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05. Kapitel - Die Ahnung

Nun Amy-Rose, was ergibt sich denn bei dir aus der Suche nach einem Gatten?" ergreift der erste Mister Courterton das Wort, ganz offensichtlich um das allgemeine Schweigen zu unterbrechen. Amy-Rose, die, kaum war die Vorspeise eröffnet, ihre Suppe schaufelartig in hinein schlürfte, hält, den Löffel in der Luft erhoben, inne und sieht ihn an, doch da kommt ihr ihre Mutter bereits zuvor. Sie schürzt die knalliggeschminkten Lippen und verkündet mit einer ausladenden Geste: „Ach, wir haben da gerade einen ganz wunderbaren Kandidaten im Auge, nicht wahr, Rosielein?" Sie schenkt ihrer Tochter ein liebliches Lächeln und legt dann angetan eine Hand auf ihr tief ausgeschnittenes Dekolleté. Ihre glatten ochsenblutfarbenen Fingernägel bilden einen wie komplentären Kontrast zu ihrer hellen, von altersflecken übersähten Haut, doch die Aufmerksamkeit auf ihren spitzenüberzogenen Ausschnitt zu legen, scheint genau der Sinn ihrer Geste gewesen zu sein. „Einen dieser Professoren, denen wir neulich in der Oper begegnet sind, erinnerst du dich, Bruderherz?" Madame Marilyn nimmt einen Löffel ihrer Suppe und ich hab noch nie gesehen, wie jemand so elegant Suppe isst. „Der mit der großen Nase, an dem hat Rosielein Gefallen gefunden. Nicht ansehnlich, das wohl kaum, aber für sein Alter... Und man muss ja Abstriche machen können..."

Sie seufzt und Amy-Rose nickt und wendet sich, ohne etwas zum Gespräch beigetragen zu haben wieder ihrem Teller zu. „Den Professor? Das ist ja ganz wunderbar!", freut sich Augustus Courterton und seine speckigen Wangen schlackern ekelerregend hin und her während er spricht. Er lächelt großväterlich und offenbart dabei eine Reihe gelblich angelaufener Zähne. „Wann dürfen wir denn mit der Bekanntmachung einer Verlobung rechnen? Amy-Rose hat ja nicht mehr viel Zeit, mit Mitte zwanzig ist das heiratsfähige Alter schon vorange-..." Doch er wird von seiner Schwester mit einem schnippischem Unterton in ihrer hellen Stimme unterbrochen: „Heiratsfähiges Alter hin oder her, Augustus. Ich habe mein heiratsfähiges Alter ohne einen Mann an meiner Seite vergehen lassen." Sie lächelt selbstgefällig und ihre Zähne sind, ganz im Gegensatz zu denen ihres Bruders, unnatürlich weiß. „Und sieh was aus mir geworden ist. Sieh, was für eine ganz reizende Tochter ich bekommen habe." Wohlgefällig fährt sie sich durch das kurze Haar, ganz so, als hätte sich eine Strähne aus ihrer zur Perfektion sitzenden Frisur gelöst – was nicht der Fall ist. Auf ihre Worte hin und zwei Plätze weiter, direkt neben besagter Tochter, lacht Jareth. Es ist ein hässliches, hohles Lachen, von jemandem, der zu viel geraucht und zu wenig gelebt hat. „Ja", schnaubt er gedehnt, „Das sehen wir alle." Seine Mutter Agatha Courterton gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf und er verstummt wie ein kleiner Junge, nicht wie ein erwachsener Mann, was mich belustigt die Nasenflügel kräuseln lässt. Auch Henry neben mir schnaubt leise, aber verächtlich.

