Ich kann gut auf mich aufpassen, oder doch nicht?
„Du solltest etwas schlafen. Komm wir gehen ins Bett.", sage ich zu Miles. Der mich immer noch fest an sich presst, den Kopf auf meinem Bauch ruhend. Ich weiss nicht wie viel Zeit vergangen ist seitdem ich das Arbeitszimmer betreten habe. Aber langsam schmerzen mich meine Beine und ich bin müde. „Ich bin müde, Miles. Und du solltest auch schlafen.", rede ich auf ihn ein. Miles bewegt sich nicht, er spricht auch nicht mit mir. Ich habe das Gefühl das irgendetwas ihn belastet, ich weiss nur nicht was. Und das macht mich einerseits furchtbar wütend und auf der anderen Seite macht es mich traurig. Wie bringe ich ihn nur dazu mir zu sagen was los ist? Ratlos stehe ich da und rede auf ihn ein, als wäre er ein kleines Kind das nicht ins Bett möchte. „Was ist los?", frage ich etwas schärfer als beabsichtigt. Der Abend war ziemlich turbulent und nervenaufreibend, ich möchte nur noch ins Bett. Aber ich kann ihn auch nicht hier lassen, doch Miles scheint mich nicht zu hören. Ich versuche mich aus seinem Griff zu lösen, doch er verstärkt ihn noch mehr also lasse ich es.
„Was hat Djamal gemacht? Bitte, sag es mir." Ich kann nicht fassen, dass ich ihn anbetteln muss damit er mir sagt was los ist. Doch so ist es und langsam bin ich es leid. Ich habe keine Ahnung wie lange das so weiter gehen soll. Die ganze Nacht stehe ich bestimmt nicht hier. „Djamal wurde dabei erwischt wie er sich mit Extremisten getroffen hat. Anscheinend haben sie über Monate etwas geplant. Aber alle schweigen und da es keine offiziellen Beweise gibt, wird es schwierig zu rekonstruieren um was es ging." Ich bin wie erstarrt, dass Djamal schon immer etwas durch geknallt war, war mir bewusst. Aber, dass er zu den Terroristen gehört hätte ich nie gedacht. „Was passiert jetzt?", frage ich leise. Ich kann jetzt verstehen dass ihn das verstört und beschäftigt. Keine Ahnung wie es mir in seiner Situation gehen würde. Wahrscheinlich würde ich...keine Ahnung was, aber ich würde sicher nicht so ruhig bleiben können wie Miles. „Er wurde festgehalten, aber wegen den wenigen Beweisen wurde er wieder freigelassen. Mein Vater kümmert sich darum, aber ich muss Morgen zu einer Versammlung der Familie." Ich nicke und küsse seinen Haarschopf und hoffe, dass alles gut wird. Aber die grosse Frage bleibt, wieso hat sich Djamal diesen rechts Extremistischen Leuten angeschlossen? Und was hatten sie geplant? „Das verstehe ich. Deshalb sollten wir jetzt ins Bett, wir brauchen unseren Schlaf." Dieses Mal lässt er es zu, Hand in Hand gehen wir in sein Schlafzimmer zurück und während Miles schnell einschläft, liege ich wach und erinnere mich an unsere letzte Begegnung im Garten von Emirs Palast.
„Sicherheit ist etwas Gutes. Etwas ohne, dass man nicht leben kann. Auf der Welt gibt es so viele Kriege und all die Menschen die ihre Heimat verlassen. Es liegt in unserer Hand über ihr Weiterleben oder ihren Tod zu entscheiden."
