Kapitel 34
Müde und noch immer ein wenig ausgelaugt von dem gestrigen Tag, betrat Rhana den Speisesaal. Er war überraschend leer. Weder Idris noch Lewin war anwesend. Auch Yuvan konnte sie nicht sehen.
War sie wirklich so früh, dass nur Lotta da war? Eine Frau, auf die sie keine Lust hatte, obwohl sie diese gar nicht kannte.
Als Rhana mehrere Schritte Richtung Essensausgabe gemacht hatte, erhob sich Lotta. »Guten Morgen, Rhana«, rief sie überschwänglich, bevor sie auf Rhana zugelaufen kam. »Ich hoffe, du hast gestern gut geschlafen«, sagte sie, wobei ein Lächeln ihre Lippen zierte.
Rhana blieb überrascht über so viel Aufgeschlossenheit stehen und musterte Lotta einen Moment. Sie schien die Frage ernst zu meinen, weshalb Rhana leicht lächelte. »Danke, ja. Ich bin trotzdem noch super müde«, erwiderte sie, denn so wie sie aussah, war das vermutlich kein Geheimnis.
»Oh. Idris hat mir gestern davon erzählt, dass deine erste Flugstunde super verlaufen ist«, erzählte Lotta unaufgefordert, während sie Rhana zum Essen folgte. Heute waren unter den Essensglocken gekochte Eier und Speck versteckt. Dazu gab es Brot und Brötchen mir Marmeladen oder Käse. Auch ein kleiner Korb mit Obst stand bereit, wo sich Lotta einen Apfel schnappte.
Rhana hingegen nahm sich ein ordentliches Frühstück, denn sie würde es brauchen, wenn sie gleich noch mit Idris fliegen würde. Wenn sie ehrlich war, freute sie sich sehr darauf. Hoffentlich klappte es ohne Sattel heute besser.
»Ich hoffe, meine heute läuft auch so gut«, bemerkte Lotta gut gelaunt, die Rhana einfach folgte.
»Bist du nicht gestern erst angekommen?«, wollte sie wissen und sah kurz zu Lotta, bevor sie sich setzte. »Willst du dich nicht erst noch ausruhen? Fliegen ist sehr anstrengend.«
Lotta machte eine abwinkende Handbewegung. »Ich fühl mich richtig gut«, sagte sie und biss dann in den Apfel.
Rhana fiel es schwer, das zu glauben. Wenn sie daran dachte, dass sie nur dank dem Tee der Direktorin so gut klarkam, fragte sie sich, was bei Lotta anders war.
»Erzählst du mir, wie so das Fliegen mit Idris ist?«, wollte sie wissen, während sie sich neben Rhana an den Tisch setzte.
Diese fragte sich, warum Lotta sich so sehr dafür interessierte. Wollte sie wissen, auf was sie sich vorbereiten musste, wenn sie mit Idris flog? Falls sie mit Idris flog.
Da dieser heute mit ihr unterwegs war, dachte sich Rhana nicht so viel dabei.
»Er ist ein sehr geduldiger Lehrer«, meinte Rhana lediglich, die nicht wirklich darüber sprechen wollte.
Was sollte sie auch sagen? Es war ihr immer noch peinlich, so geschrien zu haben.
Rhana aß, während sie darüber nachdachte, was sie Kaza zum Essen bringen sollte. Diese war noch in ihrem Zimmer und schlief, denn heute sollte sie nicht dabei sein, wenn sie flog.
Es störte Rhana, dass sie die Kleine einsperren musste, doch Gestern war auch für Kaza sehr anstrengend gewesen.
»Guten Morgen, Rhana«, erklang eine bekannte Stimme, die Rhana den Kopf heben ließ.
Yuvan betrat den Speisesaal und kam direkt auf sie zu. »Guten Morgen«, grüßte er auch Lotta. Er machte sogar eine leichte Verbeugung. »Mein Name ist Yuvan. Mit wem habe ich die Ehre?«, fragte er, was Lotta leise kichern ließ.
Sie erhob sich und machte einen leichten Knicks. »Lotta. Freut mich«, erwiderte sie.
Rhana bemerkte es aus den Augenwinkeln und fragte sich, ob hier alle adlig waren. Sie selbst hätte sich nie so begrüßt, da sie es nicht gewohnt war, doch für Yuvan und Lotta schien das normal. Ähnlich wie bei Lewin.
»Du bist neu hier, oder? Soll ich dir die Schule zeigen?«, wollte er wissen.
Rhana verdrehte innerlich die Augen. War Yuvan einfach nur freundlich oder lag es wirklich daran, dass sie und Lotta weibliche Attribute hatten? Für Rhana war das schwer einzuschätzen, doch Lottas Reaktion hatte sie fast erwartet.
