küss mich
Um mich herum ist die Party nach wie vor im vollen Gange. Die Musik dröhnt in meinen Ohren und die Gäste unterhalten sich weiterhin, als wäre nichts passiert. Nur ist stehe wie angewurzelt da und schaue die Person an, mit der ich vor ein paar Sekunden zusammen gestossen bin. Hypnotisiert schaue ich in zwei braune Augen, wie das Kaninchen vor der Schlange. „Was machst du hier?" Auch wenn wir beide das gleiche Schicksal erlitten haben, oder viel mehr vermeintlich, heisst das nicht, dass ich mich freue.
Die braunen Augen stechen sich in meine blauen, und ich habe immer noch keine Ahnung was sie von mir verlangt. „Ich bin hier um mit dir zu reden." Ich runzle die Stirn und schaue sie irritiert an, mir fällt Miles wieder ein, doch als ich mich umdrehe finde ich ihn immer noch mit dem Chinesen sprechen. „Unter vier Augen am Besten und an einem ruhigeren Ort." Ihr zierliches Gesicht verzieht sich ein bisschen, als sie Miles entdeckt. So als ob sie Schmerzen hätte, vielleicht hat sie diese ja auch. Dieselben die ich ertragen musste, als ich dachte Miles wäre tot. Ich schaue noch einmal zu Miles und nicke schliesslich. Ich folge Faizah auf die Terrasse und atme die warme Sommerluft ein. Auch wenn wir in New York sind, ist der Geruch nach Sommer auch hier präsent.
Ich setze mich auf eine Sitzgelegenheit und falte die Hände die in meinem Schoss liegen. Auch wenn ich nicht sagen kann, wieso sie hier ist, so macht sie mich nervös. Was sie merkt, denn ein leicht überheblicher Ausdruck schleicht sich in ihre tiefbraunen Augen. „Was willst du?", sage ich und breche somit die Stille die sich zwischen uns gelegt hat. Faizah streicht sich ihr seidig schimmerndes Haar aus dem Gesicht und sieht mich direkt an. „Ich bin nicht wegen dir hier, sondern wegen Said.", stellt sie klar. Ich nicke, denn ich weiss nicht wie ich sonst reagieren soll. „Und wieso?" Sie nervt mich und .auch wenn sie mir den Grund vorhin genannt hat, kann ich es trotzdem nicht verstehen. „Er gehört zu mir, in sein Land und nicht zu einer amerikanischen Hure." Sie funkelt mich an, ihre Wangen färben sich dunkelrot und anscheinend bringt sie meine Gegenwart in Rage.
„Erstens muss ich mir so etwas nicht bieten lassen und zweitens wird mir das zu blöd. Flieg wieder zurück und lass uns in Ruhe." Ich stehe auf und will die Terrasse verlassen, doch ihre kleine Hand schliesst sich um mein Handgelenk. Drückt so fest zu, dass es wehtut und ich sie erschrocken ansehe. „Ich glaube du hast mich nicht richtig verstanden. Das Said zu mir gehört meinte ich nicht nur, weil er mir versprochen ist, sondern auch, weil wir eine Familie sind." Wieder runzle ich die Stirn und schüttle den Kopf. „Was redest du für einen Schwachsinn. Du warst vielleicht seine Jugendliebe, aber ich, ich bin seine grosse Liebe. Die Liebe seines Lebens, für die er sich sogar operieren lassen hat. Und das mit Erfolg, er hat überlebt und das lasse ich mir nicht von einer Bitch wie dir kaputt machen." Ich reisse mich von ihr los und habe die Tür schon erreicht, als sie meinen Namen sagt. Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihr um, fixiere sie mit meinem Blick und funkle sie wütend an.
„Was?" Meine Geduld ist gegen Null gesunken und ich habe echt keine Lust mich von ihr schikanieren zu lassen. Ich drehe mich um und schliesse die Hand um die Klinke, als sie anfängt zu reden. „Ich bin schwanger." Mir entgleiten die Gesichtszüge und ein wimmerndes Geräusch dringt aus meiner Kehle. Ich umklammere die Klinke so fest, dass meine Knöchel weiss hervor treten. Mein Mund fühlt sich staubtrocken an und ein fürchterlicher Schmerz peitscht durch mich hindurch, als hätte mir jemand in den Magen geschlagen. „Das kann nicht sein...", wispere ich. Doch Faizahs triumphierender Blick ist mir Antwort genug, meine Beine zittern so stark, dass ich Angst habe gleich umzufallen.
