du wirst zerfetzt", antwortete er. „Wir werden dich töten." - „Ich habe langsam genug davon!", schritt die Wache ein. „Er benötigt das Betäubungsmittel. Oder Rauschgift. Oder irgendetwas, was ihn ruhig stellt." Unruhig trat er von einem Bein auf das andere. Dann pfiff er – und das Geräusch verbreitete sich im gesamten Gewölbe. „Wer hat dich geschickt?"Finya würde so schnell nicht aufgeben. Wieder war ihre Stimme ruhig.
Doch Màlegs Blick wurde immer klarer. Der Schleier lichtete sich, der Hass kehrte auf sein Antlitz zurück. Jetzt bemerkte auch Finya die Gefahr. „Rasch!", rief sie aus, trat zurück und blickte zu der Wache – doch es war bereits zu spät. Die Luft wurde dünner, stickiger und schien in leichten Wirbeln zu dem Elfen zu schweben. „Im Namen Anjanas!", rief er aus, „wir werden dich töten." Ein harter Windstoß traf sie gegen die Brust, Finya wurde zurück geschleudert und traf auf die Wand, die direkt hinter ihr war. Die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst, sodass sie nach Atem rang und sich ohne es zu wollen an den Hals packte. Erst, als sich der winzige Sturm im Kerker gelegt hatte, konnte sie wieder atmen. Sie fiel auf die Knie und begann zu husten, zu röcheln und hektisch nach der lebensrettenden Luft zu schnappen. Anjana, dachte sie, während sie aufstand. Wenn sie sich nicht irrte, hieß so die Königin der Elfen. „Wieso will sie mich sterben sehen?", flüsterte sie mehr zu sich als zu dem Elfen. Doch natürlich hörte er es dennoch. „Sie wird euch alle töten", erklang seine düstere Stimme. „Sie wird ..." - „Schnauze!" Eine raue Stimme erklang und unterbrach den Elfen, der verwundert seinen Kopf hob. Im nächsten Moment stürmten zwei Wachen zu ihm. Dann wurde ihm ein nasser Schwamm auf den Mund gepresst. „Ihr solltet gehen", warnte die Wache, „Es könnte hässlich werden. Und berichtet euren Vater davon. Wir haben einen Namen." Es war das erste Mal, dass sie den Worten einer Wache Folge leistete. Doch er hatte Recht. Es war das Klügste und absolut logisch, weshalb sie auf den Absatz kehrt machte und mit rasantem Tempo zurück stürmte.
Ihr Kopf dröhnte nicht nur von der Verletzung, die sie schon fast vergessen hatte. Die Informationen waren zu viel. Sie entfloh den Schreien, die verstummten, nachdem sie um die nächste Ecke gebogen war. Totenstille umgab die Prinzessin. Eine Gänsehaut legte sich über ihren Körper, während sie weiter rannte, als wäre der Tod persönlich hinter ihr her.
Irgendetwas Großes erwartete sie. Es war spürbar, zum Greifen nah. Etwas, was nicht nur ihr Leben verändern würde ...
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