Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Wo Verlorene hingehen

Liv war eine Versagerin. Zumindest kam sie sich seit einigen Minuten so vor. Den Weg nachhause war die junge Frau praktisch gerannt, bis zu einem Augenblick, wo sie nichts mehr anderes wahrgenommen hatte, wo sie angefangen hatte, zu keuchen, weil sie noch nie mit der besten Ausdauer gesegnet gewesen war. Dann im Hochhaus angekommen, war da eine gewisse Erleichterung gewesen. Mehr nicht. Erleichterung darüber, wieder zuhause zu sein, Erleichterung, weil sie inzwischen selbst nicht mal merkte, wie leer sie sich innerlich fühlte. Erleichterung über den dämlichen Aufzug. Dass es keine Treppen waren.

Erleichterung darüber, einfach wieder zuhause zu sein, damit praktisch in Sicherheit vor allem anderen, was draußen war. Sein könnte. Den Kopf unter der Decke vergraben. Und dann tief durchatmen, gerade soweit genug, damit sie irgendwie in der Realität blieb. Aufgestanden. Wieder hingelegt. Es hatte diese Momente, Handlungen und Aktionen gebraucht, bis die junge Frau merkte, was in diesem Augenblick tatsächlich fehlte. Ein hektischer Griff an die Hosentasche (es war immer die linke) hatte genügt, um zu beweisen, was sie schon bedrückenderweise vermutete. Das Handy war verschwunden.

Ihr Handy war einfach weg.
Deswegen war Liv eine Versagerin. Bei voller Panik über etwas, was sich (auch hoffentlich) ehe nicht wieder wiederholen würde, musste etwas Anderes verloren sein. Sie hatte nicht einmal eine Ahnung, wo es war. Wie sollte sie auch, so hatte Liv den ganzen kurzen Heimweg keinen Gedanken daran verloren, wegen der reichlich anderen Dinge, mit denen sie seelisch beschäftigt gewesen war. Jetzt lag es irgendwo auf der Straße, vermutlich mit dem Display umgedreht und voller Risse. Vielleicht hatte es irgendwer längst mitgenommen. Das große Übel war: Wie sollte sie es wiederfinden, wie sollte sie es zurückholen?

Liv besaß dieses Handy seit fünf Jahren und es war auf eine dumme und naive Art und Weise, etwas an dem sie von Herzen hing. Es war gefüllt bis zum Bersten, rein äußerlich mit vielen kleinen Zettelchen, die stets in der ausgebeulten blauen Hülle steckten, aber ebenso trug dieses Handy unzählige Nachrichten, Videos, Fotos und Momente. Ein an sich materieller Gegenstand, den man, wo man es wollte, in jedem Supermarkt finden konnte, nachkaufen. Verlor man es aber, ging also noch eine ganze Menge einiger größerer Kleinigkeiten mit ihm unter, Dinge, die man so niemals mehr zurückbekommen würde.

Sie verschwanden mit dem Gegenstand.
Das Greifbare floss ins Ungreifbare, ins Blaue hinein und ließ nichts mehr zurück, das sich greifen ließ.

Dann musste man. von vorne. anfangen?

Nichts, was Liv wollte, oder in diesem Augenblick vertragen konnte. Zu viel fehlte schon, dass das nun auch noch
f e h l t e
schien wie das Sahnehäubchen auf der Torte des grenzenlosen Unglücks.

Gerade deswegen war die junge Frau eine Versagerin. Weil sie früh und zu sehr zu viel in Panik geraten war und weil deswegen jetzt alles noch schlimmer war. Vielleicht ginge es nun in alle Ewigkeit so weiter, die Chancen standen nicht schlecht. Alles war verloren und alles fehlte, doch das Ganze konnte durchaus noch in immer kleinere Teilchen zerbrechen.

Der ganze Nachmittag und der ganze Tag schienen endgültig gelaufen. Liv setzte sich irgendwohin, sie wusste nicht mal mehr, was sie noch tun wollte. Sie saß einfach, den Blick zur Seite gerichtet. Mit den Händen blätterte sie abwesend ein paar Fotoseiten des Albums durch, ließ es jedoch gleich wieder sinken. Das war zu viel für einen Augenblick und den Moment. Ohne das Handy gab es gar nichts mehr.

