#31 Home is where your heart choses to stay
"Ich wollte nie auf ihn, auf irgendjemanden angewiesen sein, weil ich mir geschworen habe, nie wieder zuzulassen, dass ich mich so fühle, aber..."
"Aber?", fragte er mit einem Lächeln und ich sah auf.
"Aber vielleicht brauche ich ihn so, wie die Erde die Sonne braucht, um einen neuen Tag zu sehen."
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Pov Jimin
Hektisch durchforstete ich die Wohnung auf der Suche nach meinen Schlüsseln. Es war halb sieben und mein Herz schlug jetzt schon so schnell, dass ich nicht wusste, wie sich mein körperlicher Zustand noch steigern sollte. Den Tag über hatte ich versucht, mich abzulenken, jedoch kamen meine Gedanken immer wieder bei Yoongi an. Ich konnte an nichts anderes denken und mir nichts anderes vorstellen, als ihn zusammen mit jemand anderem. Und es brannte in meinem Herzen, dass ich drei Jahre damit verbracht hatte, ihm hinterher zu trauern, während er seine Zeit sinnvoll genutzt hatte.
Ich ging meine innere Liste noch einmal durch und bemerkte, dass ich mein Handy noch nicht eingepackt hatte. Bevor ich dieses aber suchen konnte, schreckte ich durch das Öffnen der Tür zusammen. "Kommst du essen?" Ein lächelnder Jungkook stand im Türrahmen, seine Sporttasche umgeworfen, er kam gerade von der Arbeit.
"Ich? Nein, ich esse heute nicht hier", stotterte ich zusammen, immer noch stocksteif, weil er der erste Mensch war, mit dem ich redete nach heute Mittag.
"Du isst auswärts? Ich wusste, das Taxi unten stand nicht einfach nur so da." Sein Lächeln wurde schelmischer.
"Es ist schon da?", ich griff nach meiner Jacke und warf sie mir um, während ich los ging.
"Hast du ein Date?", fragte Kook verwirrt und ließ mich durch.
"Nein, ja, keine Ahnung", rief ich dem Jüngeren zu, als ich die Treppe herunterlief, griff einfach die nächst beste Ausrede, "bin mit Soomin unterwegs."
Ich vergaß schnell, dass dieses Gespräch mit Jungkook überhaupt stattgefunden hatte, vergaß alles über die Fahrt über. Mein Blick lag leer auf der Scheibe, meine Zähne waren damit beschäftigt, die Innenseite meiner Wange aufzubeißen. Ich war so nervös, dass ich mein Bein auf und ab wippen ließ, es aber trotzdem nicht meinen Drang nach Bewegung stillte. Ich wollte rennen, weil ich die Aufregung spürte, die durch meine Adern rauschte und ich sie durch Bewegung ermüden wollte, ich wollte so nicht fühlen, aber allein der Gedanke daran, dass ich Yoongi in wenigen Minuten wiedersehen würde, ließ mich verrückt werden. Und ich vergaß immer wieder, dass er jemand anderes treffen würde, was in den Splittern meines Herzens stichelte.
Die Fahrt war nicht kurz, aber mir blieb zu wenig Zeit, um mich vorzubereiten. Obwohl ich nicht mal wusste, wie man sich auf einen Herzensbruch vorbereiten sollte. Eigentlich musste ich es mittlerweile gewohnt sein, das Herz aufgerissen, aber nicht wieder zugenäht zu bekommen. Mir sollte der Schmerz nach all dem nichts mehr aus machen, ich konnte ihn ja schon genauestens beschreiben. Aber ich denke, an Herzschmerz würde man sich nie gewöhnen und das war das seltsame daran. Es wäre nachvollziehbar gewesen, würde es immer etwas anderes gewesen sein, das einem Schmerz zufügte, oder wären es immer andere Hoffnungen gewesen, die zerstört wurden. Aber dasselbe galt auch, wenn es immer derselbe Mensch war, der einen verletzte, oder wenn es dieselbe Hoffnung, beispielsweise die Hoffnung auf Besserung war, die immer wieder zerstört wurde. Es folgte immer derselbe, mal mehr, mal weniger brennende Schmerz, der sich um das eigene Herz legte und es folterte, als wäre er Stacheldraht.
