Auf dem Hof begegneten wir der Gruppe von vorhin, der ich eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Leise schlich ich mich an James' Seite an ihnen vorbei. Nur leider trat ich auf einen Ast, der extra dafür bestimmt zu sein schien, dass ich darauf trat. Mist! Gina drehte sich elegant herum und ging auf mich zu. Ihr Blick durchbohrte mich förmlich und sie gab ein seltsames Knurren von sich, dass mich erstarren ließ. Plötzlich schoss sie nach vorne, um an mich heran zu kommen, aber sie hatte James nicht bemerkt und von unserem Plan hatte sie sowieso keine Ahnung. Tja, Pech gehabt. Er schnellte hervor und warf sie mit einer so rasanten Bewegung zu Boden, dass keiner sicher sagen könnte, dass er sie zu Boden geworfen hatte. Keuchend und verwirrt sah sie ihn angstvoll an. ,,W- was J- james?!"
,,Ja." Seine Stimme hatte einen bedrohlichen und zugleich fürsorglichen Ton in sich, der mir galt. ,,Du lässt sie in Ruhe, verstanden?"
,,J- ja." Sie kroch ängstlich rückwärts und versuchte ihm zu entkommen, was er auch zuließ. Wow. So eine Wirkung hatte er also auf sie? Sicher würde sie den Rest ihres Lebens traumatisiert sein.

Später saßen wir auf einer Bank auf dem Schulhof und starrten nachdenklich auf die dreckige Wand vor uns. Ich hatte ja noch eine Frage, die er mir beantworten musste. Aber kaum hatte ich auch nur den Mund geöffnet, hob er die Hand und meinte: ,,Gleich." Ich klappte den Mund zu und wartete ungeduldig.
,,Also... weiß nicht, wie ich das formulieren soll..."
,,Sag es einfach."
,,Das ist nicht so einfach wie du denkst."
,,Schon gut.", fauchte ich. Auch ich hatte mal keine Geduld mehr!
,,Jaaaames!"
,,Ja ja!"
,,Sag einfach." Stöhnend massierte er sich die Schläfen.
,,Du wirst wegrennen... und mich hassen."
,,Ganz bestimmt nicht! Und wenn, dann halt mich einfach fest und sprich mit mir. Dann kann ich dich garnicht mehr hassen. Kann ich sowieso nicht aber... ja." Ich flehte ihn förmlich an. ,,Bitte, Jamy."
Er sah überrascht auf und lächelte dann ein bisschen. ,,Komm, kann doch nicht so schlimm sein."
,,Doch."
,,Nein."
,,Do..."
,,Nein! Und jetzt sag! Sonst muss ich dich zwingen!"
Er lachte ein bisschen gezwungen und seufzte dann wieder.
,,Also..."
,,Ja?" Was hatte er denn?! Er sollte es endlich sagen! Blödmann!
,,Ich bin nicht wie du..."
,,Ja, so viel hab ich auch schon bemerkt."
,,Ich bin ein... ach, können wir das bitte wann anders klären!?"
,,Nein!"
,,Mann, Linn!"
,,Sag es! Du kannst mich nicht ewig auf die Folter spannen!"
,,Du hast ja Recht."
,,Also?"
,,Ich bin ein... ihr nennt es Werwolf... aber es ist anders." WAAAAAAAS?! Das hatte ich echt nicht erwartet. Mir klappte die Kinnlade herunter.
,,Aaaahh", brachte ich nur heraus. ,,Halt mich bitte fest, ich falle." Vorsichtig nahm er mich in den Arm, dann ging es wieder einigermaßen. Gut, damit musste ich mich also abfinden. Ich hatte schließlich keine andere Wahl.
,,Du findest dich einfach damit ab? Ich hab das noch nie jemandem erzählt."
,,Hab ich eine Wahl?"
,,Na ja..."
,,Jamy, ich will nicht vor dir weglaufen, egal was du bist." Er lächelte an meinem Ohr. 
,,Und was machst du an Vollmond?"
,,Oh, ich werden nicht zu einem wilden Tier oder so. Ich werde nur... schneller und stärker und... aggressiver, wenn der Vollmond nahe ist."
,,Aha! Und deshalb die roten Augen?"
,,Ja."
,,Hmm. Und du kannst dann was genau?"
,,Ich kann ein Paar Dinge. Ich kann fast alles hochheben und bin schneller als jedes Auto."
,,Wow." Wir lösten uns voneinander und ich sah ihn bewundernd an.
,,Und wie ist das passiert?"
,,Ich... kann mich nicht erinnern."
,,Doch. Das kannst du."
,,Es ist nicht wichtig."
,,Na gut."
,,Aber ich bekomme Lust etwas zu zerstören."
,,Oh."
,,Ja, oh."
Einige Schüler gingen in den Speisesaal und ich bemerkte, dass es Zeit zum Abendessen war.
,,Komm. Wir müssen zum Essen!", rief ich und ging mit James in den Saal. Das mit dem Werwolf geisterte mir noch lange im Kopf herum. Morgen war Vollmond... aufregend.