Sind das die Worte eines Terroristen? Ich liege auf dem Rücken und zerbreche mir den Kopf über Miles Halbbruder. Ich drehe den Kopf und sehe wie Miles sich hin und her wälzt. Was er wohl träumt? Wahrscheinlich nichts Gutes. Ich streichle sanft über seinen Arm, sehe wie er zusammen zuckt und sich auf den Rücken dreht. Sein Gesichtsausdruck sieht gequält aus, so als würde er unter Schmerzen leiden. Vorsichtig rutsche ich näher und lege meinen Kopf auf seine Brust. Ich höre seinem Herz zu wie es wild in seiner sterblichen Hülle pocht. „Alles ist gut. Ich bin bei dir.", flüstere ich und küsse die Stelle wo sein Herz schlägt. Er zuckt immer noch zusammen, ihn so zu sehen und nichts tun zu können ist echt hart. Denn ich liebe ihn und möchte nicht, dass er leidet, unter was auch immer. Ich bin mir sicher, dass er mir noch so einiges verschweigt was seine Vergangenheit betrifft. Aber ich habe keine Ahnung wie ich ihn dazu bringen soll es mir zu erzählen. Miles tut sich so unheimlich schwer und ihn dazu zwingen möchte ich auch nicht. Also was kann ich tun, damit er sich mir gegenüber mehr öffnet? Auf diese Frage besitze ich keine Antwort. Noch nicht.
Ich schliesse die Augen und versuche einzuschlafen, doch es geht nicht. Denn Miles sagt etwas das mich zutiefst erschüttert. „Nein! Verlass mich nicht... bitte..." Ich öffne die Augen und versuche herauszufinden wen er meint. Meint er mich? „Mom, du darfst mich nicht verlassen...Ich schaff das nicht ohne dich", seine Stimme klingt wie die eines Kindes. Träumt er davon wie er seine Mutter zum letzten Mal gesehen hat? Wie schrecklich das für ihn sein muss. Als ich ein Schluchzen höre, dass mir durch Mark und Bein geht, muss ich eingreifen. Ich setze mich auf und versuche ihn zu wecken, doch es ist als würde er im Tiefschlaf liegen. Immer wieder rüttle ich fester und sage, er solle aufwachen, doch er regt sich nicht. Erst als ich ihn küsse, meine Lippen mit seinen bedecke, schlägt er seine Augen auf. Ich löse mich nicht sondern küsse ihn weiter, versuche ihn zu beruhigen. Sein Herz rast wie wild, ich kann es pochen hören, so laut schlägt es. „Was ist passiert?", fragt er atemlos. Ich streichle ihm über die Wange und hoffe, dass ich das richtige getan habe.
„Du hast schlecht geträumt, Miles. Aber jetzt ist alles wieder gut." Meine Stimme ist nur ein Flüstern, ich muss mich zusammen reissen damit ich ihm nicht zeige wie sehr es mich erschüttert hat ihn so zu sehen. Er zieht eine Braue nach oben und sieht mich an, als hätte ich ihn aus einem der schönsten Träume die es gibt, gerissen hätte. „Alles in Ordnung?", wiederholt er meine Worte. Ich nicke und schlucke gegen den Kloss an, der sich in meiner Kehle gebildet hat. „Nichts ist in Ordnung. Mein Bruder..." Er verstummt und ich könnte ihn anschreien, ich könnte ihn anschreien tue es aber nicht. Weil ich spüre wie sehr ihn das alles mit nimmt. Es belastet ihn und ich möchte nicht, dass es ihm schlecht geht. „Du kannst mir alles sagen, Miles. Ich liebe dich." Ich hoffe, dass er sich so öffnet, stattdessen schaukelt sich seine Wut immer mehr hoch. „Kann ich nicht..." Er springt aus dem Bett und verschwindet, ich sitze im Dunkeln und weiss nicht was mit ihm los ist. Was kann er mir nicht sagen? Meine Wut kocht ebenfalls hoch, ich weiss, dass er nicht der redselige Typ ist. Aber er muss doch wissen, dass ich niemanden verurteile, weder ihn noch sonst jemand aus seiner Familie. Ich schlage die Decke zurück und knipse das Nachtlicht an. Im Zimmer ist er nicht, ich schlüpfe in meinen Morgenmantel und suche ihn.
