XXVIII. Ein harter Aufprall
Zachs Sicht
Ich war mir ziemlich sicher. Es gab keinen Menschen auf dieser Erde, der so wahnsinnig war, wie Owen. Seine Worte ergaben erst kaum einen Sinn, doch dann wurde mir mit jeder Sekunde klarer, auf was er aus war. Er wirkte neben der Spur und leicht orientierungslos. Ich glaubte, seine Medikamente könnten dran schuld seien. Wenn ich jedoch an die Gefahr dachte, die in diesem Wald lebte, wurde mir nur noch schlechter.
„Nein! Das ist verrückt!", fuhr ich ihn an und schubste ihn von mir weg. „Bei so etwas mache ich nicht mit! Das ist doch Selbstmord!"
Schon fast schmerzhaft drückte er seine Hand auf meinen Mund und schob mich rückwärts in mein Zelt zurück. „Nicht so laut! Es könnte uns irgendjemand hören!", fauchte er wütend und auch zum teil nervös in mein Ohr.
Ich ließ mich nach hinten schubsen und blieb in der Mitte des Zeltes stehen. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, als mir sein Plan wieder durch den Kopf schoss. „Du bist verrückt Owen! Verrückt!" warf ich ihm gegen den Kopf und versuchte vor ihm groß zu wirken, was jedoch nicht funktionierte. Mit einem einzigen Knurren seinerseits zuckte ich so sehr zusammen, dass sich seine Mundwinkel leicht hoben und seine Augen spöttisch glitzerten.
„Woher willst du das wissen?", fragte er mich mit plötzlich ruhiger Stimme. Irgendwie war es unheimlich. Dann zogen sich seine Augenbrauen wieder zusammen und er setzte wieder das wütende Gesicht auf. „Wir müssen dort hin! Du glaubst gar nicht, wie wichtig das ist!"
„Wichtig sagst du? Du hast gar keinen Plan, wie gefährlich es im Wald ist!", knurrte ich und hätte am liebsten vor Wut gegen meinen Koffer getreten. „Die Medikamente tun dir kein Gefallen, Owen! Du führst dich auf wie ein totaler Idiot!" Mit diesen Worten schien ich einen wunden Punkt in ihm getroffen zu haben, denn sein Blick wurde mit einem Mal emotionslos und ich trat nervös einen Schritt zurück.
Owen sah mich einige Zeit an. Das einzige, was er tat, war blinzeln. Diese kleine Bewegung wirkte jedoch schon so bedrohlich, dass ich gleich noch mehr Abstand zwischen uns bringen wollte. Ich hörte seine Knöchel leise knacken, als er mit ihnen spielte. Anscheinend dachte er über meine Worte nach, was mich noch mehr verunsicherte. Schließlich schnaubte er laut und wieder legte sich ein dunkler Schatten über sein Gesicht. „Dann geh ich eben alleine", brummte er und warf mir einen vernichtenden Blick zu.
Ich sah ihn geschockt an. „Nein! Du wirst nicht alleine in den Wald gehen!", rief ich aufgebracht. Es war mir egal, ob uns jemand hörte oder nicht, doch der Freund meiner Tante zeigte mir weiterhin die kalte Schulter und wollte aus meinem Zelt gehen, um in den Freitot zu rennen. „Owen! Hast du mich verstanden?"
„Laut und deutlich", zischte er leise und beachtete mich weiterhin nicht.
Ich hatte die Nase endgültig voll und packte ihn grob an seinen Armen, um ihn wieder zurück zu ziehen. Das wütende Knurren neben mir versuchte ich gekonnt zu überhören und drängte ihn wieder zurück in die Zeltmitte. „Du wirst nicht in den Wald gehen!", fauchte ich ihn an und baute mich vor ihm auf. Meine Hand legte sich um sein Kinn und drückte es fest, während in mir alle Alarmglocken läuteten und die Wut langsam aber sicher an die Oberfläche gelang. Unsere Gesichter waren nur weniger Zentimeter voneinander entfernt und ich sah ihm in seine grauen, mittlerweile glanzlosen Augen. „Du wirst nicht gehen. Ich will dich nicht vom Waldboden abkratzen müssen, weil du dem Dinosaurier genau vor die Flinte gelaufen bist."
Finger legten sich um mein Handgelenk und drückten meine Hand weg von Owens Kinn. „Entweder du kommst mit oder du bleibst hier und wartest darauf, dass Claire und der Rest zurückkommt", sagte er mit einem dunklen Unterton, bei dem sich die Haare auf meinem Arm ungewollt aufstellten.
Ich schaute ihn einen Moment an. Was er vorhatte war dumm und undurchdacht. Er könnte in den Wald gehen und nie wieder zurückkommen. Wenn er alleine gehen würde, könnte ich die ganze Nacht lang nicht schlafen. Was sollte ich denn auch Claire sagen, wenn sie wieder zurückkommen würde? Was passiert, wenn General Allek dahinter kam? Aber wäre ich ihm denn überhaupt eine Hilfe oder würde ich ihm nur im Weg herumstehen und wieder Anfälle bekommen? Mein Kopf schien sich in diesem Moment zu überarbeiten und ich ging zu meinem Bett. Wie ein nasser Sack ließ ich mich auf die Matratze fallen und versuchte das Chaos in meinem Gehirn zu bändigen.
„Das heißt also, dass du hier bleibst?", fragte Owen leise und schaute mich mit schrägen Kopf an. Man konnte die Enttäuschung in seinen Worten deutlich hören und mir wurde mulmig.
Ich nickte im Wissen, dass dies nicht gut gehen würde. Es konnte einfach nicht gut gehen. Irgendwas würde passieren, was uns nur noch mehr auseinanderriss und es würde bald passieren, wenn nicht schon diese Nacht. Mein Magen begann sich zu drehen. Das Lager war diese Nacht zwar bewacht, doch es hatte weder einen richtigen Anführer, noch ein Experte, der sich mit Dinosaurier auskannte, wenn Owen nun auch noch in den Wald gehen wollte. Außerdem war er noch immer verletzt, sein Rücken machte ihm zwischendurch noch große Probleme. Er brauchte einfach meine Hilfe, er konnte nicht alleine gehen.
Das Geräusch eines anspringenden Motors riss mich aus den Gedanken und ich bemerkte, dass er nicht mehr vor mir stand, sondern verschwunden war. Ich erschrak und sprang von meinem Bett auf. So schnell ich konnte rannte ich aus meinem Zelt ins Freie und versuchte den Wagen auszumachen, den Owen benutzte. Das Knistern des Weges und die Scheinwerfer gaben mir die Antwort und ich lief direkt auf die Straße, bevor er mit dem Auto an mir vorbeifahren konnte.
In diesem Moment hörte ich die Reifen quietschen und ein grober Schlag traf mich an der Hüfte. Ich stöhnte auf, verlor mein Gleichgewicht und fiel in die weiche, sandige Erde. Das Dröhnen des Motors benebelte meine Ohren und ich hörte nichts mehr. Die Stimme im Hintergrund war leise und ich hob langsam den Kopf, um den Rest der Erde auszuspucken. Ich hustete kurz, krabbelte unter dem Auto hervor, werde von zwei Händen an den Armen gepackt und von dem Auto weggezogen. Mein Becken schmerzte und ich schaute zu dem Himmel entgegen, der den Vollmond in dessen voller Pracht zeigte.
Um mich herum wurde es plötzlich laut. Eine Stimme schien zu mir zu sprechen, doch ich verstand ihre Worte nicht. Hände legten sich an meine Wangen und hoben meinen Kopf, sodass ich in ein Gesicht sehen konnte, dass Owens kein bisschen ähnelte. Es war nicht er gewesen, der mich angefahren hatte, es war ein ganz normaler Soldat.
„Es tut mir leid", murmelte ich leise und stützte mich mit den Händen hoch, sodass ich im halb getrockneten Schlamm saß und meine ganze Uniform verschmutzte. Ich fuhr mir mit der Hand durch mein Gesicht und strich mir einige Haarsträhnen aus den Augen.
„Nein, es tut mir leid. Ich hätte besser aufpassen müssen", meinte nun der Soldat und legte seine Hand auf meine Schulter. Er bot mir noch etwas zu Trinken und zu Essen an, doch ich verneinte beides. „Du solltest lieber noch zum Arzt gehen. Nicht, dass du noch irgendetwas mit dem Becken hast."
Ich nickte langsam. „Ich werde es noch machen", sagte ich und versuchte so ehrlich wie möglich zu klingen. Zum Arzt gehen wollte ich nämlich nicht. Es gab Wichtigeres, um das es sich zu kümmern gab. Langsam kam ich wieder mit Hilfe des Soldaten auf die Beine und musste mir seine tausend Entschuldigungen anhören. Ich sagte immer wieder, dass ich nicht hätte auf die Straße rennen sollen, doch er verneinte es immer wieder. Als er schließlich weg war, schaute ich mich nervös um und hörte in der Ferne den Motor eines Autos. Es fuhr an mir vorbei und wie das Schicksal es wollte, war es Owen, der am Steuer saß.
Ich fluchte, versuchte so schnell wie es nur ging zu den Halteplätzen der Wagen zu kommen und schnappte mir ein Motorrad, dessen Schlüssel noch steckten. Am Boden lag ein Sturmgewehr, dass mich zutiefst an die Mission im Wald erinnerte. Mit klopfendem Herzen legte ich es mir um, steckte noch schnell ein weiteres Magazin ein und zog mir den Helm über, der auf der Sitzfläche lag. Ich schaltete den Motor ein und hörte hinter mir die wütende Stimme eines Soldaten, dem dieses Motorrad anscheinend gehörte. Es war mir egal. Auch wenn es schon über einem Monat her war, dass ich gefahren bin, gab ich Vollgas und raste mit der Maschine hinter Owen her, durch das Lager in Richtung Wald.
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