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15. Kapitel - Dein letzter Atem

Der Kuss ist hart und leidenschaftlich und es liegt nichts der warmen Sanftheit darin, die ich zuvor angedeutet habe. Henry drückt mich mit seiner Hüfte gegen die Tür in meinem Rücken und allein das Gefühl seines Unterleibes an meinem versetzt mich in schwindelerregende Sphären. Ich spüre den Druck seiner Zunge in meinem Mundraum, die kontrolliert und dominant mit meiner tanzt und seine kühlen Finger, die über meinen Hals hinab zu meinem Schlüsselbein streichen lassen mich wohlig erschaudern, noch im selben Augenblick, in dem Henry seinen Mund von meinem löst und seine Lippen dann unterhalb meines Kiefers zu einem Band sanfter Küsse ansetzen. Sachte und beinahe samtig weich fährt er über meine empfindliche Haut und ein leises Seufzen entflieht mir, noch bevor ich die Kraft aufbringen kann, es zu unterdrücken. Ich fühle, wie er an meinem Hals leise lächelt und das gefällt mir nicht. Den Kopf neigend mache ich mich daran, es ihm gleich zu tun: Vorsichtig küsse ich seinen Nacken - hinab bis zu dem Kragen seines weißen Hemdes. Der helle Stoff gleitet glatt durch meine wollenden Finger, deren leises Zittern ich nur mit Mühe kaschieren kann, als ich den oberen Knopf vorsichtig öffne, dann den zweiten und den dritten.

Henrys feste, gut gebaute Brust, die im verregneten Licht des Mondes jenseits der Fenster wie zu Leuchten scheint, erstreckt sich vor mir und ich spüre merklich, wie sich seine Muskeln unter meiner Berührung anspannen, als ich mit den Fingern über seine helle Haut streiche. Etwas zu lange wohl lasse ich meine Augen über die markante Definition seiner Brust und seines Bauches wandern, denn Henry lacht leise, doch bevor er zu einer spöttelnden Bemerkung ansetzen kann, habe ich seine Lippen mit meinen verschlossen und das Spiel unserer um den Sieg kämpfenden Zungen fortgesetzt - nur kurz - um dann meinen Mund nun meinerseits an seinem Nacken entlang hinabwandern zu lassen. Meine Finger streichen über seine Arme, die noch immer in den hochgekrempelten Ärmeln seines Hemdes stecken, als meine Lippen den Übergang zu seinem definierten Bauch erreichen, wo eine schmale dunkle Haarlinie in dem Bund seiner schwarzen Anzughose verschwindet. Fast knie ich vor ihm, als meine Lippen zart darüber streichen und irgendwo über mir höre ich, wie Henrys Atem merklich schwerer wird. Seine großen Hände streichen über meinen Nacken und greifen in meine hochgesteckte Frisur, von der gleich sicherlich nicht mehr viel übrig sein wird, haken sich darin fest, wie an einem Rettungsanker. Ein gerauntes Vibrieren klingt durch den Raum und ich brauche eine Sekunde um zu realisieren, dass Henrys Kehle sein Ursprung ist.

Doch in dem Moment, indem ich nach der silbernen Schnalle seines dunklen Ledergürtels greife, spüre ich einen harten Griff an meinem Kinn und er zieht mich ruckartig, aber sanft nach oben. „Willst du es mir wirklich so einfach machen, Mädchen mit den Mondaugen?", haucht er in mein Ohr, bevor er sein Tun von zuvor fortsetzt und seine Lippen auf meinen unteren Haaransatz senkt. Eine Woge der wohligen Wärme überkommt mich, als er seine Hände zu meinen Oberschenkeln wandern lässt und mich in einer schnellen Bewegung angehoben hat.

Wie von selbst legen sich meine Beine um seine schmale Hüfte und der lange Schlitz an der linken Seine meines Kleides legt mein nacktes Bein fast gänzlich frei. Henry presst mich weiter gegen das feste Holz, als er mit dem Daumen über mein nacktes Knie fährt und dann höher zur Innenseite meines Oberschenkels. Sein Mund an meinem Hals und seine kühlen, fast eisigen Finger, die sich weiter und immer weiter in Richtung meiner Körpermitte bewegen entfachen ein leises, aber stetiges Ziehen in meinem Unterleib, wie die Flammen eines wärmenden Feuers, das bloß einen Funken benötigt, um auszuschlagen.

Und dieser Funke springt, als Henry, mich zu sich zieht und einen, vielleicht zwei Meter weiter trägt. Ich spüre samtenen Stoff unter meinen Knien, als er sich in einen dunkelgrünen Ohrensessel fallen lässt und ich stütze mich auf seiner Brust ab, als ich plötzlich auf seinem Schoß sitze und meine Mitte nur durch den dünnen Stoff meines Slips und seiner Anzughose von der Wölbung unterhalb seiner Gürtellinie entfernt ist. Seine Hand fährt auf meinem Oberschenkel noch ein paar Zentimeter höher und das Feuer in meinem Innern beginnt zu Glühen und zu Glimmen, als er mit dem Daumen den Stoff meines Höschens erreicht. Ich sehe auf ihn hinab, meine Finger auf seine Brust gestützt und ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass mich das Spiel seines Daumens nicht so kaltlässt, wie ich es nach außen hin zugebe. Meine Lippen öffnen sich wie gegen meinen Willen und ich spüre, wie der dünne, seidige Stoff meines Slips von innen feuchter wird. Und Henry spürt es auch. Er lächelt. „Gefällt dir das, Luna?" Seine Miene ist selbstgenügsam, aber nicht herrisch und ich bin nicht imstande seine Worte abzustreiten, weshalb ich nichts erwidere, doch das scheint ihm Antwort genug zu sein. Er lacht leise und schiebt seine Finger dann an dem dünnen Stoff vorbei. Ich erzittere augenblicklich als ich die Kühle seiner Hand an meiner Mitte spüre. Ein Seufzen geht über meine Lippen, leise und still, doch in dem Schweigen der gewaltigen Bibliothek klingt es beinahe laut. Henrys Mundwinkel hebt sich. „Sag es, Luna", bittet er mich, während seine Finger meine empfindlichste Stelle erreichen und einen langsamen Kreis darum ziehen, dann einen zweiten und einen dritten. Langsam, quälend langsam zieht seinen Daumen über meine rosige Haut und ich kann nicht anders, als meine Augen genießend zu schließen. Oh Gott. „Sag, dass es dir gefällt, Luna, sag, dass ich nicht aufhören soll..." Seine Stimme ist tief, noch tiefer als sonst und ich spüre das Vibrieren seines Tons unter meinen zitternden Fingern, die sich mehr und mehr in seine nackte Brust krallen, doch das scheint ihm nichts auszumachen.

Eine Woge der Hitze erfüllt mich und ich spüre, wie die Flammen in meinem Innern die Kontrolle über mich erlangen, während ich sie schon lange verloren habe. „Oh Henry", wispere ich leise, doch es klingt viel eher nach einem untergebenen Seufzen als nach seinem Namen. Seine Finger halten inne und ich stöhne leise und gequält auf. „Sag es", wiederholt er und zieht mit seinem Daumen einen Kreis viel zu weit an meinem empfindlichsten Punkt vorbei - und er weiß es. Ich schlucke leise. „Oh Henry, hör nicht auf, bitte", flüstere ich und seine Hand setzt ihr Spiel fort. Ich fühle, wie meine erröteten Wangen mit jeder Sekunde, die vergeht weiter und weiter erhitzen und ich wimmere leise auf, als seine Finger abermalig kurz pausieren, nur, um mich noch etwas länger hinzuhalten. „Nicht. Aufhören.", bringe ich gerade noch so hervor, doch ich traue mich nicht, die Augen zu öffnen und seinen amüsierten Blick aufzufangen, doch da nimmt Henry seine wohltuende Bewegung bereits wieder auf. Rhythmisch bewegt sich seine Hand an meinem Körper, rhythmisch zu meinem Seufzen, rhythmisch zu dem lodernden Flammen, die von meinen Lenden an durch meinen gesamten Unterleib ziehen, bis ich nichts mehr spüre, als diese unermessliche Hitze, das wohlige Schaudern und Henrys Berührungen, seine rhythmischen Berührungen wie der Takt eines fremden Liedes.

Und dann ist sie da, die ersehnte Erlösung. Sie kommt leise und stetig, still und heimlich über mich wie die Welle eines wogenden Meeres. Ich halte den Atem an, als Henrys Finger noch eine Sekunde, vielleicht zwei, weiter über meine Haut streichen und seufze dann leise, als ich an den alles vollenden Punkt komme. „Oh Henry", geht über meine Lippen und dann ist es vorbei. Noch einen Moment halte ich inne, verharre wie ich bin, so überraschend und schnell ist der Augenblick verblichenen, und atme schwer und müde. Erschöpft lasse ich mich dann auf ihn herab und gegen seine Brust sinken und ich fühle, wie er sein Gesicht in meinen Haaren vergräbt und mir einen sanften Kuss auf den Hinterkopf drückt.

Und dann ist der Moment vorbei, denn aus dem Augenwinkel nehme ich eine Bewegung wahr, ganz klein nur, aber groß genug, um wahrnehmbar zu sein. Ich erhebe mich rasch und gehe auf das Fenster zu in dessen allgegenwärtiger Schwärze ich etwas glaube bemerkt zu haben. „Was ist?", fragt Henry, von der Durchbrechung des Augenblicks sichtlich verwirrt, doch - natürlich - sehr viel gefasster als ich. „Da war etwas..." Zögerlich trete ich näher an die Scheibe heran und lasse meine Finger über das Glas wandern. Sofort ist Henry bei mir. „Wo? Dort unten?" Er deutet mit dem Kinn in Richtung des alten Baumes, an dem ich am Nachmittag noch mit den beiden Schwestern Räuber und Gendarm gespielt habe - eine Szenerie, die mir jetzt vorkommt als wäre sie mit Sicherheit eine ganze Lebzeit und nicht bloß einige wenige Stunden entfernt. „Nein, dort." Ich deute in die entgegengesetzte Richtung. Die Bibliothek liegt auf der gegenüberliegenden Seite eines U-förmigen Innenhofes, weshalb man von der Fensterfront nicht nur einen Blick auf die weiten Ländereien des courterschen Besitz hat, sondern auch auf das Ober- und Untergeschoss des Westflügels. Hellerleuchtet erstrahlt unten der Große Saal und verdunkelt liegen darüber die Gemächer von Madame Marilyn und Amy-Rose und etwas weiter mittig die von Henry. Doch mein Blick gilt einem Punkt noch weiter oben. Denn dort oben auf den verregneten Dachzinnen v0n Haven Hill kniet jemand, eine Person. Eine recht kleine Person, wie ich bei näherem Hinsehen erkenne. Es ist Pearline.

Henry sieht es auch. Ich kann die Erschrockenheit in seinem Blick sogar im dämmrigen Licht der Bibliothek erkennen, noch bevor er sich wieder gefasst hat und den öffnungsbaren Teil des Fensters in Eile weit aufgerissen hat. Wind und Regen strömen eisigkalt in den Raum und befeuchtet Henrys Gesicht und Haare, doch das scheint ihm rein gar nichts zu machen. „Pearline Isobel Courterton!" Ich zucke bei dem Klang seiner Stimme zusammen. Dass Henry ein lautes Organ hat, habe ich bereits im Streit mit Todd Courterton mitbekommen, aber dass sein Ton so ohrenbetäubend durch die finstere Nacht hallt, dass das Mädchen, was oben auf den Zinnen neben dem Schornstein hockt, aufsieht und ertappt in unsere Richtung schielt - Das habe ich nicht erwartet. „Was bei Gottes Namen hast du da zu suchen?!", wettert Henry und wirft das Fenster wieder zu, bevor er sich wütend abwendet. Seine Wangen glühen, doch ich kann erkennen, dass es vor allem Sorge ist, die seine Stimme belegt, als er ein „Komm mit" in meine Richtung seufzt und die Bibliothek dann auch schon verlassen hat. Ein letzter Blick meinerseits gilt dem dunklen grünen Stoff des großen Ohrensessels vor einer Reihe von gefüllten Bücherregalen und Vitrinen mit dicken Wälzern. Dann wende auch ich mich ab und folge Henry auf dem Fuß.

oOo

„Seid ihr denn des Wahnsinns? Was zur Hölle habt ihr beiden Dummköpfe euch dabei nur gedacht?", herrscht Henry seine beiden Schwestern an, die schuldbewusst vor ihm den Kopf einziehen. Na gut, zumindest ist dies das, was Addison tut, die traurig zu Boden schaut: Ihre Schwester Pearline hat unnachgiebig die Arme vor der Brust verschränkt. In Windeseile sind Henry und ich die Treppen zur Bibliothek hinab gehastet, den Flur entlang in die Eingangshalle in Richtung Westflügel, die gewaltige Treppe auf der anderen Seite wieder hoch, durch mindestens ein Dutzend mir fremder Durchgangszimmer, dann in einen weiteren Korridor und durch eine kleine Tür, die zu einer schmalen Wendeltreppe führte auf den Dachboden auf dem die beiden Schwestern uns bereits - von Regen und Wind geschunden - erwarteten. „Wir wollten doch nur den Bösen suchen gehen!", rechtfertigt sie sich, als sei das doch ganz offensichtlich. „Den... Bösen?" Henry blickt sie entgeistert an. „Ja, den Bösen. Der, der die Lady umgebracht hat natürlich!" Wichtig streicht Pearline den Stoff ihres weißen Nachthemdes glatt. Dieses hat hie und da dunkle Flecken, Dreck und Regen wie ich feststelle und ihr muss eiskalt sein - Gott weiß, wie lange sie da gesessen hat - doch die Aufmüpfigere der beiden Zwillinge scheint die Kälte nichts ausgemacht zu haben. Im Gegenteil, ihre Wangen glühen vor Spannung. „Und dazu musstet ihr mitten in der Nacht auf die Zinnen von Haven Hill steigen?", frage ich nach und versuche so fürsorglich wie möglich zu klingen. Pearline scheint jetzt erst zu bemerken, dass ich überhaupt da bin, denn sie mustert mich abfällig von oben bis oben. „Ich erwarte nicht, dass Sie etwas von Detektivarbeit verstehen, Miss Lydia", lässt sie mich wissen und ich sehe Henry über ihre Schulter feixen. „Aber ja, von den Dächern des Westflügels hat man einen ganz wunderbaren Blick über alles, nicht wahr, Addison?" Sie sieht zustimmungsheischend zu ihrer Schwester. Diese nickt und das scheint Pearline Bestätigung genug. Henry wird wieder ernst. „Das mag ja sein." Er kniet sich zu Pearline hinab und seine Stimme nimmt einen beinah lieblichen Ton an, als er erklärt: „Aber nicht bei Wind und Wetter und auch nicht - Miss Luna hat schon recht - mitten in der Nacht." Er wirft zuerst Addison und dann Pearline einen strafenden Blick zu. „Das passiert nicht noch einmal, haben wir uns verstanden?" Ein widerwilliges Nicken erfolgt und Pearline setzt ein bittendes Lächeln auf. „Natürlich niemals mehr, Bruder. Aber nur wenn du Vater nichts verrätst. Der wird nämlich ganz stinkesauer..." Addison zuckt neben ihr zusammen. „Pearline..." Sie nimmt ihre Schwester sorgvoll mit einem Blick auf mich am Arm. „Wir sollen doch solche Worte nicht sagen." Sie wendet sich an mich. „Pearline meint natürlich, dass Vater ganz zornig wird", erklärt sie mir und ich nicke, versucht verständnisvoll. „Okay, wir verraten Todd nichts", entschließt Henry und mir fällt sehr wohl auf, dass er seinen Vater wiederholt beim Vornamen genannt hat. Ich greife nach seiner Hand, als er die Mädchen vor sich her in Richtung der schmalen Wendeltreppe schiebt und er erwidert den Druck leicht und dankbar. „Dem Hausherren mal etwas nicht zu erzählen, fällt mir heute noch viel leichter als sonst", wispert er grimmig, aber leise, damit die Zwillinge es nicht hören. Vor uns echauffiert sich Pearline lautstark darüber den Bösen noch immer nicht gefunden zu haben, während Addison - im Gegensatz zu ihrer Schwester - leise zittert. „Darf ich auch deine Hand halten?", fragt sie mich leise, als wollte sie nicht, dass Pearline, die bereits fast am Ende des Korridors angelangt es, es mitbekommt. Ich nicke freundlich und sie greift nach meiner Hand. Ihre kleinen Finger sind eiskalt und ich fahre mit dem Daumen einige Male über ihren Handrücken, ganz so, als könne ich so Wärme auf ihrer erkalteten Haut erzeugen. Neben mir lächelt Henry leise, doch als ich ihn ansehe, blickt er schnell weg.

Und das ist der Augenblick, in dem ein Schuss, ein durchdringender, grollender Schuss, und dann ein Schrei die beinah friedliche Szenerie von Haven Hill zerreißt. Und es ist ein ohrenbetäubender Schrei, viel lauter noch als Todd Courtertons Stimme, viel lauter noch als Henrys. Es ist ein Schrei, der durch Mark und Bein geht, von den Wänden wider- und widerhallt, sodass ich nicht einmal erahnen kann, wo er herkommt. Es ist ein Schrei aus der Brust einer russischen alten Dame, von der es genau eine auf Haven Hill gibt und Henry und ich sehen uns nur kurz an, denn wir wissen beide, wo Marisha Jakov nach den Zwillingen hatte suchen sollen.

Im Laufschritt geht es die Treppen wieder hinab und ins Untergeschoss, wo wir auf einen völlig aufgelösten Augustus Courterton treffen. „E-es... es ging alles so schnell..." stammelt er, sobald er uns sieht und der Schock steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Ich war nur schon in den nächsten Raum gegangen und wie ich's dann gehört habe, da bin ich zurück und..." Er hält inne, als er die Mädchen bei uns entdeckt. „Aber... Aber das ist nichts für kleine Kinderohren, nee, wirklich nicht." Empört baut sich Pearline vor ihm auf. „Klein? Ich bin nicht klein!", lässt sie verlauten, doch ohne ein weiteres Wort nimmt Henry sie beiseite und beugt sich zu ihr hinab. „Ich möchte, dass ihr beiden jetzt ganz schnell auf euer Zimmer geht, okay? So schnell, wie ihr könnt, habt ihr verstanden? Das ist ganz wichtig!", bläut er ihnen ein und sein Vorhaben scheint zu fruchten, denn Addison nickt besonnen und Pearline scheint sich mit einem Mal wirklich sehr wichtig vor zukommen, denn sie nimmt ihre Schwester bei der Hand und flüstert ein „Vielleicht hat sich der Böse ja in meinem Bett versteckt!" Dieser Gedanke scheint sie anzuspornen und Ella, die just in diesem Augenblick im Korridor auftaucht, nimmt sie mit einem sorgvollen „Meine Rotzlöffel, jetzt aber dalli!" in Empfang.

Ich aber habe mich schon wieder zu Augustus Courterton umgedreht. „Mister Courterton, bitte, was ist denn passiert?", frage ich nach, doch statt einer Antwort tritt dieser bloß wortlos zur Seite und macht Platz, damit erst Henry und dann ich in ein kleines Durchgangszimmer treten können, das rechts und links von zwei Vitrinen flankiert wird, die alte Münzen und zwei weibliche Büstenköpfe präsentieren. Der Geruch nach metallischem Blut steigt mir beißend und bitter in die Nase, noch bevor ich etwas sehen kann.

Denn die Glaskästen sind es ganz sicher nicht, die mir die Luft zum Atmen nehmen. Es ist das Bild, das sich mir in der Mitte des Raumes auf dem dunklen Dielenboden bietet. In einer rumpfgroßen Lache bereits gerinnenden Blutes, rot und dunkel wie der Wein drunten im Großen Saal, liegt Marisha Jakov in einer unmenschlichen Haltung. Ihre Knie sind angewinkelt wie die eines Embryos, doch irgendwie in die entgegengesetzte Richtung wie die, in die ihr Rumpf zeigt, was mich eiskalt erschaudern lässt, und ihre Augen sind in erschrockenem Entsetzen weit aufgerissen. Eine fingernagelgroße Wunde klafft an ihrer Schläfe und nährt den dunklen Fluss stetig mehr und mehr aus dem offenen Fleisch in ihrem Kopf. Ihre Lider zittern und ihr Mund bewegt sich, bevor ein paar unverständliche Worte über ihre Lippen kommen. Für einen Augenblick bin ich wie auf der Schwelle des Raumes festgefroren, dann stürme ich - zeitgleich mit Henry - nach vorne und knie mich an ihre Seite.

„Misses Jakov?", flüstere ich leise und überwinde mich, nach ihrer Hand zu greifen. Die Ringe an ihren Fingern klackern, als ich meine eigene darum schließe. „Misses Jakov, können Sie mich hören?" Henry tastet nach ihrem Puls, doch bevor seine Hand ihren Hals erreicht, greift ihre freie ruckartig danach. Erschrocken halten wir beide inne. Ihre Fingernägel krallen sich in Henrys Handrücken, fest und fester und ihre Lippen bewegen sich hektischer, als würde sie ein Gebet sprechen, in Hast und Eile. „Hilf mir, hilf mir, hilf mir", flüstert sie zu niemand bestimmten, sodass ich mir nicht sicher bin, ob sie wirklich jemanden von uns meint. „Können sie mich hören, Misses Jakov? Wissen Sie, wo sie sind?", wiederhole ich mich, doch sie scheint mich gar nicht wahrzunehmen. „Ich werde bei dir sein, in Ewigkeit...", murmelt sie und dann schließen sich ihre Lippen wie von selbst. Ihre Hand in meiner ermattet, doch ihr Puls an ihrem Hals bebt weiterhin. „Marisha!" Henry brüllt fast, doch auch ihn scheint sie nicht zu bemerken.

Im selben Moment stürmt Todd ins Zimmer, dicht gefolgt von Madame Marilyn und Amy-Rose, die naserümpfend im Türrahmen stehen bleibt. „Oh mein Gott", schreit Madame aus. „Oh mein Gott, ist sie... ist sie tot?" Das erste Mal an diesem Abend höre ich echtes Entsetzen in ihrer Stimme, Entsetzen, das nicht überdramatisiert oder gespielt ist. Sie schlägt die Hände erst vor ihr Gesicht und dann über das ihrer Tochter. „Mein Gott...", flüstert sie leise vor sich hin, während Todd Courterton wie bereits Henry eben nach ihrem Puls tastet. „Was ist hier los? Hat sie noch etwas gesagt oder gemacht?", fährt er mich an und ich gebe ein ungewöhnlich festes „Nur, dass sie bald bei jemandem ist" zurück. Mein Gegenüber nickt wissend und schnipst mit dem Finger worauf die Mädchen von Ella mit pikierten Blicken in der Tür erscheinen.

Und während Marisha Jakov vom Personal augenblicklich abtransportiert und - so ordert es der Hausherr an - ins nächstgelegene Krankenhaus gefahren wird, wende ich mich ab. Blut erschwert den Stoff meines dunklen Kleides und klebt an meinen Fingern, in den ich eben noch die beringte Hand einer angeschossenen Frau gehalten habe. Ich sehe hinab auf meine blutigen Hände und spüre wie die Übelkeit in mir aufsteigt. Wo habe ich mich hier hineingeritten? Wo nur?

Denn das was wir denken, alle die in diesem Augenblick auf Haven Hill anwesend sind, ist mit Sicherheit ein und derselbe Gedanke: War dies - diese Schandtat an Marisha Jakov - der Versuch eines zweiten Mordes? Eines zweiten Mordes innerhalb weniger Tage in den alten Mauern von Haven Hill?

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