Selbst der Vogel auf dem Fensterbrett zählte nicht wirklich. Der sah sie ja nicht einmal. Er hockte da, stumm und still und starrte gedankenverloren zum sorgfältig zugezogenen Fenster, als wolle er davon fliegen, wenn man ihn ließe. Vielleicht sehnten sie sich letztendlich ja beide nach derselben Person. Der Vogel war zahm gewesen, er flog manchmal gerne durch das Wohnzimmer. Er piepste mit Lucian und kam auf seine Hand, hatte der Brünette den Finger ausgestreckt.

Die Küchenuhr klackerte, auf die selbe Art und Weise, wie sie es jeden Tag tat. Ein regelmäßiges Geräusch, leise aus dem anderen Raum.

Liv stand auf und schloss ihre Zimmertür.

Dann klingelte ein Handy. Es war so leise, dass sie es fast ganz überhört hätte und es drang aus dem anderen Zimmer, durch

d I c h t g E s c h l o s s e n e

Tür.

Es dauerte, bis sie registrierte, was es war. Dennoch lud die junge Frau es jeden Tag, als eine Art von Gewohnheit, weil es eh irgendwo gelegen hätte, steckte es sorgfältig ins Ladekabel. Es lag da auf seinem alten Schreibtisch, war einfach da und tat nicht viel. Liv rührte

Lucians
Handy

normalerweise nicht an. Es gehörte ihr ja nicht einmal. Es war seins gewesen, klein, schwarz, rissig, kaputt an den Ecken. Lucian war nie ein Technikmensch [gewesen. Er hatte seins noch länger als sie ihrs, eines von der Sorte Modelle, die Samsung längst nicht mehr verkaufte.

Den Klingelton jedoch hätte Liv überall wiedererkannt, weil sie den zusammen ausgesucht hatten, so wie sie eigentlich nahezu alles zusammen getan hatten. Nun drangen die schillernden Mehrstimmigkeiten von Bohemian Rhapsody an ihre Ohren, die Klaviertöne folgten. Es war alles so ironisch, rückblickend. Liv wollte das Handy gerne dort liegenlassen, wo es war, weil sie nicht aufstehen wollte und weil sie sein Zimmer nicht sehen wollte. Die Melodie blieb hartnäckig.

Und irgendwie erhob sie sich dann, wusste nicht einmal genau, ob es an der eigenen Neugier lag oder an einem plötzlichen Hauch Energie.

Liv zitterte.

Der Vogel zwitscherte?

Er hatte das Lied irgendwie geliebt, aber er hatte Musik in dieser Wohnung generell geliebt, dann war er laut geworden und irgendwann später alles leise.

Und irgendwie öffnete sie dann die Tür, kniff die Augen zusammen, weil manche Dinge einfach dafür bekannt waren, wehzutun. Wegzusehen brachte trotzdem nichts. Bedauerlicherweise.

Die letzten Schritte führten die junge Frau zum Schreibtisch hin, wo das Handy lag und brummte, bis es das Holz selbst erschütterte. Dann steckte sie es aus, drückte das grüne Symbol hinunter und sah - als Spitzname verziert - den eigenen Namen.

Manche Dinge waren dafür bekannt, keinen Sinn zu ergeben. Ihr Handy war vermutlich unwiederbringlich verschollen und welchen Sinn machte es dann, darauf anzurufen? Angerufen zu werden? Hier stand sie, mit dem Handy, das seinen Besitzer überdauert hatte. Auf eine gewisse Art telefonierte Liv mit sich selbst. Bis es ihr dann doch klar wurde. Hinter manchen Dingen steckte mehr, als dass sie einfach nur verloren gingen. Man wusste nicht, wohin, aber vielleicht kam das Schicksal gelegentlich. In Form von Anrufen. Vielleicht wurden einem wenigstens die Splitter, wenn man die Scherben verloren hatte, zurück gebracht.

"Hallo?", wisperte Liv dann schließlich in das Gerät hinein. Mit zwei Schritten war sie dann währenddessen wieder aus dem Zimmer draußen, das andere Handy fest gegen das Ohr gepresst.

Da sprach tatsächlich jemand. Die junge Frau wusste nicht, ob man nun darüber lachen sollte, aber für einen Moment glaubte sie es, nachdem er begann, war sie sich dessen sicher;

Der Blonde aus dem Supermarkt.

Mit der selben höflichen Stimme, in der eine gewisse Sanftheit lag. Ruhe. Vielleicht lag es an der Tatsache, dass sie schon immer schlecht mit Menschen gewesen war, vielleicht aber auch daran, dass das Vorausahnen gerade schwierig war.

Sie wusste immerhin genug über Gefühle, dass eine gewisse Erleichterung da gewesen war. Erleichterung, dass diese mögliche Lösung der Dinge zumindest Sinn machte. Es machte Sinn, auf diese seltsam skurrile Art und Weise. Es machte Sinn, dass das Handy da in diesem Supermarkt liegen geblieben war. Das Bild war so klar vor Livs Augen.

"Verzeihung", meinte der junge Mann dann, "kann es sein, dass ihre Freundin eventuell ihr Handy vermisst?" Die unbeholfene Formulierung in seiner Stimme, aber auch die Frage an sich störte Liv, machte sie stutzig. Sie stellte sich die Frage, ob er denn dann nun auch wusste, wer sie war. Ob der blonde Mann sich trotz der seltsamen Art und Weise, wie er sich verhalten hatte, doch irgendwie erinnerte. Und dann erinnerte sie sich daran, wessen Handy sie gerade trug, dass es daran lag, dass der Fremde von ihr sprach, aber nicht mit ihr. Zumindest nicht wissentlich. Wie nur hatte er es geschafft, von ihrem sicher mit mehreren Passwörtern geschützten Gerät trotzdem irgendwie anzurufen?

Konnte es sein, dass da auch ein Zögern in seiner Stimme lag? Wie als fiele ihm das alles irgendwie schwer, als hatte er sich gar nicht vorher überlegt, was er eigentlich sagen wollte?

"Ja, ähm", meinte sie dann fast etwas forscher in das Mikrofon, das letzte Wort mit einem bissigen Unterton, "Dankeschön!"

Was hätte es dann überhaupt für einen Sinn für ihn ergeben, anzurufen?

Sein verlegenes Räuspern, das wenig später nach einem kurzen Schweigen folgte, brachte die junge Frau zumindest von den Emotionen auf den Boden der Tatsachen zurück. Als hätte er gar nicht erwartet, dass seine Supermarktbekanntschaft es sein würde, mit der er hier sprach, die von Lucians Handy die eigene Situation hörte. Aber zumindest war es genug, dass er ihre Stimme wiederzuerkennen schien.

Er hatte ihr Handy. Was im Umkehrschluss bedeutete, dass er, wer auch immer er war, es sicher bei sich hatte und es nicht dauerhaft verloren war. Weil er ihr Handy hatte, gab es überhaupt den Hauch einer Chance, dass sie es sicher wieder zurück bekäme. Sie hatte versagt in der Situation, es war ihre Schuld, dass ihr andere dann auch noch die Sachen hinterhertrugen.

"Es ist liegen geblieben, da im Supermarkt", sprach der junge Mann am anderen Ende der Leitung dann in einem ruhigen Tonfall weiter und gab damit der Situation den Rest eines Rahmens, "und dann als die Verkäuferin kam und sich ihr Kollege um die Scherben gekümmert hat", der Teil, den Liv nicht mehr mitbekommen hatte, der sich aber offensichtlich doch wundersam einfach lösen ließ, "da habe ich es mitgenommen." Diese absurde Dankbarkeit. "Ohne, dass ich ihnen Böses tun wollte." Er klang wieder verlegen, wie Liv merkte.

"Aber sie waren plötzlich weg und irgendwer musste sich kümmern, deswegen habe ich die erstbeste Nummer in den Notfallkontakten gewählt." Und irgendwie hatte er damit verdammt schlau gehandelt. "Gut, dass das Handy von ihrem Freund-", nun geriet der fremde Mann am anderen Ende der Leitung ins leichtes Stocken, wie als käme er mit der Frage in seinen eigenen Worten nicht klar, als ob er nicht wusste, wie er das eigentlich sagen wollte.

Dieses eine Mal kam Liv, die aus plötzlichen Reflex am liebsten jetzt schon aufgelegt hätte, ihm zu Hilfe. Die junge Frau konnte es gar nicht mehr erwarten, wäre das ganze Dilemma vorbei. "Er ist gerade nicht da", fauchte sie steif, "auf die Art und Weise konnte ich ihren Anruf entgegen nehmen."

