Kapitel 4
Die Wache verläuft eher ruhig, bis ich gen Ende meiner Wachzeit ein kleines Lagerfeuer - nicht weit von uns entfernt - erblicke. Die Person, die das getan hat, scheint echt nicht die klügste Person zu sein. Ich schubse Peeta mit meinem Ellbogen an und zeige in die Richtung, in der das Lagerfeuer ist. Er blickt dorthin und schlägt dann vor: „Wir könnten ja die anderen wecken, zum Lagerfeuer gehen und diese Person - oder die Personen - töten." Ich nicke nur zustimmend. Hätte gar nicht gedacht, dass er gute Vorschläge machen kann.
Gesagt, getan und zehn Minuten später sind wir alle abmarschbereit - ein paar Sachen aus dem Lager werden wir hinterlassen, doch alle wichtigen Sachen - wie zum Beispiel Essen und Waffen - nehmen wir mit. Kurze Zeit später erreichen wir auch schon die Person, die das Lagerfeuer gemacht hat. Sie ist ein Mädchen, aus welchem Distrikt, weiß ich jedoch nicht. „Darf ich sie töten? Darf ich sie töten?", fragt Glimmer Cato ganz aufgeregt, - wie ein Kleinkind! - als wir nur noch wenige Meter von dem Mädchen entfernt sind. Er verdreht - aufgrund ihres kindischen Verhaltens - die Augen, murmelt aber irgendetwas, das wie ein „Wenn du unbedingt willst." klingt. Glimmer krallt sich ein Schwert und will es schon dem Mädchen in die Brust rammen, als dieses aufwacht. Es blickt sie ganz geschockt an und fleht: „Nein, nein, bitte tötet mich nicht!" Doch Glimmer lässt sich - genau, wie es wir anderen getan hätten - nicht davon beeinflussen und rammt dem Mädchen schlussendlich doch das Schwert in die Brust. Wir alle fallen in Gelächter, - und beglückwünschen Glimmer teils auch - als das Mädchen einen gequälten Schrei ausstößt, ehe es stirbt. Während Glimmer das Schwert aus dem leblosen Körper des Mädchens zieht, ruft Cato begeistert: „Zwölf erledigt und noch elf vor uns!" und wir verfallen in zustimmendes Gejohle. Nur noch elf, ja, und dann wird der Sieger feststehen.
Innerlich bete ich, dass nicht Cato und ich die letzten beiden Tribute sein werden. Denn ich könnte ihn niemals umbringen, niemals. Es ist schon komisch, denn meine Familie - meine Eltern und meine kleine Schwester - könnte ich, wenn nötig, problemlos umbringen. Aber Cato? Nein, niemals! Ich weiß echt nicht, was mit mir los ist. Ich weiß nicht einmal, was ich für Cato wirklich empfinde! Ob er mich eigentlich einfach so umbringen könnte? Ich mein, klar, er ist recht brutal, hat Freude am Töten, hat kein Gewissen, wenn er Leute umbringt. Aber so bin ich ja auch. Ich bin - so gesehen - nicht einmal anders als er! Und trotzdem könnte ich ihn nicht umbringen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer werde ich mir, dass er mich auch nicht so einfach umbringen könnte. Das unangenehme Gefühl macht sich in mir breit, dass das später noch zu einem großen Problem werden könnte.
Anschließend beginnen wir, das Mädchen nach Vorräten zu durchsuchen, finden aber nichts Brauchbares. „Lasst uns abhauen, dann können sie die Leiche holen, bevor sie anfängt, zu stinken", meint Cato. Glimmer, der Junge aus 1 und Peeta nicken nur zustimmend, während das Mädchen aus 4 und ich ein „Wäre keine schlechte Idee!" von uns geben. Zu sechst gehen wir also weiter, in eine andere Richtung als die, aus der wir kamen. Plötzlich bleibe ich stehen und alle anderen kommen auch zu Stocken, da ich diesmal ganz vorne gehe. „Wieso hören wir nicht langsam mal die Kanone?", frage ich. Das war auch der Grund, warum ich stehen blieb: Mich wundert es, dass ich keinen Kanonenschuss gehört habe, als sie vermeintlich starb. „Stimmt, was sollte sie davon abhalten, sie jetzt gleich abzuholen?", bemerkt der Junge aus 1. „Es sei denn, sie ist nicht tot", sagt Cato. Glimmer zischt wütend: „Sie ist tot. Ich habe sie höchstpersönlich abgestochen." „Und wo bleibt dann die Kanone?" Darauf weiß Glimmer keine Antwort. Also schlage ich vor: „Einer von uns sollte zurückgehen. Nachgucken, ob die Sache auch wirklich erledigt ist." Alles andere hätte ja sowieso keinen Sinn, auch Cato pflichtet mir bei: „Ja, ich habe keine Lust, sie zweimal aufzuspüren." Erneut keift Glimmer: „Ich hab doch gesagt, dass sie tot ist!" So streiten wir uns ein paar Minuten, bis Peeta sich schlussendlich auch einmal zu Wort meldet: „Wir verlieren hier nur Zeit! Ich gehe zurück und erledige sie und dann nichts wie weiter!" Wow, hätte echt nicht gedacht, dass der so tolle Vorschläge machen könnte. Wirklich. Vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht, ihn dabei zu haben. „Dann geh halt, Loverboy, und überzeuge dich selbst", sagt Cato. Ich grinse in mich hinein. Mein Spitzname für Peeta scheint ja wirklich Gefallen gefunden zu haben.
Wir warten, bis Peeta sich weiter von uns entfernt, ehe Cato fragt: „Warum töten wir ihn nicht jetzt gleich und bringen es hinter uns?" Ich seufze leise. Eigentlich hat er ja recht. Auch, wenn Peeta ab und zu gute Vorschläge macht, doch die Gefahr, von ihm verraten oder ähnliches zu werden, ist zu groß. „Lass ihn mitkommen. Was kann es schaden? Außerdem kann er gut mit Messern umgehen", entgegnet der Junge aus Distrikt 1. Wie kommt der jetzt bitte darauf? Also erstens haben wir doch schon eine wunderbare Messerwerferin - mich! Und zweitens: Wie kommt er überhaupt darauf? Ich habe ihn noch nie mit Messern kämpfen sehen. Hm, vielleicht beim Gemetzel am Füllhorn. Da habe ich ihn auch nicht beachtet. Da hatte ich nur Augen für diejenigen, die ich getötet habe. Schnell fügt er noch hinzu: „Abgesehen davon haben wir mit ihm die besten Chancen, sie zu finden." Ähm ... Moment einmal! WAR das nicht genau der Grund, wieso wir ihn aufgenommen haben? Das scheint Cato sich wohl auch zu denken, denn er mustert mich - die Person, die schließlich dafür gesorgt hat, dass er ihn nicht gleich einfach umgebracht hat - mit einem Blick, den nur ich zu deuten weiß, ehe er spöttisch gen dem Jungen aus 1 sagt: „Was? Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass sie - das Mädchen aus 12 - auf die Herz-und-Schmerz-Geschichte reingefallen ist?" Cato glaubt schließlich noch immer nicht, dass es gut war, Peeta als Verbündeten zu nehmen. Er hat ja nur eingestimmt, weil ich mich auch - mehr oder weniger - für die Idee aussprach. Aber um ehrlich zu sein ... Langsam bekomme ich auch so meine Zweifel, dass es eine gute Idee war, Peeta als Verbündeten zu nehmen. Der Junge aus 1 zuckt darauf nur mit den Schultern und meint: „Warum nicht? Mir schien sie ein ziemliches Dummchen zu sein. Wenn ich daran denke, wie sie sich in diesem Kleid gedreht hat, könnte ich loskotzen." Da hat er allerdings irgendwie recht. Gerade toll ist ihr Interview ja nicht verlaufen. Gut für uns, denn ein schlechtes Interview hat durchaus negative Auswirkungen auf ihre Sponsoren - falls sie welche gehabt hat, was ich fast vermute, da sie 11 Punkte im Einzeltraining erzielt hatte. Wie sie das geschafft hat, würde ich nur zu gerne wissen. Cato scheint sich das selbe wie ich zu fragen, denn er sagt: „Ich wüsste gern, wie sie an ihre Elf gekommen ist." Der Junge aus 1 grinst, erwidert dann: „Ich wette, Loverboy weiß es." Wow, mein Spitzname für Peeta scheint wirklich toll zu sein. Jetzt, da ihn nicht nur Cato, sondern auch er benutzt.
Just in diesem Moment kommt Peeta wieder. „Und, war sie tot?" Cato mustert ihn misstrauisch. „Nein, aber jetzt ist sie es", behauptet Peeta und genau in diesem Augenblick ertönt die Kanone. „Können wir weiter?" Ohne auf seine Frage zu antworten, gehen wir auch schon weiter. Ich blicke kurz gen Himmel und merke, dass es bereits heller wird. Dass der Tag beginnt, langsam hereinzubrechen. Und Peeta und ich haben in dieser Nacht kein einziges Auge zugedrückt, die anderen schliefen auch nicht bedeutend länger. Aber so ist es nun einmal in den Hungerspielen. Wenn ich ehrlich bin, bin ich überhaupt nicht müde.
_______________________________________________________________
Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass manche direkte Reden - vorallem in diesem Kapitel - ein wenig komisch sind. Das liegt daran, dass ich jene, die im Buch vorkamen, auch wortwörtlich übernommen habe. Was ich mir damals dabei gedacht habe, weiß ich nicht. Aber keine Sorge, dies sollte das letzte Kapitel sein, wo direkte Reden eins zu eins von mir aus dem Buch übernommen worden sind (bzw. gäbe es sowieso kaum welche mehr, wo Clove auch anwesend gewesen wäre).
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro