2. Kapitel
"Was...wieso?", fragte er stockend aber zugleich wurde er etwas rot.
Wie süß ist das denn? Wenn er rot war, war er noch süßer, als sowieso schon.
"Ähm...also, eigentlich wollte ich das nicht laut sagen...sondern... naja, auf jeden Fall würde ich mich schon freuen, wenn du hier bleiben würdest, denn so alleine hier, in der Nacht...da würde ich mich nicht so wohl fühlen", meinte ich und merkte, wie ich rot wurde.
"Wenn du mir dafür alles erzählst, kann ich mir vielleicht Zeit nehmen!", erwiderte er frech und grinste.
Also begann ich ihm alles zu erzählen. Ich erzählte ihm von den Jungs und ich berichtete ihm auch von meinen Vermutungen.
Nachdem er alles gehört hatte, nahm er mich in den Arm.
"Du Arme!", flüsterte er mir ins Ohr.
"Ich werde dich beschützen!", sagte er entschlossen. "Du kannst dich auf mich verlassen!"
"Danke!", murmelte ich gerührt.
Ich konnte nicht glauben, dass er sein Angebot ernst meinte. Ich war so gerührt. Wieso sollte er mich denn beschützen wollen? Ich war doch irgendein Mädchen und er kannte mich doch gar nicht. Und ich ihn auch nicht.
Einen Augenblick später ließ er mich wieder los. Eigentlich schade. Denn so nahe war ich noch nie einem Jungen gewesen, den ich geliebt hatte! Mich wunderte es wirklich, dass ich überhaupt einigermaßen vernünftiges von mir geben konnte. Vielleicht lag es daran, dass außer uns keiner hier war. Naja egal. Ich genoss jetzt auf jeden Fall die Zeit mit ihm. Die jetzt sogar noch länger dauern würde, als ich gedacht hatte. Denn ich würde die ganze Nacht mit ihm verbringen.
"Wir sollten uns dann mal einen Unterschlupf suchen, denn es wird bald dunkel!", schlug er vor.
Ich nickte zustimmend und so durchforschten wir den Wald. Es sollte abgelegen sein, damit uns vom Weg aus niemand sehen konnte. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis wir fast den ganzen Wald durchsucht hatten und schließlich auch ein passendes Versteck gefunden hatten. Das Versteck lag unter einem Hang. Da die kleinen Äste von den Büschen etwas seltsam gewachsen waren, hatten wir genügend Platz, um uns dort einen bequemen Nachtplatz einzurichten. Etwas komisch war es schon, mit einem fast fremden Jungen mitten im Wald zu übernachten. Was wenn es eine Falle von ihm war? Er konnte mir etwas antun, sobald ich eingeschlafen war. Aber ich verwarf den Gedanken schnell wieder.
"Wie alt bist du eigentlich?", fragte Louis plötzlich.
"16 und du?", wollte ich wissen.
"17", antwortete er nur und legte sich auf seine Jacke auf den Waldboden.
Ich tat es ihm nach. Wir lagen relativ dicht nebeneinander und so konnte ich ihn im stillen Wald atmen hören.
"Wollen wir uns noch etwas unterhalten?", fragte ich schüchtern und hoffte, dass er irgendwelche Gesprächsthemen hatte.
Ich wollte einfach verhindern, zu früh einzuschlafen.
"Okay", sagte er gedehnt. "Worüber möchtest du reden?"
"Ich weiß nicht...", begann ich zögernd.
Er lachte auf.
"Du bist schon etwas seltsam!", meinte er.
Hatte er das gerade ernst gemeint? Beleidigt drehte ich mich in die entgegengesetzte Richtung und schmollte.
"Hey, das war nicht ernst gemeint. Beruhig dich und hör auf zu schmollen!", sagte er und man konnte sein Grinsen im Gesicht deutlich spüren.
Ich drehte mich wieder zu ihm um und er sah mich, auf einen Arm gestützt, grinsend an.
"Was ist?", wollte ich wissen.
Denn sein beobachtender Blick sorgte für eine Gänsehaut auf meinem Rücken. Welche dafür sorgte, dass ich mich ganz unwohl fühlte.
"Nichts!", antwortete er gelassen, wandte aber dennoch nicht den Blick von mir.
Sollte ich ihn darauf ansprechen? Ich hatte mein gutes Recht darauf, es zu erfahren. Aber wäre er erfreut über meine Frage? Sicherlich nicht. Aber wenn er mich schon so anstarrte, dann sollte er mir auch gefälligst antworten, warum er das tat!
"Wieso starrst du mich so an?", fragte ich ihn schließlich und man konnte mir meine Neugier deutlich ansehen.
