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Kapitel 2

Die Akademie lag gemeinsam mit den Quartieren der Königswache an der Westseite des Königlichen Palastes, direkt am Ufer des Flusses Akell, welcher sich von seiner Quelle an der Grenze zu Escadria im Norden bis in den Süden schlängelte, wo er sich zu einem Flussdelta aufteilte, das fruchtbare Ackerfläche schuf, die die Städte im Süden Ro'akells, einschließlich der Hauptstadt Ataris, ernährte.

Ataris selbst war geformt wie ein Halbkreis, mit Stadtvierteln, die sich wie Ringe um das Palastgelände und die zugehörigen Institutionen legten, wobei mit der Nähe zum Palast auch der Wohlstand und der Machteinfluss der Bewohner wuchs.

Deswegen war es für Kari kein weiter Weg von der Akademie bis nach Hause. Sie ging mit eiligen Schritten, hielt sich in den schmalen, schattigen Gassen, die zwar für die Dienstboten angelegt worden waren, jedoch hauptsächlich von ihren Herren genutzt wurden, denn sie waren der angenehmste Weg, um sich durch die Straßen Ataris' zu bewegen. Die Häuser in Ro'akell wurden traditioneller Weise aus Sandstein errichtet, der im ganzen Land zu finden und somit eine verlässliche Ressource war. Sogar die Außenwände des Palastes waren daraus errichtet, ebenso wie die kleinen, schlecht errichteten Hütten der Armen im äußersten Ring der Stadt.

Dadurch fiel es Ortsfremden häufig schwer, sich zurechtzufinden, aber Kari, die ihr Leben lang in Ataris gelebt hatte, kannte es nicht anders und eilte so schnell es ging in Richtung ihres Elternhauses. Da die Mittagshitze noch immer über der Stadt schwebte und erst langsam begann, wieder nachzulassen, waren auch die schmalen Gassen noch so leer, dass man in seinem eigenen Tempo unterwegs sein konnte, ohne in einer Menschentraube gefangen zu werden.

Das Haus von Karis Familie besaß zwei überirdisch gelegene Stockwerke und stand in einer Reihe mit fast identischen Bauten, deren Individualität man nur im Inneren finden konnte. Da sie die Gassen anstatt der Hauptstraßen genommen hatte, trat sie durch den Hintereingang ein, der, wie sie wusste, nie abgeschlossen war. Eine naive Idee, gegen jegliche Vernunft, aber bis jetzt war ihnen noch nie etwas gestohlen worden, was wahrscheinlich an der Nachbarschaft lag, in der es nicht selten war, dass die Häuser eigenes Wachpersonal hatten und nie verlassen waren.

Karis Familie selbst beschäftigte lediglich zwei Angestellte. Ein Dienstmädchen, das dafür sorgte, dass das Haus in Ordnung und sauber gehalten wurde, und ein Koch, der seine Stelle schon seit fast fünfzehn Jahren innehatte und auf den man auch nach der Krise, wie der Vorfall vor neun Jahren im Kreise der Familie leicht beschönigend genannt wurde, nicht hatte verzichten wollen.

Nach außen hin versuchten ihre Eltern, den schönen Schein und ihr gutes Gesicht zu wahren, obwohl es nichts mehr gab, was es zu bewahren gäbe. Kari hatte den Tratsch ihrer Mitschüler gehört und wusste, dass der Familienname Rakar nur verspottet wurde. Sie hatte es nur nicht übers Herz gebracht, ihren Eltern die Wahrheit vor Augen zu führen, die immer noch auf ein Wunder hofften, auf einen Weg zurück in die oberste Schicht. Diesen würde ihnen aber nur Kari verschaffen können, ihre letzte große Investition und sie hoffte inständig, dass sie ihre Eltern nicht enttäuschen würde. Allein ihnen die Niederlage im Kampf ohne Waffen beichten zu müssen, würde sie einiges an Überwindung kosten und für die Dienste, die sie anstrebte, waren körperliche Fertigkeiten nicht einmal vonnöten.

