IX. Hinter dem Rolltor
Claires Sicht
Nach einer langen Zeit kamen wir am Südtor des Lagers an und Lowery hatte recht: Es war nicht nur offen, sondern dort stand auch kein einziger Soldat.
Wir konnten einfach durchfahren und das Lager hinter uns lassen, doch Owen ließen wir auch zurück, was mich ängstlich werden ließ.
Mein Kopf dröhnte noch immer und die Ansicht, dass der Typ versucht hatte, mich zu vergewaltigen, ließ mich noch immer zittern. Ich wollte es irgendwie nicht wahrhaben, dass dies passiert war. Außerdem wollte ich es nicht Owen erzählen. Da wir den Typen im Kofferraum liegen hatten, konnten wir ihn entweder General Allek oder meinem Freund ausliefern. Der Unterschied war jedoch nur, dass er entweder gefeuert oder umgebracht werden könnte. Owen würde nicht zimperlich mit ihm umgehen. Meine größte Angst war jedoch, dass er das gleiche mit dem Typen machen würde, was er mit mir gemacht hatte. General Allek würde ihm umbringen lassen, wenn er dies bringen würde.
Wir fuhren in den dichten Wald hinein und ich hatte ein unwohles Gefühl. Die Wege waren mit Gräsern und Gebüschen zugewachsen, die Bäume hingen tief herunter und die Blätter und Äste kratzten über das Autodach. Eine Gänsehaut legte sich bei diesem Geräusch über meine Arme und ich schaute angespannt aus dem Fenster.
Ich konnte jedoch außer der Schwärze und den Blättern nichts erkennen.
"Bist du dir sicher, dass es der richtige Weg ist?", fragte ich vorsichtig, da ich Angst hatte, Lowerys Kenntnisse in Frage zu stellen.
"Ja, wir sind auch schon gleich da", murmelte er und kniff die Augen zusammen. "Wir müssen noch ein gutes Stück gehen, sonst wissen sie, dass wir da sind."
Ich nickte und mir wurde wieder mulmig. Lust, wieder durch die Nacht zu laufen und Angst zu haben, hatte ich nicht. Ich wollte wieder nach Hause in meine kleine, aber bescheidene, Wohnung und mich wieder in mein kuscheliges Bett legen. Nach dem ganzen Auf und Ab der letzten Wochen wollte ich nicht mehr die Parkbesitzerin sein, auch wenn ich den Beruf ausführte, den ich mir schon immer gewünscht hatte. Ich wollte ohne Probleme leben und nicht mit dem Gedanken mehr aufstehen, dass wegen meiner ungenügen Kontrolle Menschen gestorben waren. Es war ein Unfall, dass der Indominus ausbrechen konnte, doch wir hatten garantiert, dass wir für die Sicherheit aller sorgen.
Ich ließ mich seufzend in den Sitz sinken und wollte versuchen die Fahrt zu genießen, doch der Jeep blieb stehen und Lowery schaltete den Motor ab. Die Lichter erloschen und wir fanden uns im völliger Dunkelheit wieder.
Lowery atmete laut aus und ich konnte hören, wie sich sein Kopf zur Seite neigte. "Wenn du nicht mitkommen möchtest, kann ich es voll und ganz verstehen. Du bist verletzt und brauchst ne Pause-"
"Denkst du wirklich ich will mit diesem Typen alleine in der Dunkelheit verbringen, während du vielleicht dort erwischt wirst und sie dich ins Koma prügeln", fuhr ich ihn an und legte meine Hand unter sein Kinn, in der Hoffnung, dass es überhaupt sein Kinn war. "Ich werde mit dir gehen, dann fühle ich mich sicherer."
Lowery sagte nichts. Trotzdem konnte ich schwören, ihn schnaufen gehört zu haben. Ihm schien es vielleicht nicht so sicher zu sein, wenn ich mitkommen würde, aber niemals könnte ich alleine mit einem Typen sein, der mich fast vergewaltigt hätte - auch wenn er zu geklebt wie ein Packet im Kofferraum lag.
Lowery griff mit einer Hand hinter sich und zog eine der Waffen hervor. In mir bahnte sich ein übles Gefühl an, als er mir auch eine Pistole in die Hand drückte. Zwar hatte ich gelernt mit größeren Waffen umzugehen, doch ich bevorzugte die kleineren Waffen, da ich besser mit ihnen umgehen konnte.
Wir stiegen aus dem Auto aus und ich nahm vor Angst Lowerys Hand. Er drückte sie fest und wollte mir sagen, dass alles gut werden würde... hoffte ich, denn ich wusste ganz genau, dass er auch Angst hatte.
Ohne eine Lampe stolperten wir einen fast gänzlich zugewachsenem Weg entlang. Das einzige, was uns half, war das Licht in der Ferne. Es waren Scheinwerfer, die auf einem Gebäude befestigt waren.
Ich erinnerte mich an dieses Gebäude, das eigentlich dafür gemacht war, Menschen zu beschützen, wenn es komplett drauf und drunter gehen würde. Wir hätten es jedoch nicht für den Indominus-Angriff benutzen können. Zwar war es ein Bunker mit mehreren Räumen, doch niemals hätten dort zwanzigtausend Menschen hin eingepasst.
Als wir näher kamen, hörte man leises Fauchen, Geschnatter und auch Brüllen, welches sich eher nach einem wütenden T-Rex anhörte. Doch niemals hätte ich die Soldaten dazu überredet bekommen, den T-Rex am leben zu lassen. Trotzdem konnte dieser ganze hungrige Schwarm gefährlicher sein, als drei T-Rex' zusammen.
Und Owen wusste nichts von ihnen. Er dachte, dass sie alle Dinosaurier getötet hatten, doch General Allek war ein eiskaltes Arschloch, dass jede Chance ausnutzte. Somit haben sie die armen Flugsaurier jeglicher Art in diesem Gebäude eingesperrt. Sie wollten die Tiere als Kampfdrohnen benutzen. Kleine, schnelle und voralldingen tödliche Tiere mit Sender auf dem Rücken. Sie würden gezeigt bekommen, wer ihre Opfer sind und sie würde sie bist auf die Knochen zerfleischen. Sie würden wie eine Seuche über den Feind herfallen und nur einen Friedhof zurücklassen.
Dadurch, dass die ganze Welt dachte, die Dinosaurier seien ausgestorben, wäre der Überraschungseffekt in der Schlacht größer. Das hatte General Allek gesagt und ich hätte ihm in diesem Moment am liebsten ins Gesicht gespuckt.
Es war das gleiche mit Hoskins gewesen. Er wollte die Raptoren als Kampfdronen genutzen, er wollte den Indominus in Mini-Version als Kampfdrohnen benutzen. Er hatte nicht verstanden, dass die Tiere künstlich zum Leben erweckt wurden und hat sie als Spielzeug der Menschen gesehen. Und die Raptoren hatten bei der Mission den Indominus zu tötet, viele Menschen vernichtet. Man hatte gesehen, wie schnell sie manipuliert werden konnten und die Seite wechselten. Doch sie blieben letztendlich auf unserer Seite. Wenn nicht nur Blue übrig gewesen wäre, hätten wir sie jedoch nicht mehr verstecken können. Sie wären irgendwann gefunden worden, wie jeder andere Dinosaurier auf dieser Insel.
Plötzlich riss mich Lowery zu Boden und drückte mich in die staubige Erde. Ich verharrte in der Position und traute mich nicht einmal, leise zu atmen. Meine Gedanken drehten sich wie verrückt und ich hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt dafür, dass ich so abgelenkt war. Ich musste gerade in diesem Moment einen klaren Kopf bewahren und durfte nicht über anderen Sachen nachdenken.
Lowery ließ mich los und hob den Kopf. "Komm, schnell!", zischte er mir zu und zog mich wieder auf die Beine. "Sie hätten uns fast entdeckt."
Ich versuchte so leise wie möglich aufzutreten und schaute zum Gebäude herüber. An den Mauern stand eine Gruppe von Soldaten, die sich unterhielten. Ich hoffte zutiefst, dass es nicht mehr von ihnen gab, denn sonst hätten wir große Schwierigkeiten.
Einige Meter von ihnen weg, war ein kleiner Glaskasten an das Gebäude angebaut. Es war sogesagt das Wachhaus, da man nicht nur alle Räume über Kamera betrachten konnte, sondern dort auch der Knopf war, um das große Rolltor zu öffnen.
Ich legte beide Hände um meine Pistole und berührte mit einem Finger den Schalter zum Entsichern. Sobald einer der Soldaten auf uns zu kommen würde, könnte ich entweder auf Lowerys Zeichen warten oder von selbst meine Waffe entsichern und losschießen. Doch ich war nicht bereit einen Soldaten zu erschießen, der sich nicht freiwillig hier aufhielt. Er hatte sicherlich Frau und vielleicht auch Kinder, um die er sich zu kümmern hatte.
Leise schlichen wir uns um die Gruppe herum zum Anbau und versuchten irgedwie zu sehen, ob jemand darin war. Den Vorschriften nach musste immer ein Mensch dort sein, um im Notfall handeln zu können. Es saß auch ein Mann dort auf einem Stuhl und schien ununterbrochen auf die Monitore zu starren, doch es sah nur im ersten Moment so aus. In Wirklichkeit hatte er seinen Kopf auf dem Tisch abgestützt. Ob er schlief oder nicht, konnte man nicht sehen, doch sie schienen es uns einfacher zu machen, als wir eigentlich wahrhaben wollten.
Leise ging Lowery aus den Büschen hervor. Ich wartete noch einen Augenblick, bevor ich ihm folgte, denn irgendwie kam mir wirklich alles zu einfach vor. So schnell und gleichzeitig so leise ich konnte, kam ich hinterher und wir betraten den Glaskasten.
Das Licht der Monitore brannten unangenehm in den Augen und ich konnte mir vorstellen, dass es kein schöner Beruf war, den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen und den Wald zu beobachten.
An der Wand war ein kleiner durchsichtiger Kasten, in der Größe einer Butterdose. In drinne lag der rote Knopf, den ich drücken musste, damit die Tore sich öffneten, doch bevor ich dies tun konnte, hörte ich ein Klicken hinter mir und wirbelte herum.
Der Typ war aufgewacht, doch Lowery hatte schon seine Waffe auf ihn gerichtet. Daher kam auch das Klicken.
Beruhigt drehte ich mich wieder um und öffnete den Kasten. Mir ging dabei noch einmal durch den Kopf, was ich damit verursachen könnte, doch es war schon zu spät.
"Was habt ihr vor?", fragte der Typ uns und bekam die Waffe gegen den Kopf gedrückt, woraufhin er eine Art Wimmern von sich gab.
Ich sagte jedoch nichts. Ehrlich gesagt, viel mir auch gar nichts ein, was ich sagen könnte. Niemals hätte ich sagen dürfen, dass wir Owen helfen wollten. Also drückte ich einfach auf den Knopf und versuchte mein rasendes Herz zu beruhigen.
Ich hörte, wie sich das Rolltor begann zu bewegen und die Männer zu schreien begannen. Lowery packte meine Hand und zog mich mit sich, während ich versuchte auf den Beinen zu bleiben, so sehr zitterten sie.
Plötzlich knallte es laut. Die Soldaten schossen auf die Flugdinosaurier, die sich hoch in die Luft erhoben. Der Schwarm war so groß, dass er den Mond verdunkelte und uns nichts mehr sehen ließ.
"Dahinten sind welche!", rief plötzlich einer der Soldaten und ich zuckte vor Schreck zusammen.
Lowery spornte mich noch weiter an, doch meine Lungen brannten höllisch. Wir wurden von den Soldaten verfolgt und rannten blindlings durch den Wald. Ich konnte nur noch hoffen, dass es nicht falsch war, was wir getan hatten.
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