Mit schwerem Herzen und flauem Magen stand ich nun dort, angelehnt an dieselbe Hauswand, an der mein gebrechlicher Körper auch schon heute Mittag gelehnt hatte. Mittlerweile war es dunkel und meine Umgebung wurde allein von den Straßenlaternen und den Lichtern der verschiedenen Geschäfte erhellt. Es liefen immer noch viele Menschen umher, die meisten nun in kleinen Gruppen auf der Suche nach etwas Unterhaltung. Ich war froh, mir einen Hoodie angezogen zu haben, er hielt mich warm, kombiniert mit der Winterjacke. Jedoch hatte ich im Gefühl, dass mir nicht nur aufgrund des Wetters kalt war. Wo ich auch hin schaute, sah man glückliche Paare und hin und wieder erwischte ich mich, wie ich ihnen hinterher schaute. Meine Sehnsucht veranlasste dies, vermischte sich mit der Einsamkeit und kreierte einen bitteren Trank, der schwer zu schlucken war.
Je mehr Zeit verstrich, desto dümmer kam ich mir vor, desto kälter wurde mir und desto nutzloser fühlte ich mich. Für die Passanten war ich nichts, sie beachteten mich nicht und wenn doch warfen sie mir undefinierbare Blicke zu. Ich hatte mich schnell am Bild des Restaurants satt gesehen, war ungeduldig, obwohl die Nervosität schnell in Einsamkeit umgeschwenkt war. Vielleicht würde Yoongi auch gar nicht kommen, vielleicht hatte er sich dagegen entschieden, es hatte auch nicht so geklungen, als würde er das Kommen der anderen Person erwarten.
Ich wollte auf die Uhr schauen, bemerkte dann jedoch, dass ich mein Handy Zuhause hatte liegen lassen. Womöglich hatte Jungkook meinem Stress so sehr zugesetzt, dass es mir gleich wieder entfallen war. Ich seufzte tief, wobei mein Atem nebelartig zum Himmel hinauf stieg. Unsicher schaute ich noch einmal zum Restaurant, war er vielleicht schon drin und ich stand hier draußen und war viel zu spät? Ich konnte Zeit nicht mehr einschätzen.
Da mich meine Verzweiflung so weit trieb, beschloss ich das Restaurant zu betreten. Ich würde mich kurz umsehen und wenn ich Yoongi nicht entdeckte, würde ich wieder nach Hause fahren, als hätte ich nichts anderes zu tun. Dann würde ich mein Leben weiterleben, obwohl ich seit heute Mittag keine Zukunft mehr für mich sah.
Doch inmitten meines Weges stoppte ich. Ich realisierte erstmals, was ich hier tat und wie ich mich aufführte. Das hatte alles keinen Sinn, mein Leben hatte keinen Sinn, wenn ein Mann alles war, nach dem es sich richten würde.
Plötzlich wurde es schwarz, jemand hielt mir von hinten die Augen zu und ich erstarte zu Eis. Meinen Rücken lief ein Schauer hinunter, mein Herz begann zu klopfen, ich hätte mich gewehrt, hätte ich nicht im selben Atemzug diese Präsenz auf meiner Schulter gespürt, die mich vor Angst verkrampfen ließ.
"Hey, kleiner Engel."
Mein Herz machte einen Sprung, als ich die Stimme erkannte, die neben meinem Ohr sprach. Ich wirbelte herum, wobei ich seine Hände von meinen Augen riss und dem Teufel direkt in die Augen sah. Die Welt um mich herum stoppte, das Universum tat mir einen Gefallen, damit ich diesen Anblick verinnerlichen konnte. Seine schmalen Lippen formten ein zartes Lächeln, seine Augen sahen mich mit einem sanften Ausdruck an, während ihre Farbe der Dunkelheit am Himmel glich und die einzelnen, funkelnden Reflektionen der Straßenlichter den Sternen nahe kamen.
Ich wusste, wenn dies ein Traum war, wäre er in ein paar Sekunden vorbei und diese wenigen Sekunden meinte ich nicht zu verschwenden. Ich spürte, wie sich mein Gesicht unkontrolliert und schmerzerfüllt verzog und Tränen in meinen Augen aufkamen. Doch noch bevor Sehnsucht und Begierde sich in den Vordergrund drängten, verleiteten mich die langlebige Wut und Verzweiflung der letzten Jahre dazu, auszuholen.
Nachdem meine flache Hand seine Wange getroffen hatte, schlang ich meine Arme um ihn. Es jagte ein Rausch an Emotionen durch meinen gesamten Körper, er füllte mich aus und hinterließ in jeder Ecke und Spitze ein anderes Gefühl. Ich ergab mich meiner Trauer und begann zu weinen, ließ Yoongis Jacke meine Tränen auffangen. Meine Hände krallten sich an seinen Rücken und machten es ihm unmöglich, mir wieder zu entkommen. Ich würde nicht zulassen, dass er mir noch einmal entwischte, das war er in der Vergangenheit viel zu oft.
Ich war ihm endlich nahe. Der Preis war hoch gewesen, aber jahrelanges Leid und ständige Hoffnungslosigkeit hatte sich ausgezahlt und beides war mir wert gewesen, um ihn nur für ein paar Minuten zu umarmen und wieder mein nennen zu können. Nicht lange, ein paar Minuten waren mir genug, um wieder Stärke und Ausdauer für die nächsten Jahre zu gewinnen. Denn es war nur ein Funke von ihm, der ausreichte, um die Flamme in mir zu entfachen. Und gerade loderte ein Waldbrand in mir, mein Herz brannte lichterloh und es würde lange dauern, um die verheerenden Flammen wieder zu löschen.
Ich zog ihn an mich, als wäre die Welt dem Untergang geweiht und er wäre das einzige, das ich vor der Verheerung beschützen wollte. Und seine Arme bildeten einen Ort, an dem ich für immer verweilen hätte können. Wie große, engelsgleiche Schwingen legten sie sich um mich und ließen mich dort ankommen, wonach ich mich seit drei Jahren gesehnt hatte. Selbst wenn die Welt in diesem Moment untergegangen wäre, hätte ich nicht um mein Leben gebangt. Denn ich war Zuhause, in dem süßen Gefängnis, das mich so geborgen fühlen ließ. Hier konnte ich all die Wände einreißen, die ich erbaut hatte, um mich selbst zu schützen, hier brauchte ich sie nicht, hier war ich unverwundbar.
Sein mir bekannter Geruch stieg mir in die Nase und weckte verdrängte Erinnerungen in mir, welche auf mich niederhagelten. Erinnerungen an gemeinsame Zeiten. Unsere Spaziergänge, unsere gemeinsamen Nächte und die Stille in Zweisamkeit, in der wir einander verstanden hatten, ohne auch nur ein Wort zu verlieren. Es kam alles wieder. Die Lust, die Leidenschaft, die Hingabe, als wäre alles nie weg gewesen. Ich hatte ihn so vermisst und ich wollte es heraus schreien, der ganzen Welt verkünden, wie sehr ich ihn liebte und jedem Menschen, der mir geraten hatte, ihn zu vergessen, an den Kopf werfen, wie sehr ich mich dafür liebte, an ihm festgehalten zu haben. Ich schluchzte und flennte, mein Körper bebte und es schien kein Ende zu haben. Ich schien so schwach und gebrechlich, aber ich verzieh mir selbst, da er mich halten würde. Würde ich fallen, würde er mich auffangen.
Yoongis festigender Griff war es, der mich aus dem Prozess, alles zu verarbeiten, in die Realität zog. Womöglich war es ihm ungeheuerlich, welche leidenden Töne meine Kehle verließen. Aber ich konnte sie nicht zurückhalten, nichts meiner Handlungen. Ich war überwältigt von seiner alleinigen Präsenz und konnte nicht mit dem Chaos in mir umgehen, welches durch seine Arme um mich verursacht wurde. Yoongi hielt meinen zitternden Körper fest und drückte mein Gesicht an seine Halsbeuge, seine große Hand lag an meinem Hinterkopf. Es schien, als wollte er wirklich sichergehen, dass ich bei ihm war, sodass er die Augen schließen und mit der Situation auf seine Weise umgehen konnte, ohne die Angst haben zu müssen, ich würde ihm gleich wieder genommen werden.
