Was ist nur mit ihm los?
Wir haben den ganzen Nachmittag damit verbracht die Stadt anzusehen. Es war einfach traumhaft, hier können wir uns frei bewegen. Ohne das jemand uns begleitet oder das ich darauf achten muss wie ich angezogen bin. Es ist schön mit ihm ganz allein zu sein, es fühlt sich als wären wir ein ganz normales Paar. Das sind wir eigentlich auch, und doch irgendwie nicht. Denn in Dubai müssen wir uns nach den Sitten des dortigen Glaubens und den Traditionen seiner Familie richten. Aber hier, hier können wir tun und lassen was wir wollen. Ja auch Sex in einer wundervoll gestalteten Kirche haben. Was mir ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubert. „Was ist?" Ich schaue zu Miles hoch, wir gehen Arm in Arm die Strasse entlang. „Nichts. Ich dachte nur daran wie glücklich ich hier bin. Die letzte Woche war schön und aufregend, aber ich habe die Zweisamkeit vermisst.", gestehe ich. Stirnrunzelnd sieht er mich an, ich bleibe stehen und streiche mir eine Strähne hinters Ohr.
„In deiner Heimat hat alles mit Regeln und Verboten zu tun, es wird vorgeschrieben was man macht und wie man es macht. Wir hatten Zweisamkeit, ja. Aber keine wirkliche. Denn ich hatte immer das Gefühl das ich beobachtet werde. Nicht im paranoiden Sinn, aber so als müsste ich Unterricht nehmen um in deine Welt zu passen." Es fällt mir schwer meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, aber ich versuche es. Miles sieht mich an und begreift langsam was ich meine, sanft nimmt er meine Hand in seine und fängt an mit dem Daumen über meinen Handrücken zu streicheln. „Es tut mir leid, wenn du dich eingeengt gefühlt hast. Ich weiss es muss schwer für dich sein, dich in meine Welt einzufügen und das du es versuchst erfüllt mich mit Freude. Aber ich will nicht das du dich meinetwegen verbiegst." Er sieht dabei die ganze Zeit auf unsere Hände und als er den Blick hebt und mir in die Augen sieht, weiss ich das ich das ganze gern mache. Für ihn.
„Ich verbiege mich nicht, ich versuche nur mich einzufügen.", erwidere. Er haucht einen Kuss auf unsere Hände, zieht mich zu sich heran und hält mich fest. Ich schlinge meine Arme um ihn und geniesse diesen Augenblick, denn ich habe eines in der letzten Woche gelernt und zwar, dass man Augenblicke schätzen sollte. Sie verstreichen zu schnell und dann ist es zu spät. Also geniesse ich diesen Moment und sauge den Geruch von frischer Wäsche und nach Miles in mich auf. Um mich immer an diesen Moment erinnern zu können. Miles löst sich ein Stück von mir und küsst mich auf die Stirn. „Und was möchtest du jetzt machen?" Ich will gerade antworten als mein Magen anfängt laut zu knurren, wir brechen in Gelächter aus und beschliessen etwas Essen zu gehen. Hand in Hand gehen wir zum nächsten Restaurant und bestellen uns das Tagesmenü. Was aus einer leichten Suppe, einem noch leichteren Fischgericht und einem kleinen Dessert besteht. Alles ist sehr lecker und aus der Region.
Das Restaurant ist sehr klein und die Musiker, die leise im Hintergrund spielen, erzeugen eine romantische Stimmung. Ich nehme einen Löffel vom Dessert, eine Grenada, als Miles etwas aus seiner Tasche holt. Es ist eine rote, längliche Schatulle. Ich frage mich was es damit auf sich hat. Er nimmt meine Hand und legt sie auf den Tisch, öffnet meine Finger und sieht mir in die Augen. „Ich hab etwas für dich. Als ich es heute gesehen habe, habe ich sofort an dich gedacht. Bitte schliess die Augen." Ganz gerührt von seinen Worten nicke ich und schliesse die Augen. Ich spüre wie er mir etwas in die Hand legt, als er sagt ich solle die Augen öffnen tue ich das. In meiner Handfläche liegt eine kleine Goldkette mit einem wunderschönen Stern als Anhänger. Mit meinem Daumen berühre ich den Stern und sehe das etwas hinein graviert wurde. Ich schaue genauer und kann zwei Buchstaben erkennen, es sind unsere Anfangsbuchstaben. Zwei M, für Mia und Miles. Ich bin sprachlos und weiss nicht was ich sagen sollte, ausser: „Danke." Meine Stimme versagt mit beinahe und ich muss gegen den Kloss in meiner Kehle schlucken. „Soll ich?"