Schliesslich finde ich ihn im Garten, er kniet auf dem Boden und scheint zu beten. Ich stehe da und sehe wie er sich vor und zurück bewegt. Langsam gehe ich auf ihn zu und knie mich neben ihn, spüre eine leichte Brise über unseren Köpfen. Miles Augen sind geschlossen, seine Lippen bewegen sich doch ich kann nichts hören. Was soll ich tun? Ich sitze da und warte, warte darauf, dass er von sich aus wieder mit mir spricht. Doch die Minuten verstreichen quälend langsam und Miles betet nach wie vor kniend neben mir. Innerlich verzweifle ich gerade, wie soll das nur weiter gehen? Findet er jetzt im Glauben mehr Kraft als bei mir? „Miles... bitte sag was.", flüstere ich. Über uns funkeln die Sterne doch ich schenke ihnen wenig Beachtung, ich bin zu sehr damit beschäftigt heraus zu finden was gerade passiert. „Ich kann nicht mehr, Miles. Also bitte sag etwas", sage ich resigniert. Denn langsam beginnt es mich nur noch zu nerven. Ich bin auch nicht jemand der sich jedem öffnet, aber bei ihm, bei ihm fühle ich mich geborgen. Und deshalb vertraue ich mich ihm auch an. Doch er...ich habe keine Ahnung was in ihm vorgeht. Und das ist so frustrierend.
„Es tut mir leid, dass ich dich angefahren habe. Das hätte ich nicht tun dürfen." Ich sehe ihn an und kann das Lachen, dass sich in meiner Kehle formt, nicht länger zurück halten. Lachend halte ich mir den Bauch, das alles hier ist so abwegig, so absurd und doch ist es die Realität. Die nackte Wahrheit. Nur verstehe ich diese nicht. Statt mir zu sagen wieso er sich so benommen hat entschuldigt er sich dafür. Versteht er es denn wirklich nicht? „Was?" Miles sieht mich fragend an und bringt mich dazu noch mehr zu lachen. Ich wische mir eine Träne aus dem Augenwinkel und zwinge mich zur Ruhe. „Dieses Mal hättest du mir sagen müssen wieso du dich so verhalten hast, doch du hast dich entschuldigt. Was bringt mir eine Entschuldigung wenn ich den Grund nicht kenne? Vielleicht solltest du dir das einmal überlegen." Ich stehe auf und atme tief ein und aus. „Ich geh jetzt ins Bett, ich hab keine Kraft mehr darüber zu rätseln wieso du dich so komisch verhältst. Gute Nacht Miles."
Damit drehe ich mich um und gehe zurück in sein Schlafzimmer doch mir wird bewusst, dass ich hier nicht bleiben kann. Denn wenn ich in seiner Nähe bin werde ich bestimmt einknicken, denn nach allem was passiert ist hat er noch immer eine unglaubliche Kraft auf mich und die würde er unweigerlich ausnutzen. Und ich kann und will nicht mehr einknicken, er muss es verdammt noch mal lernen. Also verlasse ich sein Schlafzimmer. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal froh über meine eigenen Räume sein werde. Doch heute bin ich es. Erleichtert über die friedliche Stille schlüpfe ich unter die Decke und versuche zu schlafen. Doch meine Gedanken kreisen weiterhin um Miles und sein seltsames Verhalten. Irgendwann überwältigt mich dann doch die Müdigkeit und ich gleite in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
Am nächsten Morgen wache ich sehr früh auf, ziemlich geplättet strecke ich mich und stehe auf. Ich habe das Gefühl als ob mich ein LKW überfahren hätte, dennoch verspüre ich das Verlangen wieder einmal joggen zu gehen. Und genau das tue ich auch, ich suche mir meine Sportklamotten raus und will gerade aus meinem Zimmer, als Randa mich mit grossen Augen ansieht. „Was machst du hier schon so früh?", frage ich beinahe geschockt. Randa schliesst die Tür hinter sich und mustert mich eingehend. „Es tut mir leid, aber ich wollte Ihnen nur ein Bad einlassen.", sagt sie leise. Das könnte ich vielleicht wirklich gebrauchen, ich erkläre ihr mein Outfit und frage sie ob sie weiss wo ich joggen kann. „Prinz Said wünscht sicher nicht, dass Sie alleine raus gehen. Ich sollte Mesut...", weiter lasse ich sie nicht sprechen.„Oh nein, kein Mesut. Niemand der mich begleitet. Ich weiss, dass es sich nicht schickt alleine das Haus zu verlassen. Aber ich bin schon gross und ich kann super auf mich selbst auf passen. Würdest du mir nun sagen wo ich joggen gehen kann?" Mir ist bewusst, dass ich sie unfair behandle, aber ich habe einfach die Schnauze von allem gestrichen voll. Randa nickt eingeschüchtert und jetzt tut sie mir fast schon wieder leid. Aber ich kann nicht immer auf alle Rücksicht nehmen.
