Fünf
Am nächsten Abend blieb Jake in seinem Zimmer, anstatt ins Casino zu gehen. Er musste sich einfach alles über LeFay einprägen und versuchen, ihre Tricks rauszukriegen.
Bei ihren Spielen trug sie immer ärmellose Kleider, was bedeutete, ein French Drop war es schon mal nicht.
Möglicherweise bestach sie jedes Mal die Croupiers. Er musste unbedingt mit ein paar aus dem Casino sprechen. Immerhin war LeFay oft genug hier gewesen.
Und bis jetzt hatte sie jedes Mal Harrys Blackjacktunier gewonnen.
Bis auf einmal.
Laut Harry war es vor fünfundzwanzig Jahren. LeFay war schon mit Mitte Zwanzig ein ungeschlagener Champion gewesen und hatte vor, wieder am Turnier teilzunehmen.
Harry angagierte seinen besten House-Player. Eine junge Frau namens Inés Martinéz. Angeblich hatte sie was mit Harry, denn kurz nach dem Turnier kam Andrés zur Welt.
Inés nahm am Turnier teil und schlug LeFay ganz knapp. Angeblich konnte sie sie so gut einschätzen. Inés soll eine Meisterin für Psychologie gewesen sein.
Aber noch vor dem nächsten Turnier tauchte sie unter ließ Andrés in Harrys Obhut. LeFay beteuerte stets, nichts mit ihrem Verschwinden zu tun gehabt zu haben und nahm weiterhin an den Turnieren teil.
Vielleicht wollte Harry deshalb, dass sie endlich geschlagen wird.
Ein Klopfen an seiner Zimmertür riss Jake aus seinen Gedanken. Andrés und Mar standen dahinter. Mar hielt eine Tüte mit chinesischem Essen und Andrés ein Bier-Sixpack hoch.
"Wir dachten, du könntest eine Pause gebrauchen."
Also saßen sie zu dritt auf der Couch und obwohl Jake tatsächlich eine Pause gebraucht hätte, ging ihm Inés nicht mehr aus dem Kopf.
Wenn er nur die Möglichkeit hätte, mit ihr zu reden, standen seine Chancen deutlich höher zu gewinnen.
"Hey, Andrés. Tut mir leid, dass ich das frage, aber wie viel weißt du über deine Mom." Andrés schluckte den letzten Bissen schwer hinunter und starrte auf die Bierflasche vor ihm.
"Nicht sehr viel. Sie kam vor dreißig Jahren aus Argentinien hier her. Sie hat sich dank ihrem Wissen als Psychologin und Spielerin einen Platz als House-Player erkämpft und ist nach dem Turnier mit LeFay vor fünfundzwanzig Jahren verschwunden. Mich hat sie mit Dad hiergelassen und ich hab keine Ahnung, ob sie überhaupt noch atmet."
Er hatte versucht, den letzten Satz wie schwarzen Humor klingen zu lassen, aber man hörte die Traurigkeit in seiner Stimme.
Mar legte ihm eine Hand auf die Schulter und wechselte einen Blick mit Jake. Dieser seufzte.
"Sorry, das ... hätte ich nicht fragen sollen."
Andrés schüttelte langsam den Kopf. "Schon gut. Es ist nicht ... es ist schon eine Ewigkeit her und ich erinnere mich auch an gar nichts."
Mar räusperte sich. "Wie wärs, wenn wir uns alle erst mal ausschlafen und morgen sehen, ob wir nicht mehr über LeFay rausfinden?"
Andrés nickte nur und verließ ohne ein Wort des Abschieds das Zimmer. "Ich glaub, ich hab einen wunden Punkt getroffen.", murmelte Jake.
Mar sammelte die Bierflaschen zusammen und lächelte schwach. "Du weißt doch, wie er ist. Gefühle zeigen oder darüber reden ist nicht seine Stärke. Genauso wenig wie deine übrigens."
"Was meinst du denn damit?"
Mar kicherte. "Ach, na ja. Du hast mir zum Beispiel nie was von deiner Vergangenheit erzählt."
"Vielleicht mach ich das mal."
Sie zwinkerte. "Ich freu mich schon drauf."
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