Er sieht mich aufreget an, ich merke das er nervös ist und frage mich wieso. Das ist das schönste Geschenk das ich jemals bekommen habe und liebe es. Und ich liebe ihn. Miles steht auf um mir die Kette an zu legen, ich hebe meine Haare an um es ihm zu erleichtern. „So, geschafft." Lächelnd bedecke ich seine Hand, die auf dem Anhänger liegt, mit meiner und drehe den Kopf so, dass ich ihn ansehen kann. „Danke. Das ist unglaublich schön." Sanft bedecke ich seinen Mund mit meinem und spüre wie gut uns diese kleine Reise tut. Ich hoffe sie endet niemals. „Nein. Du bist unglaublich schön und diese Kette unterstreicht deine Schönheit." Er küsst mich noch einmal und steht dann auf um sich wieder zu setzen. Mein Gehirn sendet gerade tausend Glückshormone durch meinen Körper und lässt mich auf einer Wolke schweben. Ich wusste das er romantisch sein kann, aber das er so romantisch ist, hab ich nicht gewusst. „Ich liebe dich Miles."
Ich kann gar nicht aufhören zu strahlen, was ihm genauso geht. Das gibt mir Hoffnung das wir das alles überstehen können, seine Kindheit, seine Familie und unsere Probleme. Ich weiss auch nicht wie ich trotz meiner schlimmen Vergangenheit so positiv durchs Leben schreite. Was wahrscheinlich daran liegt das ich es akzeptiert und mir geschworen habe, dass es nie, aber auch wirklich nie, mein Leben beeinträchtigen wird. Ich hatte eine scheiss Kindheit, ja, aber das ist Vergangenheit. Das hier, das mit Miles und mir, ist meine Zukunft. Und die werde ich mir von niemandem kaputt machen lassen. Auch nicht von seiner Familie. Die Musiker spielen leise im Hintergrund und tragen zu diesem Augenblick bei. Sie tragen dazu bei dass ich ihn nie wieder vergessen werde. Nachdem Miles bezahlt hat verlassen wir das Restaurant und wollen den Tag mit einem kleinen Spaziergang ausklingen lassen. Als wir eine Treppe runtersteigen passiert etwas unerwartetes, Miles schwankt und kann sich gerade noch an der Wand abstützen bevor er das Gleichgewicht verliert und stürzt. „Miles?"
Meine panische Stimme zerreisst die Stille, ich halte ihm am Arm fest während er sich den Kopf hält. „Was hast du?", frage ich aufgebracht. Er schüttelt den Kopf und setzt sich auf einen Stufe, ich habe keine Ahnung was er hat oder wie ich ihm helfen soll. „Soll ich einen Krankenwagen rufen?" Ich muss mich beruhigen, also atme ich tief ein und aus und setze mich neben ihn. Er hält sich immer noch den Kopf und atmet hektisch ein und aus. „Miles, bitte antworte mir..." Wenn ich nur wüsste was er hat und wie ich ihm helfen kann, aber er schweigt und hält sich den Kopf. Gerade als ich den Notarzt rufen will hält er mich auf und sieht mir in die Augen. „Es ist nicht so schlimm. Mir ist nur etwas schwindelig und ich habe Kopfschmerzen." Ich will etwas sagen doch er spricht weiter. „Alles halb so wild. Es geht mir gut. Ich hätte heute nicht so viel trinken sollen. Das Klima hier ist anders als in Dubai, manchmal reagiere ich etwas stärker und bekomme Kopfschmerzen. Da ist Wein nicht gerade förderlich." Ich sehe ihn skeptisch an und wäge ab ob ich ihm glauben soll. Es kann schon sein das er wegen dem Klima so reagiert, aber was wenn nicht?
„Mia, es ist alles in Ordnung. Wenn wir Zuhause sind nehme ich eine Kopfschmerztablette, okay?" Irgendwie habe ich das Gefühl das er mehr Schadensbegrenzung macht als mir die Wahrheit zu sagen, aber ich nicke und glaube ihm. „Ist gut. Aber bitte jag mir nie wieder eine solche Angst ein, okay?" Miles nickt und küsst mich sanft auf den Mundwinkel. „Geht es?", frage ich als er aufsteht. „Ja, es geht schon wieder." Vorsichtshalber stütze ich ihn bis wir beim Wagen sind, als ich mich anschnalle sehe ich wie er sich nach wie vor den Kopf hält. Sind das wirklich nur Kopfschmerzen? Ich überlege ob ich ihn je eine Tablette nehmen gesehen habe, aber mir fällt nichts ein. Er hat noch nie über Kopfschmerzen geklagt. Was machst du dir für einen Kopf, seine Erklärung klang doch plausibel also beruhig dich. Miles startet den Motor und fädelt sich in den Verkehr. Aber irgendwie wirkt er abgelenkt was ihn auch in eine falsche Richtung fahren lässt. „Soll nicht lieber ich fahren?" Miles schüttelt wirsch den Kopf und biegt nach rechts ab, ich weiss auch so das dies die Falsche Abzweigung war. Wieso lässt er mich nicht fahren? Während ich darüber nachdenke erreichen wir eine ziemlich fragwürdige Gegend, wieder frage ich ihn ob nicht ich fahren soll. Doch wie vorher schüttelt er den Kopf und sagt das ich ihn nicht immer fragen soll.