"Du starrst auch!", erwiderte er nur.
Fassungslos schaute ich ihn an. Unschlüssig, was ich nun sagen sollte. Wieso machte er das? Und wie zum Teufel, schaffte er das, dass ich mich nicht mehr unter Kontrolle hatte? Ich konnte meine Augen nicht mehr von ihm losreißen. Dafür sah er einfach zu gut aus.
"Du wolltest dich mit mir unterhalten!", meinte er schließlich und schaute mich vorwurfsvoll an.
"Stimmt!", sagte ich und schaffte es endlich wieder, meinen Blick von ihm zu nehmen.
"Ist dir schon ein Gesprächsthema eingefallen?", erkundigte er sich.
Wieder sah ich ihn an und war fast wie erstarrt. Ich schüttelte nur den Kopf und drehte mich in die andere Richtung, um ihn nicht mehr anschauen zu müssen.
"Hattest du schon einen Freund?", fragte er.
Ruckartig drehte ich mich wieder zu ihm um und starrte ihn an. Diesesmal aber wegen seiner Frage.
"Wieso willst du das wissen?", fragte ich und zog meine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
"DU wolltest reden, also hab ICH ein Gespräch angefangen!", antwortete er und dabei betonte er besonders das 'Du' und das 'Ich'.
"Ja...aber!", begann ich, beschloss dann aber meinen Einwand sein zu lassen und einfach seine Frage zu beantworten. Was war denn schon dabei.
"Nein, ich hatte noch keinen Freund und hab auch momentan keinen!", erzählte ich schließlich.
Wieso hatte ich ihm davon erzählt, dass ich zur Zeit auch in keiner Beziehung war? Musste ich es so verdeutlichen, dass ich auf ihn stand? Das war natürlich mal wieder typisch ich. Immer wieder brachte ich mich in peinliche Situationen.
"Und wie siehts bei dir aus?", stellte ich ihm ebenfalls eine Frage.
"Bin gerade auch in keiner Beziehung!", erwiderte er.
Wie sich das anhörte. 'Gerade' in keiner Beziehung. Das kam bei mir so rüber, als hätte er fast jede Woche eine andere. Hoffentlich irrte ich mich da. Aber nachfragen wollte ich nicht, dass würde nur noch mehr verdeutlichen, wie sehr ich ihn mochte und das wollte ich unter keinen Umständen.
Von da an sagte keiner mehr etwas. Wir lagen nur schweigend nebeneinander, starrten den immer dunkler werdenden Himmel an, bis wir endlich einschliefen.
Ein lautes Krachen, ganz in der Nähe weckte mich. Ich schreckte auf. Louis schlief noch selig und schien nichts bemerkt zu haben.
Plötzlich hörte ich wieder dieses Geräusch. Diesesmal sah ich sogar einen Schatten. Ich merkte, wie mir ein kalter Schauer den Rücken hinunter lief und ich bekam zunehmend Panik.
"Louis! Louis!", versuchte ich ihn leise, aber panisch, zu wecken. "Wach auf! Schnell!"
Endlich regte er sich.
"Spinnst du? Was ist los? Warum weckst du mich mitten in der Nacht?", fragte er etwas unwirsch.
"Da...da hinten, da ist jemand!", stotterte ich und zeigte in die Richtung.
Doch jetzt war da keiner mehr. Ich stellte fest, dass Louis ziemlich genervt von mir zu sein schien. Düster blickte er mich an. Das schüchterte mich noch viel mehr ein.
"Weck mich ja nicht mehr, diese Nacht, hörst du? Ich brauche meinen Schlaf!", knurrte er und legte sich wieder hin.
Aber ich hatte wirklich etwas gesehen! Warum glaubte er mir nicht? Als ob ich ihn einfach so aus seinem tiefen Schlaf wecken würde. Ich merkte, dass mir Tränen in die Augen schossen, doch ich versuchte sie zurück zu halten. Ich wollte nicht vor ihm heulen. Nicht jetzt.
Aber was sollte ich jetzt tun? Von Louis konnte ich keine Hilfe erwarten und ich war mir ziemlich sicher, eine Gestalt gesehen zu haben. Vielleicht hatte sie gemerkt, dass ich nicht alleine war und ist deshalb wieder verschwunden. Doch mir war im vornherein klar, dass das nicht so gewesen war!
Ich musste mich hinlegen. Ich brauchte auch meinen Schlaf. Ich musste versuchen, den Vorfall zu vergessen. Was sollte ich anderes tun?
Gedämpfte Stimmen weckten mich kurz Zeit darauf wieder. Oh nein! Das waren die Jungs! Ich erkannte es an deren Stimmen. Was sollte ich jetzt tun? Ich musste Louis wecken. Er war der einzige, der mir jetzt helfen konnte. Also beschloss ich, trotz seiner Wahrnung, ihn zu wecken.
"Hey du Göre!", sagte plötzlich eine Stimme, nahe neben meinem Ohr.
Erschrocken drehte ich mich um, aus der die Furcht einflößende Stimme kam. Mir war sofort bewusst, wem diese Stimme gehörte, welche mich jedesmal in Angst und Schrecken versetzte. Es war der Anführer der Jungs. Dieser sollte sogar noch grausamer sein, als die anderen.
"Lass das, sonst nehmen wir ihn auch noch mit!", meinte ein anderer.
Das musste sein bester Kumpel sein, fast genauso gefährlich wie sein Anführer. Aber wie kam er hier her? Ich hatte doch nur einen Schatten wahrgenommen. Aber dieser Wald bot mehr als genug Möglichkeiten, sich heimlich irgendwo anzuschleichen. Also war es für ihn eine Leichtigkeit, heimlich und leise, seinem Kumpel beizustehen. Was für mich die ganze Sache aber erschwerte, wieder frei zu kommen.
Wenige Sekunden später packten mich die beiden, hielten mir den Mund zu und begannen mich durch den Wald zu schleppen. Immer wieder bekam ich Äste ins Gesicht und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Konnten die beiden nicht etwas sorgfältiger mit mir umgehen? Was hatte ich ihnen denn überhaupt getan? Das würde ich schon gerne einmal wissen. Aber was mich in diesem Moment noch viel mehr interessiert, ist, was sie jetzt mit mir vorhatten. Bei der Vorstellung daran, dass sie irgendwelche schmutzigen Gedanken haben könnten, wurde mir ganz komisch und ich hatte Mühe, mich auf den Beinen halten zu können. Denn ich wollte auf keinen Fall das Risiko eingehen, dass ich auf Boden landete und nicht wusste, was sie dann mit mir machten. Mein Gefühl sagte mir, dass diese Typen zu allem fähig waren. Wieso betraf das ganze ausgerechnet mich? Konnte ich nicht wie alle anderen auch ein normales Leben führen? Ohne Entführungen, Vergewaltigungen und so weiter. Am liebsten würde ich jetzt in einer anderen Haut stecken. Bei jemanden, der sehr weit weg von hier wohnt. Am besten da, wo ich vorher gewohnt hatte.
Augenblicklich musste ich wieder an meine früheren Freunde denken. Wie es ihnen wohl geht? Ich hoffe gut! Ich vermisste sie wirklich sehr. Vor allem meine beste Freundin Lisa. Mit ihr konnte man über alles mögliche reden. Vom Nagellack bis zum Thema Jungs. Meine Verwandten vermisste ich auch sehr. Vor allem meine Cousinen und Cousins. Vor unserer Abreise schmiss ich noch eine riesoge Party im Partykeller meiner Freundin Lisa. Die ganze Klasse war eingeladen und natürlich meine Freundinnen. Wir hatten zusätzlich auch noch ein paar Jungen eingeladen, von denen wir eigentlich gar nicht geglaubt hatten, dass sie kommen würden. Aber so konnte man sich irren. Wir freundeten uns mit ihnen an und verbrachten den ganzen Abend gemeinsam mit ihnen. Besonders angetan hatte es mir der zwanzig jährige Liam. Er war etwa 1,80 Meter groß und schlank gebaut. Er hatte mittelbraunes kurzes Haar. Er hatte mir auch seine Nummer gegeben, aber bis jetzt hatte ich ihn noch nicht angeschrieben. Was würde es mir auch bringen? Er wohnt so weit von hier entfernt. Und eine Fernbeziehung würden wir sicherlich nicht schaffen. Es war einfach zu weit. Vor allem war er vier Jahre älter, als ich.
Die Gedanken an meine Heimat machten mich ganz traurig. Plötzlich nahm ich wieder das Geschehen um mich herum wahr. Wie hatte ich das so gut ausblenden können? Im selben Moment bekam ich wieder einen Ast ins Gesicht.
"Passt doch auf!", motzte ich die Jungs an.
"Schnauze, du hast hier nichts zu sagen!", sagte der Anführer brutal.
"Aber ihr tut mir weh!", entgegnete ich.
"Das ist uns dort egal!", brummte derselbe.
In mir stieg eine so große Wut auf, die man gar nicht beschreiben konnte. Ich setzte einen erneuten Versuch an, mich zu befreien. Aber natürlich gelang es mir nicht. Gegen die beiden Männer kam ich einfach nicht an. Jede Bewegung war zwecklos und führte nur dazu, dass ich mir weh tat.
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