Kapitel 7
Glimmers Aussage scheint Cato in Rage zu bringen. So richtig in Rage.
Denn ohne jede Vorwarnung lässt er meine Hand los, stürmt auf Glimmer zu und dreht ihr – ehe sie irgendetwas tun kann – den Hals um. Ein unangenehmes Knacken ist zu hören. Cato hat schon wieder jemandem den Hals umgedreht. Nur, weil ihn die Person schief angesehen hat. Und irgendwie... Ist es genau das, was ich an ihm so liebe. Zudem ich weiß, dass er mir nie den Hals umdrehen würde. Egal, was ich täte. Das Mädchen aus 4 schnappt sich hektisch ein Schwert und will Cato damit verletzen, doch nicht mit mir! Geschickt werfe ich ein Messer auf sie, bevor sie ihn auch noch irgendwie verletzen kann. Erneut sehe ich das Spektakel, das ich so liebe: Sie spuckt Blut, verzieht schmerzvoll das Gesicht und fällt dann schließlich leblos auf den Boden.
Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, dass Peeta mit dem Jungen aus 1 das Weite sucht. Sollen sie doch. Wir werden sie früher oder später finden. Und töten. Kurz darauf ertönen zwei Kanonenschüsse. Einer für Glimmer, einer für das Mädchen aus 4. Nur mehr neun am Leben.
Cato blickt nun lächelnd zu mir auf: „Scheint so, als wären wir jetzt auf uns alleine gestellt. Und wir haben das ganze Lager für uns alleine." Ich erwidere sein Lächeln, füge dann aber hinzu: „Musstest du Glimmer eigentlich wirklich umbringen? Ich mein, es ist erst der zweite Tag..." Seine Stimme wird ein wenig kälter und er erwidert nur: „Sie hat mich einfach genervt! Und da sie sowieso früher oder später sterben muss..." Beschwichtigend gehe ich zu ihm, stelle mich ihm gegenüber – auf nur wenige Zentimeter Abstand – und lege ihm meine rechte Hand auf seine linke Schulter. Sanft – wie selbst ich es von mir gar nicht gewohnt bin – sage ich: „Schon gut, schon gut. Ich kann dich ja verstehen. Eigentlich ist das genau das, was ich an dir liebe." „Wirklich?" Leicht nicke ich. „Wirklich!"
Als wäre das die Aussage gewesen, auf die die Sponsoren gewartet hätten, höre ich ein „Pling!" und ich sehe etwas mit einem kleinen Fallschirm hinuntersegeln. Unser erstes Sponsorengeschenk! Auch Cato scheint dies zu merken und geht Richtung Sponsorengeschenk, während ich gen der Leiche des Mädchens aus Distrikt 4 laufe, um mein Messer wieder zu holen, welches logischerweise richtig blutig ist. Doch das stört mich nicht im Geringsten. „Essen", stellt Cato fest, als er das Sponsorengeschenk auspackt. „Essen? Haben wir doch genug. Aber gut", meine ich und gehe dann – nebenbei das blutige Messer in meine Jacke einsteckend – zu ihm.
In genau diesem Moment fällt mir ein: „Sollten wir uns vielleicht woanders ein Lager errichten? Schließlich werden sie die beiden Leichen doch erst holen, wenn wir weiter weg sind." „Stimmt. Aber ... Ehrlich, ich habe keinen Bock, erneut ein Lager aufzubauen", meint er seufzend, ehe er an mir vorbei geht und das Sponsorengeschenk zum restlichen Essen im Lager legt. Ich folge ihm und setze mich dann hin. Aufpassend, dass ich nicht direkt neben den beiden Leichen sitze. „Wie wär's, wenn wir die beiden Leichen ein wenig weiter weg vom Lager transportieren? Dann könnten wir hier bleiben und sie die Leichen mitnehmen", schlage ich vor. Cato hat sich in dem Moment, als ich dies sage, neben mich setzen wollen, lässt es aber, antwortet auf meinen Vorschlag: „Du bist ein Genie! Das ist eine geniale Idee!" Mit dem Blick auf die beiden Leichen fügt er dann hinzu: „Welche willst du nehmen? Oder kannst du überhaupt auch nur eine von ihnen tragen? Sonst bleibst du einfach im Lager und ich trage beide mal eben weg." Eigentlich hätte ich mich ja aufgeregt, wenn mich jemand auch nur ansatzweise als schwach – sei es auch nur im Sinn von Körperkraft – bezeichnet, doch nicht bei ihm. Ich zucke mit den Schultern: „Keine Ahnung. Hinter mir herziehen könnte ich sie auf alle Fälle." Er mustert mich lang, nickt dann aber: „Dann nimm das Mädchen aus 4. Sie ist kleiner." Cato geht auch schon gen Glimmers Leiche und transportiert sie weg, während ich den Leichnam des Mädchens aus 4 – welche mit Blut übersät ist – hinter mir her zerre, in die selbe Richtung wie er gehend. Gute fünfzig Meter vom Lager entfernt lässt er dann Glimmers Leiche fallen. „Ich denke, das ist weit genug vom Lager entfernt." Ich tue es ihm gleich, lasse die Leiche des Mädchens aus 4 neben Glimmers fallen und nicke nur zustimmend. Gemeinsam gehen wir zum Lager zurück.
Den Rest des Tages verbringen wir zu zweit im Lager. Wir essen und trinken ein wenig, unterhalten uns. Ansonsten passiert nichts Ereignisreiches.
Als es zu dämmern beginnt und immer dunkler wird, ertönt die Hymne. Am Himmel wird Glimmers Gesicht gezeigt, dann das des Mädchens aus 4, gefolgt von dem des Mädchens aus 8. Zum Schluss sieht man dann den Jungen aus 10. Ich lächle in mich hinein. Alles Tribute, an dessen Tod wir beide beteiligt waren. Cato scheint sich das selbe zu denken, denn er lächelt mich glücklich an: „Ich würde sagen, heute haben wir gute Arbeit geleistet." Sein Lächeln erwidernd meine ich: „Das könnte man so sagen. Nur noch 9 von uns am Leben." In Gedanken gehe ich durch, wer noch am Leben ist: der Junge aus 1, Cato, der Junge aus 3, das Mädchen aus 5, beide aus 11 sowie 12 und ich. Er nickt, mustert mich dann aber besorgt und meint: „Willst du nicht vielleicht ein wenig schlafen? Du siehst echt müde aus. Ich kann ja Wache halten." Sehe ich etwa wirklich so müde aus? Na ja ... Wenn ich ehrlich bin, bin ich schon ein wenig müde, weswegen ich zustimme: „Ja. Aber weck' mich, wenn du selber müde wirst, ja?" Er verspricht es und ich lege mich einfach direkt neben ihn, benutze seine Arme als Kissen. Cato scheint nichts dagegen zu haben. Im Gegenteil, ich bilde mir ein, ein Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen. Es ist auch das Letzte, das ich sehe, ehe ich einschlafe.
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