Kapitel 4
»Sev! Schön dich zu sehen!«, Narzissa Malfoy trat auf die Seite und sah suchend hinter den Lehrer.
»Wo ... wo hast du denn Harry gelassen?«
»Er ist in Hogwarts«, sagte Severus und gab einem wartenden Hauselfen, seinen Mantel.
»Was? A-aber warum denn das?«, wollte die Frau wissen.
»Ich komme am Vierundzwanzigsten doch immer alleine«, sagte Severus verständnislos.
»Ja schon, aber du sagtest doch, das du bis Silvester bleibst, oder nicht? Da dachte ich natürlich, dass du Harry mitbringst«, sagte Narzissa noch immer vollkommen verwirrt.
»Er ist in Hogwarts gut aufgehoben und ...«
»Wer ist in Hogwarts gut aufgehoben?«, Lucius Malfoy trat gerade in die Eingangshalle und umarmte seinen besten Freund.
»Severus hat Harry in Hogwarts gelassen«, sagte Narzissa, wie eine Mutter, die ihren Mann darüber informierte, was der Sohn mal wieder angestellt hatte. Lucius hob die Augenbrauen.
»Wieso, wenn ich fragen darf?«
»Okay, ich bin hier um mit euch und Draco zu feiern, und nicht, damit ihr mir in meine Erziehung reinredet. Harry ist gut aufgehoben und nun lassen wir das Thema«, sagte Severus und lächelte, als Draco die Treppen hinunter gerannt kam und sich ihm in die Arme warf.
»Onkel Sev, toll dass du da bist und wo ist ...«
»Harry ist in Hogwarts«, sagte Severus schnell. Irritiert sah Draco zu seinen Eltern, die aber nur die Schultern hoben.
»O-Okay, mhm ... schade«, sagte Draco.
Nach dem gemeinsamen Weihnachtsessen hatte sich Draco gewünscht, dass Severus ihn ins Bett brachte. Normalerweise ging der Lehrer immer direkt nach dem Essen, damit Harry, der in der Zeit von einem Hauselfen der Malfoys betreut wurde, nicht zu lange alleine war. Aber in diesem Jahr blieb Severus im Haus der Malfoys.
»Onkel Sev, darf ich dich was fragen?«, wollte Draco wissen, nachdem Severus ihn zugedeckt hatte.
»Sicher«, sagte dieser.
»Ähm ... magst du Harry nicht?«
»Wie meinst du das?«
»Na ja ... du nimmst ihn nicht mit her und ... und du ziehst ihm genauso viele Punkte ab wie den anderen.«
»Warum interessiert dich das?«
»Weiß nicht, aber ich glaube einfach, dass er ziemlich einsam ist«, Severus seufzte.
»Das denke ich nicht, er hat sicher viele Freunde unter den Gryffindors«, sagte er. Verwirrt schüttelte Draco den Kopf.
»Nein, das glaube ich nicht. Er ist immer alleine überall, auch beim Essen und so. Im Studierzimmer sitzt er immer in der hintersten Ecke und immer alleine. Ich glaube ... ich glaube, es geht ihm wirklich schlecht. An Halloween ist er einfach aus der Halle gerannt«, Severus schluckte schwer. Er konnte sich denken, warum Harry an Halloween geflüchtet war.
»Also magst du ihn oder nicht?«, riss Dracos Stimme Severus aus seinen Gedanken. Der Mann lächelte, beugte sich vor und gab Draco einen Kuss auf die Stirn.
»Natürlich mag ich ihn und nun schlaf«, sagte er und ging zur Zimmertür, er hatte schon die Hand an der Klinke, als er Dracos Stimme hörte: »Vielleicht solltest du ihm das mal sagen«, Severus nickte seufzend und verließ den Raum.
