XL. Schwarze Schatten
Es ist einfach unglaublich, was in der letzten Woche alles passiert ist! Mir kam es wie ein Traum vor, als die Geschichte 10k Reads erreichte, aber das mit den Wattys hat echt alle Rekorde gebrochen! Ich danke wirklich allen, die mich bei dieser Reise unterstützt haben und wünsche Euch noch viel Spaß bei dem - lustiger Weise - 50. Kapitel.
Claires Sicht:
Lange bevor ich als Leiterin von Jurassic World anerkannt wurde, hatte man mir gesagt, was so wirklich jedem Mensch auf dieser verzweifelten Erde ins Gedächtnis gerufen wurde. Die Tatsache, dass ich diesen Räten erst mit Naivität begegnen und einige Zeit später hinter ihnen her betteln würde, wurde mir auch beigebracht. Meine Schwester hatte mich immer davor gewarnt, den Helden zu spielen, alle retten zu wollen und Frieden zu bringen. Sie war es, die mir sagte, dass es rein gar nichts brächte.
Und nun sah ich, wie sehr sie recht hatte. Ich sah es zwischen den ergrauten Gardinen, die das trübe Mondlicht nicht in den Raum ließen. Unter meiner Haut kribbelte es, so still war es. Die Menschen trauerten und sorgten sich um andere oder sich selbst. Es war ein Bild, welches man nur in apokalyptischen Blockburstern oder Dokumentationen über die Weltkriege sah. Und zu wissen, dass man einen Teil der Schuld trug, brachte mich aus der Fassung. Es lagen unglaublich schwere Gewichte auf meinen Schultern, die mich nur schwer atmen ließen. Die Panik vor dem Ersticken lag durchgehend in meinem Hinterkopf, als ich meine Hand in seine legte.
Owen schaute mich nicht an. Sein Blick war starr zur Tür gerichtet, die einen kleinen Spalt offen stand. Ich sah seine Finger zucken, doch loslassen tat er nicht. Vielleicht tat er es, um nicht wie ich in der Selbstschuld zu ertrinken, doch mein Gespür redete mir etwas anderes ein. Seine Augen fuhren wild zur Tür wieder zur mir zurück, dann fixierten sie den Boden.
„Du wirst deine wichtigsten Sachen zusammenpacken und das machen, was von dir verlangt wird", sagte er mir in einem Ton, den ich nicht zuordnen konnte. Seine Augen funkelten mich bedrohlich an. „Meine Sachen kannst du zurücklassen. Sie haben weder einen besonderen Wert, noch brauche ich sie dringend."
Ich nickte, doch ich verstand nicht recht, wieso er mir dies sagte. „Und was ist mit dir? Wo brauchen sie dich denn? Ich könnte mithelfen", meinte ich und versuchte, meine Stimme nicht zittern zu lassen. Es funktionierte jedoch nicht und es fühlte sich an, als hätten meine Stimmbänder letztendlich den Geist aufgegeben.
Zu meiner Überraschung fuhr sein Daumen leicht über meinen Handrücken, als sein Kopf sich ob und er mich mit seinen gebrochenen, blauen Augen musterte. „Nein. Ich habe etwas vor, was ich schon längst hätte tun sollen. Ich schäme mich dafür, dass ich es nicht schon früher versucht habe, doch jetzt ist der letzte Zeitpunkt. Wenn ich es jetzt nicht wenigstens versuche, dann werde ich niemals wieder ruhig schlafen können", flüsterte er mir zu und schaute in meine Augen. In seinem Blick lag so viel Schmerz, dass ich mich von ihm abwenden musste. Sofort bemerkte ich, wie meine Sicht verschwamm und das sich Licht schleierhaft über mein Sehfeld legte. Innerlich kämpfte ich gegen meine Tränen an und er schien es zu wissen. Denn als ich mich wieder zu ihm drehte, legten sich seine Arme um mich und drückten mich an seinen Oberkörper.
„Was hast du vor?", fragte ich ihn leise mit gedämpfter Stimme.
„Ich bin ehrlich. Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählen sollte." Im Inneren meines Brustkorbes vibrierte es, als er sprach und eine Gänsehaut legte sich über meine Arme.
Langsam schaute ich zu ihm hoch, sodass ich mit meiner Nasenspitze sein Kinn berührte und blickte ihn dabei aus großen Augen an. „Aber ich möchte, dass du es mir erzählst", sagte ich in einem verzweifelten Ton.
Er schien den Atem anzuhalten, als ich das brutale Schlagen seines Herzens wahrnahm. „Ich werde mich gleich hier aus dem Staub machen und du wirst hierbleiben", meinte er und schaute verblüfft, als ich ihn von mir wegschubste.
„Wie du willst dich aus dem Staub machen? Was zum Teufel hast du vor?" Ich ballte meine Hände zu Fäusten, als er sich wieder langsam auf mich zubewegte. Doch anstatt, dass er genauso wütend reagierte wie ich, seufzte er nur.
„Ich werde in den Wald gehen und Zach suchen", platzte es aus ihm heraus.
Ich starrte ihn mit offenem Mund an und ich vergaß für einen Augenblick zu Atmen. Dann begann mein Kopf wieder zu arbeiten. Er wollte in den Wald. Um Zach zu suchen? Ich legte meine Hand auf seinen Arm und schloss die Augen. Leise hoffte ich auf die Tränen, die ihn zum Nachdenken und zum Umentscheiden bringen würden, doch meine Augen blieben trocken. Es war anscheinend zu viel passiert, als dass ich nur eine weitere Träne weinen konnte. Er sollte nicht gehen – nicht alleine.
„Ich komme mit dir", sagte ich entschlossen, die Heiserkeit war mit einem Mal verschwunden und auch in mir glomm neue Hoffnung auf. Dass ich nicht daran glaubte, dass er überhaupt noch am Leben war, sagte ich nicht. Vielleicht wollte er seine Leiche finden, um sie Zuhause zu begraben und ich war froh, dass er auch das in Erwägung gezogen haben könnte.
Owens presste die Lippen aufeinander, als würde er mit allen Mitteln versuchen, mich von meinem Vorhaben abzubringen. Doch wieder seufzte er nur mit hängenden Schultern. „Du weißt, was hier los ist", sagte er. „Menschen sind gestorben. Getötet durch eine Bestie, die dem Teufel gleicht. Ich möchte nicht, dass du mit mir kommst. Meine Angst davor, dass du sterben könntest, ist viel zu groß. Ich will dich nicht verlieren." Ich sah die Tränen in seinen Augen, wie sie über den Damm brachen und vereinzelt über seine farblosen Wangen liefen.
Vorsichtig wischte ich sie ihm weg. „Er ist mein Neffe und er verdient es mehr als jeder andere, gefunden zu werden auf dieser gottverdammten Insel. Ich werde mit dir gehen", sprach ich, wobei Owen seinen Frust runterzuschlucken schien. Trotzdem nickte er.
„Dann sollten wir uns beeilen. Wir haben nicht mehr viel Zeit", sagte er und legte seine Lippen vorsichtig auf meinen Scheitel, bevor meine Stirn seine berührte und er leise zu flüstern begann: „Ich liebe dich."
Ich hatte Angst, auch nur einen einzigen Schritt falsch zu setzten und uns somit auffliegen lassen zu können. Erstaunt über Owens Ruhe und Konzentration, als wir in den Gängen der Krankenstation umherschlichen, fragte ich mich öfters, ob wir es nicht offiziell machen sollten, doch die Konsequenzen könnten zu groß sein. Was wäre, wenn sie uns hier festhalten würden? Würde Dalton das so einfach durchgehen lassen? Seitdem Owen mir von dem Verhalten des Mannes gegenüber ihm erzählt hatte, zweifelte ich stark daran, doch übelnehmen würde ich es ihm vielleicht gar nicht. Ich würde nur ungern mit ihm tauschen wollen und ich war mir ziemlich sicher, dass er unter massivem Druck stand.
Zwar war ich nur einige Sekunden kurz in Gedanken gewesen, doch ich merkte dabei, dass ich dringend besser aufpassen musste. Owen hielt meine Hand so fest, als hätte er Angst, ich könne abrutschen, aber ich war erleichtert, dass er mich nicht losließ. Gespannt schaute ich wieder hinter uns, in der Hoffnung, dass uns niemand aufhalten würde.
„Entspann dich", zischte Owen, schaute mich dabei jedoch nicht an. „Die Leute würden sofort sehen, dass du nervös bist. Du musst versuchen, ruhig zu bleiben."
Einfacher gesagt, als getan. Selbst als er meine Hand sanft zusammendrückte, konnte ich nicht zur Ruhe kommen. Schließlich schlichen wir uns aus dem Lager wie Teenager, die heimlich aus dem Haus schlichen, um auf eine Party zu gehen.
Aber selbst Owen schien deutlich entspannter, als wir durch einen der vielen Eingänge des Gebäudes schlüpften, ohne einmal gesehen zu werden. Ich war froh, dass uns niemand aufgehalten hatte – wer weiß, ob ich die nötige Ruhe gehabt hätte. Sicherlich hätte man es mir sofort angesehen, dass ich nervös war.
Draußen schlug uns ein frischer Wind entgegen. Dabei hatte ich beinahe schon vergessen, dass es auf den Herbst zuging. Mit eingezogenem Kopf drückte ich mit meiner freien Hand die Jacke enger an meinen Körper. Meine Haare stahlen mir manches Mal die Sicht, doch bevor ich sie auch nur aus meinem Gesicht wischen konnte, tat dies der Wind wieder für mich.
Meine Augen versuchten sich vergebens, an die Dunkelheit zu gewöhnen, die sich plötzlich um uns legte. Wir waren irgendwo hinter dem Gebäude und schlugen uns durch das Unterholz. Owens Schritte schienen sogar präzise, als wüsste er, wo er auftreten durfte und wo nicht. Ich hingegen stapfte durch die Büsche wie ein Trampeltier und fragte mich immer wieder, warum ich mitgegangen war. Ich fiel ihm nur zur Last.
„Hier irgendwo müsse sich ein Jeep verstecken", zischte er mit zusammengebissenen Zähnen, als unterdrückte er seine Wut. Ich hoffte nur, dass diese Wut nicht mir galt. „Toll, dass es so dunkel ist, dass man nicht einmal die Hand vor Augen sieht. Er ist mit einer Plane bedeckt, die ihn zwischen den Bäumen tarnen soll."
Genau in diesem Moment hörte ich ein Scheppern und Owens leises Fluchen. Wäre es nicht so eine ernste Situation gewesen, hätte ich geschmunzelt, vielleicht sogar gelacht. Er ließ meine Hand los und ich erstarrte. Der plötzlich kalte Wind an meinen gewärmten Fingern schreckte mich auf und ich unterdrückte ein lautes, hektisches Einatmen. Die Plane, die den Geländewagen bedeckte, knisterte leise und schien sich mit größter Mühseligkeit über das Dach des Fahrzeugs zu ziehen. Ich hörte nur einen dumpfen Schlag, als Owen das Auto freilegte, dann bat er mich, zu sich zu kommen. Als seine Hand sich auf meine Schulter legte, zuckte ich kurz zurück, atmete lange aus und ließ mich zur Beifahrertür geleiten. Nun wusste ich, dass es kein Rückzieher mehr gab. Unser Weg würde uns mitten in der Nacht in die Tiefes des Waldes bringen, in die Höhle des Löwen. Zu einem Monster.
Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und schloss leise die Tür. Die Stille im Auto verstärkte das Rauschen in meinen Ohren und ich hatte seltsamer Weise Angst davor, dass Owen mich alleine ließ. Ich wusste jedoch, dass er dies nicht tun würde und seine Nähe fühlte sich umso intensiver an, als er sich neben mich setzte und die Finger um das Lenkrad legte.
„Woher weißt du, dass sich der Wagen hier befindet?", fragte ich in mit vorsichtigem Ton.
„Ich wurde drauf hingewiesen", antwortete er monoton. Er zeigte mir einen Zettel, den ich in der Dunkelheit kaum erkennen konnte. „Ich weiß zwar nicht, von wem der ist, aber ich habe der Person vertraut und bin kurz nach der Versammlung hier her gelaufen, um zu sehen, ob er oder sie recht hatte."
Ein Ruck ging durch meinen ganzen Körper, als der den Motor zündete und losfuhr. Schon nach wenigen Sekunden hatte ich keine Idee mehr, wo wir waren, auch wenn die Lichter des Autos uns nicht ganz im Dunkeln tappen ließen.
Die Fahrt verlief schweigend. Ich besaß den Glauben, dass Owen mich die ganze Zeit wütend von der Seite betrachtete. Seine Finger hatten sich am Lenkrad festgekrallt, als würde er nur darauf warten, das riesige Maul und den tiefen Schlund zu erkennen, um rechtzeitig ausweichen zu können. Unter uns wurde der Boden jedoch uneben und wir wurden durchgeschüttelt, sodass ich kaum noch etwas erkennen konnte. Zwischenzeitlich hatte ich sogar das Gefühl, bewusstlos zu werden, doch ich kämpfte gegen an. Das letzte, was er brauchte, war eine bewusstlose Frau.
Plötzlich trat er auf die Bremse und das Auto kam in wenigen Sekunden zum Stehen. Ich versuchte irgendwas zu erkennen, doch ich sah nur die Dunkelheit zwischen den großen Bäumen lauern. Vorsichtig sah ich zu Owen herüber, dessen Brust sich stark hob und wieder sank. Als ich seinen Arm berührte, zuckte er zusammen und blinzelte mehrmals. Es kam mir so vor, als hätte er die Erinnerungen an diesen Ort wiedergefunden und nun holten sie ihn ein. Er schluckte, bevor er mich ansah und beugte sich zu mir rüber, um zwischen unseren Sitzen den Rücksitz erreichen zu können. Ich hörte das Klicken eines Magazins, dann lief es mir kalt den Rücken runter.
„Warte hier. Ich seh' draußen nach", sagte er leise und öffnete die Fahrertür. In seiner Hand hielt er eine Waffe, die um einiges größer war, als eine normale Pistole.
Sofort hielt ich ihn an der Schulter fest. „Wieso hältst du hier?", fragte ich ihn.
„Ich habe hier den Raptor erschossen. Bleib sitzen, ich bin gleich wieder da." Seine Stimme war leise und ich konnte förmlich seine Konzentration spüren, als er sich aus dem Auto wagte und mit langsamen Bewegungen seine Umgebung erkundete. Ich hatte ein schreckliches Gefühl bei dieser ganzen Sache. Wir spielten gerade mit unserem Leben, um Zach zu suchen. Mein Kopf projizierte Szenarien, die einem nur in Alpträumen begegneten. Ich stellte mir vor, wie irgendwas zwischen den Bäumen uns beobachtete, bereit Owen anzugreifen. Die schimmernden Klauen und spitzen Zähne, die ihn überfielen und seine Haut von den Knochen rissen, die nach kurzer Zeit brechen und splittern würden. Und er würde schreien, laut schreien. Während er seine Todesangst und höllische Schmerzen durchlitt, würde ich im Wagen sitzen und weinen.
Ich holte tief Luft, als sich mein Magen auf das gefühlt Zehnfache verkleinerte. Ohne wirklich nachzudenken, öffnete ich die Tür und übergab mich auf dem Waldboden. Zwar versuchte ich so leise wie möglich zu sein, doch die Galle brannte in meinem Hals, was mich zum Husten und Würgen brachte.
„Claire!", rief Owen aus der Ferne und ich stieg aus dem Wagen aus. Es war mir egal, dass meine Galle mir nun an den Schuhen kleben musste. Ich wollte nur zu ihm und in seiner Nähe sein. Kaum hatte ich mich versehen, zog er mich wieder auf die Beine und drückte mich an seinen Körper. Sein schnell schlagendes Herz, beschützte mich zwar vor einer weiteren Panikattacke, doch die wirren Ereignisse, die sich mein Kopf ausdachte, blieben. Ich spürte seine trockenen, rauen Lippen an meiner Stirn, als er sie küsste.
Dann verkrampfte er sich mit einem Mal.
„Da ist etwas", flüsterte er in mein Ohr und ich drückte mein Gesicht gegen seine Brust, um nicht laut zu wimmern. „Es steht nur einige Meter von dem Wagen entfernt. Jetzt ist es wieder verschwunden. Ich habe keinen Plan, was das war. Du wirst gleich mit auf der Fahrerseite einsteigen. Hast du mich verstanden?"
Ich nickte, zu etwas Anderem war ich in dieser Sekunde auch gar nicht fähig gewesen. Langsam setzten wir uns in Bewegung und erreichten schnell das Auto. Ich hob nur zögernd den Kopf und begann zu zittern, als ich zwischen den Bäumen nichts erkennen konnte. Es war einfach zu still für einen Wald voller Geheimnisse. Die größere Frage war jedoch, ob Owen sich vielleicht verguckt hatte und wenn nicht, wo der fragliche Schatten geblieben war.
Gerade als ich es über den Fahrersitz geschafft hatte, ließen seine Hände mich los und in meine Ohren drangen dumpfe Schläge. Ich wirbelte herum und sah mir die Tür entgegen fallen, während das Auto abgeschlossen wurde. Ein Schatten huschte vor dem Auto herum und mit vor Schreck geweiteten Augen erkannte ich, dass er sich auf dem Boden windenden Owen stürzte.
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