Kapitel 55
Die Stiftung
In der Woche nach dem Überraschungsbesuch trafen Vertreter der Stadt bei Sarah und Chris ein.
Pläne wurden geschmiedet, wie die Stiftung am effektivsten arbeiten konnte.
Es gab viele Diskussionen, denn es gab viele Schwerpunkte, die berücksichtigt werden sollten.
Den Ausschlag gab schließlich der Bericht eines Streetworkers, der mit Straßenkindern arbeitete.
„Ihr könnt euch nicht, vorstellen, was da abgeht! Da verkaufen ältere Geschwister die Kleinen an Pädophile, machen selbst Fotos vom Missbrauch, stellen sie ins Netz! Das ist ein riesiger Markt!
Wir holen zwei raus und vier kommen nach. Wir sprengen einen Ring und zwei andere entstehen! Sisyphus hatte es einfach gegen uns! Da werden Drei-, Vierjährige drogenabhängig gemacht, damit sie alles über sich ergehen lassen!"
Sarah war am Boden zerstört. Was sie da alles aus dem Mund dieses jungen, zierlichen Mannes, der selbst fast noch ein Kind war, hörte, war unfassbar für sie.
Die Entscheidung war gefallen.
Sie beschlossen, zwei weitere Streetworker einzustellen, dazu noch einen Psychologen. Zuverlässige Pflegefamilien sollten gesucht werden, das übernahm die Sozialabteilung, die auch noch einen Mitarbeiter zugestanden bekam.
Außerdem wollte man anfangen, Wohnungen zu suchen für Jugendgruppen.
Sarah war zufrieden. Wenn sie ein einziges Kind retten konnten, war das Geld gut angelegt.
Abends saß sie mit Chris in dem kleinen Garten hinter dem Haus auf einer Hollywood-Schaukel, er hatte Laura auf dem Arm.
Sarah hatte Tränen in den Augen.
„Was sind das für Tiere, die kleinen Kindern so etwas antun? Nein, das sind nicht mal Tiere, das sind Dinger!"
Chris legte den freien Arm um sie. Er hatte gerade gegrübelt, ob sie das alles seelisch verkraften würde, ob er nicht einen Fehler gemacht hatte
„Du nimmst dir aber das alles nicht zu sehr zu Herzen, oder?" bat er leise. „Ich meine, unberührt lässt es keinen, das ist schon klar. Aber du solltest es nicht zu tief in dich reingehen lassen, ja?"
„Nein, ich kann schon damit umgehen. In Syrien war es auch fürchterlich, aber nachdem ich das Buch geschrieben hatte, war meine Arbeit getan. Das Augenmerk von einigen hatte ich auf die Situation dort richten können!"
Sie sah ihn offen an. „Auch das Leben der Drogensüchtigen in meiner Stadt hat sich ein wenig verbessert nach meinem Buch. Es gibt jetzt Unterkünfte, in denen sie saubere Spritzen bekommen, oder Methadon, wenn sie aussteigen wollen. Die Stiftung meiner Großeltern hat auch einige Therapieplätze geschaffen. Man könnte schon etwas tun, wenn die Reichen den Ärmsten etwas abgeben würden."
Chris küsste den blonden Engel zärtlich, der nicht nur ihn gerettet hatte. Das privilegierte Mädchen, das nicht wegschauen konnte, auch nicht, wenn ein besoffener Penner auf einer Bank zu erfrieren drohte.
Jede andere Frau wäre damals schnell an ihm vorbeigelaufen, aber nicht Sarah.
Er hatte ihr vor die Füße gekotzt, und sie hatte ihn mit nach Hause genommen.
Wie konnte er damals nur glauben, sie nicht zu lieben?
Sie nur sexy und anziehend zu finden, sie nach ein paar Wochen zu verlassen, um weiter nach der Frau fürs Leben zu suchen?
Dabei war er ihr doch schon beim ersten Blick in ihre großen blauen Augen verfallen gewesen, hatte er ihre leise, sanfte, aber auch wütende Stimme nicht mehr aus dem Kopf gebracht!
Hatte Lied um Lied für sie geschrieben vom ersten Tag an!
„Warum lächelst du denn so?" fragte sie. Sie liebte es, wenn er so verträumt dreinsah.
„Ich habe an den Anfang gedacht, als du mich aufgeweckt hast, und ich mich schockverliebt habe!" antwortete er. „Ich habe daran gedacht, was du für ein gutes Kerlchen bist!"
Er küsste sie vorsichtig, Laura mammelte ungnädig.
„Eifersüchtiges Biest!" brummte Sarah. „Das ist mein Chris!"
Ja, dachte er mit feuchten Augen, dein Chris! Für immer! Auch wenn ich nicht weiß, womit ich dieses Glück verdient habe! Aber ich werde es mir verdienen, das schwöre ich dir!
Eine Woche lang trat wieder Ruhe ein im Hause Sandmann.
Dann kam der nächste Paukenschlag. Simon Wartner aus Hollywood rief an, man brauchte Sarah am Set, wenigstens für ein, zwei Wochen.
„Puh!" Daran hatte sie gar nicht mehr gedacht. Das war ja ein hartes Kontrastprogramm! Straßenkinder in Barcelona und Hollywood. Sie konnte ja gar nicht weg! Sie stillte! Und konnte man so ein kleines Baby auf so einen weiten Flug mitnehmen?
Während sie mit Simon verhandelte, sah Chris im Internet nach. Aber nichts sprach vom gesundheitlichen Aspekt her gegen einen Flug mit Baby.
„Wir sprechen das jetzt durch, und ich melde mich zeitnah!" versprach sie.
„Warte kurz!" bat der Amerikaner. „Also du bekommst Tickets Business Class für einen Non-Stop-Flug! In Los Angeles hole ich euch ab, und ihr wohnt in unserem Gästehaus. Wir haben letzte Woche einen kleinen Sohn bekommen, es wird also recht ruhig bei uns sein! Keine Partys oder so!"
„Herzlichen Glückwunsch!" Sarah freute sich sehr mit Simon.
Sie gingen zu ihrem Kinderarzt, der Laura genau untersuchte und grünes Licht gab für einen Flug.
„Dann machen wir das so, Süße, oder?" Chris war nicht der überängstliche Vater und sie keine Glucke. Sie hatten Laura von Anfang an überall mit hingeschleppt, und sie war ein ruhiges, ausgeglichenes Kind, das fühlte, wie es geliebt wurde.
Dann gab sie Simon ihr Okay.
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