Harry saß indessen ebenfalls beim Weihnachtsessen in der großen Halle. Nur wenige Schüler waren in diesem Jahr hiergeblieben und so reichte ein Tisch für alle. Auch die Lehrer, die Aufsicht hatten, saßen mit ihnen zusammen. Harry saß wie immer etwas abseits neben seinen Hauskameraden. Aus Gryffindor waren nur sechs Schüler inklusive ihm dageblieben und es waren alles Schüler aus dem letzten und vorletzten Jahr, die sich auf ihre Prüfungen vorbereiten wollten. Harry schien mit Abstand der Jüngste unter den Verbliebenden am Tisch zu sein. Und auch hier spürte er die bohrenden Blicke auf sich. Natürlich fragte sich jeder, warum ausgerechnet der Sohn des Tränkemeisters die Ferien in der Schule verbrachte, wo sein Vater doch gar nicht da war. Harry starrte auf seinen Teller, viel gegessen hatte er nicht, ihm war einfach nicht danach, auch wenn es das erste wirkliche Weihnachtsessen für ihn war. Der Hauself der Malfoys hatte ihm zwar auch immer etwas wirkliches Gutes zubereitet, aber das war eben dann doch etwas anderes. Hier war alles geschmückt und neben jedem Teller lag ein Knallbonbon. Harry nahm diesen in die Hand und drehte ihn. Es sah wirklich schön aus, aber was machte man nun damit?
»Sie müssen daran ziehen«, sagte Minerva McGonagall, die neben Harry saß. Der Junge sah auf und zog dann vorsichtig an einem Ende des Bonbons. Nichts tat sich. Die anderen am Tisch lachten.
»Ich bitte Sie, wir lachen keine Hauskameraden aus!«, rief Minerva die Gryffindor und Ravenclaws, die gelacht hatten zur Ordnung. Sofort verstummten diese und widmeten sich wieder ihren Gesprächen.
»Hier«, sagte die Lehrerin nun sanft und reichte Harry ein Ende des Bonbons, während sie das andere festhielt. Zögernd griff Harry zu.
»Und jetzt ziehen«, sagte die Frau. Harry tat es und es gab einen kleinen Knall, ehe goldener Glitzer durch die Luft schwebte. Vor Harry auf dem Tisch lag jetzt ein Plüschdrache in einem warmen kupferrot.
»Wow, der ist ja süß«, sagte ein Ravenclaw-Mädchen. Vor ihr stand ein Mikroskop aus Messing, welches sie ebenfalls gerade aus einem Bonbon gezogen hatte. Harry sah zu dem Plüschtier.
»D-Das ist für mich?«, fragte er sichtlich überfordert.
»Natürlich mein Lieber. Die Knallbonbons sind verzaubert. Sie entscheiden, was am besten zu dem passt, der sie öffnet«, erklärte Minerva sanft. Harry streckte die Hand aus und nahm den Drachen vorsichtig an sich. Er war wunderbar weich und roch ein bisschen nach Lagerfeuer und Kräutern – so wie Vater, dachte Harry. Noch nie hatte er ein Plüschtier oder etwas Ähnliches besessen. Er drückte das Tier an sich und es war ihm egal, was die anderen dachten. Nachdenklich betrachtete Minerva das Kind. Den Jungen umgab immer eine Art tiefe Traurigkeit, aber heute hatte sie zum ersten Mal ein Strahlen in seinen Augen gesehen. Als Harry später alleine im Schlafsaal im Bett lag, drückte er die Nase in das weiche Fell des Drachen. Es tröstete ihn irgendwie, auch wenn er sich jetzt alleine fühlte, mit dem Plüschtier war es nicht ganz so schlimm. Er wusste aber, dass er den Drachen verstecken musste, sobald die anderen wieder da waren. Sie würden es ihm wegnehmen, sich lustig machen oder Schlimmeres. Doch für diesen Moment genoss Harry einfach die Wärme und den Geruch des Stofftieres in seinem Arm und schloss die Augen.
»Sagt es schon«, sagte Severus, als er am späten Abend mit den Malfoys im Kaminzimmer saß. Den ganzen Abend hatten sie auch wegen Draco, das Thema Harry gemieden, aber nun wusste Severus, dass er sich dem nicht mehr entziehen konnte.
»Na schön, wenn du es schon ansprichst, also was ist los? Draco hat uns erzählt, dass es Harry sehr schwer in der Schule hat und nicht zuletzt deinetwegen«, sagte Narzissa.
»Mir war nicht bewusst, dass er keine Freunde hat«, sagte Severus und nippte an seinem Weinglas.
»Ja offenbar nicht, aber sprichst du nie mit ihm?«, fragte Lucius nun.
»Doch sicher, aber ... aber eher über andere Dinge.«
»Andere Dinge?«
»Seine schulischen Leistungen«, erklärte Severus.
»Wie sind die?«, wollte Narzissa nun wissen.
»Sehr gut. Er schreibt nur ‚Os', ist aber etwas still im Unterricht.«
»Das heißt aber auch, dass du keinen Anlass hast, ihn zu bestrafen. Warum ziehst du ihm dann Punkte ab?«
»Bloß weil er gut ist, heißt das nicht, dass er keine Fehler macht. Ihr werdet verstehen, dass ich von Harry mehr verlange, als von den übrigen Schülern«, sagte Severus.
»Warum? Weil du ihn schon als Einjährigen mit ins Labor genommen hast? Am Ende ist er ein Elfjähriger, wie die anderen und glaubst du nicht, dass er es schon schwer genug hat, weil er dein Sohn ist?«, fragte Lucius. Severus sah ihn irritiert an.
»Was meinst du?«
»Ach komm schon Sev, selbst ich weiß um deinen Ruf in der Schule. Dann ist er auch noch der Junge, der lebt und trägt den Namen Harry Severus Potter. Glaubst du nicht, dass das eine nicht zu verachtende Bürde ist?«
»Wenn du meinst ...«
»Okay lassen wir das, aber warum nimmst du ihn nie mit her? Als die Jungs klein waren, war das auch nie ein Problem. Hast du was dagegen, wenn Draco und er sich anfreunden oder was ist es?«, wollte Narzissa nun wissen. Severus stand auf und trat an das Fenster. Draußen schneite es in dicken Flocken und der Mond versteckte sich hinter den grauen Wolken.
»Ihr versteht das nicht«, sagte er leise und ohne sich umzuwenden.
»Dann erkläre es uns!«, bat Lucius eindringlich. Severus seufzte.
»Wenn ich ... wenn ich ihn ansehe, dann ... dann sehe ich immer Lily, egal wie ähnlich er mir ist. Ich sehe sie und es ist wie eine stumme Anklage. Jeden Tag, jeden verdammten Tag, seit sie tot ist, sehe ich in seinen Augen ihren Vorwurf«, jetzt drehte er sich, mit feuchten Augen zu seinen besten Freunden um. Noch nie hatte er darüber gesprochen und auch nicht über das schlimmste Gefühl, welches ihn belastete.
»I-ich erziehe ihn so, wie ich es tue, weil ... weil ich will, dass er stark wird und irgendwann etwas erreicht im Leben. Je älter er wurde, je ähnlicher er mir sah und Lily ... je weniger konnte ich ihn ansehen oder ihn um mich haben, denn da war ein Gefühl, ein Gefühl, von dem ich weiß, dass es falsch ist, und doch ist es da und ich kann mich nicht dagegen wehren«, sagte er und brach ab. Narzissa sah besorgt zu ihrem Mann, stand dann auf und legte Severus eine Hand auf die Wange.
»Du gibst ihm die Schuld, oder?«, fragte sie leise und Lucius verspürte einen Stich im Herzen. Severus sah auf und nickte kaum merklich.
»Ich weiß, dass es falsch ist und doch ...«
»Liebst du ihn?«, fragte Lucius nun ernst. Severus sah zu ihm und nickte.
»Ja, aber ...«
»Nein Sev, kein ‚aber'! Entweder liebst du ihn oder nicht. Bei Salazar er ist doch dein Sohn und dass kann niemand leugnen. Als du ihn damals aus dem Haus geholt hast, was war das für ein Gefühl, als du nicht wusstest, ob er noch lebt, denk doch mal daran!«, bat Lucius.
Rückblick
Godric's Hollow - 31. Oktober 1981
Severus Snape rannte so schnell wie noch nie zuvor. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust und jeder Atemzug schmerzte. Als er um die Ecke bog, sah er es. Über dem Haus stieg das Dunkle Mal auf. Severus hatte das Gefühl, alles um ihn würde gefrieren. Er rannte wie in Trance in das beinahe vollkommen zerstörte Haus. Zuerst fand er James, tot auf der Treppe liegen, ehe er weiter rannte und im nächsten Moment auf die Knie sank. Im Kinderzimmer lag Lily leblos auf dem Boden. Severus schrie, er schrie all seine Trauer, all seine Verzweiflung heraus, als er die junge Frau im Arm hielt. Was hatte er nur getan? Er hätte sie doch beschützen müssen, sobald Dumbledore ihm von der Prophezeiung erzählt hatte, aber er hatte es für Blödsinn gehalten und nun war alles verloren. Erst jetzt hörte er das Weinen. Es war leise und schwach, aber da. Severus legte Lily mit zitternden Händen auf den Boden, dann stand er auf und sah sich um. Das Zimmer war verwüstet, das Kinderbett umgestoßen. Vorsichtig stieg Severus über Glas und Holz, hob das Bett auf und dann sah er ihn. Der kleine Junge mit den rabenschwarzen Haaren und den grünen Augen. Das Kind kauerte in einer Ecke und Tränen schwammen in dessen Augen. Auf der Stirn hatte der Junge eine blitzförmige Wunde. Sofort wusste Severus, was geschehen war.