Die Hintertür führte direkt in die Küche, einem geräumigen Raum mit mehreren Kochstellen und ohne jegliches Dekor, den sie jetzt leer vorfand. Der Koch machte wohl gerade eine Mittagspause. Von dort aus kam man in einen ebenso schlicht gehaltenen Flur, dessen Wände innen genauso aussahen wie außen. Erst von dort aus kam man in den wohnlichen Teil des Erdgeschosses, der von der Familie aktiv genutzt wurde. Es war das Esszimmer in das man kam, einem Raum mit rechteckigem Grundriss, in dem längs ein Tisch stand, der genug Platz für sechzehn Leute bot. Er stammte ebenfalls noch aus besseren Zeiten, denn heute speisten dort meistens nur noch ihre Eltern allein. Vergoldete Kerzenleuchter, edle Wandteppiche und das hochwertige Holz aus dem Norden, aus dem die Möbel gezimmert waren, erweckten nur noch einen angestaubten Schein von Wohlstand und Prestige, aber Kari wusste es besser. Jetzt, wo sie das Haus schon länger nicht mehr richtig als ihr Zuhause bezeichnen konnte, fiel es ihr umso mehr ins Auge.

Ihre Mutter fand sie schließlich im Innenhof vor, der quadratisch geformt und mit bunten Steinen gepflastert war. Er war das Herzstück des Hauses, angefüllt mit allerlein Erinnerungen an ihre frühe Kindheit und in seiner Mitte stand ein kleiner Teich, in dem man mit einer kleinen Körpergröße sogar baden konnte, der aber zu dieser Jahreszeit nicht mit gefüllt war, denn das Wasser würde zu schnell verdunsten und trotz der direkten Lage der Stadt am Fluss sah man sauberes Wasser als wertvolles Gut an.

»Hallo, Mutter«, begrüßte Kari die rundliche Frau, von der sie das hellere Äußere der Leute aus den nördlichen Regionen geerbt hatte.

Areni Rakar drehte sich zu ihrer Tochter um und die Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Was tust du denn hier?«, äußerte sie diese auch augenblicklich und ohne sie vorher zu grüßen.

»Ich wollte die Zeit, bis meine Ergebnisse verkündet werden, hier verbringen«, antwortete Kari, um sofort klarzustellen, dass sie nicht gekommen war, um mitzuteilen, dass sie die neue rechte Hand des Königs war, wie ihre Eltern es sich in ihren Träumen ausmalten.

Kari kam nicht umhin, den leicht enttäuschten Blick Arenis wahrzunehmen. Sie hatte schon vorher gewusst, dass ihre Eltern immer nur darauf brannten zu erfahren, welche Leistungen ihr einziges Kind erbracht hatte und dass es sich heute erst Recht nicht anders verhalten würde.

»Möchtest du dich dann nicht umziehen?«, fragte Areni, der die geschlechtsneutrale, schlichte und vor allem einfach verarbeitete Kleidung der Akademie missfiel, während sie Kari einer kritischen Musterung unterzog. »Und was ist denn mit deinem Gesicht geschehen?«

Sofort stand Areni auf und eilte zu ihrer Tochter, um ihr über die Wange zu streichen, auf der sich mittlerweile wohl ein dunkler Bluterguss mit leichter Schwellung ausgebreitet hatte. Kari ließ es sich nicht anmerken, dass diese Berührung schmerzte und ihr deswegen unangenehm war. Ihre Mutter wollte davon sowieso nichts hören.

»Ich hatte heute die Prüfung im Zweikampf ohne Waffen«, erklärte Kari schlicht, als ihre Mutter endlich aufgehört hatte, die leichte Verletzung aus nächster Nähe zu beobachten.

»Und wie war es?«

»Ich habe verloren.« Sie machte sich nicht die Mühe, dies weiter auszuführen. Allein die Tatsache, dass sie eine Niederlage hatte einstecken müssen, würde ihre Mutter so weit beschäftigen, dass weitere Rechtfertigungen irrelevant und verschwendet wären.

»Das ist schade, mein Schatz«, sagte Areni mit der liebevollen Stimme einer Mutter, die aber die Enttäuschung, die dahinterlag, nicht verbergen konnte.

»Ich denke, ich habe mich dennoch gut geschlagen«, meinte Kari daraufhin, die diese Meinung eigentlich nicht vertrat und der die Niederlage deutlich mehr ans Gemüt ging als ihrer Mutter, die aber das Bedürfnis hatte, sich nicht als volle Versagerin darzustellen. Der Bluterguss war schon genug Zeugnis davon, wie groß ihr Versagen war.

