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11. Kapitel - Die Liaisons

Schwanger? Heimlich? Das wird ja wirklich immer besser!" Madame Marilyns tiefrote Lippen sind zu einem entsetzten, weitaufgerissenen O geformt, doch ihre hellen Augen blitzen vor Freude über die unerwartete, neue Information.

Henry und ich sind - Hand in Hand, weil ich das Gefühl hatte, ihm Sicherheit geben zu müssen, wenn er seiner Familie nach dem plötzlichen Abgang von vorhin wieder gegenüber tritt - die Treppen wieder hinabgestiegen und dann - wie schon an frühen Abend - gemeinsam durch die hohe Tür getreten. Marilyn Courterton ist nur wenige Augenblicke vor uns durch die dunklen Rahmen in den Großen Saal geschlüpft und hat erst Henry, dann mich und schließlich unsere verschränkten Finger ungeniert und eine Spur pikiert gemustert, bevor sie in einer einzigen flüssigen Geste wieder auf ihrem Stuhl Platz genommen hat. Mir fällt erst sehr viel später auf, dass ich keine Ahnung habe, wo sie alleine - während alle anderen an der langen Tafel auf das Abtragen des Hauptganges warteten - gewesen ist.

Doch kaum hat Henry noch im Stehen an seinem Platz das zuvor verschwiegene Geheimnis der verstorbenen Lady Lavinja offenbart, ist das zwischenzeitliche Fortbleiben von Madame auch schon vergessen. Nicht nur sie, sondern auch ihre Tochter scheint die verheimlichte Schwangerschaft, von der Henry mir eben noch bei sich im stillen Kämmerchen erzählte, geradezu zu verzücken, Amy-Rose wirkt sichtlich erleichtert, was mir die Galle in den Rachen treibt, wenn ich darüber nachdenke, wo dies herrühren könnte - vor allem in Anbetracht der Erleichterung, die ich selbst oben noch verspürt habe. Möge Gott Gnade mit mir haben, wenn es die Gleiche ist. Agatha Courterton dagegen schlägt sich entsetzt die zarte Hand vor den Mund, die Augen in Entsetzen weit aufgerissen. Instinktiv frage ich mich, ob die Schwangerschaft für sie etwas verändert. Doch selbst Todd Courtertons unterkühltes, beinah teilnahmsloses Gesicht - ganz so als ginge es um eine entfernte Bekannte und nicht um seine verstorbene Frau, was eine Reaktion auf ein zu erwartendes Kind! - wird überstiegen von der Reaktion eines bestimmten Anwesenden:

Augustus Courterton nämlich, der gerade dabei gewesen war, sich - gut gesättigt wie es schien - den gefüllten Bauch zu streichen und den letzten Bissen mit einem Glas Wasser herunter zu spülen, setzte ebendieses nicht nur eine Spur, sondern viel zu laut wieder auf dem hellen Grund der weißen Tischdecke ab. Seine viel zu kleinen Augen schimmern mit einem Mal wässrig, als er in der Bewegung innehält und das Wasserglas genau deshalb etwas schnell den geringen Abstand zwischen Glasboden und Tisch schließt. Seine wulstige Unterlippe beginnt zu zittern. „Nein, nein, nein...", murmelt er vor sich hin, doch es scheint, als würden die Worte mehr ihm selbst gelten, als dass sie eine direkte Erwiderung auf Henrys Verkündung ist. Die ändert sich, noch im selben Moment, in dem sich das Zittern über sein Gesicht ausbreitet und er vehement den Kopf schüttelt. Seine fleischigen Wangen schlackern, als er aufsieht und Henry direkt in das erwartungsvolle Gesicht. Mich beschleicht eine merkwürdige Vorahnung im Bezug auf dessen Theorie. Kann es sein, dass... Nein, keine vorschnellen Schlüsse ziehen, ermahne ich mich. „Nein, nein, nein! Das verbitte ich mir, wie kannst du nur so scheußlich von dir selbst ablenken wollen, ungezogener Bengel!", schäumt Henrys Onkel, diesmal klar an ihn gerichtet. Seine Gesichtsfarbe wird von rosig zu stetig pflaumenfarben bis es fast dem Kostüm von Marisha Jakov ähnelt.