„Wenn Sie die Strasse runter laufen ist dort ein grosser Park der zum Gelände gehört.", meint sie. Ich bedanke mich bei ihr und verspreche ihr in einer Stunde wieder hier zu sein. Ich öffne die Tür, drehe mich aber noch einmal um. „Danke für das Bad." Randa lächelt und der Glanz in ihren Augen kehrt auch wieder zurück. Es fühlt sich beinahe komisch den Palast alleine zu verlassen. Und auch die Befürchtung, man würde mich nicht durch das Tor lassen, bewahrheitet sich nicht. Ich komme ungehindert hindurch, mit meinem Ipod bewaffnet und Sail von Awolnation in den Ohren jogge ich die Strasse runter. Wie es Randa erklärt hat, erstreckt sich eine grosse, nein, riesige Parklandschaft. Ich wusste gar nicht, dass er jeden Morgen hier joggen geht. Was wenn ich ihm begegne? Dann werde ich ihn einfach grüssen und weiter joggen. Ganz einfach. Dass dies nicht ganz so einfach ist verdränge ich. Manchmal muss man das. Der Park wurde wunderschön gestaltet, es hat einige Erhöhungen, jede Menge Bäume und sogar einen grossen Teich über den eine Brücke aus wunderschönem Tropenholz führt. Das dies alles so blüht und gedeiht liegt sicher daran das ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem dahinter steckt. Und wie ich Miles kenne ist es sicher ökologisch vertretbar. Also geniesse ich den ungewohnten Anblick und fühle wie mit jedem Meter meine Seele wieder Frieden findet. An einer Parkbank mache ich meine Dehnübungen und renne dann noch ein bisschen weiter. Ich werde das definitiv öfters machen, wie ich es Randa versprochen habe treffe ich nach einer Stunde wieder in meinem Zimmer ein.
„Ihr Bad ist soweit fertig. Ich habe ein paar entspannende Kräuter hinzugetan damit sich Ihre Muskeln erholen können." Randa, dieses liebe und wunderschöne Mädchen lächelt mich strahlend an. „Danke dir." Ich erwidere ihr Lächeln und gehe ins Badezimmer, entledige mich meinen Klamotten und steige in die Wanne. Seufzend schliesse ich die Augen und geniesse die wohlige Wärme die mich umhüllt. Nachdem das Wasser langsam kälter wird steige aus der Wanne raus und stelle mich unter die Dusche. Das warme Wasser, das auf meinen Körper prasselt hat noch einen massierenden Effekt. Mit einem Tuch um meinen Körper geschlungen creme ich mich ein und gehe in mein Ankleidezimmer wo ich mich bewusst für ein weisses Kleid von Michael Kors, dazu eine Jeansjacke und hohe Riemchensandaletten entscheide.
Nachdem ich mich fertig gestylt habe esse ich eine Kleinigkeit und rufe Jonathan Morgen an. Wir verabreden uns zu einem kleinen Lunch um ein paar Dinge zu klären. Ich kann nicht glauben wie befreiend das wirkt, es ist unglaublich aber erst jetzt merke ich, dass ich mich wie eine Gefangene gefühlt habe. Nicht das mich Miles wie eine behandelt hätte, im Gegenteil, ich war diejenige die sich so behandeln liess. Ich habe gedacht das wenn ich mich dieser Kultur, mit all ihren Regeln und Verboten, hineinfügen würde, ich nicht gross auffallen werde. Doch ich fiel auf, so oder so. Also werde ich mich nicht mehr in etwas zwingen in das ich sowieso nicht passe. Und das tut unheimlich gut. Bis zum Mittagessen setze ich mich an ein paar Entwürfe und verbessere sie. Einige verwerfe ich ganz und kreiere sie neu. Ich hätte das schon viel eher kapieren sollen, aber so ist es auch gut. Um halb zwölf lasse ich mich von Mesut zu dem Restaurant fahren in dem ich mich mit Jonathan treffe.
