Kapitel 10 Vincent
"A, B, C..., R, S", murmelte ich. Bei S blieb ich stehen. Ich suchte an der Stelle und fand tatsächlich ein Buch mit dem Titel Sahena. Ich zog es aus dem Regal heraus und schlug die letzte Seite auf. Dort war eine Karte abgebildet. Der Weg bis Sahena war lang und führte durch einen großen Wald. Das könnte für die Ritter zwar einfach werden, aber all die Karren würden dort nicht durchkommen. Wir müssen also um den Wald herum. Das würde vermutlich zwei Wochen dauern - mindestens. Die Hauptsache war aber, dass wir diese Burg einnahmen, bevor die Feinde zu uns kommen würden. "Hier ist eine Karte", sagte ich an Ensfried gewandt. Er blickte zu mir herüber und nickte kurz. "Seit ihr sicher, dass ihr das wirklich tun wollt, Mylord?", gab er zu bedenken, "ich meine ihr hab keine Beweise dafür, dass die Finspers überhaupt keinen Anspruch aif den Thron haben!" "Macht euch keine Sorgen", beruhigte ich ihn, "die Beweise sind in der Burg! Außerdem habe ich viele Verbündete." "Das kann sein, aber bitte bedenkt, dass ihr gerade erst den Thron bestiegen habt. Wollt ihr wirklich so schnell euer Volk verärgern?" Ich hasste es, wenn er das sagte. "Bitte hört auf mit diesem Unsinn." Und damit irgnorierte ich ihn und suchte weiter nach Karten.
Nach einiger Zeit hatte ich knapp ein dutzend Karten zusammen, die als ich sie verglich teilweise Unterschiede aufwiesen. "Ich denke wir sind fertig", sagte ich zu Ensfried. Ich stand auf und ging zur Tür. Ich öffnete sie und ging mit Ensfried zurück in den Rittersaal. Dort traf ich auf Banpo. Er war gerade dabei die Tafel zu decken. Vermutlich würde es bald etwas zu essen geben. Banpo tat mir leid. Er war der einzige, der hier das Essen regelte. Er kochte, deckte die Tafel, räumte ab und spülte. Ich grüßte ihn also kurz und breitete dann auf der großen Tafel die Karten aus. Dann wendete ich mich an Ensfried: "Seht. Ich würde hier herum reiten", ich zeigte auf einen Weg, der knapp neben dem Wald verlief, "und dann in der Deckung dieser Berge angreifen." Ensfried sah mich mit mürrischem Blick an und alles war er sagte war ein gequältes: "Ja." Zufrieden ging ich aus dem Raum.
Auf dem Hof traf ich außnahmsweise keinen an und da ich nichts zu tun hatte ging ich zuerst zu meinem Pferd. Ich hatte es Weitenwind getauft, weil es mich zuverlässig und schnell zum Ziel brachte. Weitenwind stand dort angebunden an einen Baum. Als ich kam wieherte er sanft. Ich strich ihm durch die Mähne: "Na, mein Guter? Wie geht's dir?" Ich bückte mich kurz und nahm einen Apfel aus einem Korb. Weitenwind nahm ihn sanft mit dem Maul und kaute ihn genüsslich. Ich war froh, dass ich ihn gerettet hatte. Er wäre damals fast erfroren und war abgemagert. Doch ich hatte gegen das Wort meiner Eltern ihn auf die Burg mitgenommen. Seitdem habe ich ihn so lieb gewonnen, dass ich ihn nie verlieren will. Ich presste mein Gesicht in sein Fell und atmete einfach. Als ich mich von ihm gelöst hatte, beschloss ich in die Bibliothek zu gehen, um ein wenig Kriegslehre zu studieren.
Neben mir stand ein Stapel aus zehn Büchern, die mir wichtig erschienen. Im ersten wurde erklärt in welcher Reihenfolge die Reiter am besten angriffen. Das zweite gab Auskunft über alte Schlachten und wie sie gewonnen und auch verloren wurden. Das dritte Buch war sehr spannend und wichtig für mich. Es berichtete über das, was ein König machen muss, wenn er sich für den Krieg entscheidet. Eigentlich ist das doch total absurd, dachte ich. Ich wollte keinen Krieg, ich wollte Frieden und Gerechtigkeit. Eine Weile lang, dachte ich über frühere Revolutionen nach und darüber, wie sie entstanden waren. Alles klang immer so einfach - aber das war es nicht! Meine Revolutionsanhänger waren von peinlicher Zahl und meine Gegner waren abertausende Krieger. Wie sollte ich diesen Kampf gerecht gewinnen?
Ich musste eingenickt sein, denn als ich die Augen wieder öffnete war der Stapel um mich herum verwüstet. Ich konnte mich nicht daran erinnnern selbst dieses Chaos verursacht zu haben. Plötzlich hörte ich, wie ein Buch in eines der Regale zurück gelegt wurde. "Ensfried, seit ihr hier?", fragte ich in die Leere. Ich bekam keine Antwort, wie ich es erwartet hatte. Ich stand auf und ging in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Dann bewegte sich zu meiner linken etwas. Langsam ging ich in die Richtung und da, zwischen den Regalen stand mein kleiner Bruder. "Du hattest Angst, du hattest Angst!", sagte er fröhlich. "Na komm mal her", erwiderte ich und er kam in meine Arme. "Was machst du hier?", fragte ich ihn. "Ich will spielen!", forderte Michel. Ich überlegte, denn eigentlich hatte ich jetzt keine Zeit für ihn. "Kannst du nicht mit den anderen das Kämpfen üben?" "Aber das habe ich schon den ganzen Tag gemacht!", schmollte er. "Na gut", gab ich nach, "in einer halben Stunde können wir etwas zusammen machen. Im Ordnung?" Er blickte mich zufrieden an. Seine Augen funkelten vor Vorfreude. "Kann ich solange dabei sein, wenn du studierst?", fragte er. Aber das ging mir wirklich zu weit. "Nein. Bitte geh nach draußen, sonst werde ich niemals fertig." Michel war zwar enttäuscht, sagte aber nichts mehr. Er lies seinen Blick noch einmal über die Bücher gleiten und ging dann nach draußen. Ich konnte ihn verstehen. Fast als einziges Kind hier auf Hallernfeste hatte er größtenteils Langeweile. Doch ich hatte ein Amt und konnte ihn nicht von morgens bis abends bespaßen. Und jetzt gerade war es wichtiger diese Bücher zu studieren. Also begab ich mich wieder zurück an meinen Platz und nahm das vierte Buch zur Hand. Es handelte von Waffen und wie man sie am besten verwendet. Doch auf einmal hörte ich wieder ein Geräusch. Es kam von ein paar Regalen weiter weg, es konnte nicht Michel sein und Ensfried auch nicht. Wer dann?
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