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14. Kapitel - Die verlorenen Schwestern

Es pocht. Dumpf erklingen die Schläge - drei an der Zahl - auf dem dunklen Holz der hohen Tür, die aus dem Großen Saal in den Hausflur führt, doch niemand scheint sie zu hören.

Es sind nur wenige Sekunden vergangen seit Henry und ich wieder wortlos an der Tafel platzgenommen haben und kaum sitzen alle wieder auf ihren Stühlen, hat Madame Marilyn das Wort ergriffen. Sie scheint sich als erste von dem... nennen wir es Eklat zwischen erst Henry und Todd Courterton und dann Henry und mir erholt zu haben und doch frage ich mich zum wiederholten Male, ob die Frau eigentlich gar keine Scham besitzt. Ihre folgenden Worte lassen allen Anwesenden nämlich kaum Ruhe, sich von den aufgewühlten Gefühlen und Emotionen zu erholen. „Mal ganz rein hypothetisch...", beginnt sie und bereits nach diesen anfänglichen Worten versucht ihr ältester Bruder sie zu unterbrechen, doch der Hausherr von Haven Hill scheint in den vergangenen Minuten einiges seines herrschenden Durchsetzungsvermögens eingebüßt zu haben. „Marilyn, lass gut sein, wir..." Doch da fährt Madame schon mit spitzer Stimme fort. „Wenn wir die neuen..." Sie gluckst äußerst unpassend. „... Erkenntnisse in unsere Überlegungen mit einbeziehen, so könnte es sich doch bei dem Mord an Lady Lavinja auch um einen Mord des erbewegens gehandelt haben, oder nicht?", überlegt sie laut und sieht gebannt auf die Reaktionen der anderen in die Runde. Augustus Courterton blickt bloß müde zurück, während seine Frau kein Interesse an Madame Marilyns Überlegungen zu haben scheint und ihr Sohn vergeblich versucht, Blickkontakt zu ihr aufzunehmen. Madames Tochter aber blickt konsterniert. „Versteh ich jetzt nicht", stellt diese fest und ihre Mutter schenkt ihr ein liebevolles Lächeln. „Ach mein Schatz, es ist ganz einfach!", erklärt sie mit sachlichem Ton, der nicht zu ihrer sonst so dramatischen Art passt. „Wenn Henry nicht Todds Sohn ist und mein Bruderherz-" Sie schenkt auch ihm ein Lächeln, aber es ist vielmehr abschätzig als liebevoll. „... das Zeitliche gesegnet hätte, noch bevor die Schwestern erwachsen gewesen wären... So wäre nicht nur ein Teil, sondern das ganze Erbe an die Lady übergegangen..." Ein Nicken begleitet ihre Worte, als müsse sie sich selbst bestätigen. „Ist die Lady aber noch vorher verstorben, geht ohne die beiden kleinen Schwestern alles, was Todd hinterlässt, an den nächsten über - also mein anderes Bruderherz oder sein Balg von Sohn." Sie deutet auf Jareth, der erst jetzt aus den Versuchen, die Aufmerksamkeit seiner Mutter zu erlangen, zu erwachen scheint. Amy-Rose nickt verstehend und wirft diesem dann ein hämisches Grinsen zu. „Mordmotiv, Cousin!", ruft sie in die Runde, als wären die beiden Worte aussagekräftig genug. Dieser will empört etwas erwidern, wird jedoch von einem erneuten Klopfen an die Eingangstür unterbrochen, welches dieses Mal noch energischer klingt. Über Jareth entnervtes Spötteln hinweg, ruft Todd Courterton daraufhin in gewohnter Hausherrenmanier: „Worum immer es sich handelt, Miss Martin, es möge warten!" Sein Ton hat in Windeseile seine gewohnte Stärke und das leicht Monotone zurück erlangt. „Wir wünschen gänzlich ungestört zu dinieren, Miss Martin!"

Das Klopfen verstummt, aber ich bin mir nicht sicher, ob Ella - sollte es sich wirklich um sie gehandelt haben - auch wirklich gegangen ist. Ich hoffe es nicht: Möge mich der Nachtisch von der Qual der immer erneuten Kommentare von Madame samt Tochter erlösen!

„Aber Marilyn...", mischt sich jetzt Marisha Jakov in das Gespräch ein und kräuselt wichtig die Nase. „Was soll das denn nun heißen? Ohne die Schwestern?" Sie zieht die Stirn kraus. Zu meiner anderen Seite sehe ich, wie Henry plötzlich aufsieht. „Oh nein", stößt er aus und es ist nur ein einziger Blick, den er mit dem Hausherren austauscht, der mir verrät, dass hier etwas faul ist. Auch die anderen scheinen es zu bemerken. Augustus Courterton erwacht aus seiner Starre und seine Augen blicken mit einem mal hell und rege. „Ja, was soll das denn heißen?", hakt er bei seiner Schwester nach, während er beginnt unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschen. „Ach, ich hab nur...", beginnt Marilyn, doch sie verstummt augenblicklich, als sie die plötzliche Unruhe spürt.

Mit einem Mal scheint es, als würde die Luft aufgeladen und zum Zerreißen dünn und dann springt die Tür mit einem lauten Krachen auf und Ella stürmt in den Großen Saal.

„Bei Donner und Doria, verzeihen Sie mir jetzt ma' die Unannehmlichkeiten, Sir. Aber glauben Sie mir mal eines: Das hier kann nicht warten!", fängt sie ungestüm an und Todd Courterton lässt sie aussprechen, bevor er sie beim Luftholen unterbricht: „Miss Martin, ich hatte doch ausdrücklich..." Doch auch ihm wird ins Wort gefallen. Amy-Rose' Stimme ist herrisch, als sie lauthals krächzt: „Köchin... wo bleibt eigentlich das Dessert?!"

Doch Ella lässt sich weder von der Empörung noch der unpassenden Forderung beirren. „Aber wenn ich's Ihnen doch sage, Mister: Von äußerster Dringlichkeit, ist das doch, was die alte Ella zu sagen hat!" Sie holt wieder Luft, als habe das lautstarke Klopfen vor der Tür sie angestrengt. „Die Kinder!", stößt sie dann aus. „Die Schwestern, sie sind aus ihren Betten!"

Ihre Worte schlagen ein wie auf Stichwort, beinah ironisch, wie ich finde. Oder abgekartet? Vielleicht.

Sofort aber sind alle in Aufruhr, hat es mit dem zu tun, was zuvor besprochen wurde? Ganz sicher! „Aus ihren Betten?", fragt Amy-Rose geistesabwesend nach, als habe sie den Sachverhalt noch nicht vollständig verarbeiten können. „Die armen Mädchen!", sorgt sich Agatha Courterton und ihr Mann schlägt die Arme über dem Kopf zusammen. „Gott bewahre, dass ihnen ja nichts zugestoßen ist!" Der plötzliche Unmut ist allen Gesichtern ausnahmslos und einwandfrei abzulesen und die Familie, die gerade noch im Stande war, sich gegenseitig einen Mord nachzusagen, blickt mit einem Mal gleichauf beklommen und unwohl. „Oh nein. Oh nein, nein!", stößt Marisha Jakov beinah trauernd aus und schlägt sich dramatisch die Hand vor das Gesicht. „Ich habe es ja doch gewusst, die Karten haben es mir verraten. Heute Nacht sollte etwas geschehen, etwas ganz und gar Schreckliches!" Sie schüttelt schockiert den Kopf, doch Todd Courterton schneidet ihr das Wort ab, bevor sie von neuem anfängt. „Marisha, ich muss doch sehr bitten!" Er erhebt sich und geht zu Ella hinüber. „Male doch bitte nicht gleich den Teufel an die Wand, das tut deinem Antlitz nicht gut. Die Mädchen sind sicher nur kurz im Bad gewesen und unsere Miss Martin hier, war sicher bloß zu blind, um die Mädchen im Dunkel der Gemächer auszumachen." Er faltet sachlich die Hände, doch als Ella ausholt und ihm einen verärgerten Klaps auf den Hinterkopf gibt, kann ich sehen, wie er zusammenzuckt. Ganz so, als habe sie hier das Sagen und er wüsste es mehr als genau. Es mag unpassend sein, aber es belustigt mich.

„Also hören Sie mal, junger Mann! Ich mag zwar alt sein, aber meine Augen machen's schon noch ein paar Jahre mit, das können Sie mir glauben, ja wirklich!", ist es nun sie, die sich ihm gegenüber empört. Doch er hebt bloß abwehrend die Hand. „Aber natürlich, Miss Martin, entschuldigen Sie bitte." Seine Stimme klingt nicht wirklich, als würde er seine Worte von zuvor revidieren, doch da fährt er bereits fort. „Alles, was ich habe sagen wollen ist, dass wir Ruhe bewahren sollten. Miss Martin, bitte berichten Sie nochmal von vorn."

Ella nickt und in ihren kleinen Kinderaugen ist unverkennbar, dass die Sorge um ihre beiden Schützlinge aufrichtig ist. „Ich habe ja nur noch einmal nach ihnen sehen wollen, nach meinen Kleinen, ich hatte da ja so ein Gefühl. Ich spür ja, wenn was vor sich geht, nich' wahr?" Sie schaut bedröppelt auf ihre Hände, als tue es ihr beinahe Leid, diese Neuigkeiten zu überbringen. „Nu bin ich also in das Zimmer der Mädchen gestiefelt und wie ich die Tür schon halb offen gesehen hab, da wusst' ich ja denn gleich, dass da was nicht mit rechten Dingen zu ging. Und dann waren ihre Betten leer, ja das waren sie", berichtet die Köchin, doch Madame Marilyn unterbricht sie. „Mit rechten Dingen geht hier sowieso nichts zu", hämt sie und wirft Jareth und seiner Mutter einen anklagenden Blick zu. Sie seufzt. „Aber mein Bruderherz hat recht. Was soll schon groß passiert sein? Zumal wir ja alle eigentlich die ganze Zeit über beim Dinner gewesen sind, richtig?", wirft sie in die Runde, doch es klingt vielmehr nach einer Feststellung, als dass sie sich für ihre Worte Vergewisserung einholen wollte. Jareth dagegen scheint ihren kurzen Kommentar von zuvor nicht auf sich sitzen lassen wollen, denn er verschränkt beinahe eine Spur amüsiert die Arme vor der Brust, nachdem auch er aufgestanden ist. „Waren wir das, ja? Lasst mich überlegen..." Er fährt mit dem Daumen seinen Schnauzer entlang und macht ein gespielt nachdenkliches Gesicht, bevor er spöttisch auf seine Tante hinabblickt. „Waren wir nicht. Nachdem Henry und seine Göre nach oben verschwunden sind, hast du dich aus dem Staub gemacht, war es nicht so, Marilyn? Möchtest du uns vielleicht verraten, wohin es dich verschlagen hat?" Die Beleidigung meiner Person perlt an mir ab wie Regen an einer Fensterscheibe: Viel interessierter bin ich an Madames Antwort, die allerdings unbefriedigend vage ausfällt. „Mein Näschen pudern selbstverständlich", erwidert sie spitz, woraufhin Jareth laut lacht. „Aber natürlich!", stimmt er ihr ironisch zu. „Wieso?" Jetzt springt auch Madame auf und verzieht ihre roten Kirschlippen zu einer vorwurfsvollen Schnute. „Hast du mir etwa was zu unterstellen, Neffe?" Jareth lacht nur trocken. „Niemals, Tante. Heillose Anschuldigungen an anderer Leute Köpfe zu werfen ist schließlich dein Job, nicht wahr?"

„Jareth!" Seine Mutter fasst ihn am Arm und zieht ihn zurück in seinen Stuhl. Er ist augenblicklich still, was seinen Vater wiederum unglaublich zu verärgern scheint. „Das hier ist doch...!", setzt er an, doch da hat wieder Todd Courterton das Wort ergriffen. Seine Stimme ist laut und hallend. „Schweigt! Ein für alle Mal, Familie!" Der Ton des Hausherren klingt ohrenbetäubend und widersinnig ruhig durch den Saal und andere wären bei dem Klang seiner Stimme sicherlich erschrocken zusammengezuckt, doch falls die herrschenden Worte jemanden der Anwesenden unvorbereitet treffen, so lässt keiner von ihnen sich etwas anmerken. „Schweigt, bitte. Wir haben keine Zeit für dumme Zankereien. Wenn es stimmt, was Miss Martin erzählt-" Er schenkt ihr ein Lächeln, doch es gleicht dem, das ich noch vor der Vorspeise bei ihm in Richtung Marisha Jakov beobachtet habe: Es liegt keinerlei Freundlichkeit darin. „So sollten - obgleich wir mal nicht vom Schlimmsten ausgehen - die Kinder ausfindig machen, bevor ihnen doch etwas zustößt." Ein grimmiger Schatten huscht über seine ausdruckslose Miene, nur kurz, doch unverkennbar genug, um seine folgenden Worte deutlich zu unterstreichen: „In diesem Haus kann man schließlich nie wissen..."

Missmutig verschränkt Amy-Rose sofort die Arme vor der massigen Brust. „Wie jetzt? Und was ist mit dem Dessert? Das sollen wir jetzt ausfallen lassen, nur weil die Gören nicht in ihren Betten bleiben können?" Sie schürzt die Lippen. „Diese Gören sind zufällig deine Cousinen, Amy-Rose..." Henry wendet sich beinahe freundlich an sie. „Und die Schwestern können leider nicht von sich behaupten, aufgrund einer überdimensionalen Körpermasse vor Entführungen geschützt zu sein." Aber auch wirklich nur beinahe. Ich lache leise und für einen kurzen Augenblick fängt Henry meinen Blick auf. Er grinst.

„Nun gut", nimmt Todd Courterton den Faden wieder auf und scheint sich an Henrys Beleidigung dessen Cousine gegenüber gar nicht erst zu stören. „Ich schlage vor, dass wir uns aufteilen. Jareth und Amy-Rose, ihr übernehmt den Ostflügel im Erdgeschoss, Misses Jakov und Augustus sehen im Westflügel nach, Marilyn, Agatha und ich übernehmen den zweiten Stock und Henry und Miss Luna sucht in der Eingangshalle und der Bibliothek. Sofort!"

Und das ist ein Befehl. Wir haben Folge zu leisten.

oOo

„Wie geht es dir?", frage ich Henry sobald wir alleine sind. Er schnaubt. „Ich habe gerade erfahren, dass mein Cousin eine Affäre mit meiner Tante hat, mein Vater eigentlich mein Onkel ist und andersherum und gerade befinden wir uns auf der Suche nach den verschwunden Zwillingen..." Ein Seufzen erklingt, während ich schweigend neben ihm die Treppen in die Bibliothek hochsteige. „Ganz rosige Aussichten, wenn du mich fragst." Mit einer angedeuteten Verneigung öffnet er mir die Tür und einen Augenblick später sehe ich mich in einem Raum voller Bücher wieder, Reihe hinter Reihe hinter Reihe. Hinter Henry fällt die Tür ins Schloss und ich drehe mich zu ihm herum. „Es tut mir leid, was da drinnen passiert ist, sehr sogar", versuche ich mich weiter vorzutasten. Ich meine es ernst: Nicht einmal erahnen kann ich, wie sich Henry wohl fühlen muss und die wenigen Tage, die ich erst auf Haven Hill verbringe, fühlen sich wie Jahre an. Wie muss es erst sein zwei Jahrzehnte in diesen Mauern gefangen zu sein?

Henry weicht meinem Blick aus und lehnt sich mit dem Hinterkopf gegen die geschlossene Tür. „Nein, Luna, mir tut es leid. Meine Familie ist schrecklich, das war sie schon immer, aber für gewöhnlich schweigen wir die großen Wahrheiten lieber, als das wir sie sprechen. So wie jetzt..." Er sieht mich an. „So wie jetzt habe ich uns noch nie erlebt."

Ich trete einen Schritt auf ihn zu. „Es ist schon okay, wirklich." Etwas leiser füge ich ein „Ich bin froh, wenn ich für dich da sein kann" hinzu und dann wieder lauter: „Und jetzt sind wir die anderen ja wenigstens für ein paar Minuten los." Henry lacht und löst sich von seinem Platz an der Tür. „Ja...", spricht er gedehnt. „Jetzt sind wir zumindest für ein paar Minuten allein..." Er lässt seine Worte in der Luft hängen und im selben Moment, in dem ich im Begriff bin, mich wieder umzudrehen und weiter in die gewaltige Bibliothek zu gehen, greifen seine kühlen Finger nach meinem Handgelenk, umschließen es mit einem gewissen Nachdruck. Bevor ich etwas erwidern kann, hat er mich an sich gezogen und ich - wie von selbst - den Atem angehalten. Henry bemerkt das. „Da bleibt einem glatt der Atem weg, was, Miss Luna?", spöttelt er, aber es klingt vielmehr belustigt. „In deinen Träumen vielleicht", erwidere ich, bevor mir auffällt, dass ich dies viel früher am Abend schon einmal als Konter benutzt habe. Henry grinst, statt einer Antwort: Ihm ist es aufgefallen. Und so spricht er unerwartet leise ebenso seine Antwort von zuvor. „Wie ich schon sagte: Da tun wir noch ganz andere Dinge. Aber..." Er schlingt den einen Arm um meine Hüfte und hebt dann seine Hand an meine Wange. Ich muss ein wenig zu viel Mühe darein investieren, meinen Atem weiterhin stetig erfolgen zu lassen, doch die Berührung bleibt aus und er streicht nur eine verirrte Haarsträhne zurück hinter mein Ohr. „Aber ich bin mir fast sicher, dass du um diese Dinge betteln würdest, bitten und betteln, wenn du sie wüsstest..." Ich erlange die Kontrolle über meine Luftzufuhr zurück und grinse verschmitzt. „Ach ja? Denkst du das?" Henry nickt, doch ich lache nur. „Ich bitte dich... Das vorhin auf dem Balkon..." Ich sehe ihn direkt an. „Das war doch bloß ein Ausrutscher. Glaub ja nicht, dass ich dich freiwillig nach mehr anbettle." Ich trete einen Schritt zurück, doch seine Hand verweilt an meiner Hüfte.

Meine Worte aber scheinen ihn sichtlich zu belustigen. „Ist dem so, ja? Ein Ausrutscher?" Er dreht meinen Körper an meiner Taille ruckartig, sodass mit einem Mal nicht länger er, sondern ich mit dem Rücken zur Tür steht. Sein Kopf lehnt sich vor und ich kann seinen Atem, warm und weich, auf meinen Lippen spüren, als er leise wispert. „Beweise es." Seine linke Hand fährt wie zur Untermalung meine Seite entlang, aber - bei Gott - ich wäre nicht Luna White, wenn ich nicht mit gleichen Waffen zurückfeuern würde. „Und wie, wenn ich fragen darf?", hauche ich gegen seinen Mund, der nur ein, vielleicht zwei Zentimeter über meinem schwebt. Sein Gesicht ist zu nah an meinem, als dass ich einen Ausdruck darin ablesen könnte, doch ich höre das Lächeln in seiner Stimme, als er seine Lippen an mein Ohr setzt und leise meine Ohrmuschel hinab küsst, bevor er leise wispert. „Küss mich Luna, ohne etwas zu fühlen. Küss mich, ohne dass dein Körper auf mich reagiert. Küss mich, als wäre ich nicht mehr als ein Zeitvertreib", fordert er flüsternd und wiederholt dann etwas leiser und mit rauer Stimme: „Küss mich."

Und das tue ich. Ich küsse ihn, schließe den geringen Abstand zwischen ihm und mir und verschränke meine Finger in seinem Nacken, um ihn noch weiter zu mir herunter zu ziehen. Das harte Holz der Bibliothekstür drückt in meinen Rücken, als Henry sich dichter an mich presst und mich zwischen dieser und seiner festen Brust einschließt, bis ich keine Luft zum Atmen mehr habe. Vielleicht sind es aber auch seine Lippen, seine verlangenden, leidenschaftlichen Lippen, die sich rhythmisch mit meinen bewegen, die mich vergessen lassen, wie die Sache mit dem Atmen nochmal funktioniert. Seine Hand, die zuvor noch über meine Seite gestrichen ist, fährt hinauf zu meinem hochgeschlossenen Dekolleté und der Wölbung meiner Brüste, dessen Spitzen sich trotz des dunklen Stoff darüber erhärten und - Gott - die Bewegung seines Mundes, bei der mir heiß und kalt zugleich wird, lässt mich alles andere wie vergessen.

Außer... halt. Ich öffne die Augen mitten im Kuss und küsse Henry noch eine Weile lieblos weiter. Seine Hände verharren, als er dies bemerkt und die wärmenden Wallungen verebben. Dann löse ich mich von ihm und drücke ihn sanft, aber bestimmt einige Zentimeter von mir weg.

Ein kokettes Grinsen liegt auf meinen Lippen, die ganz sicher gerötet sind von der Heftigkeit des Kusses zu Beginn, doch ich ziehe sie zwischen meine Zähne, als könnte ich das so kaschieren. „Siehst du..." erwidere ich dann, „ganz einfach!"

Doch wem will ich hier eigentlich etwas beweisen? Henry grinst nämlich nur - zum wiederholten Male. „Redest du das jetzt mir ein... oder dir?" Ich lege den Kopf schief. „Weder noch", lautet meine Antwort, doch Henry lacht. „Ist dem so ja? Welch eine Schande dann, dass ich dein Schaudern sogar durch den Stoff deines Kleides hindurch spüren konnte..." Er schiebt seine Hand durch den schmalen Spalt zwischen meinem Körper und dem Holz der Tür und verharrt dann am unteren Ende meiner Wirbelsäule auf der nackten Haut meines tief ausgeschnittenen Kleides. Sein Daumen streicht wie unabsichtlich über meinen Rücken und ich spüre wie er eine warme Gänsehaut dort hinterlässt, wo seine kühlen Finger eine seichte Berührung vollführen. „Du hast an diesem Abend schon bessere Lügen erzählt, als dass es einfach wäre, mich ohne Fühlen zu küssen, Luna." Er versucht meinen Blick aufzufangen, doch ich sehe zur Seite, bis er seine andere Hand an mein Kinn hebt, zwei Finger an meinen von ihm abgewandten Kiefer legt und mich zwingt ihn anzusehen. „Gib es zu, Luna, du kämpfst auf verlorenem Posten", stichelt er und dann endlich hebe ich den Blick und sehe ihm forsch entgegen. „Ach halt den Mund, Henry", erwidere ich, nicht wirklich eingeschnappt, bevor er mein Gesicht in beide Hände nimmt und mir direkt in die Augen sieht. „Bring mich dazu."

Und ich halte mich an seinem starken Unterarm fest, als er sich weiter vorlehnt. Ich lasse meine Lippen vorsichtig unter seinen schweben, küsse seine Mundwinkel sachte und sanft, ohne Druck auszuüben oder mich in einem leidenschaftlichen Kuss zu verlieren. Kurz berühre ich sein markantes Lippenherz mit meinem geröteten Mund und vernehme das leichte Vibrieren eines ungeduldigen Knurrens tief aus seiner Kehle. „Du machst mich verrückt", entflieht seinen leicht geöffneten Lippen und ich lächle über die Kontrolle, die ich in diesem Augenblick über ihn habe. „Das warst du schon bevor ich nach Haven Hill gekommen bin", entgegne ich und er lacht leise. „Das ist wahr", stimmt er mir noch zu, bevor er mit beiden Daumen über meine Wangen streicht und mich dann ruckartig und plötzlich zu sich heran zieht. „Aber noch nie so sehr nach einer Frau wie nach dir", raunt er und seine Stimme vibriert in seiner Brust, die sich fest und hart gegen meine drückt.

Oh mein Gott.


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