Wer weiß, vielleicht hätte ihr Gegenüber jetzt genickt, hätten sie sich gegenüber gestanden, der Umstände halber wusste Liv jedoch nicht recht, wie er ihre Worte aufnahm. Einige Momente Schweigen. Selten war Telefonieren so unangenehm gewesen.

Aber dann ließ der Fremde ihre vorherige Aussage einfach gänzlich unkommentiert, murmelte dann fast besorgt: "Wie geht es ihnen jetzt? Vorher, was den Supermarkt angeht, war die Situation wohl ein wenig ungeschickt."

Liv sah weg und fast unwillkürlich tippte sie die Finger auf ihren Schoß, immer wieder in hektischen Bewegungen. "Gut. Bestens." Sie atmete kaum hörbar aus und ein. "Mir? Bestens." Da war kaum eine Regung in ihrer Stimme und vermutlich klang sie komisch, seltsam. Er hätte Angst vor ihr, noch bevor sie ihr Handy wieder in den Händen trüge.

"Wenn sie mal irgendwie Zeit haben, am besten bald, danke fürs Finden", kam es dann in einem unzusammenhängenden, klobigen Satz langsam über ihre Lippen. Aber der Andere verstand. Soweit. "Gerne, bei nächster Gelegenheit kann ich Ihnen das Handy wiedergeben!" Aufgeschlossen. Unschlüssig?

"Kennen sie Tiago Eis? Das ist von mir nicht allzu weit weg, wenn das für sie auch einigermaßen in Fußnähe liegt, dann kann man sich sicher da kurz treffen?" Seine Worte hingen schwer in der Luft, aber für längere Gelegenheit reden zu können, tat ihm offenkundig gut und verringerte die Schwere zwischen ihnen.

Liv kannte diese Eisdiele.



Aber jetzt, da es Sommer war, würde die junge Frau den Teufel tun, auch nur einen Fuß dort hineinzusetzen, ganz egal, für was, es konnte jedes Eis der Welt geben. Vor ihrem inneren Auge sah sie schon die kleinen Kinder fröhlich durch die Gegend toben, Familien da sitzen, Eisbecher so groß wie Schirmmützen, die man würde verschlingen müssen, um der Sonne zuvor zu kommen, die die Flüssigkeit zu leisen Tröpfchen gerinnen lassen würde.

Dort würde sie nicht hin. Weil die anderen einfach weiterlebten.
Am liebsten nie wieder vor die Tür.

Aber der am Telefon schien zu merken, dass auf seine Rede nur Stille folgte, er wurde ein Stück weit hektischer.

Liv merkte die

bemühte

Fröhlichkeit

in seiner Stimme, so wie jeder meinte, dass es ihr magisch besser gehen würde, wenn man sich nur genug bemühte.

"Man könnte sich dort leicht finden. Ansonsten, mein Name ist Arthur, ich wohne ein paar Querstraßen entfernt von.." Sie ließ die Adresse, die er nannte, zu geronnem Nebel werden und bekam nur mit halben Ohr mit, wie er nach ihrem eigenen Namen fragte und wie er sich bemühte.

Aber sie wollte nicht, dass sie zu ihm käme und sie wollte nicht, dass er in die kleine graue blaue Wohnung kommen würde. Sie wollte nicht, dass irgendjemand nochmal hier rein kam und das alles sah.

Liv hatte die Fensterläden zugemacht.
Weil die Sonne zu hell schien.

Und nachdem sie ihren eigenen Vornamen wenigstens (weil man höflich sein musste) so leise hauchte, dass sie sich nicht mehr mal sicher war, ob er sie verstand, da hatte sie noch gesagt, dass sie Zeit brauchte. Um sich das Ganze, wie man so schön sagte, ordentlich durch den Kopf gehen zu lassen, um eine Lösung zu finden, für eine Situation, die nur ein kleiner Bestandteil von etwas war, für das es keine mehr gab.

Blitzschnell hatte Liv ihn weggedrückt und ihre Finger schwebten noch über der roten Taste, während das Tuten noch durch den Raum hallte, dann irgendwie

sie weinte.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro