Kapitel 26 Cecilia
Der Schnitt war nicht sehr tief, jedoch blutete er noch immer ein wenig. Crezlo hechtete die Treppen herunter, um Wasser zu holen. Als er wieder nach oben kam, war er außer Atem. Er hielt mir ein nasses Stoffstück entgegen. Dieses legte ich mir an den Hals. "Was wollte der Typ von dir?", fragte Crelzo. "Er kennt mich und ich bin eine gesuchte Mörderin. Er will mich ausliefern." Ungläubig blickte er mich an. "Das kannst du uns gleich alles nochmal in Ruhe erläutern." "Genau, dir und deiner Mutter! Von wegen 'Vertrau mir'!" "Sie hat es aus mir rausgequetscht. Außerdem weiß sie nur, dass du Cecilia heißt und von dieser Burg kommst, also aus höheren Ständen." "Schon zu viel!", meine Augen füllten sich schon wieder mit Wasser. "Ach Mist, ich hätte niemals zurückkehren sollen! Wegen eines kleines Buches hängen mir jetzt die Jemoys am Rücken, und da ich entdeckt wurde auch noch die Finspers!" Ich schlug meine Hand vor den Mund. Was ist los? Es ist mir rausgerutsch! Hoffentlich fragt er nicht nach! "Buch?", fragte Crezlo, wie auf Kommando. "Ich dachte ich soll euch alles erzählen, also brauchst du jetzt auch nicht fragen. "Und ich dachte du willst nicht, dass meine Mutter alles erfährt." Warum kann er immer so gut kontern, dass er ständig bekommt was er will? "Also gut, ich erzähle es dir, aber nachdem wir mit deiner Mutter geredet haben." "Einverstanden." "Wann wollte sie nochmal kommen?" "Jetzt!", ertönte eine Frauenstimme. "Jetzt", bestätigte Crezlo.
Crezlo und seine Mutter saßen nebeneinander vor mir. Seine Mutter blickte mich an. "Also Cecilia, zuerst muss ich mich entschuldigen. Ich hätte Crezlo nicht dazu bringen sollen dein Geheimnis zu verraten, aber ich war so neugierig." Mein Blick wanderte von ihr zu Crezlo und zurück. "Aber da ich es jetzt eh weiß, kannst du mir vielleicht auch alles erzählen?" Ich murrte. Ich wollte nicht. "Eigentlich möchte ich nicht", sagte ich ehrlich. "Cecilia, bitte, ich bin sicher", ihre Hand wanderte an meine Wange und sie streichelte sie. Ich zog meine Kopf weg. "Hört auf mit diesem 'Ich kann dir helfen'! Keiner kann mir helfen, keiner!" Es nervt. Sie machte ein trauriges Gesicht und ließ ihre Hand langsam sinken, wobei sie den Stofffetzten absichtlich zur Seite strich. "Was war das? Wer war das?", fragte sie. Ich antwortete so knapp ich konnte: "Max mit einem Messer." "Warum?", wollte sie wissen. Solangsam begann ich vor Wut zu kochen. "Ihr werdet mich nie in Ruhe lassen oder? Egal wie genervt ich bin oder wütend." Beide nickten und in diesem Moment sah Crezlo seiner Mutter sehr ähnlich. Beide hatten ein großes breites Lächeln und ein Muttermal am rechten Auge. "Also gut. Ich erzähle euch alles. Die ganze Wahrheit, aber wenn ich rauskriege, dass ihr es irgendjemand anderem erzählt habt, dann wars das mit Vertrauen!" Ohne ein Wort nickten beide. "Wie Crezlo schon weiß, wurden meine Eltern, die Herrscher der Sommerwiesen, verbannt..", und dann erzählte ich ihnen die ganze Geschichte. Keiner von ihnen fiel mir ins Wort, lachte oder verzog auf irgendeine andere Weise das Gesicht. Bis ich geendet hatte. Dann schüttelte Crezlo's Mutter den Kopf und Crezlo legte mir eine Hand auf die Schulter. "Jetzt wird alles gut, Cecilia. Da bin ich mir sicher." Er lügt. "Das stimmt nicht und das weißt du auch!" Er schaute zuboden. "Vielleicht ja, aber zusammen sind wir stärker als Max." "Da sind ja mehr als nur Max. Wenn er mich erkennt, dann werden es sämtliche andere auch tun. Ich habe hier gelebt seit ich geboren wurde." "Das stimmt. Dann musst du wieder von hier weg. Das hast du doch schon einmal geschafft!", schlug die Frau vor. Ich will das Buch haben, sonst wäre jedes Risiko umsonst gewesen! Crezlo schien es zu bemerken, dass ich Sahena nicht verlassen wollte. "Mutter", sagte er, "es ist Cecilia's Zuhause. Wo soll sie denn sonst hin?" "Zu ihren Eltern", entgegnete sie knapp. Ich winkte ab. "Nein, die Jemoys würden was auch immer machen, wenn ich da wieder auftauche. Ich kann auch dort nicht sicher Leben." "Dann geh zu Hensk!", erwiderte sie. Crezlo rollte mit den Augen. "Mutter, Hensk ist wütend auf sie. Was, wenn er sie nicht wieder aufnimmt?" "Dann denkt euch halt etwas anderes aus", sagte sie und stand auf. "Ich gehe jetzt. Es gibt Arbeit zu erledigen und ich möchte nicht streiten."
Als sie gegangen war und ich sicher war, dass sie weit genug von dem Haus entfernt war, nahm ich den Fetzten von meinem Hals und warf ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Langsam rutschte er von ihr herunter und hinterließ einen nassen Strich an ihr, bis er letztendlich auf dem Boden landete. Dann spang ich ein paar Mal in die Luft und knallte dann mit den Füßen auf den Boden. "Aaaahhhh", brüllte ich. Solange bis es nurnoch verzweifelt klang. Dann atmete ich durch. Endlich war ich meine Wut los. Crezlo, der sich alles seelenruhig angeguckt hatte fragte daraufhin: "Cecilia, ist alles in Ordnung? So habe ich dich noch nicht erlebt." Ob alles in Ordnung ist? "Entschuldige. Ich war einfach wütend. Auf mich, auf Hensk, auf deine Mutter, auf Max, einfach auf jeden. Wird nicht wieder vorkommen. Versprochen!" "In Ordnung", nahm er meine Entschulding an. "Erzählst du mir jetzt noch von deinem Buch ohne einen Wutanfall, Heukrampf oder anderes zu bekommen?" Kaum ist seine Mutter weg, muss er natürlich fragen. Immer er. Was interessiert es ihn? Trotzdem muss ich es ihm erzählen, verdammt. Ich brauche sein Vertrauen! "Also gut. Als ich klein war haben meine Eltern über die Sommerwiesen regiert. Eines Tages kam Leonard. Er kämpfte zwei Wochen gegen uns. Zuerst sah es so aus, als würden wir gewinnen, aber je länger der Krieg dauerte, desto aussichtsloser wurde es. Wir haben verloren. Leonard riss die Macht an sich und verbannte meine Eltern und zwang meine Großmutter im Dorf zu leben." Seine Stirn zog Falten. "Warum hat er deine Großmutter nicht auch verbannt?" "Er hatte Angst, dass meine Eltern auf irgendeine Weise angreifen und ihre Macht zurück haben wollen. Er behielt sie als Geisel und schwor sie zu töten, sobald meine Eltern einen Finger gegen ihn krümmten. Und um zu zeigen, dass er seine Drohungen wirklich werden lässt, ließ er alle Bücher, die meiner Großmutter gehörten aus der Bibliothek holen und auf einen Haufen werfen. Dann hat er sie verbrannt. Ich habe zugesehen. Mir taten all die Bücher Leid, deshalb bin ich hingerannt und habe ein Buch gerettet. Niemand hat mich daran gehindert." Crezlo schaute mich mit großen Augen an. "Das ist mutig." Ich nickte. "Vielleicht, aber es hatte auch seinen Preis." Ich schob meinen rechten Ärmel hoch und die Brandnarbe wurde sichtbar. "Oh", war das einzige, was Crezlo zustande brachte. "Egal", versicherte ich ihm. "Jedenfalls habe ich ein Buch gerettet. Es war das Tagebuch meiner Großmutter oder zumindest stand das im Inneren. Aber anstatt Erlebnisse zu schildern stand an jedem Tag ein Gedicht. Ich habe es zuerst für wertlos gehalten, bis ich in Hallernfeste auf Vincent traf. Er meinte, dass dieses Buch Leonard gehört hatte. Dass diese Gedichte aus Persien kommen, was durchaus sein kann, da ich keines von ihnen kannte. Außerdem meinte er, dass man somit beweisen könnte, dass Leonard keinen Anspruch auf den Thron hat." "Das scheint tatsächlich ein wertvolles Buch zu sein. Ich frage mich nur, warum dann Tagebuch deiner Großmutter drauf stand, wenn es Leonard gehört haben soll?" Darüber habe noch garnicht nachgedacht. "Ich habe keine Ahnung." "Und du willst jetzt das Buch, weil du Angst hast, dass Vincent es findet." Ich nickte. "Und weil es meiner Großmutter gehört hat." "Das kann ich mir vorstellen. Und ich glaube, ich habe einen Plan!"
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