Dann sinkt er in sich zusammen: „Das kann nicht... das ist nicht...", stottert er und mit jedem Wort weiten sich seine Lider mehr und mehr. Wässriges Glitzern errötet seine Augen und ich kann unverkennbar sehen, wie er seine Lippen festaufeinander presst, bevor sich eine Schliere salziger Tränenflüssigkeit aus seinem verklebten Wimpernkrank löst und sich dann in seinem Schnauzbart verfängt.

„Vater!", nimmt schließlich sein Sohn das Gespräch wieder auf und lässt seinen Blick über die über diese ausschweifende Reaktion fassungslosen und teils auch viel zu gefassten Gesichter der anderen - mir eingeschlossen - wandern. „Ich muss doch sehr bitten! Reiß dich doch zusammen, Vater!", spricht Jareth, als wäre er das Elternteil und nicht das verzweifelte Häufchen Elend zwei Plätze weiter. „Ob die alte Lady nun geschwängert war oder nicht, wen interessiert das schon?", lässt er verlauten und hält dann in der Bewegung inne. Mit dem pikierten Ausdruck, der mit einem Mal in seinem Gesicht liegt, das so seltsam alt und jung zugleich aussieht, kann er Madame Marilyn beinahe das Wasser reichen. „Es sei denn..." Der Ton seiner Wangen färbt sich ebenso dunkler. „Es sei denn... dich interessiert es", stellt er fest und ich schnappe nach Luft. Kurz gilt sein Blick mir, dem einzigen Geräusch in einem wie erstarrten Raum, als er die Lippen unter seinem Schnauzer angewidert verzieht. „Vater, was. Hast. Du. Getan?" Eine Zornesader steht mit einmal straff und bläulich schimmernd auf Jareth schwitzender Stirn.

Und das ist der Augenblick, in dem Augustus Courterton zu weinen, zu schluchzen beginnt und den Kopf in den wuchtigen Armen vergräbt. Mein Blick huscht zu Henry und die Frage in meinem Blick muss unverkennbar sein, denn er nickt. „Ja", antwortet er knapp, bevor er sich an seinen Vater wendet, der nicht im Ansatz auf den Zusammenbruch seines Bruders zu reagieren scheint und auch nicht darauf, dass der Vorwurf im Raum steht, dass seine tote Frau eine Affäre mit seinem jüngeren Bruder gehabt haben soll. „Hast du davon gewusst, Vater?" Ich kann hören, wie Henry um Ruhe in seiner Stimme bemüht ist, doch ich kann den Zorn in seinem Ton zittern hören. Nur wem er gilt, kann ich nicht vollends zuordnen. Todd Courterton verzieht keine Miene. Er faltet bloß die Hände vor sich auf der Tischplatte und erwidert dann nur äußerst vage und ohne seinen Sohn eines Blickes zu würdigen: „Auf Haven Hill geschieht weniges, ohne dass ich davon weiß, Henry." Dann wendet er sich an seinen Bruder. Seine Stimme ist nicht unhöflich, aber eisig, als er befiehlt: „Dein Sohn hat recht, Augustus, du solltest dich zusammenreißen. Du bist hier wohl kaum das Opfer."

Sein jüngerer Bruder hört augenblicklich auf zu schluchzen und räuspert sich vernehmlich, während er sich zurück in die Senkrechte begibt und seine benetzten Wangen mit dem Saum seines Hemdsärmels trocknet. „Verzeihung", murmelt er, doch die Doppeldeutig, dass sich dies wohl nicht nur auf seine kurze Entgleisung bezieht, entgeht nicht nur mir. Beinah unisono lassen Jareth und Henry ein verächtliches Schnauben erklingen. Einzig Agatha Courterton tätschelt besorgt den Arm ihres Mannes und streicht ihrerseits eine letzte Träne aus seinem linken Augenwinkel, während sie ihm leise Worte zu wispert, die ich aus der Ferne nicht verstehe, doch beruhigend und zusprechend sein müssen, denn er ringt sich ein vorsichtiges Lächeln ab.

Dies wiederum entgeht nicht den aufmerksamkeitsheischenden Blicken Madames, die - wenn irgend möglich - die Augen noch eine Spur weiter aufreißt. „So unbeschwert, Agatha?", zieht sie die Frau ihres Bruders auf. „Interessiert es dich so wenig, dass dein Mann womöglich eine andere Frau geschwängert hat? Noch dazu die Frau seines Bruders?" Sie bezieht nachdenklich die Fingernägel ihrer rechten Hand und fügt dann läppisch hinzu: „Also wenn mein Männe das tun würde, glaub mir, Schätzchen, dann wär aber Schicht im Schacht." Sie lacht, doch bevor Amy-Rose miteinsteigen kann, geht Jareth bereits in Abwehr. Sein Schnauzer wippt, als er bitter schnaubt. „Als ob es das bräuchte, Marilyn. Du vergraulst die Männer, die es gerade noch so mit dir aushalten, doch bevor sie erst die Chance haben, dich zu betrügen." Auch er lacht, als hätte er einen sehr guten Witz gemacht, doch keiner L

lacht mit ihm.

Schnippisch fährt sich Madame Marilyn durch das kurze Haar. „Oh, ich bitte dich, Jareth. Das ist doch nur meine Meinung. Ich meine, so verhalten und gelöst, wie deine Mutter Reaktion zeigt...? Ist das wirklich ein Umgang, wenn du gerade erfahren hast, dass dein teurer Gatte es hinter deinem Rücken mit seiner Schwägerin getrieben hat... ? Oder, Moment..." Ihr Gesicht erhellt sich. „Oder hast du es nicht gerade erst erfahren und gar davon gewusst, teure Agatha? Oh je!" Sie gluckst amüsiert, doch es hat nichts von dem warmem Amüsement, das so oft Henrys kühle Züge glättet. „Na, wenn das kein Mordmotiv ist, Darling..."

Empört springt Jareth auf, während Agatha Courterton neben ihm wenn möglich noch kleiner wird und nervös die Haut ihrer schmalen Lippen zwischen ihre ungewöhnlich kleinen Zähne zieht. „Marilyn, denkst du nicht, dass du den Bogen etwas überspannst? Meine Mutter hat sicher nichts von der Affäre meines Vaters gewusst und..." Er wirft seinen Eltern zu seiner linken einen kurzen Blick zu, dem beide unmittelbar ausweichen. Mit einer wegwerfenden Handbewegung fährt er fort. „Und selbst wenn, gibt ihr das noch lange kein Motiv die Lady zu ermorden! Aus was denn? Eifersucht? Ich bitte dich, Marilyn!" Ich frage mich, ob ihm auffällt, dass er die gleichen Worte wie Madame zuvor genutzt hat, doch da fährt Jareth bereits ohne Umschweife fort.

„Meine Mutter..." Er keucht leise und ein Spuckefetzen löst sich von seinen dicken Lippen. „Meine Mutter ist der gutmütigste, hingebungsvollste und zärtlichste Mensch in diesem Hause, während ich von Begrifflichkeiten mit denen ich dich gerne beschreiben würde um unser aller Wohl lieber schweige als sie zu sprechen." Etwas Bedrohliches liegt in seinem Blick, als er seine dicken Finger auf die Tischkante senkt und sich auf der Platte abstützt. Madame Marilyn hat sich während seinen wütenden Worten in ihrem Stuhl zurückgelehnt, doch ich kann sehen, wie sie leise schluckt, als Jareth sich weiter vorbeugt. „Und wenn wir schon von Mordmotiven sprechen, liebste Tante..." Letztere Worte triefen vor Sarkasmus wie die Spucke über seine Lippen. „Deines... ist doch von allen am offensichtlichsten, oder etwa nicht?" Gebieterisch breitet er die Arme aus und ich kann selbst aus der Ferne erkennen, wie die Unterlippe von Madame Marilyn leise zu zittern beginnt. „Ach ja?", erwidert sie schnippisch, doch nicht im mindesten überzeugend. „Ja", antwortet Jareth knapp, bevor er sich zurück auf seinen Platz sinken lässt. „Ich muss wohl niemandem hier in das Gedächtnis rufen, dass es doch eigentlich ausgerechnet du bist, die ein Lied von Eifersucht auf Lady Lavinja singen kann, nicht wahr? Wir wissen doch alle, dass es ausgerechnet du bist, die Lady Lavinja alles geneidet hat, was die Alte jemals besessen hat..." Jareth' kleine Augen, die denen seines Vaters bis ins kleinste Detail ähneln, mustern Madame Marilyn, die ihre schmalen Arme vor ihrem Dekolleté verschränkt hat, akribisch und mit reiner Abscheu im grünlich schimmernden Blick. Madame gibt ein leises „Oh, ich bitte dich!" von sich, doch es klingt beinah kleinlaut nach Jareth lauten Worten.

Doch Jareth lässt nicht nach. „Die Lady hatte alles, was du immer haben wolltest, war doch alles, was du immer sein wolltest, ist es nicht so, Marilyn?" Er nimmt einen Schluck Wein und scheint die Stille, die sich um ihn herum ausgebreitet hat, sichtlich zu genießen. „Erfolgreich im Showbusiness, mit zumindest einem Familienmitglied, das freiwillig das Heimatland verlassen hat, nur für die großen Träume ihrer Tochter..." Es folgt ein Nicken in die Richtung von Marisha Jakov, was mir merkwürdig surreal vorkommt. Hat er nicht vor ein paar Stunden noch versucht, ihr einen Mord nachzureden? Und jetzt diese Anerkennung? Doch bevor ich wohl jemals schlau aus dieser Familie werden kann, hat Jareth sich bereits wieder seiner Tante zugewandt. „Du bist immer das Nesthäkchen gewesen, Marilyn, die Nachzüglerin nach den älteren Brüdern, die Süße, die Schöne, nicht wahr? Und muss ich irgendwen daran erinnern, wie du dich aufgeführt hast, als Lady Lavinja das erste Mal nach Haven Hill kam und du zu deinem großen Leidwesen feststellen musstest, dass Todd sich diesmal kein hässliches Entlein wie zuvor zugelegt hat? - Nichts für Ungut, Henry..." Letztere Worte gelten seinem Cousin, der sich - wohl auf die Referenz zu seiner Mutter hin - bereits gerader in seinem Stuhl aufgesetzt hat, doch kein Interesse daran zu haben scheint, eine weitere Diskussion anzuzetteln. „Denn während du, Marilyn, nach gescheiterter Karriere und geschwängert von einem Fremden zurück zu deinem älteren Bruder gekrochen kamst und dem auch noch zwanzig Jahre später auf der Tasche liegst, hat Lady Lavinja sich vor Jobangeboten kaum retten können und bis Todd sie mit nach Hause brachte, war sie auch in der Männerwelt mehr als gern gesehen, das kannst du mir glauben!" Er lacht wieder, diesmal hämisch und so dreckig, dass es mir angewidert den Rücken hinunterläuft. „Wage es also besser nicht meiner Mutter, meiner teuren Mutter, Eifersucht und Neid nachzusagen, wenn du selbst grün davon anläufst! Agatha..." Jareth wirft seiner Mutter einen beinahe zärtlichen Blick zu, die diesen liebevoll erwidert. „... Agatha ist besser als das, glaube mir", schließt er schließlich seinen Monolog.

Für einen Augenblick ist es still. Henry hat sich in seinem Stuhl zurückgelehnt und beobachtet mit verschränkten Armen das Geschehen, während sein Vater am Tischende seltsam apathisch auf seinen Teller starrt. Augustus Courterton dagegen blickt ein wenig zu stolz dafür, dass sein Sohn gerade über seine Schwester hergezogen ist und seine Frau scheint nur Augen für ebenjenen Sohn zu haben, was auch der Aufmerksamkeit von Madame Marilyn nicht zu entgehen scheint. Ihre Stimme zittert zu Beginn ein wenig - fast so als habe sie Jareth Anschuldigung wahrlich getroffen - als sie kieksig und viel zu hysterisch schnarrt: „Ach ja, ist sie so toll, deine Mutter, ja? So..." - Sie macht eine ausschweifende Geste, als sie Jareth Worte von vorhin noch einmal wiederholt, aber diesmal lächerlich ironisch - „so gutmütig, hingebungsvoll und... was war das dritte noch gleich?" Für einen Augenblick tut sie, als würde sie nachdenken. „Ah, das war es: zärtlich..." Ihre Stimme klingt angewidert, bevor sie leise lacht. „Lass mich dir eines sagen, Junge: Ich will gar nicht wissen, wie zärtlich deine Mutter mit dir ist. Ich bin mir fast sicher ein Mordkomplott wär nicht das einzige, in dem ihr unter einer Decke steckt!"

„Marilyn!", donnert augenblicklich die Stimme von Todd Courterton durch den Raum und das Weinglas vor ihm zittert bedrohlich. „Es reicht! Ein für alle Mal!"

Sofort gilt alle Aufmerksamkeit ihm, doch wüsste ich nicht, dass es sein Ton gewesen ist, der durch den Saal dröhnt, so hätte ich nicht erkannt, dass es wirklich er ist, der gesprochen hat, denn seine Miene ist unbewegt.

Viel wesentlicher im Geschehen des Großen Saals sind allerdings die Reaktionen auf der Tischseite mir gegenüber. Augustus Courterton, der im selben Moment, in dem Madame Marilyn ihre... bodenlose Anschuldigung ausgesprochen hat, im Stande gewesen war, das gefüllte Weinglas an seine Lippen zu setzen, verschluckt sich hustend an der roten Flüssigkeit, die dünn aus seinen Mundwinkeln tropft. Neben ihm ist seine Frau in den letzten Augenblicken gefühlt um mindestens einen halben Meter geschrumpft, denn sie wirkt plötzlich noch unsicherer, noch kleiner, als den ganzen Abend schon. Viel größer dazu sind ihre Augen aufgerissen, so weit, dass ich kurz Angst habe, ihre Augäpfel würden aus ihren Höhlen rollen. Sie wirkt entsetzt, betreten und... - Eine unangenehme Gänsehaut breitet sich auf meinen nackten Armen aus und die kleinen Härchen in meinem Nacken stellen sich unweigerlich auf, als ich die Ertapptheit in ihrem Blick erkenne.

Und spätestens, als ich Jareth besehe, der abermalig aufgesprungen ist, diesmal noch aufgebrachter als zuvor und Marilyn als Schlampe und falsche Schlange beschimpft, spätestens, als nur ein Griff seiner Mutter um sein Handgelenk ihn davon abhält, um den Tisch herum und auf seine Tante loszugehen, spätestens als sein Blick von viel zu wütend als man je auf eine lügnerische Unterstellung reagieren würde, zu viel zu liebevoll gegenüber seiner eigenen Mutter wechselt - spätestens da erkenne ich, was mir hätte schon viel früher hätte auffallen können. Nein, denke ich. Nein. Ich kann nicht dagegen an, dass sich meine geschminkten Lippen zu einer angewiderten Maske verziehen. Madame Marilyn - und sei es nur in ihrer Wut und in dem Wille gewesen, von sich selbst abzulenken - hat genau ins Schwarze getroffen und jeder am Tisch im Großen Saal - einschließlich Augustus Courterton - weiß es. Ich schlucke die aufkommende Galle in meinem Rachen herunter, doch der säuerliche Geschmack in meinem Mund bleibt. Doch nichts - nicht einmal mein Mageninhalt - kann mich in diesem Augenblick so sehr anwidern, wie der Gedanke an Jareth und Agatha - an Sohn und Mutter - in einer Liaison. Das ist widerwärtig.

Und nicht zum ersten Mal - und erst recht nicht zum letzten, sicherlich - frage ich mich nun doch, wie ich hier gelandet bin. Hier, auf Haven Hill, wo sich eine Familie zum gemeinsamen Dinner trifft nur Tage nach dem Mord an der Frau des Hausherren - wo doch ein möglicher Täter gleich unter ihnen ist. Hier auf Haven Hill, wo Mütter ihre Töchter beinahe zu Tode prügeln, nur auf die Anweisung von ein paar Fetzen Papier, die sich Tarotkarten schimpfen. Hier auf Haven Hill, in dem jungen Männern Affären mit ihren Stiefmüttern nachgesagt werden und ebenjene Stiefmütter das Erwarten eines Kindes vor den Blicken und Ohren der Anderen geheim halten. Hier auf Haven Hill, wo Brüder ihre Schwägerinnen schwängern und hier auf Haven Hill, wo Söhne mit ihren Müttern liiert sind. Herr im Himmel, denke ich, als ich daraufhin nun meinerseits einen Schluck Wein nehme und hoffe, dass der Geschmack nach Galle auf meiner Zunge verschwindet. Herr im Himmel, wie bin ich hier gelandet?

Ich sehe zu Henry, der lange nicht mehr so entspannt zurück gelehnt ist, wie vor ein paar Minuten noch. Er fängt meinen Blick auf und schüttelt seufzend und eine Spur ungläubig den Kopf. Seine Ton klingt amüsiert, doch ich kann den leichten Ekel gegenüber seinen Familienmitgliedern trotzdem spüren, als er nicht unhöflich, aber sichtlich ironisch schnaubt.

„Na, wenigstens wissen wir jetzt, warum du dich an der Affäre von Augustus so wenig gestört hast, Tante Agatha", lässt er verlauten und wie er das sagt, komme ich um ein leises Lachen nicht umhin. „Nicht das Thema, Henry", mahne ich ihn gespielt und leise, dass nur er es hört und er murmelt ein ebenso stilles „Verzeihung" in meine Richtung.

Dann kehrt Stille in den Großen Saal ein, nicht einmal Amy-Rose lässt - wie sonst - ein leises gesättigtes Grunzen oder geräuschvolles Lippenlecken erklingen. Henrys Cousine starrt ungewöhnlich still auf die Tischplatte vor sich, ebenso wie Marisha Jakov neben mir und selbst Madame Marilyn scheint wohl nicht damit gerechnet zu haben, dass ihre Anschuldigung nur Augenblicke später derartige Früchte tragen würde, denn sie hat die Hände in ihrem Schoß gefaltet und mustert Jareth und seine Mutter stimmlos und mit konsterniertem Ausdruck in ihren für gewöhnlich so gefassten Zügen.

Nur Augustus Courterton scheint nicht still sitzen zu können: Pure Entgeisterung liegt in seinem Blick und er hat sich beinahe vollständig zu seiner Frau umgedreht. „Wie...? Was...?", stammelt er so leise, dass es in der allgegenwärtigen Stille beinah untergeht. „Das... das ist...", beginnt er, doch ebenso wie ich scheint er keine Worte dafür zu haben, was Madame mit schriller Stimme soeben aufgedeckt hat.

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