»Lily, was hast du getan?«, flüsterte er, wissend keine Antwort zu erhalten. Harry sah den Mann fragend, aber nicht ängstlich an, so als würde er ihn kennen. Dann streckte das Kind die Arme aus. Severus seufzte, beugte sich hinunter und hob seinen Sohn auf die Arme. Sofort presste sich der Junge an ihn. Er schien zu frieren. Severus legte seinen Mantel um ihn, sah noch ein letztes Mal zu Lily, dann disapparierte er.
»Sie müssen ihn nehmen!«, sagte Severus ernst, als er nur eine halbe Stunde später im Büro von Albus Dumbledore stand. Harry schlief in dessen Armen und schien so weit unverletzt zu sein.
»Severus, du weißt, was diese Narbe bedeutet«, sagte der Direktor sanft und strich Harry über die inzwischen bereits verheilte Wunde.
»Ja, natürlich, aber ... aber es muss eine andere Lösung geben und wir wissen nicht, ob er den Blutschutz überhaupt braucht, vielleicht ist der Lord tot«, sagte Severus aufgelöst.
»Er ist dein Sohn, das hat Poppy zweifelsohne festgestellt und damit ist er bei dir am sichersten. Er hat nur noch dich«, sagte Albus sanft und legte den schlafenden Jungen, jetzt wieder in die Arme seines Vaters.
»Ich bin 21, wie soll ich ein Kind großziehen?«
»Man wächst mit seinen Aufgaben. Du hast Freunde, die dich sicher gerne unterstützen. Du hast eine gute Anstellung und Harry braucht seinen Vater. Wenn du Hilfe brauchst, dann komm immer gerne her, aber der Junge gehört zu dir. Der Krieg ist vorerst vorbei und alle Welt feiert und trotzdem verstehe ich deine Trauer, denn auch ich spüre sie. Harry ist unsere und auch deine Hoffnung. Nimm sie an«, sagte Albus und strich dem kleinen Jungen ein letztes Mal über die Haare, ehe Severus sich umdrehte und verschwand.
Rückblick Ende
Als Harry am nächsten Morgen erwachte, streckte er sich ausgiebig. Draußen hatte es wieder geschneit und der Schnee lag sicher drei Meter hoch. Heute war Weihnachten. Harry hörte bereits die anderen im Gemeinschaftsraum lachen. Er wusste, dass sicher kein Geschenk für ihn unter dem Baum liegen würde, aber was wenn doch? Das dachte er jedes Jahr und wurde jedes Jahr enttäuscht, aber jetzt war er hier in Hogwarts und alle bekamen etwas, vielleicht ja auch er. Er setzte den Drachen auf sein Bett, stand auf, zog sich seinen Bademantel an und lief hinunter den den Gemeinschaftsraum. Dort stand jetzt ein riesiger prachtvoll geschmückter Weihnachtsbaum und es roch wunderbar nach Tanne. Die anderen fünf Gryffindors saßen auf den Couchen und in den Sesseln. Sie packten ihre Geschenke aus und lachten. Harry sah bereits von weitem, dass kein Päckchen mehr unter dem Baum lag. Trotz allem ging er näher, vielleicht hatte er ja was übersehen, aber als er direkt vor dem Baum stand, wusste er, dass er auch in diesem Jahr enttäuscht wurde. Traurig sah er zum Kamin, an dem noch eine einzelne Socke hing. Es war seine, aber Harry wusste, dass auch sie leer sein würde. Er griff danach und stutzte, es war doch etwas darin. Vorsichtig holte er es raus. Es war eine Tüte mit Keksen und eine einzelne Zuckerstange. Harry wusste sofort, von wem das war – Filch. Er lächelte und setzte sich auf die Couch.
»Potter hat kein Geschenk bekommen«, raunte Thomas Green, Amanda Kline zu. Die Siebtklässlerin sah zu dem Jungen hinüber. Snape war also offenbar auch als Vater ein Arsch.
»Ganz schön hart«, sagte sie leise und Thomas nickte.
»Hey Potter, bist du deinem Vater nicht mal ein Geschenk wert?«, höhnte nun Alexander Stewart ein Sechstklässler und riss Harry die Tüte mit den Keksen weg.
»Hey, lass das. Gib sie wieder her!«, rief Harry und sprang auf.
»Alexander, lass das!«, rief Amanda, aber der Junge grinste nur.
»Warum denn? Schau mal wie nett, ein paar Kekse von Papi«, rief er. Harry versuchte, an die Tüte zu kommen, aber der andere war mindestens drei Köpfe größer und so hatte er keine Chance.
»Her damit!«, sagte nun Thomas dunkel und streckte die Hand aus. Der Siebtklässler war noch mal ein paar Zentimeter größer als Alexander und so reichte dieser dem anderen die Tüte.
»Spielverderber. Sonst seid ihr auch nicht so!«, sagte Alexander nun und verzog sich schmollend.
»Hier«, sagte Thomas und gab Harry die Tüte zurück. Die Hände des Jungen zitterten, aber er griff danach und drückte die Kekse nun an sich.
»Sind die von deinem Vater?«, wollte Amanda nun erstaunlich sanft wissen. Harry schüttelte den Kopf.
»Seht ihr, nicht mal sein Vater will den«, kam es nun wieder aus der Ecke von Alexander und den anderen, die das Gespräch offenbar verfolgt hatten.
»Klappe Alex!«, rief Thomas, aber ehe er reagieren konnte, war Harry bereits aus dem Raum geeilt.
»Musste das sein? Er ist doch noch ein Kind«, sagte Amanda streng.
»Na und? Aber er ist Snapes Kind und nicht mal der hat offenbar Interessen an ihm, also ...«, kam es von Alexander, welcher sich nun wieder seinen Geschenken widmete.
»Idiot«, sagte Thomas und setzte sich wieder mit Amanda vor den Kamin.
Harry rannte hinauf in den Schlafsaal und warf sich auf sein Bett. Er presste den Drachen an sich und weinte, bis er kaum noch Luft bekam. Es war nicht die Tatsache, dass er ihm die Kekse weggenommen hatte, sondern die Worte, die ihn viel tiefer trafen, als er erwartet hatte. Ja, sein Vater wollte ihn nicht, liebte ihn nicht, ertrug ihn nur, weil er wahrscheinlich musste. Harry konnte nicht mehr aufhören zu weinen, er schluchzte und krallte sich in das weiche Fell des Drachen. Was machte er hier überhaupt noch? Warum war damals nicht einfach mit seiner Mutter gestorben? Irgendwann setzte er sich auf und wischte die Tränen weg. Mit weichen Knien stieg er vom Bett und zog sich an. Er musste hier raus. Er nahm den Drachen mit und steckte ihn unter seinen Umhang, damit die anderen ihn nicht sahen. Als er aber in den Gemeinschaftsraum kam, war dieser leer. Die anderen waren offenbar zum Frühstück gegangen. Harrys Socke lag verlassen auf dem Boden neben dem Kamin. Er hob sie auf und legte sie fast schon sanft auf die Couch. Danach stieg er durch das Porträtloch auf den Gang. Alles war still. Alle schienen beim Frühstück zu sein. Harry nahm die Treppen nach oben und öffnete die unscheinbare Holztür. Er mochte den Astronomieturm, er mochte auch das Fach und sah gerne in die Sterne. Als er draußen war, atmete er tief ein. Schnee fiel und ein leichter Wind ging, die Sonne war nicht zu sehen. Harry trat weiter hinaus und sah in die Ferne. Wie sehr er sich wünschte weit weg zu sein, weit hinter dem Wald, hinter den Bergen. Irgendwo, wo ihm keiner mehr wehtat, wo ihn vielleicht irgendwer mochte, ihn jemand in den Arm nahm. Harry setzte den Drachen auf dem Boden ab, da wo dieser noch von einem Dach geschützt war, dann ging er weiter vor und sah hinunter in den Abgrund. Viel konnte man durch das dichte Schneetreiben nicht erkennen, der Boden ließ sich nur erahnen. Harry drehte sich noch einmal zu dem Drachen, der dort auf dem Stein saß und ihn fast schon flehend ansah, dann drückte er sich hoch und stellte sich auf die steinerne Balustrade.
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