
Mittwoch - Nacht (2)
Von oben herab blickt er auf Fynn herab. Belial steht direkt hinter ihm.
Fynn kann nicht schreien. Sein Hals ist wie zugeschnürt.
Er blickt nicht mal in ein Gesicht. Er kann zwar die schwarze Kapuze des Umhangs sehen, doch in ihr ist einfach nur ein tiefschwarzes Loch.
Und doch scheint dort drin irgendwo Leben zu sein, denn ein Luftstoß dringt aus der Kapuze an sein Gesicht.
Ohne nachzudenken, laufen seine Beine einige Schritte weg. Dann schaut er zurück und erstarrt.
Somni liegt bewusstlos an einer Hauswand. Belial steht mit dem schwarzen Umhang vor ihm, aber ohne Gesicht.
Fynn zittert am ganzen Körper.
Langsam fährt der Ärmel der Gestalt zu einer Tasche im Umhang. Hände kann Fynn ebenfalls nicht sehen.
Wie erstarrt beobachtet Fynn, wie die Gestalt etwas aus der Tasche holt. Es ist eine Glaskugel.
Fynn starrt die Glaskugel an. Eigentlich ist sie ganz schön. Sie glitzert sogar ein wenig. Aber sie bedeutet nichts Gutes. Das kann er fühlen.
Aus dem rechten schwarzen, viel zu großen Ärmel kämpft sich eine dürre Hand. Die knochigen Finger berühren sanft die Kugel. Fynn vernimmt dazu noch ein Nuscheln.
Langsam scheint Leben in die Glaskugel zu kommen. Ein buntes Farbengemisch tanzt in ihr.
Plötzlich ertönt ein Stöhnen.
Fynn schaut zu Boden und sieht, wie Somni sich die Schläfe reibt. Er kommt langsam wieder zu sich.
Dann kreischt er: "Fynn, nein! Pass auf!"
Schlagartig wird Fynn klar, dass Belial gerade versucht, ihn zu verzaubern. Er zittert. Die Farben in der Kugel sind verschwunden. Sie ist nur noch schwarz und kleine Blitze treten aus ihr heraus.
Das Gemurmel von Belial wird lauter und die Blitze größer.
Schützend streckt Fynn seine Hände vor sich. Da bewegt sich die Kugel etwas. Sie zittert. Für einen kurzen Moment verstummt das Gemurmel.
Fynn nimmt seine rechte Hand zur Seite, um das Geschehen besser verfolgen zu können. Im gleichen Moment zieht es die Kugel nach rechts und Belial hat Mühe sie festzuhalten. Fast wäre sie runtergefallen.
"Du Miststück," keift er.
Fynn begreift nicht.
Zum Glück hat Somni die Situation verstanden: "Ich glaube, du kannst die Kugel fernsteuern. Versuch es!", fordert er Fynn auf.
Fynn runzelt die Stirn. Wie soll das funktionieren?
Wortlos hebt er nochmal die Hand und zieht sie dann ruckartig nach links.
Wieder wird die Kugel von einer unsichtbaren Kraft nach links gezogen. Doch Belial hat aufgepasst und sie nicht fallen gelassen.
"Hör auf! Du hast keine Chance! Geh zurück zu deinen Menschen und lass uns in Ruhe!", schreit er.
Somni versucht sich aufrecht hinzustellen, schwankt aber leicht. Trotzdem gibt er Anweisungen: "Lenk die Kugel, Fynn!"
Die Kapuze dreht sich zu Somni und wieder ist Gemurmel zu hören. Es ist zu undeutlich, als dass Fynn etwas verstehen könnte. Doch plötzlich springt ein Blitz von der Kugel auf Somni über. Dieser verliert den Halt und fällt zuckend zu Boden. Eine böse Lache ist zu hören. Fynn erstarrt.
"Tu was!", ruft Somni gequält. Seine Arme schlagen unkontrolliert auf den Boden und er schreit vor Schmerz.
Fynn will das gar nicht mit ansehen, aber er kann gleichzeitig auch den Blick nicht abwenden.
Belial dreht sich nun wieder zu Fynn.
"War nett dich kennenzulernen, aber du bist hier unerwünscht", zischt er.
Als Fynn wieder das Gemurmel vernimmt, kann er sich endlich aus seiner Schockstarre lösen.
Er reißt seine Hände hoch und bewegt sie schnell von links nach rechts und wieder zurück. Schnell hat er den Dreh raus. Belial hat wortwörtlich alle Hände voll zu tun, die Kugel festzuhalten. Doch Fynn kennt keine Gnade. Er steuert die Kugel aus der Ferne mit seinen bloßen Händen und schließlich zieht er sie mit einem Ruck zu Boden. Die nasse Kugel gleitet Belial durch die Hände und landet klirrend auf dem Boden. Sie zerspringt in tausend Scherben.
Im gleichen Moment wird Somni von seinen Zuckungen erlöst und Belial stürzt sich auf den Boden. Er versucht zu retten, was zu retten ist. Doch das ist nur ein Haufen Scherben.
"Das hast du nicht!! Wie kannst du nur??! Du hast meine Zauberkugel zerstört!!" Er tobt vor Wut.
"Das werde ich dir nie verzeihen! Ich schwöre dir ewige Feindschaft bis der Tod uns scheidet!!"
Fynn scheint so, als hätte er ein feuriges Funkeln aus der Kapuze gesehen. Dann macht Belial auf dem Absatz kehrt und verschwindet am Ende der Gasse.
Fynn stürzt zu Somni.
"Somni? Alles okay bei dir?"
Somni stöhnt. Seine Arme sind blutig und blau.
"Jetzt kann ich wenigstens behaupten, ich hätte mit Belial gekämpft", lacht er gequält.
Fynn hilft ihm auf: "Komm, ich bring dich zu Chidi. Der kann dir bestimmt helfen."
Als Chidi die Tür öffnet und Somni gestützt auf Fynn sieht, schlägt er die Hände über dem Kopf zusammen: "Du meine Güte, was ist denn passiert?"
Fynn hilft Somni in die Wohnung setzt ihn auf dem Sessel ab. Dann versucht er das Geschehen in Worte zu fassen. Aber Chidi muss nicht viel hören, um zu wissen, was los war.
"Das hört sich gar nicht gut an. Irgendwie muss Belial von dir erfahren haben. Es ist zwar sehr wichtig gewesen, dass du die Kugel zerstört hast, aber jetzt wird Belials höchstes Ziel sein, dich zu vernichten. Du musst auf dich aufpassen, mehr denn je!"
Fynn sitzt gegenüber von Somni auf dem Sofa und sieht dabei zu, wie Chidi Somnis Wunden versorgt. Er weiß nicht, was er fühlen soll. Stolz über seinen ersten Triumph oder Angst vor dem, was da noch kommt.
"Eigentlich hatte ich heute etwas anderes mit dir vorgehabt, aber ich glaube, dass es besser ist, wenn du zurück gehst und dich erstmal erholst."
Fynn nickt wortlos.
Chidi schaut ihm in die Augen: "Schließe deine Augen."
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