»Dann ist ja gut«, erwiderte Areni, ohne zufriedengestellt zu wirken. »Ich werde gleich deinen Vater holen, um ihm zu sagen, dass du gekommen bist.«

»Ja, ich werde mich nur erst einmal umziehen, wie du es mir vorgeschlagen hast.« Kari wollte nicht auch noch sofort mit ihrem Vater reden und dasselbe Gespräch noch einmal führen, nur viel ermüdender, da ihr Vater dazu neigte, alles in die Länge zu ziehen und totzureden, weswegen ihr das Umziehen jetzt doch sehr verlockend vorkam.

Sie machte sich auf den Weg in ihr Zimmer im ersten Stock, einem Raum, der schlicht war und nebst kahlen Wänden nur die nötigsten Möbelstücke enthielt. Der einzige kleine Farbklecks war ihr, in einem dunklen Blauton bezogenes, Bett. Seit zwei oder drei Wochen hatte sie hier nicht mehr geschlafen, vielleicht war es sogar ein ganzer Monat. Für die Prüfungsvorbereitungen war es besser gewesen, in der Akademie zu bleiben. Auch, um Ruhe vor ihren Eltern zu haben.

Kari fragte sich, was sie eigentlich dazu getrieben hatte, hierher zu kommen. Es war im Nachhinein betrachtet eine dumme Idee gewesen, die sie einiges an Nerven kosten und die Last des Versagens länger ertragen lassen würde.

Dann fiel ihr wieder die Begegnung mit dem Fremden im Waschraum ein. Sie hatte diesen Gedanken erfolgreich aus ihrem Kopf verbannt, seit sie das Akademiegelände verlassen hatte. Zu sehr hatten ihre Eltern sie beschäftigt. Ja, es war wirklich die perfekte, wenn auch nervenaufreibende Ablenkung, hierhin zu kommen.

Mit schnellen Bewegungen entledigte sie sich ihres Hemdes und Unterhemdes, denn wenn sie ihre Arme anhob, schmerzten sowohl die getroffene Schulter, als auch die Rippen. Um die Hose auszuziehen, setzte Kari sich auf ihr Bett, möglichst vorsichtig, um weiteren Schmerzen zu entgehen und warf einen Blick durch ihr Zimmer, dem jedwede Individualität fehlte. In dem Zimmer, das sie sich in der Akademie mit zwei anderen Mädchen teilte, sah es fast genauso aus. Und vielleicht war es das, was sie sich hier immer noch mehr zuhause fühlen ließ, als im Rest ihres Elternhauses.

Und gerade jetzt, wo sie dabei war, sich wieder ein wenig zu entspannen, kamen die Gedanken an den Fremden noch mehr in den Vordergrund und ließen sie darüber grübeln, was er denn von ihr gewollt hatte. Dabei fragte sie sich auch, ob er sie nicht verfolgt hatte und jeden Moment in ihrem Zimmer auftauchen würde, jetzt wo sie fast gänzlich nackt auf ihrem Bett saß. Er schien kein Problem damit gehabt zu haben, in ihre Privatsphäre einzudringen.

Um sich ein Kleid zu holen – oder auch, um nachzuprüfen, dass der Fremde sich wirklich nicht in ihrem Zimmer versteckt hielt – stand Kari auf und ging zu ihrem Schrank. Als sie die Türen öffnete, fand sie zum Glück nichts weiter vor als ihre Kleider, von denen sie sich ein weißes, bodenlanges mit dünnen Trägern nahm, hineinsteig, und es hochzog. Als sie die Knopfleiste an der Seite schloss, musste sie feststellen, wie eng es saß und gegen die Prellung an ihren Rippen drückte. Da dies aber vermutlich jedes ihrer Kleidungsstücke mit Ausnahme der Akademie-Kleidung täte, nahm sie es hin, wie es war. Sie hatte nicht jahrelang alles gegeben, um sich jetzt von so einer Kleinigkeit beeindrucken zu lassen.

Zuletzt öffnete sie ihre Haare, die in der Hitze draußen schnell getrocknet waren und machte sich wieder auf den Weg nach unten, um sich ihrem Vater zu stellen. Dem Blick in den Spiegel ging sie dabei bewusst aus dem Weg.

***
Karis Vater war ein gescheiterter, ein gebrochener Mann, der nur noch für die Erfolge seiner Tochter zu leben schien. Alles, was er jetzt in seinem Leben machte, diente einzig und allein dazu, genug Geld zu verdienen, um sich ein halbwegs luxuriöses Leben leisten zu können. Er hatte die Hoffnungen seiner Frau auf eine Wiederherstellung ihres guten Rufes nicht zerstören wollen und so kam es Kari fast so vor, als sei er auf dieselben Dinge aus wie ihre Mutter.

Das stimmte allerdings nicht. Er war zu sehr ein Realist, um nicht zu wissen, dass er längst verloren hatte und dass seine Tochter nur noch für sich selbst kämpfte. Trotzdem gab er das nicht offen zu und so musste Kari sich einem langen Gespräch mit ihm stellen, in dem sie ihm haarklein berichtete, was in den Prüfungen alles gefordert worden war.

Immerhin war die Zeit gekommen, wieder zur Akademie zu gehen, als er endlich endete, sie mit Fragen zu löchern und selber seine Kommentare dazu abzugeben, die seine Frau nur benickte.

Kari verabschiedete sich schnell von ihren Eltern, nahm sich noch einen Schal mit, den sie sich um ihre Schultern schlang, denn sobald die Dunkelheit kam, wurde es schnell kalt in Ataris, und ging denselben Weg zurück, den sie am frühen Nachmittag gekommen war.

Diesmal allerdings herrschte ein geschäftiges Treiben in den Gassen und sie musste sich durch die Menschenmenge hindurchschieben. Man hätte sie einfach bestehlen könne, hätte sie etwas Wertvolles bei sich getragen. Sie selbst könnte einfach einem reichen Mann den Geldbeutel vom Gürtel schneiden, verdrängte den Gedanken aber sofort wieder, denn zu groß war die Versuchung, es auch wirklich zu tun, einfach, um sich zu beweisen, dass sie es konnte. Sie hatte das Geld nicht nötig und noch weniger nötig hatte sie es, sich womöglich doch Ärger einzuhandeln. Ihr Führungszeugnis war exzellent und so sollte es auch bleiben.

Nach einer gefühlten Ewigkeit endlich in der Akademie angekommen, beeilte Kari sich zum Hauptgebäude zu kommen. Ihre Ergebnisse würde sie in einem Unterrichtszimmer im Erdgeschoss erhalten, vor dem sich wie sie feststellte, auch schon die meisten ihrer Mitschüler aufgereiht hatten.

Sie vertrieb sich die Wartezeit nicht damit, mit den anderen zu reden, sondern sah sich immer wieder im Flur um, um zu überprüfen, ob der Fremde irgendwo stand. Es gelang ihr einfach nicht, den Gedanken an ihn aus ihrem Kopf zu vertreiben, sehr zu ihrem Ärger. Sie hasste es, beunruhigt zu werden, hasste es, wenn sie etwas nicht kalkulieren konnte. Heute Nachmittag war er einfach wieder gegangen, aber eine Flasche voll Öl, die ihn lediglich gestreift hatte, würde wohl kaum ausreichen, um ihn ihr langfristig vom Bein zu halten, sollte er vorhaben, sie erneut aufzusuchen.

Er machte sie soweit verrückt, dass sie sogar in Erwägung zog erneut zu ihren Eltern zurückzukehren und dort auch die Nacht zu verbringen, was eine Idee war, die sie nur bereuen würde. Dennoch schrie alles in ihr danach, es zu tun.

Als Kari in das Zimmer gerufen wurde, fühlte sie gar nichts außer der Erwartung. Die vier Prüfer saßen nebeneinander hinter einem Tisch und hatten ihre Blicke fest auf die Schülerin geheftet, die diese erwiderte und sich abwartend vor sie stellte.

»Guten Abend, Schülerin Kari«, grüßte derselbe Wortführer wie zuvor auch schon.

»Guten Abend, Prüfer«, erwiderte Kari und nickte ihnen zu. Eine Geste der Demut.

»Du bist eine junge Frau, die viel Ehrgeiz an den Tag gelegt hat«, begann der Wortführer seinen Monolog. »Du hast deine Prüfungen alle gewissenhaft absolviert und in keiner von ihnen eine ungenügende Leistung erbracht. Alle haben uns zufrieden gestellt und so ist es uns eine Freude, mit dir eine weitere Absolventin der Königlichen Akademie zu haben.«

Sie hatte bestanden. Sie hatte tatsächlich bestanden und auch, wenn es keine herausragenden Leistungen gewesen zu sein schienen, so hatte es trotzdem gereicht, um sie bestehen zu lassen. Sie merkte, wie sich ein triumphierendes Lächeln auf ihr Gesicht stahl, das sie aber versuchte wieder zu unterdrücken, denn der Prüfer hatte noch nicht zu Ende gesprochen.