„Was ist denn mit dir, Jareth?", kräht Amy-Rose plötzlich und es ist das erste Mal, dass ich sie etwas sagen höre, wünschte allerdings, es wäre zugleich das letzte. Ihr Ton ist hell wie der ihrer Mutter, aber im Vergleich zu ihrer Körpermasse viel zu unwahrscheinlich hoch und ähnelt eher dem Schrei einer sterbenden Krähe, als der Stimme einer jungen Frau. Mir ist danach meine Ohren vor dem krächzenden Klang zu verdecken, doch das wäre wohl unhöflich. An Henrys wissendem Grinsen in meine Richtung, als er das verräterische Zucken meiner Handteller in Richtung meiner Ohrmuscheln sieht, zeigt aber, dass es ihm genauso geht. Ich grinse zurück. „Hast du denn schone eine am Haken, Cousin?" Amy-Rose grinst ein breites Grinsen in Richtung ihres Sitznachbarn, der sich lässig zurücklehnt und durch sein glitschig gegeltes Haar fährt. „Ach was..." Er schnaubt abermals und allmählich beginne ich zu glauben, dass bittere Belustigung so etwas wie Jareths Markenzeichen ist. „Weibsbilder... wer braucht die schon? Ich widme mich zur Zeit lieber dem Einstieg in das Geschäft meines Vaters, Amy-Rose. Da wäre ein Frauenzimmer, das sich von mir schwängern lassen will, doch nur im Wege", erklärt sich Jareth gönnerhaft und seine Mutter neben ihm nickt zustimmend. „Ganz recht." Agatha Courterton legt ihr Besteck neben ihrem nicht im Ansatz geleerten Suppenteller ab und wendet sich erklärend an mich. „Jareth wird einmal die Apotheken-Kette seines Vaters übernehmen." Stolz streicht sie ihrem Sohn über die Schulter und ich kann nicht umhin zu bemerken, wie vertraut die beiden miteinander umgehen, was doch für einen Mann von dreißig Jahren nicht zwingend typisch ist. Doch weil ihre Worte an mich gerichtet waren, lächle ich freundlich. „Ihnen gehört eine Apotheken-Kette, Sir?", wende ich mich an ihren Mann, der freudig nickt. „Jawohl, jawohl." Er lacht ein tiefes, fast herzliches Lachen, das dem seines Sohnes so gar nicht gleicht. „Und die werde ich auch führen bis zu meinem T0d, auch wenn Jareth das wohl nicht ganz so gefällt." Bei seinen letzten Worten zwinkert er seinem Sohn zu, der gespielt genervt schon wieder schnaubt, doch bevor dieser etwas erwidern kann, hat sich seine Tante bereits in das Gespräch eingeschaltet: „Was nicht mehr lange hin ist, wenn du so weiter frisst, Augustus." Madame Marilyn wirft ihm ein spöttisches Grinsen zu, von dem ich nicht ganz erkennen kann, ob es ernstgemeint oder scherzhaft ist und deutet auf den blitzblank geputzten Suppenteller vor ihm. Ich bemerke, dass sie ihren eigenen nur minimal angerührt hat. „Marilyn..." Ihr ältester Bruder am Kopfende des Tisches wirft ihr einen mahnenden Blick zu, doch sie scheint das nicht zu stören, denn sie zuckt nur mit den schmalen Schultern und lässt ein gleichgültiges, aber selbstgefälliges „Hm" erklingen.

„Und was ist mit Ihnen, Miss Luna? Haben Sie sich bereits jemandem versprochen? Als Dame ihres Alters kann man ja gar nicht früh genug anfangen, sich nach einer passenden Partie umzusehen..." Ich habe es Henrys Onkel zu verdanken, dass das Gespräch nun doch ausgerechnet auf mich zu sprechen kommt und für einen Moment verschlucke ich mich an meiner Fischsuppe, obwohl ich mit dieser Frage hätte rechnen können. Aus dem Augenwinkel sehe ich Henry grinsen und ich tupfe betont langsam meinen Mund mit der hellen Stoffservierte vor mir ab, bevor ich ein höfliches Lächeln aufsetze. „Nein. Nein, tatsächlich noch nicht." Ich räuspere mich, als ich in das enttäuschte Gesicht von Augustus Courterton blicke, der anscheinend schon auf den neuesten Klatsch aus dem städtischen Mayfair gehofft hatte. „Aber Sie haben selbstverständlich recht, umso früher eine Frau in festen Händen ist, umso besser, sagt meine Mutter immer," gebe ich in bester Mrs. White-Manier von mir, wie ich sie im Saint Alan Institut eingebläut bekommen habe. „Sie bereitet sich seit Jahren auf eine prunkvolle Hochzeit meinerseits vor," füge ich scherzhaft hinzu, obwohl es sich bei meinen Worten um bitteren Ernst handelt – aber das müssen die Courtertons ja nicht wissen.

Ich lächle und die kundgegebene Meinung meiner Mutter scheint ihn zu besänftigen. „Dann dürfte es also bei Ihnen nicht mehr lange dauern, Miss?", freut sich auch seine Frau und ihre Stimme ist im Gegensatz zu der ihres Mannes unnatürlich leise, fast schüchtern. Schon eben aus einiger Entfernung ist mir ihre durchscheinbare, blasse Haut aufgefallen, doch nun aus nächster Nähe wirkt sie fast elfengleich. Agatha Courterton ist ungewöhnlich schmal, aber nicht auf eine zierliche, sanfte Art, sondern vielmehr zittrig und puppenhaft, als wäre ihr Körper gealtert – und das sogar ein wenig zu schnell – und ihre Statur doch in der Form eines jungen Mädchens geblieben. Doch ihre Augen blicken freundlich und die Art, wie stolz sie ihrem Sohn entgegenblickt, lässt ihr eingefallenes Gesicht ein wenig leuchten. Ich nicke langsam. „Mutter hat mir bereits ein oder zwei in Frage kommende Herren ausgeguckt, die ich kennenlernen werde, sobald ich zurück in London bin. Wir werden sehen, was sich dann ergibt," antworte ich so vage wie möglich. Ich weiß, was Herrschaften wie die auf Haven Hill hören wollen und ich weiß auch, dass man nach Klatsch und Tratsch hungrige Mäuler lieber stopft, als sie weiter hin zu halten. Innerlich klopfe ich mir für die Antwort auf die Schulter: Sie ist ungenau genug, um sowohl der Wahrheit zu entsprechen – wenn Mrs. White sich in den Kopf gesetzt hat ihre Tochter unter die Haube zu bringen, dann werden Vorkehrungen getroffen, aber pronto – und zugleich keine eindeutige Lüge zu sein: Ich plane nicht vor Mitte zwanzig zu heiraten und wenn ich meine Mutter hin- und mit Männergeschichten zum Narren halten werde: Fünf oder sechs Jahre möchte ich mir selbst dann doch noch gestatten. Dass fünf oder sechs Jahre auf Haven Hill, wo Zeit nur etwas Ungefähres ist, einer Sekunde gleichen und doch so langsam vergehen, dass es sich beinah um eine Ewigkeit handelt, habe ich schnell begriffen und dass Todd Courterton erst eine verheiratete Frau überhaupt als Frau sieht auch, so lasse ich diesen Teil der Wahrheit lieber aus.

Ich setze ein höfliches Lächeln auf und Henry neben mir räuspert sich geräuschvoll. „Ein oder zwei in Frage kommende Herren? Ist das so, Miss Luna?", hakt er noch einmal nach und ich nicke ihm betont galant zu, kann ein freches Grinsen in seine Richtung nicht verbergen. „Ja, das ist so." Henry grinst. „Geben Sie mir Bescheid, wenn man Ihnen gratulieren darf, in Ordnung? Ich würde ihrer..." Sein Mundwinkel zuckt sichtlich amüsiert. „...ihrer Verlobungsfeier nur zu gerne beiwohnen." Beinah muss ich ob dem leisen, aber für mich sehr wohl wahrnehmbaren Sarkasmus in seiner Stimme lachen, doch ich lasse mir nur höflich das Versprechen abnehmen, ihm in jedem Fall eine Einladung zukommen zu lassen, sollte in Kürze einer von Mutters Auserwählten um meine Hand anhalten – wogegen ich mich vehement wehren werde – als Amy-Rose unsere kurze, aber zweisame Konversation unterbricht. „Ich finde, Sie sollten bald heiraten," kräht sie und mustert mich schnippisch.

Ihre flaschengrünen, fast sumpfigen Kulleraugen huschen über meine betont geschminkten Lider, die gewellten Strähnen, die mein schmales Kinn zart umspielen und meinen aufrechten Hals, der in die sanfte Spitze meines schwarzen Abendkleides übergeht. Missbilligend verzieht sie das Gesicht zu einer Grimasse, doch ich kann nicht anders, als dies als Kompliment dafür zu werten, dass ich an diesem Abend mit dem Herrichten meiner Schminke samt Kleid eine gute Wahl getroffen habe. Ich werfe ihr ein süffisantes Lächeln zu, dass sie erwidert, als sie hinzufügt: „Eine Frau wie Sie überlebt doch alleine, ohne einen Mann, an ihrer Seite keinen Tag." Sie grinst ein hässliches Grinsen und lacht hell, aber nicht schön, ganz so, als hätte sie sich einen guten Scherz erlaubt, aber keiner lacht mit. Ich erwidere nichts, streiche mir nur betont eine der perfekt fallenden Strähnen hinter mein Ohr und mustere ebenso missbilligend wie sie zuvor mich, ihr stumpfes, fettendes Haar. „Manch anderer dagegen...", fährt sie unbeirrt ob meiner Miene fort und wendet sich an Henry, der ihr gegenübersitzt, „...ist zum Heiraten einfach nicht gemacht, nicht wahr liebster Henry?" Sie beugt sich über den Tisch näher zu ihm und der metallene Anhänger ihrer Kette, der bisher noch nicht sichtbar irgendwo zwischen ihren massigen Brüsten verschwunden war, klirrt gegen den Rand des Tellers vor ihr. Ich kann das Symbol, das die Kette abbildet aus der Ferne nicht erkennen, aber kann feine Linien einer geschwungenen Gravur ausmachen. Ich nehme mir vor im Laufe des Abends bei Gelegenheit einen genaueren Blick darauf zu werfen.

Amy-Rose' Miene hat sich noch im selben Augenblick verändert, in dem ihre Augen von mir zu Henry geglitten sind und das hässliche Grinsen nimmt einen beinahe lieblichen Ton an. „Manche Männer sind ledig viel besser dran, als mit einer schlampigen Schnepfe als Anhängsel." Sie wirft mir einen kurzen Blick zu und lacht wieder als würde es sich um einen lustigen Witz handeln. Ein Petersilienblatt, das an ihrem Schneidezahn haften geblieben ist, löst sich aus ihrem Mund und fällt auf den Stoff ihrer Bluse. Sie zerreibt es zwischen den Fingern und sieht dann auf. „Nicht wahr, liebster Henry?", wiederholt sie noch einmal und lächelt beinah freundlich. Doch Henry scheint davon unbeeindruckt, er erwidert nichts, aber die Art, wie er den Blick seiner Cousine geraderaus vermeidet, lässt mich verwirrt die Stirn kräuseln.

Doch bevor ich über die seltsamen Blicke von Amy-Rose an meinen Sitznachbarn und dessen Ignorieren weiter nachdenken kann, lässt Marisha Jakov zu meiner anderen Seite ein leises Seufzen erklingen. „Doch macht auch die Ehe den Willen des Schicksals nicht unvermeidbar, nicht wahr, meine Lieben?", meldet sich nun die Mutter Lady Lavinjas zu Wort und lenkt das Gespräch somit zurück zum eigentlichen Geschehen auf Haven Hill. Müde streicht sie sich eine Strähne ihres ergrauten Haares, die sich aus dem vollen, hochgesteckten Knoten in ihrem Nacken gelöst hat, hinter ihr Ohr und offenbart eine Reihe an glänzenden Steinen in mintgrün, quarzrosa und anthrazitschwarz die sich, aufreiht wie Perlen auf einer Schnur, die Muschel ihres Ohres entlang ziehen, je einer in den winzigen Löchern von oben bis unten. An ihrem Läppchen hängt ein schwer aussehendes Gewinde an feinen silbernen Strängen die sich in und um einander schlingen und ein Gebilde fassen, das aussieht wie eine aus Zinn gegossene Figur mit Pfeil und Bogen. Ich frage mich instinktiv, ob ihr Schmuck eine tiefere Bedeutung innehat, doch da hat Mrs. Jakov sich bereits die auberginefarbene Kapuze tiefer in die furchendurchzogene Stirn gezogen und ihr Ohr ist wieder verdeckt.

Sie seufzt. „Auch die Hochzeit schützt eine junge Frau wie meine Lavinja nicht vor den Gefahren des Lebens...", murmelt sie leise und Mister Courterton neben ihr legt ihr über die Tischecke zwischen ihnen und den leeren Platz der toten Lady hinweg die Hand auf die beringten Finger. Es ist eine seltsame Geste, denn es liegt nichts der Empathie oder des Mitgefühls darin, die mit einer körperlichen Berührung wie dieser für gewöhnlich einhergehen würde. Ganz so, als würden für Todd Courterton – als den Hausherren von Haven Hill – andere Regeln gelten. Verwirrt ziehe ich die Brauen zusammen und nehme mir vor Henry bei Gelegenheit einmal auf seinen Vater anzusprechen. Ob dieser wohl schon immer so war? Eine gefühlslose Vaterfigur und eine fehlende Mutter – was auch immer auf Bethany Courterton geworden ist? Auch darauf will ich Henry beizeiten mal ansprechen.

Tief und vibrierend spricht Todd Courterton: „Ihre Tochter war eine bemerkenswerte Frau, Mrs. Jakov, das bezweifelt niemand." Sein Ton zeugt wie erwartet nicht davon, ob er diese Worte auch so meint und auch seine Miene bleibt starr und unverändert. Jareth auf der anderen Seite nickt langsam, aber mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht, den ich nicht wirklich deuten kann. „Nein, wirklich niemand", stimmt er seinem Onkel zu, aber er sagt es so gedehnt, dass ich mir für einen Augenblick unsicher bin, wie er diese Worte meint. Doch da hat schon seine Mutter das Wort ergriffen. „Die Lady war eine Bereicherung für diese Familie, wenngleich auch für eine viel zu kurze Zeit", erklärt sie wehmütig und ihr Mann nickt mit traurig zusammen gezogenen Augenbrauen. „Wie wahr...", stimmt er ihr zu und starrt nachdenklich vor sich auf die Tischplatte. „Und schön war sie, das ohne Frage. Eine ganz wunderbare Frau, eine rechtmäßige Gattin für einen Herren von Haven Hill, dagegen lässt sich nichts sagen..." Sein Bruder zeigt noch immer in seiner kalten Miene keine Regung und bleibt stumm, aber senkt nickend das Kinn wie zur Bestätigung der vorangegangen Worte. Wie um seinem Vater zuvor zukommen oder auch seine Worte zu ersetzen – ich weiß es beim besten Willen nicht – beugt sich nun Henry ebenfalls näher zu Mrs. Jakov und weil ich zwischen ihnen sitze – wie zufällig – auch näher zu mir. „Sie war uns allen eine ebenbürtige Herrin des Hauses, hat sich wo sie nur konnte um Pearline und Addison gekümmert. Die Schwestern..." Er räuspert sich so leise, dass ich mir sicher bin, dass ich die Einzige bin, die es vernommen hat. „...und auch ich natürlich haben sie geliebt, als wäre sie unsere Mutter", fährt Henry fort und als kurz Stille einkehrt und alle darauf zu warten scheinen, das sich jemand den schönen Worten anschließt, schiebt Marilyn eilig hinterher: „Ich habe sie sowieso wie eine Schwester geliebt. Unser Blondchen..." Sie seufzt abermals theatralisch und schiebt ein bestimmtes „Ja wirklich!" hinterher, als Jareth ihr mit hochgezogenen Augenbrauen entgegenblickt.

Dieser verschränkt misstrauisch die Arme vor der breiten Brust. „Tief drin haben wir sie am Ende alle geliebt, nicht wahr?", wirft er in die Runde, doch er sagt es wieder in dem Ton wie zuvor, bei dem ich mir unsicher bin, ob er seine Worte meint, wie er sie sagt. Doch Marisha Jakov scheint das nicht bemerkt zu haben. „Und wie wir das haben," stimmt sie ihm zu und ihre Stimme wird leiser zum Ende hin, fast so, als wäre sie den Tränen nah. „Natürlich haben wir das", fällt auch Augustus Courterton mit ein, in seiner typischen selbstverständlichen Manier und Amy-Rose zischt leise, aber laut genug, das es jeder hört: „Manche mehr als andere, was?" Ich sehe irritiert auf und sehe in verschlossene Gesichter, die tun, als hätten sie die Worte der jungen Frau nicht gehört. Nur der Hausherr blickt ihr mahnend entgegen, woraufhin ihr leises Gegacker augenblicklich verstummt.

Doch dieser eine Satz hat gereicht, um mich nachdenklich zu stimmen und mich zu fragen, worauf sie wohl anzuspielen versucht. Dass Madame Marilyns Worte, wie sehr sie ihre Schwägerin geliebt haben will, nicht für voll zu nehmen sind, erübrigt sich wohl festzustellen. Doch Jareths seltsamer Ton will mir nicht aus dem Kopf und instinktiv keimt die Frage in mir auf, ob er den schönen Worten seiner Familie wohl den gleichen Glauben schenke, wie ich es tue. Ich habe nicht erwartet in einem Haus mit eiskalten Fluren und kühlen Menschen, warme Worte über geliebte Menschen zu finden. Ich bin ehrlich überrascht. Und umso mehr verunsichert mich der Gedanke, diese Worte – oder auch nur eines – könnte nicht ganz so gemeint, wie gesagt sein.

Und dann kommen mir wieder Ellas Worte in den Kopf. Alle miteinand', das sach ich dir, Herzchen. Zu zutrauen wär's ihnen ja, diesem Pack an Lügnern und Betrügern. Mich überkommt eine Gänsehaut, doch diese ist eisig wie die langen Korridore von Haven Hill und unangenehm wie Amy-Rose beim Suppeessen zu zusehen. Als wäre das warme Feuer im breiten Kamin mit einem Mal erloschen, wird mir stetig kälter und ich verschränke die Arme vor der spitzeüberzogenen Brust.

Und langsam, ganz langsam beschleicht mich die dunkle Ahnung, dass hier noch etwas anderes vor sich geht, als der Tod einer geliebten Hausmutter. Langsam, ganz langsam, frage ich mich, ob hinter dem Mord an der Frau des Hausherrn von Haven Hill nicht noch viel mehr dahinter steckt, als Ella in ihren Vermutungen geäußert hat. Langsam, ganz langsam, kriecht nun doch Interesse, wer dahinter steckt, in mir auf. Und ich stelle mir selbst die Frage: Habe ich eine Chance das herauszufinden?

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