Keine Ahnung was er auf einmal hat, aber es macht mich wütend wenn er mich so behandelt. Ich berühre die Kette und spüre wie ich mich beruhige, vielleicht gibt sie mir die Kraft um das alles zu schaffen. „Das ist nicht der Weg zu der Villa. Miles, bitte lass mich fahren. Dir geht es echt nicht gut und ich möchte nicht das du noch einen Unfall baust." Doch er ignoriert mich einfach, was mich wieder auf hundertachtzig bringt. Seine Stimmungsschwankungen habe ich langsam echt satt, klar ist es schon länger nicht mehr vorgekommen dennoch regt es mich auf. „Verdammt, Miles. Jetzt fahr rechts ran und lass mich fahren.", herrsche ich ihn an. Miles sieht mich wütend an und hält erst an als ich ihm drohe auszusteigen. Er hält den schwarzen Audi und sieht mich an, eine steile Falte hat sich auf seiner Stirn gebildet und demonstriert wie wütend er ist. Aber ich bin auch auf hundertachtzig also sollte er sich in Acht nehmen. Ich verschränke meine Arme vor der Brust und schüttle wütend den Kopf. „Was?" Er klingt ungehalten, ganz anders als noch vor ein paar Minuten. Ich frage mich wie schnell das bei ihm geht. Sehr schnell wie ich feststellen muss.
„Ich kann einfach nicht fassen das du dich jetzt so benimmst. Vor kaum einer halben Stunde hast du mir diese Kette geschenkt und wir haben und gesagt wie sehr wir uns lieben. Und jetzt bist du wie ausgewechselt und fährst einfach weiter obwohl es dir nicht gut geht." Ich kann einfach nicht glauben das er jetzt wütend auf mich ist, obwohl er derjenige ist der sich unverhältnismässig benimmt. „Ja klar, Miss Perfect kann natürlich alles besser.", schnaubt er. Ich fasse es nicht das er mich beleidigt. „Entschuldige, dass ich nicht will das wir im Krankenhaus landen, nur weil du auf einem Ego Trip bist.", schnauze ich. Wieso streiten wir uns eigentlich? Weil er es nicht rafft oder weil er einfach nicht will das eine Frau ihm sagt das er nicht fahren soll. Aber wieso können wir das nicht in Ruhe besprechen, Zuhause im Bett wo er hingehört. In seiner Verfassung sollte er nicht fahren, aber dass will er ja nicht einsehen. „Ja klar, jetzt bin ich derjenige der egoistisch ist. Mir geht's gut, ich kann also fahren. Wo ist da das Problem?" Ich begreife ihn einfach nicht und das ganze wird mir auch langsam zu blöd. Ich schnalle mich ab und steige aus, ich brauche dringend frische Luft.
Erst jetzt erkenne ich wo wir wirklich gelandet sind, es ist ein verlassenes Industriegelände. Doch ganz so verlassen sieht es gar nicht aus, ich kann Licht sehen und Musik dringt in meine Ohren. Sie ist zwar recht leise aber es hört sich an wie House oder sonst eine elektronische Musik. Das Röhren eines Motors ist zu hören und eine blecherne Stimme die irgendetwas sagt. Als zwei Autos an uns vorbei rasen weiss ich das dies ein illegales Autorennen ist. „Wieso steigst du einfach aus?", höre ich Miles brüllen. Ich drehe mich um und sehe das er ebenfalls ausgestiegen ist. „Können wir nicht einfach nach Hause?" Ich versuche versöhnlich zu klingen doch Miles scheint sich mehr für das Autorennen zu interessieren das hinter uns stattfindet. „Lass uns nach Hause fahren." Ich gehe zum Auto zurück und steige an, als ich mich anschnalle steigt auch Miles ein. Endlich ist er zur Vernunft gekommen, erleichtert atme ich aus. Doch als ich merke wohin er fährt steigert sich meine Wut ins Unermessliche. „Was hast du vor?" Miles fährt direkt zum Herd des Rennens und will doch tatsächlich mitmachen. „Bist du jetzt total übergeschnappt?", frage ich ihn entsetzt. Er dreht den Kopf und sieht mir in die Augen, sein Lächeln ist irgendwie gruselig. Wenn ich es nicht recht wüsste würde ich behaupten er hätte irgendeine scheiss Pille eingeworfen. Aber das kann nicht sein, denn ich war die ganze Zeit bei ihm.
„Sei nicht so eine Spassbremse. Das wird richtig Spass machen.", meint er und fährt neben einen aufgemotzten Sportflitzer in Giftgrün. „Lust auf eine Runde Spass?", fragt er mich. Ich sitze da und habe keine Ahnung was mit dem Miles passiert ist der mir vor gut einer Stunde die Halskette geschenkt hat. Es ist als wäre er ein komplett anderer Mensch. Und das liegt garantiert nicht an dem Klima oder dem Wein. „Das willst du doch gar nicht." Ich sehe zu wie er einer brünetten Frau in einem mini kurzen Glitzerkleid etwas zuruft, diese schwenkt ihre gemachten Brüste hin und her und schreit etwas in ihr pinkes Megafon. Der Wagen neben uns röhrt auf und auch Miles drückt das Gas runter. „Bitte tu das nicht." Ich flehe ihn praktisch an, aber es nützt alles nichts. Das Flittchen im Glitzerkleid winkt mit der Fahne und Miles gibt Gas, die Geschwindigkeit drückt mich in den Sitz und die Gurte schneiden sich in mein Fleisch. Das Quietschen der Reifen brennt sich in mein Gehirn, fehlt nur noch das wir irgendwo hineinprallen. „Spinnst du komplett? Du hältst jetzt sofort an.", schreie ich.
Doch er ignoriert mich völlig, für ihn existiert nur noch ihn und der Gegner. Alles andere ist ihm egal. Ich bin ihm völlig egal. In diesem Moment spüre ich wie ich neben Angst gleich an irgendeine Fassade oder sonst etwas zu knallen, wie ich ihn verliere. Ich weiss es ist nur das eine Mal, aber wer sagt mir das er nicht noch einmal so ausflippt. Wegen was auch immer. Ich kann nur beten das wir es heil nach Hause schaffen, aber das wird Konsequenzen haben. Nach einer wilden Fahrt durch das Fabrikgelände erreicht Miles als erster die Ziellinie und flippt beinahe aus vor Freude. Ich dagegen sitze zitternd neben ihm, aber nicht vor Angst sondern vor blanker Wut. Miles wird gefeiert und bekommt neben einer Champagnerdusche einen Scheck über 25'000 Dollar überreicht. Während er seinen Ruhm geniesst stehe ich daneben und frage mich wie der Abend so schnell aus den Fugen geraten konnte. Irgendetwas muss passiert sein, denn so kenne ich ihn gar nicht. Die Frage ist nur, was? „Freust du dich denn gar nicht?", fragt er. Er stinkt nach Alkohol und sein Haar klebt platt auf seinem Kopf.
„Nein. Können wir jetzt nach Hause, mir ist kalt.", erwidere ich eisig. Langsam scheint er zu kapieren das mir nicht nach feiern zumute ist, denn er nickt und führt mich zum Wagen. „Ich fahre." Damit schnappe ich mir die Schlüssel und setze mich ans Steuer, Miles setzt sich neben mich und schnallt sich an. Ich habe noch nie ein solch teures Auto gefahren, aber nach einigen Minuten habe ich mich daran gewöhnt. Stille hat sich zwischen uns gelegt, ich bin so sauer. Sauer und verletzt. Ich strafe ihn mit Schweigen was ich gar nicht muss denn als ich nach ihm sehe ist er eingeschlafen. Innerlich könnte ich schreien, doch nach aussen bleibe ich ruhig. Als ich die Villa erreicht habe steige ich aus und lasse ihn im Auto, soll er doch die Nacht hier verbringen. Im Badezimmer ziehe ich meine Kleider aus und stelle mich unter die Dusche, wasche mir die Champagnerspritzer vom Körper und hoffe das er aus dieser Aktion etwas lernt. Ich frage mich wie das aus heiterem Himmel passieren konnte, sonst ist er doch auch nicht so. Was also hat sich verändert? Diese Frage wird noch etwas länger unbeantwortet bleiben, ich ziehe meinen Pyjama ein und lege mich ins Bett. Wo ich eine Weile auf die leere Seite starre und darüber nachdenke wie das ganze angehen soll. Doch irgendwann holt mich die Müdigkeit ein und ich lasse mich dankbar von ihr einhüllen und hoffe das Morgen, wenn ich aufwache, alles nur ein böser Traum war und nicht die Realität. Denn wenn es so wäre, weiss ich nicht wie wir das schaffen sollen. Vielleicht habe ich es mir auch nur eingeredet und wir können es doch nicht schaffen. Ich weiss es nicht.
oh oh!! Was denkt ihr über dieses Kapitel??
eure Amanda
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