»Die escadrische Sprache schien allerdings etwas zu sein, das dir Schwierigkeiten bereitet hat. Die Wörter kamen nicht flüssig genug über deine Lippen und dein Verständnis war teilweise nicht korrekt oder zu ungenau. Der Krieg ist jetzt fast sechzig Jahre her, aber umso wichtiger ist es nun, die diplomatischen Beziehungen zu unseren Nachbarn zu erhalten. Wir brauchen dafür geeignete Leute, die unseren König und unser Land mit ihren Fähigkeiten unterstützen können und du gehörst nicht zu diesen Leuten. Es gibt keinen Posten, der deinen Stärken entspräche und wir können nicht jedem Absolventen eine Aufgabe zuteilen. Es war uns eine Freude dich zu unterrichten, Schülerin Kari, und hoffen, dass deine exzellenten Qualifikationen an anderer Stelle Gebrauch finden werden.«

Kari konnte nicht sagen, welche Worte sie mehr schmerzten. War es die so plötzlich erteilte Absage oder die Tatsache, dass man ihr sagte, es wäre eine Freude gewesen, sie als Schülerin gehabt zu haben? Beides war eine Schmach.

Sie hatte versagt. Sie hatte endgültig versagt und es hatte nicht einmal daran gelegen, dass ihre Kampfkünste nicht ausgereicht hatten. Sie war nicht gut genug. All die Mühe hatte sich nicht gelohnt, all die Arbeit war umsonst gewesen. Ihr Lebenstraum, ihr sicherer Lebensentwurf, war in wenigen Sekunden zunichtegemacht worden.

Es kümmerte sie nicht einmal, was ihre Eltern dazu sagen würden. Die Enttäuschung, die sie ihnen machen würde war nicht halb so groß wie die, die sie vor sich selbst zu verantworten hatte. Sie war als nutzlos und wertlos betitelt worden, nicht direkt natürlich, aber genau das war es, worauf es hinauslief. Sie konnte keinen Dienst für die Krone verrichten.

Und was brachte ihre Ausbildung ihr in einer Welt außerhalb des Hofes schon? Es interessierte niemanden, dass sie die Geschichte des Kontinents über tausend Jahre zurückverfolgen konnte, dass sie große Summen im Kopf berechnen oder zumindest halbwegs Escadrisch sprechen konnte. Niemanden würden diese Qualifikationen interessieren, denn alle würden in ihr nur die Tochter ihres Vaters sehen und sie für seine Fehler verurteilen.

Bevor ihr die Tränen in die Augen steigen konnten, sagte Kari mit betont fester Stimme »Gute Nacht, Prüfer« und verließ den Raum, ohne entlassen worden zu sein. Da sie nichts mehr von ihr wollten, musste sie ihnen auch keine übertriebene Höflichkeit mehr entgegenbringen.

So schnell ihre vor Schmerzen pochenden Rippen es zuließen, eilte Kari vorbei an den restlichen noch wartenden Mitschülern, bevor sie in einem zu dieser Tageszeit verlassenen Seitengang ihre Ruhe suchte.

Sie weinte nicht oft und konnte sich nicht daran erinnern, in den vergangenen acht Jahren jemals eine Träne vergossen zu haben. Sie hatte zweifelsohne so einige zurückhalten müssen, aber sie hatte immer dagegen angekämpft und gewonnen. Jetzt dagegen, gab sie auf, bevor sie überhaupt versucht hatte, nicht zu weinen. Es hatte keinen Sinn, den Frust und die Trauer in sich aufzustauen.

Als sie auf einmal Schritte hinter sich vernahm, strich Kari sich vergeblich die letzten salzigen Tropfen aus dem Gesicht, doch als sie sich umdrehte, sorgte allein der Schock dafür, dass alle Tränen augenblicklich versiegten.

Vor ihr stand der Fremde.

»Kari Rakar, Absolventin der Königlichen Akademie«, sagte er und es kam ihr so vor, als genösse er es, ihren Namen auszuprobieren, »ich muss mit dir reden.«

ˋZ~;

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