„Du lügst. Du bist eine verdammte Lügnerin.", schreie ich sie an. Sie kommt auf mich zu, langsam und voller Überheblichkeit. „Nein, das tue ich nicht. Ich trage Said's Kind unter meinem Herzen, es wurde mit Liebe gezeugt und es wird auch in einer liebenden Familie aufwachsen." Ihre Stimme ist leise, leise und gefährlich. Wie ein Raubtier hat sie sich an mich gepirscht, und hat sich mit vollem Tempo auf mich gestürzt, hat mir den alles entscheidenden Biss versetzt. Genau in den Nacken, dort wo meine Halsschlagader verläuft. Bevor ich zu Boden sacke und noch besser zum Ziel ihrer Gemeinheit werde, drücke ich die Klinke nach unten und fliehe ins Innere. Dränge mich durch die Gäste und habe endlich den Ausgang erreicht, als mich jemand am Arm packt. Ich drehe mich um und sehe Miles vor mir, ich bin zu durcheinander um reagieren zu können.
„Mia, was ist los?", fragt er und sieht mich besorgt an. Die Wut vertreibt den Schock und lässt mich wieder fühlen, doch das was ich fühle ist schlimmer als alles andere. „Du bist ein Lügner, ein verdammter Lügner!", schreie ich und reisse mich aus seinem Griff. Ich öffne die Tür und renne zum Fahrstuhl, hämmere auf den beschissenen Knopf und verfluche alle. Ich höre wie Miles nach mir ruft, endlich gleiten die Türen auf und ich husche hinein, hämmere erneut auf den Knopf damit sich die Türen schliessen. Sie schliessen sich quälend langsam, das letzte was ich sehe ist Miles wie er mich mit weitaufgerissenen Augen ansieht. Für einen Augenblick bleibt die Zeit stehen, denn mir wird bewusst, dass er es weiss. Entweder hat er es verstanden, oder er hat es vorher schon gewusst. Letzteres wäre abscheulich, einfach grauenhaft und unverzeihlich.
Die Zeit geht weiter, als sich die Türen geschlossen haben und der Aufzug sich in Bewegung setzt. Ich taumle nach hinten bis ich die Wand im Rücken spüre und gebe einen erstickten Laut von mir. In mir herrscht ein solches Gefühlschaos das ich gar nicht weiss was ich eigentlich fühlen soll. Die Türen öffnen sich wieder und ich haste so schnell aus dem Gebäude wie ich nur kann, dabei ziehe ich viele fragende Blicke auf mich, doch das ist mir scheiss egal. Draussen bleibe ich stehen und atme tief ein und aus, sauge so viel Luft wie ich nur kann in meine Lunge und behalte sie für ein paar Sekunden drinnen, bevor ich sie wieder ausatme. Mein Herz rast und ich kann das Blut in meinen Ohren rauschen hören. „Mia?" Miles Stimme katapultiert mich wieder in die Realität zurück. Ich setze mich wieder in Bewegung, leider nicht schnell genug, denn er kriegt mich am Arm zu fassen.
„Lass mich los?", kreische ich. Denn seine Berührung schmerzt, sie verätzt meine Haut und lässt sie blutend und offen zurück. „Ich hab gesagt du sollst mich los lassen, du verdammter Lügner.", schreie ich und zerre solange bis er endlich los lässt. Seine Augen sind weit aufgerissen, als würde ihn meine Reaktion schockieren. Über diesen Gedanken muss ich schmunzeln, doch das erstirbt schnell wieder, als mir bewusst wird was ich gerade gehört habe. Wieder renne ich vor ihm weg, doch er ist schneller und holt mich erneut ein. „Mia, lass es mich erklären." Ich lache auf und schüttle den Kopf, ich kann nicht fassen, dass er die Frechheit besitzt so etwas zu sagen. „Oh, du willst es mir also erklären. Wie gütig von dir. Wie lautet die Erklärung denn? Das sie durch eine göttliche Fügung auf dich gefallen ist, als du an mich gedacht und an die selbst rum gespielt hast? Für wie blöd hältst du mich denn? Hm? Ich fasse es nicht, dass du mich belogen hast. Wie lange ging dass denn mit euch?" Ich werde immer lauter, Miles sieht sich immer wieder um, als hätte er Angst, dass man schlecht über ihn denken könnte, aber die Welt soll nur wissen wie erbärmlich dieser Mann ist.
„Ich habe es nicht gewusst. Noch nicht sehr lange. Sie stand Gestern plötzlich vor mir und hat es mir erzählt. Ich...", weiter lasse ich ihn nicht reden. „Das will ich nicht hören. Ich will nichts mehr von dir hören. Dass du mich so hintergehen könntest, hätte ich nie von dir gedacht. Denn idiotischer Weise dachte ich wirklich das du mich liebst und, dass du etwas aus der Vergangenheit gelernt hast. Aber wie es aussieht haben dich deine Fehler bis hierher verfolgt. Herzlichen Glückwunsch, du wirst Vater." Ich drehe mich um und gehe, ich muss einfach weg von ihm. Doch Miles folgt mir weiter und macht es damit nur noch schlimmer. „Ich wollte das nicht, dass musst du mir glauben.", winselt er. Ich bleibe stehen, so abrupt, dass er mit mir zusammen prallt. Für einen Moment steigt mir sein Parfüm, dass ich so an ihm liebe, in die Nase, doch jetzt lässt es mich beinahe kotzen.
„Dir glauben? Du raffst es echt nicht." Kopfschüttelnd gehe ich weiter und höre ihm nicht mehr zu, irgendwann bleibe ich stehen und merke, dass er nicht mehr da ist. Erleichtert atme ich aus und spüre wie mir die Tränen in die Augen schiessen. Ich breche mitten auf der Strasse zusammen und weine haltlos. Schreckliche Schluchzer dringen aus meinem Mund und meine Nase beginnt fürchterlich zu laufen. Doch das ist mir egal, ich wiege mich hin und her und hoffe, dass die Schmerzen irgendwann aufhören. Aber es wird nicht besser, im Gegenteil. Die Schmerzen werden mit jeder Sekunde heftiger, wollen einfach nicht nachlassen. Irgendwann fängt es an zu regnen, zuerst sind es nur kleine Tropfen die sich wie Federn auf meinem Körper anfühlen. Doch nach einiger Zeit werden es immer mehr Tropfen die auf meinen Körper einprasseln. Sie verursachen noch mehr Schmerzen und durchnässen mich bis auf die Knochen. „Geht es Ihnen nicht gut, Miss?", höre ich eine leise Stimme. Ich drehe mich um und schaue hoch, sehe einen alten Mann.
„Soll ich Ihnen aufhelfen?" Er bietet mir seine Hand an, die ich zögernd ergreife. Als ich auf meinen Füssen stehe, wäre ich um ein Haar umgefallen, aber der Mann kann mich noch rechtzeitig stützen. „Soll ich Ihnen ein Taxi rufen? Sie sind ja völlig durchnässt, Sie werden sich noch den Tod holen." Ich nicke schwach und sehe wie er sich nach einem Taxi umsieht. Der Regen wird immer stärker und trotz der lauen Temperaturen beginne ich zu zittern. Als endlich ein Taxi stehen bleibt führt er mich dorthin und setzt sich hinein, er beugt sich etwas zu mir runter und murmelt etwas das sich wie „Gott wird Sie beschützen" anhört. Ich nicke dem Mann zu und höre wie er die Tür zumacht. Der Taxifahrer mustert mich eingehend im Rückspiegel. „Wo soll's denn hingehen?", fragt er und fädelt sich in den Verkehr ein. Ich sage ihm eine Adresse und starre die ganze Fahrt vor mich hin, im Wagen ist es warm und das Zittern hört etwas auf. Doch als der Fahrer hält und ich aussteige, beginnt es von Neuem. Ich drücke dem Fahrer Miles Kreditkarte in die Hand und schliesse die Tür.
Im Treppenhaus bleibe ich stehen und lehne mich gegen die kalte Wand, meine Lippen zittern ebenfalls und ich spüre wie sich meine Lunge krampfhaft zusammenzieht, wenn ich einatme. Nach einer Weile quäle ich mich die Treppen hoch und klingle an einer Tür. Ich muss nicht lange warten, bis sie geöffnet wird. „Mia?" Derek sieht mich mit grossen Augen an. „Was machst du hier? Und wie siehst du überhaupt aus?" Automatisch schaue ich an mir runter, das wunderschöne Kleid klebt durchnässt an meinem Körper und fühlt sich eklig an. „Kann ich rein kommen?", ist alles was ich raus bekomme. Wieder mustert er mich besorgt und lässt mich dann in seine Wohnung. „Ist alles in Ordnung?" Ein hysterisches Lachen bildet sich in meiner Kehle und, als ich mich zu ihm umdrehe kann ich es nicht mehr länger unterdrücken. Doch aus dem Lachen wird schnell weinen und ich sacke wieder zu Boden und wiege mich hin und her. Nicht im Stande etwas zu sagen, geschweige denn etwas dagegen zu unternehmen. Innerlich bin ich tot, vollkommen leer. Ich spüre wie er sich neben mich setzt und schaue in sein Gesicht. Ich strecke meine Hand danach aus und berühre seine Wange. Sie fühlt sich warm und weich an. „Miles...er wird Vater." Es ist nicht mehr als ein heiseres, ersticktes Flüstern das von einem grässlichem Schluchzer unterbrochen wird. Ich schliesse die Augen um den Tränen Einhalt zu gebieten, doch sie quellen hervor und rinnen mir über die Wangen.
„Was? Aber wie...?" Ich presse meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und öffne die Augen. „Faizah...sie tauchte plötzlich auf...und, " ich verstumme da sich wieder ein Lachen in meiner Kehle formt, „und hat es mir unter die Nase gerieben." Meine Stimme klingt kratzig, vielleicht kommt es vom vielen Weinen. In Dereks Gesicht kann ich eine Reihe von Emotionen sehen, von ehrlicher Bestürzung bis hin zu Mitgefühl. „Genauso habe ich auch drein geschaut." Ich berühre mit meinem Finger seine Lippen und fahre ihre Kontur nach. Sie ist etwas schmaler als die von Miles, aber genauso schön. Miles...er hat es gewusst, dieser Gedanke trifft mich wie ein Blitz und ich zucke zurück. „Nicht." Er streckt seine Hand nach mir aus und zieht mich zu sich heran, dankbar jetzt nicht alleine zu sein, kuschle ich mich in seine schützenden Arme. „Ich dachte er liebt mich...aber...er hat mit ihr...geschlafen." Erneut übermannen mich die Tränen und ich schliesse den Mund um die schrecklichen Schluchzer drinnen zu lassen. Derek wiegt mich hin und her, flüstert mir beruhigende Worte ins Ohr und schafft es die Tränen zu stoppen. Ich schaue zu ihm auf und spüre das überwältigende Bedürfnis ihm nahe zu sein, alles um mich herum zu vergessen und auf eine idiotische und selbst zerstörerische Art und Weise es Miles heimzuzahlen.
„Küss mich...", wispere ich. Dereks Pupillen weiten sich, doch sie erholen sich schnell wieder. „Bitte...küss...mich" Er nickt kaum merklich und beugt sich etwas nach vorne, ganz langsam nähern sich seine Lippen den meinen. Ich schliesse die Augen, als ich die Wärme seiner Lippen auf meinen spüre. Endlich liegen sie auf meinen und ein berauschendes Gefühl nimmt Besitz von mir. Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken, ziehe ihn noch näher zu mir und lasse meine Zunge über seine gleiten. Dereks Stirn lehnt gegen meine, wir atmen dieselbe Luft und spüren die Nähe des Anderen. Als er sich von mir löst und aufsteht, überkommt mich das schreckliche Gefühl der Einsamkeit. Wortlos hält er mir seine Hand hin, einen Augenblick schaue ich zu ihm auf, danach ergreife ich sie und stehe auf. Ich merke wie er mit sich kämpft, aber seine Sehnsucht gewinnt. Seine Hände schliessen sich um mein Gesicht und ziehen es näher an seines. Er atmet tief ein und hebt meinen Kopf so, dass ich ihn ansehen kann. Er sagt nichts, bittet mich nur stumm um Erlaubnis. Ich nicke leicht und spüre seine Lippen auf meinen, dieses Mal ist der Kuss intensiver und ich spüre wie sehr er es will. Und wie sehr ich es will. Er hebt mich auf seine Arme und trägt mich in sein Schlafzimmer, legt mich auf sein Bett und küsst all den Schmerz weg, den ich in den letzten Stunden verspürt habe. Seine Berührungen fühlen sich wie ein Heilmittel an, eine Medizin die ich sehr gut gebrauchen kann. Als er sich in mir bewegt, höre ich Faizahs Worte in meinen Ohren, sehe Miles geschocktes Gesicht.
Ich schüttle den Kopf um alles zu verscheuchen und habe Erfolg. Derek schaut mir in die Augen, küsst mich leidenschaftlich und vertreibt den Rest der Geister. Auch wenn es keine schönen Umstände waren, die mich zu ihm geführt haben komme ich zum Höhepunkt und geniesse das tranceartige Gefühl das von mir Besitz ergreift. Ich lasse mich von einer Wolke durch den Himmel tragen und fühle mich losgelöst. Als ich das nächste Mal die Augen öffne, ist es bereits hell. Ich drehe mich auf den Rücken und atme tief ein und wieder aus. Einen Moment lang frage ich mich, wo ich mich gerade befinde, doch dann fällt mir alles wieder ein. Es zieht wie ein Film an mir vorbei und lässt die Übelkeit in mir hochschiessen. Ich springe aus dem Bett und renne ins Badezimmer und übergebe mich, würge alles heraus und lehne mich schwer atmend gegen die Fliesen. Als ich Schritte höre, drehe ich den Kopf leicht nach rechts und sehe Derek. Er kniet sich neben mich und streicht mir übers Gesicht. „Alles in Ordnung?" Er sieht mich besorgt an, steht auf und holt ein Handtuch mit dem ich mir den Mund sauber wischen kann. Diesen presse ich gegen meine Lippen und nicke langsam.
„Ich mach dir einen Tee.", sagt er und verlässt das Badezimmer. Ich höre wie er Wasser aufsetzt und einen Schrank aufmacht, Geschirr klappert und ich schliesse für einen Moment die Augen. Versuche meine aufgewirbelten Gedanken zu sortieren und stehe schliesslich auf um mich anzuziehen. Doch mir fällt ein, dass ich nur das Kleid da habe das ich Gestern getragen habe. Weil ich mich nackt etwas unwohl fühle gehe ich zu Dereks Schrank und ziehe mir seine Sachen an, eine enge Boxershorts, Jogginghosen und ein weisses Shirt. Danach gehe ich in die Küche und setze mich an den Tisch. Als der Wasserkocher anfängt zu pfeifen, nimmt er ihn vom Herd und füllt die Tasse mit dem Teebeutel darin bis oben hin voll, danach reicht er sie mir. „Danke." Ich meide ihm in die Augen zu sehen, das Gestern war nicht geplant es entstand aus der Situation heraus. Und dennoch hat es sich gut angefühlt. „Hast du Hunger?" Ich weiss ich sollte etwas essen, aber ich schüttle den Kopf und nehme den Teebeutel heraus und stelle die Tasse auf den Tisch. „Soll ich dich zu Christina fahren?"
Als er ihren Namen erwähnt zucke ich zusammen, aber dann kommt mir in den Sinn, dass sie sowieso nicht mit mir rechnet da ich im Hotel gewohnt habe. Zusammen mit Miles... Schnell verdränge ich den Gedanken und verfrachte ihn in den hintersten Ecken meines Hirns. „Das wäre nett.", sage ich und hebe den Blick. Seine blauen Augen ruhen auf mir und sehen mich besorgt an. „Er tut dir nicht gut, Mia. Du solltest dich von ihm trennen." Seine Worte versetzen mir einen Stich mitten ins Herz, auch wenn er recht hat finde ich es unpassend von ihm mir das so direkt zu sagen. „Es ist meine Entscheidung, also spar dir deine Sprüche.", sage ich bissiger als beabsichtigt. Er wendet den Blick ab und steht auf und scheint sich etwas zu Essen zu machen. Ich öffne den Mund um etwas zu sagen, doch ich schliesse ihn wieder und knibble an dem abgesplitterten Nagellack herum. Als es an der Tür klingelt hebe ich überrascht den Blick. Wer könnte das sein? Auch Derek schaut überrascht zur Tür, an die jemand lautstark poltert und meinen Namen ruft. „Miles...", rutscht es mir heraus. Plötzlich kriege ich es mit der Angst zu tun und schaue von der Tür zu Derek und wieder zurück.
„Soll ich aufmachen, oder die Polizei rufen?" Er sieht mich ungeduldig an, ich stehe auf und schüttle den Kopf. „Mia, mach auf! Ich weiss das du da bist...Mia!", schreit er. Ist er betrunken? Ich blinzle und lege die Hand auf die Klinke, in meinem Rücken spüre ich Dereks Blick. Wenn die Situation eskaliert, würde er eingreifen. Mit diesem Wissen öffne ich die Tür und zucke zusammen. Er sieht schrecklich aus, seine Augen sind blutunterlaufen und er riecht stark nach Alkohol. Als er mich sieht erhellt sich sein Blick, doch als er mein Outfit sieht verfinstert es sich wieder. „Sind das seine Sachen?", seine Stimme klingt mehr als wütend. Was mich sauer macht, ich verschränke die Arme vor der Brust und funkle ihn wütend an. „Was geht es dich an." Er stützt sich am Türrahmen ab und beugt sich etwas zu mir rüber, sein Alkohol geschwängerter Atem streift mein Gesicht und lässt mich einen Schritt zurück machen. „Du bist betrunken.", stelle ich fest. Miles Gesicht will sich zu einer Grimasse verziehen, doch sein Gehirn lässt es nicht zu. „Nur ein bisschen...Mia ich habe dich vermisst." Seine Stimme ist leise und lässt mich einknicken, ich nehme seine Hand und ziehe ihn in Dereks Wohnung. Wortlos schiebe ich ihn zur Couch wo er sich drauf fallen lässt und mich ansieht. „Bitte verzeih mir...ich hatte keine andere Wahl...bitte verzeih mir.", nuschelt er. Ich merke wie müde er ist und lege ihn hin, ehe ich die Decke über ihm ausgebreitet habe ist er auch schon eingeschlafen.
„Kann er hierbleiben?", frage ich Derek leise. Er sieht Miles, der laut schnarchend auf der Couch liegt, finster an und nickt. „Ich muss jetzt los. Kann ich dich alleine lassen?" Auch mein Blick ruht auf Miles, ich nicke und schaue Derek direkt an. „Ich möchte mit ihm reden, natürlich wenn er nüchtern ist." Er legt mir seine Hand auf meine Schulter und drückt sie leicht. „Fühl dich wie Zuhause und wenn etwas ist, dann rufst du mich an. Okay?" Wieder nicke ich, Derek beugt sich zu mir rüber und gibt mir einen Kuss auf die Wange, dann verschwindet er im Bad. Seufzend setze ich mich auf den Sessel, der neben der Couch steht, und schaue Miles beim Schlafen zu. Derek geht nach einer halben Stunde, aber ich bleibe sitzen und hänge meinen Gedanken nach. Wäge ab, wie ich mich entscheiden soll. Ich muss drei Stunden warten bis sich Miles etwas regt und zwei weitere bis er endlich aufwacht. Wortlos reiche ich ihm zwei Kopfschmerztabletten, die ich im Badezimmerschrank gefunden habe, und einem Glas Wasser und sehe zu wie er sie schluckt. Danach nehme ich ihm das Glas aus der Hand und stelle es auf den Couchtisch und warte darauf bis er etwas sagt. Er sieht etwas erholter aus, dennoch sieht man ihm die durchzechte Nacht gut an. „Danke...für die Tabletten."
Ich nicke und merke wie ich immer ungeduldiger werde, Miles spürt es und reibt sich übers Gesicht. „Als ich aus dem Gefängnis kam, haben mich die Wachen auf Befehl von meinem Vater einsperren lassen. Drei Tage lang habe ich niemanden gesehen, erst nach dem vierten Tag liess er mir ausrichten, dass er mich mit Faizah verheiraten lässt. Ich weigerte mich, doch er liess nicht locker. Nach zwei Wochen, habe ich eingewilligt, aber nur um aus dem beschissenen Zimmer zu kommen. Ich wollte mit ihm sprechen, ihm klar machen, dass ich dich liebe und keine Ehe mit Faizah eingehen werde. Er hat mich nicht einmal angehört, er liess mir von seinem Sekretär ausrichten, dass dies ein Befehl ist und, dass ich, wenn ich mich weigere, wegen Hochverrats angeklagt werden würde. Er liess mich in meinen Palast bringen, ich konnte mich zwar frei bewegen dennoch wurde ich bewacht. Es verging eine Woche in der ich niemanden gesehen habe, nur die Wachen meines Vaters, als mich Faizah besuchte. Sie hat mir gesagt, dass sie mich liebt und das sie es akzeptieren würde, wenn ich sie anfangs nicht lieben würde, weil sie sich sicher war, dass die Liebe mit der Zeit entstehen würde. Verübeln kann ich es ihr nicht, bei uns sieht man das sehr häufig das Liebe erst mit den Jahren einer Ehe entsteht. Dennoch hab ich ihr erklärt, dass ich dich liebe und nicht bereit bin dich aufzugeben. Wir haben lange geredet, am Ende hat sie verstanden, dass ich dich immer lieben werde. Sie hat sich verabschiedet und dann...", er verstummt und schaut zu Boden.
Ich habe während er erzählt hat, gemerkt wie sehr es ihm leid tut, dennoch kann ich ihm nicht verzeihen. „und dann hast du mit ihr geschlafen.", beende ich für ihn den Satz. Ich stosse zittrig den Atem aus und stehe auf, gehe im Wohnzimmer auf und ab. Ich kann nicht stehen bleiben sonst würden mich die Gefühle zu Boden werfen. „Es tut mir so leid, Mia. Ich dachte doch nicht...", weiter lasse ich ihn nicht reden. „Was? Das sie schwanger werden könnte? Glaubst du, dass ich dir diesen Scheiss glaube? Du kanntest das Risiko genauso wie Faizah, und dennoch bist du es eingegangen in dem du mit ihr geschlafen hast." Ich bin stehen geblieben und schaue ihm direkt in die Augen. Miles steht auf und will auf mich zukommen, doch ich weiche zurück. „Nein. Lass mich in Ruhe.", sage ich lauter. Miles bleibt stehen und sieht mich mit seinen blauen Augen an, ich senke den Kopf und atme tief ein. „Ich will dich nie wieder sehen.", sage ich und hebe den Blick. Eine Träne rinnt mir über die Wange und tropft auf Dereks Shirt.
„Mia...ich...es tut mir so leid. Ich bitte dich, verzeih mir nur noch dieses eine mal. Ich verspreche dir auch..." Wieder unterbreche ich ihn in dem ich den Kopf schüttle. „Nein, ich will deine Versprechungen nicht mehr hören. Denn du hältst sie ja sowieso nie. Du sagtest, du hättest aus deinen Fehlern gelernt und jetzt wirst du Vater." Ich drehe mich um, möchte nicht, dass er meine Tränen sieht. „Ich werde die Vaterschaft anfechten, einen DNA Test verlangen. Ich werde alles tun, damit du mir verzeihst." Ich beisse mir auf die Lippen, auch wenn er es bereut und mich liebt, habe ich das Vertrauen in ihn verloren. „Das bringt doch nichts, selbst wenn es nicht dein Kind ist, ändert es nichts an der Tatsache, dass du mit ihr geschlafen hast." Ich drehe mich zu ihm um und schaue in sein Gesicht, das mich anfleht ihm zu verzeihen. Doch ich habe meine Entscheidung getroffen. „Es ist besser wenn du jetzt gehst." Ich lasse ihn stehen und schliesse mich im Badezimmer ein. Setze mich auf den Badewannenrand, vergrabe das Gesicht in meinen Händen und lasse meinen Gefühlen freien Lauf. Denn ich habe gerade alles verloren. Einfach alles.
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Hättet ihr damit gerechnet??
Freue mich über eure Kommentare <3
eure Amanda
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