66. Sorgenvolle Nacht
"Legolas?", krächze ich und schaue in seine eisblauen Augen, die langsam die Kälte, welche Lalriels Präsenz verursacht hatte, aus meinem Körper vertreibt. Lalriel. Meine Augen suchen panisch nach der schwarzen Gestalt, die noch vor kurzem vor mir stand, jetzt aber nirgendwo zu sehen ist. "Wo ist sie?!", schreie ich und springe auf, sacke aber sofort wieder auf die Knie.
"Beruhige dich, meril nîn. Sie war nie hier." Er lässt sich neben mir fallen und zieht mich in seine Arme.
"Wie sie war nie hier? Ich habe sie doch gesehen! Und...und mit ihr geredet...Wie-", meine Stimme zittert und ich muss laut schluchzen.
"Beruhige dich. Atme tief ein und aus.", fordert mich Legolas auf. Ich schließe meine Augen und atme tief durch. Als ich mir sicher bin, dass meine Atmung ruhiger ist, öffne ich wieder die Augen und schaue in Legolas Gesicht. "Was ist passiert?", frage ich ihn und räuspere mich, weil meine Stimme so leise klingt.
"Du hast den Schutz unseres Lagers verlassen und bist über die Gebirgskette auf die andere Seite gestiegen. Wir haben nach dir gerufen, aber du bist nicht stehen geblieben und als du auf den Feldern des Pelennor standest, bist du plötzlich zusammen gebrochen."
Entsetzt schnappe ich nach Luft. "Dann standest du nachdem ich aufgewacht bin vor mir und nicht Lalriel, oder?" Er nickt und mein Herz bleibt stehen, als mich die Erkenntnis erneut wie ein Blitz trifft. "Oh, Valler...Ich hätte dich fast getötet, Legolas! Es tut mir so leid...", stoße ich entsetzt hervor.
Er aber schüttelt den Kopf und lächelt leicht. "Ist schon okay.", versucht er so fassend wie möglich von sich zu geben, doch seine Stimme verrät ihn.
"Asalia!", erklingt die plötzliche Stimme meines Vaters und ich löse mich aus den schützenden Armen meines Geliebten. "Tut mir leid..", flüstere ich noch und kann immer noch kaum fassen, dass ich ihn fast selbst getötet hätte. Wie konnte mir nur solch ein Fehler unterlaufen?
"Asalia.." Mein Vater lässt sich neben mir nieder und umarmt mich fest. "Man i feled gîn, lellig?" (Wie geht es dir, Tochter?) Er streicht mir durch die Haare wie er es früher immer getan hatte, wenn ich als Elbling Albträume hatte. Ich schließe die Augen, um diesen Moment festzuhalten.
"Ni maer, Adar." (Mir geht es gut, Vater), gebe ich lächelnd von mir und er nimmt mein Gesicht in seinen Händen. "Da habe ich aber etwas anderes gehört.", sagt er und ich schaue zu Aragorn, der mich noch immer besorgt mustert. Ich schlucke und atme tief durch. "Es geht schon, Adar-"
"Sei ehrlich, bitte." Ich seufze und nicke dann ergeben. "Was hast du gesehen, lellig?" Ich schließe meine Augen, damit er meine Angst darin nicht sieht. "Lalriel. Sie stand vor mir und hat mir angeboten meine Entscheidung zu überdenken. Ich habe mich natürlich geweigert und sie hat mir gedroht, Adar. Gedroht über den Tod aller, die ich liebe." Meine Stimme wird zum Ende hin leiser und ich spüre wie seine Hände über meinen Rücken auf und ab fahren und mir den nötigen Halt spenden.
"Ich habe Angst, dass ich euch verliere.", gestehe ich flüsternd und spüre wie mir Tränen über die Wangen laufen. "Sieh mich an, lellig." Ich hebe meinen Kopf und öffne meine Augen. Vater lächelt mir sanft zu. "Du trauerst, obwohl es nichts zum betrauern gibt, Asalia." Er hebt seine Hand und wischt mir meine Tränen weg. "Noch sind wir alle hier", sagt er lächelnd und küsst mich auf die Stirn. "und werden es auch weiterhin. Du brauchst keine Angst zu haben, Asalia. Denn du bist nicht allein und wirst es auch niemals sein." Vaters Worte berühren mich, sodass ich laut schniefen muss. "Hannon gin, Adar. Im gar cen mail." (Ich danke dir, Vater. Ich hab dich lieb)
Er lächelt und zieht mich in eine weitere Umarmung. "Ich dich auch.", flüstert er in mein Ohr und drückt mich fest an sich, so als ob ich mich jeden Moment auflösen könnte.
***
Ich starre auf die Decke meines Zeltes und seufze frustriert auf. Ich kann nicht schlafen. Egal wie lange oder kurz ich meine Augen schließe. Oder wie oft ich mein Kissen undrehe. Es ist einfach zwecklos. Ich hasse solche Nächte, wo der Schlaf nicht für mich bestimmt ist und meine Gedanken wie lästige Fliegen um mich kreisen. Wie soll ich je ausgeruht sein, damit ich im Krieg stark genug bin, wenn ich überhaupt gar keinen Schlaf finden kann? Wie soll ich jemals Lalriel besiegen können, wenn ich schon beim ersten Schlag wegknicke? Warum lastet nur die ganze Hoffnung von Mittelerde auf meinen Schultern?
Magische Kräfte nützen mir nichts, wenn ich Angst davor habe sie gegen jemanden einzusetzten. Egal ob Gut oder Böse. Sie nützen mir auch nichts, wenn ich Angst auf den Krieg habe oder gar mich vor das Dunkle fürchte. Insbesonders vor Lalriel.
Wie vermag es nur eine einzige Person mir solch eine Angst einzujagen? Weil ich weiß wozu sie imstande ist oder weil ich mir nur das Schlimmste ausmale? Oder ist es wegen der Drohung, wegen den Visionen oder liegt es doch daran, dass sie mich fast hätte lenken können?
Ich schließe meine Augen und atme tief durch, bevor ich sie wieder öffne und mein Zelt verlasse. Vielleicht finde ich jemanden meiner Freunde, der für die nächtliche Patrouille eingetragen ist. Mit jemandem über all das zu reden klingt gut. Mehr als gut, denn ich merke selbst, dass all das zu viel für mich wird.
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