Diese kicherte erneut leise. »Mir wurde die Schule schon gezeigt und ich starte heute gleich mit Flugstunden. Aber danach können wir uns gern austauschen«, sagte sie und zwinkerte sogar.
Rhana wandte sich ab, leerte ihren Teller und erhob sich, bevor sie zur Fleischausgabe ging und dort ein paar rohe Stücke für Kaza organisierte.
Als sie den Raum verließ, stieß sie fast mit Lewin zusammen.
Dieser blieb sofort stehen, griff ihre Schultern und musterte sie eingängig. »Was machst du hier?«, fragte er angespannt und irgendwie wütend. Rhana verstand jedoch nicht, wieso.
»Ich habe gegessen und füttere jetzt Kaza«, sagte sie unschlüssig, was Lewin von ihr hören wollte.
Er verengte die Augen, musterte sie weiter und stieß dann die Luft aus. »Du hättest auf mich warten sollen«, bemerkte er, drängte sich dann aber an ihr vorbei.
Rhana sah ihm kurz nach. Sie wurde wirklich nicht schlau aus ihm.
Weil sie nicht darüber nachdenken wollte, lief sie schnell auf ihr Zimmer zu.
Kaza schlief noch immer zusammengerollt vor dem Kamin, was Rhana lächeln ließ. Sie legte ihr das Futter bereit, bevor sie sich den Tee nahm, den sie aufgegossen hatte. Darin war die Medizin, die Idris ihr besorgt hatte. Diese trank sie im Moment jeden Tag, weshalb sie sich auch zunehmend wohler fühlte.
Als der Tee leer war, blickte sie noch einmal zu Kaza, die leicht in der Luft schnupperte, dabei aber immer noch schlief. Zumindest waren ihre Augen zu.
Rhana lächelte. Der Anblick war einfach allerliebst und sie wäre gern weiter stehengeblieben und hätte zugesehen, doch man wartete auf sie.
Leise verließ Rhana das Zimmer, um sich nach draußen zu begeben. Der Weg zum Landeplatz war ihr mittlerweile sehr vertraut und sie freute sich sehr darauf, Idris wiederzusehen.
Als sie hinaustrat, musste sie einen Moment die Augen zusammenkneifen, denn heute schien die Sonne besonders stark.
Blinzelnd und mit der Hand ihre Augen abschirmend, versuchte sie sich an die Helligkeit zu gewöhnen. Ihr Blick wanderte über den Landeplatz, bis sie Kisa entdeckte.
Vorfreude machte sich in ihr breit, die jedoch von Verwunderung abgelöst wurde, als sie Lir und nicht Idris entdeckte.
Er trug die edle Kleidung, die Rhanas Meinung nach hier absolut nicht hineinpasste. Auch in Verbindung, wie er lässig an dem Drachen lehnte, wirkte er irgendwie fehl am Platz. Trotzdem war er ein Lehrer und sogar Stellvertretender Direktor. Ob er wohl Verbindungen zu den Königsfamilien hatte? Möglicherweise war er eine der Brüder aus den Nordlanden, der nicht zum König erwählt worden war und nun hier seine Zeit fristete?
Als Rhana bemerkte, dass ihre Gedanken mit ihr durchgingen, wurde sie leicht rot um die Nase. Mit schnellen Schritten lief sie auf ihn zu, da er offensichtlich auf sie wartete. »Guten Morgen«, grüßte sie höflich. »Ist Idris heute gar nicht mein Lehrer?«, fragte sie und sah sich nach diesem um.
»Nein. Er hat heute Morgen noch andere Verpflichtungen«, erwiderte Lir, der weiterhin lässig an Kisa gelehnt blieb und dabei Rhana eingängig musterte. »Er hat mir erzählt, dass ihr das Geschirr für Kaza gestern schon testen konntet«, bemerkte er, als würde er nach eben jener suchen.
Rhana nickte. »Sie war durch den Flug wirklich erschöpft, darum ruht sie sich heute aus.«
»Ich verstehe«, erwiderte Lir, bevor er sich von Kisa löste und ihr mit einer Handbewegung deutete, sich hinzulegen. »Idris hat mir erzählt, dass du heute ohne Sattel fliegen möchtest«, bemerkte Lir, doch Rhana hörte darin eine Frage mitschwingen.
Sie lief langsam auf Kisa zu und strich ihr über die Schuppen. »Ja. Ich hatte gestern so meine Probleme mit dem Sattel«, gestand sie, während ihre Gedanken zu Idris gingen. Er hatte scheinbar alles an Lir weitergegeben. Was er wohl machte? Ob es Lotta war, die heute von ihm Flugunterricht erhielt?
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