"Ich habe dich so vermisst...", schluchzte ich verzweifelt in seine Jacke, was einen Nachgeschmack von Angst hinterließ. Die Angst mit ihm zu sprechen, die Angst vor seiner Antwort, die Angst, er wäre doch nicht real und das alles war nur ein weiterer, trostloser Tagtraum. Aber ich hörte ihn schniefen, meine Sinne betrogen mich nicht, denn ich konnte ebenfalls seine Hand spüren, die tröstend über meinen Rücken strich. Ich konnte spüren, dass er nickte und ahnte, dass er gerade mit den Tränen kämpfte und deshalb nichts heraus bekam. Doch es war in Ordnung, er brauchte nichts zu sagen, er musste mich nicht auch vermisst haben, er musste mich nicht mal mehr lieben, solange er bei mir war, sollte mir seine Anwesenheit genug sein.
"Geht es dir gut?", hörte ich es leise an meinem Ohr und wieder überkam mich eine Gänsehaut.
"Jetzt ja", gab ich weinerlich zurück, worauf mich der Ältere leicht von sich drückte. Mit einem traurigen Blick betrachtete er mich und musste Lächeln, als ich versuchte, mir die Tränen wegzuwischen. Ich konnte nicht glauben, dass ich ihm gerade in die Augen schaute. Meine Unterlippe zitterte und ich hatte Schwierigkeiten richtig zu atmen, aber trotzdem blieb mein Blick starr auf ihm, ich würde ihn nicht mehr aus den Augen lassen.
"Yoongi...", entwich es mir jämmerlich.
"Jiminie..." Er nahm mein Gesicht und platzierte einen zarten Kuss auf meiner Stirn, bevor er mich ein weiteres mal stark an sich drückte. Ich umklammerte ihn wieder dankbar und schüttete mein Herz weiter in Form von Tränen aus.
So standen wir nun da. Ein Engel in den Armen eines Teufels, gefangen in einer Misere, die er selbst gewählt hatte.
Passanten gingen an uns vorbei, wir standen mitten im Weg, aber es interessierte uns nicht. Für uns gab es nur einander, für einen Zeitraum, der sich wie eine kleine Ewigkeit anfühlte. Und in dieser Zeit wurden mir auch die Temperaturen egal, alles was ich spürte, war er, sein Körper und die liebliche Wärme, die sich in meiner Magengegend ausbreitete.
Insgesamt sollte wohl eine viertel Stunde vergangen sein, wenn ich schätzen müsste, erst dann lösten wir uns wieder von einander. Jedoch blieben unsere Hände verbunden, da ich eine körperliche Verbindung zu ihm haben wollte, gegen die er nichts einzuwenden hatte, er gab dem Ganzen nur einen verliebten Blick.
Yoongi ergriff das Wort, bevor ich es konnte. "Komm mit." Er ging los und zog mich sachte in Richtung Restaurant.
"Was hast du vor?", fragte ich schüchtern und er schaute kurz zu mir zurück.
"Vertrau mir. Nur dieses eine Mal noch."
Während ich hinter ihm her tapste, betrachtete ich die Hand, die ich versprochen hatte zu halten, selbst wenn sie mich durch die Hölle ziehen würde und es überkam mich ein nostalgisch schmerzhaftes Gefühl, das eine gewisse Süße auf der Spitze meiner Zunge hinterließ.
Und ich realisierte, dass ich nie aufgehört hatte, ihn zu lieben. Ich war immer noch der unschuldige Junge, der kleine Engel, der für den Teufel gefallen war, welcher nur eine einzige Schwäche zu haben schien.
They say home is where your heart is. Let's make it more specific; home is where your heart choses to stay.
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[Danke fürs Kommentieren und Voten]
OKAY *wirft mit Taschentüchern um sich*
ich hätte nie gedacht, dass ich dieses Kapitel über 2000 Wörter kriege, aber here we go
es tut mir leid, wenn ich es nicht richtig hinbekommen habe zu schreiben, der Druck, dass dieses Kapitel gut werden muss, war irgendwie immens und unter Druck wirkt für mich alles wie Müll ;-; aber ich hoffe ihr seid zufrieden damit? idk i'm not trynna fish for compliments, i'm just really fucking insecure about it oof
Mal gucken, ob ich das nächste Kapitel morgen auch schon geschrieben bekomme, aber erwartet nichts~~
Habt einen schönen Tag und ein schönes Wochenende♡
{010918}
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