Anfangs fühlt es sich etwas komisch an, dass ich mich alleine von ihm chauffieren lassen, doch dieses Gefühl verfliegt schnell wieder. Er ist bereits da und trägt einen blauen Anzug, der perfekt zu seiner Haut passt. „Mia, schön Sie wieder zu sehen. Und so schnell" begrüsst er mich freundlich. „Danke, dass Sie so schnell Zeit gefunden haben", erwidere ich und setze mich. „Kein Problem. Ich habe gestern noch mit ein paar Geschäftsfreunden von mir gesprochen die sehr an Ihnen interessiert sind." Jonathan beginnt von seinen Geschäftsfreunden zu erzählen. Ich höre mir alles genau an und bin am Ende vollends begeistert. „Das klingt fantastisch. Wenn Sie mir die Kontaktdaten zumailen, dann könnte ich mich sofort mit ihnen in Verbindung setzen." Jonathan meint, dass er es seiner Assistentin in Auftrag geben wird. „Und jetzt kommen wir zum entspannten Teil. Ich hoffe Sie haben Hunger?" Ich nicke lächelnd und nehme einen Schluck von meinem Wasser, wenn es um geschäftliche Dinge geht möchte ich lieber einen kühlen Kopf bewahren. Doch als der Kellner uns einen Weisswein einschenkt, der zur Hühnerbrust auf gegrilltem Gemüse serviert wird, sage ich nicht nein. Das geschäftliche ist ja jetzt vorbei. Ich nehme einen Schluck und muss sagen, der Wein ist echt gut. Fruchtig leicht und spritzig. Das Fleisch und das Gemüse sind auch hervorragend.
„Wie haben Sie Miles überhaupt kennen gelernt?" Jonathan lächelt und zwei perfekte weisse Zahnreihen blitzen auf, er ist wirklich sehr gut aussehend. „Nun das ist eine etwas längere Geschichte.", beginne ich und erzähle ihm wie wir uns kennen gelernt haben. Jonathan hört mir aufmerksam zu und unterbricht mich kein einziges Mal. „Klingt nach einer sehr romantischen Liebesgeschichte." Ich lächle, nur dass es auch sehr heisse Momente gab, füge ich innerlich hinzu. „Wieso fragen Sie? Hat Miles Ihnen das nicht erzählt?" Ich möchte ihn besser kennen lernen immerhin ist er Miles Geschäftspartner und Freund. „Nun ja, Miles ist manchmal sehr gesprächig. Gut er war es, seit ein paar Monaten hat er sich extrem zurück gezogen. Auch geschäftlich lief es nicht gerade rosig, eigentlich dürfte ich Ihnen das gar nicht erzählen. Schweigepflicht." Er zieht eine Braue nach oben, ich habe das Gefühl das er es mir doch erzählt. Immerhin bin ich ja Miles Freundin. Ich muss ihn zum Reden bringen, vielleicht erfahre ich so etwas das mir weiterhelfen würde. Denn mir ist auch aufgefallen das er sich verändert hat. Wirklich? Wie lange kennt ihr euch schon? Fünf Minuten? Ich zwinge meine innere Stimme zur Ruhe und nehme einen Schluck Wein.
„Ich denke Miles hätte nichts dagegen, er hat mich Ihnen ja auch vorgestellt." Dabei lächle ich so charmant wie nur kann und habe Glück das er anbeisst. „Da haben Sie voll und ganz recht." Auch er nimmt einen Schluck Wein und beginnt zu erzählen. „Miles ist ein richtiger Geschäftsmann, alles was er anfasst wird zu Gold. Mit seiner ersten Firma ging es unheimlich steil bergauf, er war innerhalb von ein paar Jahren Multimilliardär Sie müssen wissen, Miles Familie... na ja Sie wissen wie reich sie ist, er hätte niemals arbeiten müssen. Aber für ihn war es schon früh wichtig sich von seiner Familie, besser gesagt von seinem Vater zu lösen. Er wollte nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden, was er nicht verhindern konnte da sein Name in den ganzen vereinigten arabischen Emiraten bekannt ist. Miles wusste das und doch schaffte er sich durch harte Arbeit ein eigenes Imperium. Ihm gehören einige Firmen die auf der ganzen Welt vertreten sind. Aber auch eine eigene Werft die Luxus Boote herstellt. Doch seit etwa einem Jahr platzen regelmässig Aufträge, es ist als hätte er seinen Instinkt verloren. Seine Firmen mussten viel einstecken, aber so langsam kriegt er es wieder in den Griff. Mit dem Hotelprojekt- von dem ich sehr angetan bin, wird es wieder bergauf gehen. So etwas haben die Leute hier noch nie gesehen und bin schon sehr gespannt wie es aussehen wird."
Ich bin überrascht das Miles so reich ist, klar wusste ich, dass seine Familie unvorstellbar reich ist, aber das auch Miles so viele Firmen und sogar eine Werft besitzt wusste ich nicht. Jonathan fragt mich über mein Studium und über meine Karrierepläne aus. Ich gebe ihm höflich Antwort, doch meine Gedanken kreisen nach wie vor um Miles Veränderung. Ich möchte noch mehr über ihn erfahren, doch Jonathans Handy klingelt. Er entschuldigt sich kurz und verschwindet um zu telefonieren. Keine fünf Minuten später kommt er zurück und verabschiedet sich. „Tut mir leid, aber ein Kunde braucht mich. Es scheint sehr dringend zu sein. Aber wir sehen uns bestimmt noch einmal, oder?" Ich stehe auf und sage ihm dass ich mich mit ihm noch in Verbindung setzen werde. „Das freut mich. Vielen Dank für das nette Gespräch." Zu meiner Verwunderung zieht mich Jonathan in eine Umarmung die ich etwas steif erwidere. „Danke für das Essen und die Kontakte." Er meint, dass er das gerne gemacht hat und wünscht mir viel Erfolg. „Wenn Sie noch irgendwelche Fragen haben, rufen Sie mich jeder Zeit an."
Ich nicke und sehe wie er aus dem Restaurant verschwindet. Seufzend leere ich mein Glas und verlasse das Restaurant ebenfalls, es ist erst halb zwei ich beschliesse noch etwas shoppen zu gehen. So langsam finde ich Gefallen daran Miles Geld auszugeben. Mesut fährt mich in die Mall und will mich begleiten, doch ich sage ihm, dass er warten soll. Er sieht mich zwar verärgert an, aber das ist mir egal. Ich will noch etwas Zeit für mich und das muss er akzeptieren. Genau wie Miles. Was er gerade macht? Wahrscheinlich ist er noch bei seinem Vater und bespricht was sie jetzt wegen Djamal tun sollen. In der Mall herrscht ein reges Treiben, kaufwütige Menschen laufen hin und her. Die Mall ist so gross, dass ich sie nicht in einem einzigen Mal erkunden kann. Also beschliesse ich einmal die oberste Etage unsicher zu machen. Mit dem Fahrstuhl fahre ich nach oben dabei schauen mich einige Frauen, in ihren langen Gewändern und mit der Kopfbedeckung, ganz komisch an. Aber das ist mir egal. Aus diesen Frauen spricht der Neid, sie sind neidisch darauf, dass ich mich ohne diese Verkleidung, auch wenn sie es aus religiöser Überzeugung tun, herumlaufen kann. Ich steige aus und finde mich vor den teuren Läden wieder, Gucci, Chanel, Dior. Einfach Wahnsinn!
Aber ich gönn mir heute etwas. Denn wenn ich mich mit potentiellen Auftraggeber treffen möchte, muss ich ein paar Outfits haben die seriös und verlässlich wirken. Ist ja nicht so, dass ich einen vollen Kleiderschrank habe, noch dazu ein ganzes Ankleidezimmer. Aber ich möchte etwas, dass ich ausgesucht habe, Miles hat einen tollen Geschmack, aber ich möchte etwas das mehr nach mir aussieht. Also betrete ich das Chanel Geschäft und werde sogleich freundlich begrüsst. Die Beraterin ist ende fünfzig und hat wunderschönes blondes Haar das mit leichten grauen Strähnen durchzogen ist. „Wie kann ich Ihnen helfen?", fragt sie höflich. Ich erkläre ihr was ich brauche, Elisabeth, wie die Frau heisst, lächelt und sucht zusammen mit mir ein paar Outfits zusammen die passend sind. Das erste Outfit ist eine weisse Hose, dazu das passende Oberteil, ebenfalls in weiss, ein Paar wunderschöne High-Heels in Gold und Rosé und passenden Schmuck. Es passt perfekt. Als ich mich der Beraterin zeige klatscht diese begeistert in die Hände. „Das steht Ihnen wirklich ausserordentlich gut." Ich lächle sie dankbar an und ziehe das nächste an. Dieses Outfit besteht aus einem roséfarbenen Kleid, das oben sehr aussergewöhnlich geschnitten ist, den passenden Heels und natürlich dürfen Schmuck und Tasche nicht fehlen. Auch das gefällt mir sehr gut.
Auch Elisabeth nickt anerkennend. „Dann das dritte." Das besteht aus einem modernen Overall der sehr lässig geschnitten ist, mit einem blauen Neckholdertop,. Dazu passende Heels und Schmuck. „Das sieht bezaubernd an Ihnen aus, Miss Summers." Auch ich finde es steht mir sehr gut. Fertig umgezogen geht es an die Kasse wo mich eine stolze Summe erwartet. „Die ganzen drei Outfits stammen aus der neusten Kollektion. Das alles würde dann zusammen 30'523 Dollar kosten." Ich schlucke erst einmal, doch dann zücke ich Miles Kreditkarte und atme erleichtert aus als ich unterschrieben habe. „Vielen Dank für Ihren Einkauf. Die Kleider werden Ihnen noch heute geliefert. Und ich wünsche Ihnen viel Glück bei den Treffen." Elisabeth ist wirklich eine nette Frau, was vielleicht daran liegt das ich gerade für knapp 31'000 Dollar bei ihr eingekauft habe. Aber an dem Ausdruck in ihren Augen kann ich erkennen, dass sie es aufrichtig meint.
Outfit 1
Outfit 2
Outfit 3
Nach dieser stolzen Summe beschliesse ich nach Hause zu fahren. Nach Hause, irgendwie klingt das seltsam. Heute ist die zweite Woche um, was mir gar nicht so vor kommt. Ich habe das Gefühl schon seit Jahren hier zu wohnen. Ob das gut oder schlecht ist, weiss ich nicht. Als ich die Mall verlassen will, höre ich Geschrei. So schnell ich kann folge ich den Geräuschen und sehe wie ein Mann seine Frau schlägt. Die Frau trägt ein schönes Kleid und kein Kopftuch, ist das der Grund wieso der Mann sie schlägt? Der Frau laufen die Tränen übers Gesicht, denn der Mann schlägt sie mit einem Gürtel. Ich kann nicht fassen, dass die Leute nur dabei zusehen und der Frau nicht helfen. Diese Ungerechtigkeit kann ich nicht zulassen, also gehe ich auf die beiden zu und stelle den Mann zur Rede. Zuerst hört er mich gar nicht an, erst als ich mich ihm in den Weg stelle schenkt er mir Beachtung. Seine dunklen Augen sind zu Schlitzen verengt, Schweiss glänzt auf seiner Stirn und seine Atmung ist beschleunigt. „Sie dürfen keine Frau schlagen und ich werde nicht von hier weggehen bis sie das Gebäude verlassen haben."
Ich halte dem vernichtenden Blick des Mannes Stand, zuerst schweigt er und wischt sich dem Handdrücken den Schweiss von der Stirn. Dann brüllt er etwas auf Arabisch das ich nicht verstehe. Egal was er mir gerade gesagt hat, ich werde nicht zulassen, dass er die Frau weiter schlägt. Die Leute um uns herum fangen an zu tuscheln, einige Stimmen werden laut. Die meisten sind Männer. „Sie gehen jetzt, oder ich rufe die Polizei." Meine Stimme ist gefährlich leise und doch ist es das einzige was in der ganzen Mall zu hören ist. Es ist gespenstig leise geworden, sogar in den oberen Etagen sind die Menschen still und schauen wahrscheinlich zu. Ich habe keine Zeit nachzusehen, denn ich darf den Blick nicht senken. Ansonsten würde der Mann einfach weiter machen, doch er beginnt zu lachen. Lauthals lacht er los, ich kann nur den Kopf schütteln. Jemand kommt und stellt sich neben den Mann, sie beginnen eine lautstarke Diskussion. Die ich nutze um der Frau zu helfen, sie ist vielleicht zwei Jahre jünger als ich. „Geht es Ihnen gut?", frage ich und helfe ihr auf. Sie sieht mich mit grossen Augen an, die blutunterlaufen sind und auf ihren Wangen sehe ich die Tränen die langsam trocknen. „Geht es Ihnen gut? Verstehen Sie mich?", wiederhole ich mich.
Die Frau sieht mich immer noch mit grossen Augen an, hinter uns werden die Stimme der zwei Männer immer lauter. „Wieso haben Sie das getan?", flüstert sie. Ihre Stimme klingt tief und irgendwie seltsam ruhig. „Ich wollte Ihnen helfen. Er kann Sie doch nicht einfach so schlagen.", erwidere ich. Wieso bedankt sie sich nicht bei mir? Ich drehe mich um und sehe, dass der Mann, der die Frau geschlagen hat, mich wutentbrannt ansieht. Er kommt auf mich zu, beschimpft mich und fuchtelt mit den Händen in der Luft herum. Ich kann einige Brocken verstehen, er sagt etwas vom Koran und das es sein Recht ist seine Frau wo und wann er will zu züchtigen. Das er so etwas benutzt um seine Gewalt auszuleben ist einfach die Höhe. „Sie sollten sich schämen. Egal was Sie wütend gemacht hat, Sie dürfen Ihre Frau nicht schlagen. Niemand sollte das gut heissen nicht einmal der Koran. Ich denke nicht das Allah das gut heissen würde.", herrsche ich ihn an. Was den Mann nur noch wütender macht, und mich auch.
Das Getuschel um uns herum wird noch lauter und der Mann sieht mich an als wäre ich die Ausgeburt der Hölle. Er kommt noch näher und holt schliesslich aus. Ich spüre das Brennen das seine Hand auf meiner Wange hinterlässt und kann nicht glauben das er mich gerade geschlagen hat. Die Wut in mir kocht über und so verpasse ich ihm einen Schlag mitten ins Gesicht. Der Mann taumelt nach hinten fängt sich aber schnell wieder. Meine Hand schmerzt höllisch, jetzt ist die Menge um uns herum in heller Aufregung. Es ist so laut das ich nicht einmal mehr mein Herz pochen höre, das wild in meiner Brust schlägt. Der Mann tastet seine Nase ab und als er das Blut sieht stürmt er auf mich los. Als ich schon die Faust vor meinem geistigen Auge auf mich einprügeln sehe, stösst mich jemand zur Seite. Ich falle unsanft zu Boden und stelle fest, dass es Mesut ist der sich zwischen mich und den Mann gestellt hat. Mit grossen Augen sehe ich zu wie Mesut es mit dem gewalttätigen Mann aufnimmt.
„Mia, steh auf.", höre ich eine sehr vertraute Stimme. Ich drehe den Kopf und sehe Miles vor mir stehen. Er sieht besorgt und unheimlich wütend zu gleich aus. Dankbar ergreife ich seine Hand und verlasse mit ihm das Gebäude. Miles Schritte sind so schnell das ich beinahe nicht mit halten kann, etwas von der Mall entfernt steht die schwarze Limousine in die wir einsteigen. Im Rückspiegel sehe ich, dass Ricks mich besorgt an sieht. „Fahren Sie los.", herrscht ihn Miles an. Ich spüre, dass er wahnsinnig wütend ist, Miles Hände ballen sich zu Fäusten und sein Kiefer beginnt zu mahlen. „Danke.", flüstere ich. Miles sieht mich nicht an er starrt stur gerade aus, mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Meine Wange brennt wie Feuer und auch mein Hintern, auf den ich unsanft gefallen bin, tut weh. „Bedank dich nicht bei mir, sondern bei Mesut. Er hat mich angerufen und sich zwischen dich und diesem..." Seine Stimme klingt aufgebracht, er ist wirklich verdammt wütend. Ich weiss, dass ich mich damit in eine gefährlich Situation gebracht habe, aber ich konnte nicht anders. Genau das will ich Miles sagen, doch sein Blick sagt mir ich solle schweigen. Also schlucke ich meine Worte runter, doch eine Frage formt sich sogleich wieder in meinem Kopf. Wie wird meine Strafe aussehen?
Oha, was hättet ihr an Mia's Stelle getan? Hättet ihr eingegriffen oder weggegangen? Und was wird Miles jetzt tun?
eure Amanda
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