Kapitel 19
„Also, ich hätte einen Plan, wie wir beide hier lebend rauskommen. Leider kann ich nicht garantieren, ob er gut geht. Aber uns wird sowieso nichts anderes übrig bleiben als es wenigstens zu versuchen. Ich werde dich verletzen, irgendwo am Oberkörper, jedoch so, dass du dadurch hoffentlich nicht tatsächlich sterben wirst. Anschließend wirst du zu Boden fallen, einen Tod vortäuschen. Wenn alles gut geht, werde ich zum Sieger gekürt und du... Keine Ahnung, wo sie die Leichen hingeben, aber du wirst es sicherlich überleben. Okay? Kriegst du das hin?" Catos Stimme ist sanft, aber dennoch kann ich seine Nervosität kaum überhören. „Okay", hauche ich leise zurück.
So leise, wie wir reden, hat uns sicherlich keiner gehört. Hoffentlich. Denn sonst wird unser Plan sicher nicht aufgehen. Ist dieser Plan überhaupt eine gute Idee? Es könnte so viel schief gehen. Ich könnte es nicht schaffen, mich gut tot zu stellen. Cato könnte mich unabsichtlich doch umbringen. So viele Möglichkeiten. Doch das Beruhigende ist: So oder so werde ich die sterbende Person sein, nicht er. Also kann ja gar nichts schief gehen.
Kaum habe ich zugestimmt, geht Cato schon auf Marvels Leiche zu und hebt das Schwert auf, das noch immer neben dieser liegt. Ohne große Umschweife kommt er dann wieder auf mich zu und bevor ich wirklich realisiere, was mit mir passiert, rammt er mir sein Schwert in den Oberkörper, nicht unweit von meinem Herz entfernt, wenn auch nicht direkt daneben.
Ein Schmerz durchfährt mich. Ein Schmerz, wie ich ihn noch nie verspürt habe. Der Schmerz lähmt mich so sehr, dass ich fast schon vergessen hätte, dass ich mich eigentlich tot stellen sollte. Also lasse ich mich nach hinten fallen, lande unsanft auf dem Boden, bemüht, in einer verrenkten Lage zu landen und schließe meine Augen. Hoffentlich sieht es für die Spielemacher so aus, als wäre es für immer.
Was natürlich ganz und gar nicht der Fall ist. Denn so liege ich da: vollkommen verrenkt, bemüht, kaum zu atmen – was vorallem jetzt echt schwer ist - , während mein Oberkörper nur so schmerzt von der Wunde, die Cato mir im guten Willen zugefügt hat. So wie es sich anfühlt, fließt doch auch ein wenig Blut aus der Wunde, wenn auch nicht über Maß viel.
Schon recht bald ertönt ein Kanonenschuss. Wohl der, der meinen vermeintlichen Tod verkünden soll. Haben wir es also wirklich geschafft? Kaufen sie mir tatsächlich ab, ich sei tot? Eigentlich schauen sie doch normalerweise gründlicher, ob jemand tatsächlich tot ist. Ich mein, nur, weil man verrenkt am Boden liegt, die Augen geschlossen, eine schwere Wunde im Oberkörperbereich hat, kaum atmet und auch sonst keine Regungen zeigt, heißt das doch noch lange nicht, dass man tot ist? Na ja... So oder so bin ich einfach froh darüber, dass Catos Idee doch geglückt ist. Zumindest bis jetzt. Denn wo die Leichen hinkommen... Keine Ahnung.
„Was für ein Tod! Und hier haben wir unseren Sieger: Cato aus Distrikt 2! Der Gewinner der vierundsiebzigsten Hungerspiele! Herzlichen Glückwunsch!", hört man auch schon Claudius Templesmiths Stimme. Mir fällt es echt schwer, ruhig zu bleiben, die Augen geschlossen halten, denn ich würde so gerne Catos Mimik sehen. Doch das geht nicht.
Kurz darauf vernehme ich dann Geräusche, die wohl besagen, dass mehrere Hovercrafts kommen. Vermutlich einer für Marvels Leiche, einer für meine ‚Leiche' und einer für Cato. Schon spüre ich, wie ich unsanft von etwas nach oben gehoben und anschließend ohne große Umstände in den Hovercraft geworfen werde. Dieser unbequeme Aufprall tut zwar weh, doch ich unterlasse es, auch nur irgendein Geräusch von mir zu geben. Man soll ja nicht herausfinden, dass ich noch lebe. Zumindest noch nicht.
Das Geräusch des fliegenden Hovercrafts sowie die unangenehm künstliche Luft, die in jenem herrscht, macht mich ein wenig wahnsinnig. Am liebsten würde ich einfach nur frische Luft schnappen, oder noch besser: raus aus dem Hovercraft. Doch das wird wohl noch ein wenig dauern, bis ich hier raus käme... Und sich in der Zeit kaum zu regen, tot zu stellen, ist alles andere als einfach. Oder ist es überhaupt notwendig, sich tot zu stellen? Wer ist denn überhaupt in dem Hovercraft? Ein Pilot auf jeden Fall. Aber sonst vielleicht niemand...
Während ich so vor mich hin grüble, merke ich, wie das Hovercraft landet. Endlich! „Da, der letzte tote Tribut!", vernehme ich irgendeine männliche Stimme, woraufhin mich jemand unsanft packt, eine kurze Zeit trägt, ehe eine Tür geöffnet wird und ich in einen Raum geworfen werde, ehe die Tür auch wieder zu geht.
Dieser Raum behagt mir nicht... Es riecht bestialisch nach Verwesung. Auch durch die geschlossenen Augen kann ich erkennen, dass es hier deutlich dunkler ist als es vorhin der Fall war. Wahrscheinlich ist der Raum ganz dunkel. Aber... Die werfen hier doch nicht allen Ernstes einfach alle toten Tribute auf einen Haufen? Von wie vielen Jahren die wohl sein mögen? Recht hygienisch scheint mir diese Methode ja nicht zu sein. Es ist doch nicht so schwer, die Tribute einfach irgendwo zu begraben!
Als ich den Gestank von Verwesung erneut stärker wahr nehme, bin ich kurz davor, mich übergeben zu müssen. Da ich noch immer auf dem Leichenhaufen liege, wie ich dort hin geworfen wurde, rapple ich mich auf, weil ich vermute, dass ich hier sowieso alleine wäre. Kein Mensch wird schließlich hier sein. Hier, bei den ganzen Leichen.
Vorsichtig öffne ich auch meine Augen, doch ich sehe nichts als Schwärze. Hier ist es wohl komplett dunkel. Wie sollte ich hier eigentlich je lebend rauskommen? Alleine der Gestank bringt mich noch um! Bedacht stolpere ich den Haufen vorwärts, aufpassend, dass ich ja nicht hinfalle. Irgendwann stoße ich dann gegen eine Wand.
Just in diesem Moment werden die Schmerzen durch die Wunde wieder stärker. Als brächte es etwas, halte ich eine Hand an die Stelle, wo Cato mir die Wunde zugefügt hat. Sogleich saugt sich meine Hand auch mit einer Flüssigkeit, die ein wenig klebrig ist - wohl Blut - voll. Verdammt! Die Wunde sollte ich vielleicht doch ernst nehmen. Scheint schlimmer zu sein, als von Cato geplant und erhofft.
Hoffentlich fände ich bald aus diesem Raum raus ... Es ist einfach nur verdammt dunkel, stinkt so bestialisch, dass ich mich jederzeit übergeben könnte...
Leise seufze ich. Trübsal blasen hat auch keinen Sinn. Außerdem: Was ist eigentlich los mit mir? Ich lasse Leute gerne leiden, töte sie mit Vergnügen ... Aber vor verwesenden Leichen ekelt es mich plötzlich?
________________________________________________________
So. Sorry, falls das Kapitel ein bisschen eigenartig ist. Beziehungsweise die Idee mit dem Tot-stellen und dass dies auch klappt. Aber ... Na ja ... Ich war mal ein wenig kreativer *hustet*. Eigentlich war ja auch geplant, dass die Geschichte nach den 74. Hungerspielen – also jetzt – endet, doch dann bekam ich letztens noch so viele Ideen und auch Motivation, diese Geschichte weiterzuschreiben. Weswegen ich euch versichern kann, dass die Geschichte auf jeden Fall noch ein bisschen weiter gehen wird.
Aber genug geredet. Ich hoffe, euch hat meine Geschichte bis jetzt gefallen (und ihr nehmt mir dieses Kapitel nicht allzu übel (oder gefällt euch die Idee zum Schluss sogar?)).
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro