Die Fesseln - Teil 1 (yaoi)
Ich befand mich in dem Loch, auch genannt Zuhause. Tageslicht schien seltend und wenn sich die Sonne mal an einen solch dreckigen, modrigen Ort zeigte, dann nur um mir wenigstens etwas von ihrer Wärme und Hoffnung abzugeben. Jenes war nur von kurzer Dauer. Aber gerade noch lange genug, um mich in tiefste Verzweiflung zu stürzen. Das einzige, was ich seit all den Jahren, die ich hier schon verbracht hatte, gelernt hatte, war: Hoffnung ist etwas törichtes. Sie war nur dazu da den Menschen einzureden, dass alles in Ordnung sei -auch wenn dem eigentlich nie der Fall war-
Sie redete den naivsten Lebewesen Wünsche und Erwartungen ein, die sich niemals erfüllen werden, egal wie lang sie hofften und warteten.
Und ich sage euch: Ich habe gewartet! Habe die Tage gezählt und an der kalten Steinwand festgehalten, um nicht der Zeit zum Opfer zu fallen und nicht dem Wahnsinn zu verfallen. Meine Kleidung waren nur noch Stofffetzen, die meinen Körper nicht einmal ein bisschen Wärme gaben. Meine Haut war dunkel, wegen dem Dreck, in dem ich jeden Tag einschlief und von dem Rest meines Aussehens wollte ich nicht einmal anfangen.
Ich fühlte mich wie ein reudiger Köter. Wie ein Tier, welches in seinem eigenen Schmutz lebte ohne etwas dagegen zu unternehmen.
Aber was hätte ich schon tun können? Mein Körper war zu schwach, um aus dem Loch herauszuklettern -wobei ich nicht einmal die Höhe miteinbezog- und meine Hände waren von zwei dunklen, kalten Handschellen geziert, gegen die ich mich schon so sehr gewehrt hatte, dass die Haut darunter aufgeschürft war.
Gerade machte ich einen erneuten Strich mit einem Stein an der Wand, die langsam nicht mehr als solche zu erkennen war. So viele Striche. So viele Tage, die ich verpasst hatte, die man mir genommen hatte. Traurig rutschte ich an der Wand herab, legte mich hin und machte mich so klein wie möglich. Versuchte dabei etwas Wärme zu gewinnen, was ich zu meinem Glück auch bekam. Müde und ausgelaugt schloss ich meine Augen und verfiel dem Schlaf, welcher hoffentlich mein letzter sein wird.
----------------Sebastian--------------
Heute war der Tag, an dem ich mit meiner Familie einen Ausflug in die Wälder unternahm. Da meine Eltern berühmte Tier-und Pflanzenforscher waren und ich alt genug war, um auf mich selbst aufzupassen, ging ich alleine los. Zu Beginn schaute ich meine Umgebung und die atemberaubende Natur an. Leider bemerkte ich dabei nicht, dass ich mich immer weiter von unserer gemieteten Holzhütte entfernte.
Und ehe ich mich versah, hatte ich mich verlaufen. Besorgt und in leichter Panik versuchte ich meine Eltern per Handy zu kontaktieren, doch leider -wie auch nicht anders erwartet- hatte ich keinen Empfang.
Fluchend steckte ich mein Handy zurück in die Tasche meiner Skinnyjeans und versuchte auf gut Glück den Weg zurückzufinden.
Leider wurde es dabei nur dunkler und kälter, sodass ich bald Schutz unter einem großen Baum suchte; wo ich mich hinsetzte und die Knie an meinen Körper heranzog. Ängstlich betrachtete ich den Wald bei Nacht. Schreckte bei jedem noch so kleinen Geräusch zusammen und versuchte die Ruhe im Schlaf zu finden. Nach mehreren Versuchen hatte ich es geschafft.
Erst am nächsten Morgen wurde ich von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die durch die Baumkronen hindurch schienen. Verschlafen rieb ich mir die Augen, stand auf und streckte mich. Anschließend beschloss ich mich wieder auf die Suche zu begeben. Die Nacht war zwar nicht so kalt wie erwartet, doch ein warmes Bett zog ich dem trotzdem vor. Außerdem wusste ich, dass das Wetter sich auch schlagartig ändern konnte.
Nach einer Weile ohne Erfolg kam ich an einem kleinen See an. Die Wasseroberfläche war so klar und verführerisch, dass ich beschloss erst einmal baden zu gehen und Kraft zu tanken. Gedacht, gemacht. Das Wasser fühlte sich ziemlich gut an. Wusch beinahe all meine Sorgen davon, doch leider war ich mir darüber bewusst, dass ich nicht viel Zeit für soetwas hatte. Ich musste schleunigst nach Hause kommen; ansonsten würden sich meine Eltern noch zu viele Sorgen machen.
Viele Stunden irrte ich durch die Wälder, fand jedoch keinen Weg zurück. Enttäuscht und verzweifelt wollte ich mich etwas ausruhen, als der Boden unter meinen Füßen wegrutschte und ich somit umfiel.
Vor lauter Schreck entfloh mir ein stiller Schrei, während ich mir schützend den Kopf hielt unf ungewollt einen steilen Anhang hinunterrollte, den ich wegen den vielen Büschen zuvor gar nicht bemerkt hatte. Erst, als sich die Welt nicht mehr drehte, traute ich mich dir Hände wegzunehmen und aufzustehen. Verletzt hatte ich mich nur wenig. Einige Schrammen und blaue Flecken würden sicherlich trotzdem zurückbleiben.
Stumm musterte ich meine Umgebung. Ich befand mich auf einer grünen Lichtung, die jedoch ziemlich trostlos und düster auf mich wirkte. Verwundert sah ich mich um. Die Sonne stand derweil am Horizont und erhellte den finsteren Ort etwas, sodass ich einen besseren Überblick hatte. Erst dann fiel mir auf, dass sich ein Brunnen am Ende der Lichtung befand.
Ein älteres Häuschen war nicht weit entfernt, doch schien auf den ersten Blick ziemlich verlassen und heruntergekommen. Neugierig näherte ich mich dem Brunnen, von dem ich erwartete, leerzustehen. Als ich jedoch einen Blick ins Innere wagte, rückte mein zuvorer Gedanke in den Hintergrund. Ganz unten im Brunnen; befand sich zwar kein Wasser, doch dafür erkannte ich eine Gestalt, die sich hin und wieder bewegte.
Verwundert rieb ich mir die Augen, dachte, dass ich mir dies einfach eingebildet hatte. Leider lag ich da falsch. Tatsächlich befand sich auf dem Grund des Brunnens ein Mensch.
Anscheinend ein noch lebendiger.
,,Hey, geht es dir gut? Brauchst du Hilfe?", rief ich, wobei ich mich am liebsten selbst geschlagen hätte.
Natürlich brauchte er Hilfe!! Als wäre er da freiwillig runtergesprungen!!?
Ohne auf eine Antwort zu warten; schrie ich:,,Warte dort! Ich suche nur schnell etwas, um dich herauszuziehen!"
Eine Weile hatte es schon gedauert, doch schließlich fand ich ein Seil am Rande der Hütte, welche sich in der Nähe befand. Sofort machte ich mich wieder auf zum Brunnen, warf das eine Ende des Seils ins Innere hinein und befestigte das andere am nächstgelegenen Baum. Anschließend rief ich dem Jungen zu, dass er nun hochklettern konnte.
Jener wagte es jedoch nicht einmal das Seil auch nur anzusehen. Überrascht fragte ich, ob er mich denn überhaupt verstehen könnte. Doch wieder kam keine Antwort.
Zunehmend wurde die Besorgnis in mir geweckt.
Da mir nichts anderes einfiel, wie ich ihn herausbekommen könnte, zog ich das Seil wieder heraus und befestigte das Ende des Seils an meinem Bauch.
Nachdem ich mir sicher war, dass alles halten würde, stieg ich langsam und vorsichtig in den Brunnen hinein. Nervös blickte ich zurück, was ein Fehler war. Die Höhe erschreckte mich etwas und ich war nahe daran, mein Vorhaben abzubrechen.
Doch nachdem ich tief ein-und ausgeatmet hatte, setzte ich meinen Weg nach unten fort. Machte einen Schritt nach dem Anderen. Versuchte mich ja nicht selbst zu hetzten. Unten angekommen strich ich mir ersteinmal den Schweiß von der Stirn; bevor ich mich zu der fremden Person wandte.
Jener kauerte noch immer an der Wand, die bestimmt genauso kalt war, wie sie auch wirkte. Lauter Striche überfüllten sie, was darauf hindeuten musste, dass er schon länger hier unten gefangen war.
Besorgt musterte ich seinen Körper, der ziemlich mitgenommen aussah. Seine Gestalt war dreckig und abgemagert. Vom Geruch wollte ich nicht einmal anfangen und allgemein hatte ich noch nie eine Person in einem solchen schlechten Zustand erlebt.
Was ihn wohl nach hier unten befördert hatte?
Vorsichtig streckte ich meine Hand nach ihm aus, doch sofort als ich seine kalte Haut unter meinen Fingerspitzen spürte, zuckte er zusammen. ,,Hab keine Angst! Ich bin Sebastian und werde dir nichts tun!", redete ich beruhigt auf ihn ein, was mit der Zeit auch funktionierte.
Der kleine Junge, welcher in meinem Alter sein musste, entspannte sich zunehmend und wagte es sogar mir in die Augen zu sehen. Ich konnte bis in seine Seele sehen, die wohl ziemlich zerstört wurde.
Er sah aus wie eine lebendige Leiche.
Nur noch eine Hülle seiner selbst.
,,Hey, komm erst einmal mit mir hier aus dem Loch heraus! Okay?", fragte ich so als würde ich mit einem kleinen Kind reden. Der Junge zeigte jedoch keinerlei Reaktionen, weshalb ich ihn einfach zu mir zog und ihn ebenfalls am Seil befestigte. Erst da fiel mir auf, dass seine Hände mit Handschellen gefesselt waren, doch um dieses Problem wollte ich mich ein anderes Mal kümmern. Erst einmal mussten wir hier raus.
Ich machte mich mit ihm zusammen wieder zur Oberfläche auf.
Da meine Begleitung ziemlich leicht war und kein bisschen rumzapelte, schafften wir es ohne große Probleme.
Erschöpft ließ ich mich zusammen mit dem Jungen auf die Wiese fallen. Die Sonne schenkte uns die letzten Lichtstrahlen, weshalb wir uns leider nicht lange ausruhen konnte.
Sofort stand ich wieder auf, hiefte den Jungen ebenfalls auf seine Beine und zog ihn mit mir. Ich lief den Weg zurück, den ich gekommen war.
Die Lichtung und das Hütchen ließ ich hinter uns, auch wenn es wohl klüger gewesen wäre im alten Haus zu übernachten.
Doch ein Gefühl in meiner Magengegend sagte mir, dass ich das Richtige tat.
Nachdem wir genug Abstand zwischen uns und dem Brunnen gebracht hatten, verschwand das seltsame Gefühl und ich fing an meine Muskeln zu entspannen. Das sich jene überhaupt so komisch verhalten hatten, wurde mir erst dann bewusst.
Die Sonne ging gerade endgültig unter, weshalb ich uns einen Schlafplatz suchte, an dem wir uns eng aneinander kuschelten, um uns gegenseitig Wärme zu spenden. Zu gerne hätte ich ein Gespräch begonnen, doch ich wollte den Jungen nicht zum Reden zwingen, weshalb ich einfach still blieb und einen Arm um seinen Körper legte. Später fielen mir dann die Augen zu.
Als ich dann am nächsten Morgen aufwachte, blickte ich in zwei neugierige Augen, die mich dennoch ängstlich musterten. Überrascht blickte ich den Jungen an. Er hatte nicht einmal versucht sich aus meiner Umarmung zu befreien. ,,Geht es dir nun besser?", fragte ich besorgt und hoffte endlich mal seine Stimme zu hören.
,,E...s ist schön warm!"
Seine Stimme war so klar wie der Klang einer Glocke. Ich strahlte den Jungen an, war froh, dass er mich verstehen konnte. Auch wenn er nicht auf meine Frage eingegangen war.
,,Wie heißt du?", fragte ich und strich ihm dabei beruhigend über den Rücken.
,,Liam", flüsterte der Junge und schmiegte sich an mich. ,,Wie kam es eigentlich dazu, dass du im Brunnen warst?", fragte ich Liam neugierig, der mir zunehmend mehr Vetrauen schenkte.
--------------------Sicht von Liam----------------
Kurz überlegte ich. Sollte ich es ihm wirklich erzählen? Konnte ich es ihm überhaupt erzählen?
In Gedanken versunken, kamen die ganzen Erinnerungen von damals in mir hoch. Sofort spannte ich mich wieder an und suchte panisch den Wald ab. Erst als ich niemanden sah, beruhigte ich mich wieder. Sebastian sah mich überrascht und besorgt an.
Er war so lieb und fürsorglich zu mir, obwohl ich so abweisend gewesen war. Dabei kannte er mich nicht einmal richtig. Traurig sah ich ihn an.
Er schien so perfekt zu sein. So makellos. Ganz anders als ich es war.
Ich war verdorben worden. Mein Körper wurde unzählige Male in lauter Scherben zerbrochen und anschließend wieder zusammengesetzt, sodass ich nicht einmal mehr wusste, wer ich eigentlich war.
Noch niemand hat sich so um mich gesorgt wie Sebastian es in diesem Moment tat. Leider wusste ich, dass, wenn er sich mit mir einlassen würde, nur Elend über ihn käme.
Und jenes wollte ich lieber vermeiden. Ich wollte eine solche nette Person wie ihn nicht verderben.
Er sollte so bleiben wie er war.
Plötzlich raschelte das Gebüsch in der Nähe. Ich zuckte zusammen, versteckte mich in Sebastians Halsbeuge. Die Angst stand mit ins Gesicht geschrieben. Jede Ader meines Körpers wusste, dass nichts gutes dort auf uns lauerte.
,,Du brauchst keine Angst zu haben. Vielleicht sind es meine Eltern, die nach mir suchen. Ich werde mal nachschauen. Bleibe du derweil hier! Es dauert auch nicht lange", sagte Sebastian sorgenlos. Sein Lächeln konnte ich mir gut vorstellen.
Doch er sollte nicht gehen.
Er sollte mich nicht alleine lassen!
,,Nein!! Geh nicht!"
Zu gerne hätte ich ihm dies hinterher geschrien. Leider hatte mein Körper nicht mehr die Kraft dazu. Ich sankte am Boden zusammen. Mit halb geöffneten Augen sah ich dabei zu, wie mein Engel auf das Gebüsch zu lief. Ich wusste, dass etwas schlimmes passieren würde. Und leider tat es das auch.
Aus dem Gebüsch kam eine Gestalt hervor, die das Blut in meinen ADERN gefrieren ließ. Ich wollte weinen und gleichzeitig schreien. Meine Vergangenheit sprudelte in Form von Bildern in mein Gedächtnis zurück.
Cain war sein Name. Ein gutaussehenden junger Mann mit einem grausamen Hobby, welches ich am eigenen Leib erfahren hatte.
Krampfhaft versuchte ich Sebastian mitzuteilen, dass er weg rennen sollte.
Doch das Schicksal hatte es anscheinend nicht gut mit ihm gemeint. Cains Blick huschte zu mir, woraufhin er breit zu lächeln anfing, ehe er Sebastian die Hand hinstreckte und auf freundlich tat. Mit der selben Masche hatte er mich zu sich gelockt, bevor er mich ruiniert hatte. Sowohl geistlich als auch körperlich.
Cain sah zwar nicht so aus, aber er war ein kranker Psychopath, dem dringend geholfen werden müsste.
Ihm habe ich es zu verdanken, dass mein Körper so abgemagert und widerlich aussah. Ich wurde von ihm verdorben bis ins Mark. Er hat mich unzählige Male geschlagen und misshandelt. Er war es, der mich kaputt gemacht hatte und mich danach wie ein wertloses Spielzeug in den Brunnen schubste.
Nicht einmal hat er nach mir gesehen!
Ich wollte nicht, dass er das selbe mit Sebastian tat. Seine fröhliche Art hat mir wieder etwas Hoffnung gespendet, die viel kostbarer war, als alles zuvor. Er hatte mich gerettet und die Finsternis vertrieben. Dies sollte nicht alles um sonst gewesen sein. Sebastian sollte Cain nicht zum Opfer fallen. Nicht ihm!
Mit roten Augen fiel ich in Ohnmacht. Meine Gedanken verweilten noch immer bei meinem Engel. Ich konnte nur hoffen, dass ich Cain davon überreden konnte, ihn gehen zu lassen.
Leider hatte jener anderes vor.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro