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Chandelier

Fein säuberlich faltete Chander das orange Papier zu einem immer kleineren Rechteck zusammen. „Hören Sie, ich mache Ihnen ein besonderes Angebot, weil sie mir sehr sympathisch sind. Sie kaufen drei elektrische Zahnbürsten und bekommen eine vierte umsonst. Wie klingt das?"

Die Frau bekam große Augen und nickte hektisch. „Oh, vielen Dank!"

Sie sah ihren Mann an, der ihn ebenso anstrahlte. „Damit bewahren Sie mich vor endlosem Gezanke, wer morgens zuletzt die Zähne putzen muss."

Chander begleitete sie zur Kasse und stellte sicher, dass alles korrekt abgerechnet wurde.

„Auf Wiederschauen", flötete er seinen Kunden hinterher. „Haben Sie einen schönen Tag und beehren sie uns bald wieder."

„Danke, Sie auch!" Die Schiebetür schloss sich hinter ihnen.

Er hatte Michelle nicht gehört, weswegen er zusammenzuckte, als sie ihm den Zettel aus der Hand riss und auseinanderfaltete. Sie hob die Augenbrauen und zitierte: „'Nur diese Woche: Zwei Zahnbürsten zum Preis von einer.'"

Sein Grinsen wurde eine Spur breiter. „Was denn? Haben sie eben eine zu viel bezahlt. Sie waren sowieso zu schrecklich glücklich. Wer kann nach allem, was passiert ist, noch so glücklich sein? Wurde Zeit, dass ihnen jemand –"

Im Vorbeigehen gab Thot ihm einen Klaps auf die Schulter. „Hör auf, unsere Kunden übers Ohr zu hauen. Wenn du nicht gut für den Laden bist, muss ich dich feuern."

„Und hör auf, so schrecklich negativ zu sein", ergänzte Michelle und verschränkte die Arme. „Du kannst niemanden dafür verurteilen, nicht mehr in der Vergangenheit leben zu wollen. Im Gegenteil: Das solltest du vielleicht auch mal versuchen."

Chander verdrehte die Augen, ging wieder einige Schritte tiefer in den Laden und wechselte den Sender eines Vorführradios. Klassische Musik hallte durch Gang drei.

„Hal-lo", sang Gabby und hob zur Begrüßung den Papphalter, der vier Kaffeebecher aufbewahrte. Ohne innezuhalten manövrierte sie um die Kunden im Eingangsbereich und vorm ersten und zweiten Gang herum. Ihr Haar schwang hin und her, so sehr ähnelten ihre Schritte einem Hüpfen. Sie drückte Michelle einen der Becher in die Hand und einen Kuss auf die Lippen. „Was hat er jetzt schon wieder angestellt?" Gutmütig lächelte sie in die Runde und fummelte am Radio herum, bis ein Popsong einen schnelleren Takt vorgab.

„Wenn es ein Verbrechen ist, für Profit zu sorgen, bitte, dann bin ich schuldig." Bei dem Versuch, sich einen Kaffee zu nehmen, schlug Gabby ihm die Hand weg.

„Die sind nicht für dich. Ich habe heute Morgen in die Gruppe gefragt, wer einen Kaffee will. Du hast nichts geantwortet."

Grummelnd starrte er auf die drei verbliebenen Becher. „Dann mache ich jetzt Mittagspause und hole mir selbst einen", erwiderte Chander, hob die Schultern und folgte Gang vier mit den Mikrowellen.

Michelle schnaubte. „Du hast erst in einer Stunde Pause. Fällt es dir denn wirklich so schwer –"

„Lass ihn", unterbrach Gabby Michelle und rief ihm lauter nach: „Kommst du heute Abend auch ins Flickenteppich?"

„Flickenteppich?", wiederholte Chander, betrat den Angestelltenraum und schnappte sich Jacke und Schal von einer Stuhllehne.

„Eine neue Bar hier in der Nähe", sagte Gabby, sobald er wieder in Hörweite war.

„Wer kommt noch?"

„Alle."

Das brachte ihn dazu, stehen zu bleiben und Gabby abwartend anzusehen, bis diese seufzte.

„Michi mit mir, Rapha, Thot, Orlow, Weberin, Adler mit Mel, Jongleur", ratterte sie herunter.

„Vielleicht."

Gabby zog eine Schnute. „Wir wissen alle, dass deine ‚Vielleicht' eher ‚Nein' bedeuten. Es würde uns freuen, dich öfter zu sehen."

Er hob die Hand zur Verabschiedung und schritt auf den Ausgang zu. Die Türhälften glitten für ihn auseinander und entließen ihn aus dem zu weiß ausgeleuchteten Elektroladen auf eine Einkaufsstraße. Für einen Moment genoss er die Strahlen der Spätherbstsonne in seinem Gesicht. Menschen schlenderten an ihm vorbei, blieben vor Schaufenstern stehen, stöberten in Läden, saßen auf Bänken, lachten. Autos sah man hier nicht, aber auf der parallel verlaufenden Hauptstraße, von der wütendes Hupen herüberschallte. Wenn man die Lücken zwischen den Läden ignorierte und die Gebäudegerippe in der Ferne und die bodengebundenen Fahrzeuge mit Reifen, konnte man beinahe vergessen, dass der Krieg das Land an den Abgrund gedrängt und der Wegfall von Magie als Hauptenergiequelle es über den Rand geschubst hatte.

Chander seufzte und sträubte sich dagegen, Michelle Recht zu geben. Er war nicht zu negativ. Er lebte nicht in der Vergangenheit.

Von alleine führten ihn seine Füße in Richtung seines Stammcafés, auch wenn er sich jede Woche schwor, sich ein neues zu suchen. Wie so oft ignorierte er den mit LEDs ausgestatteten Haupteingang, gab seine Bestellung am Drive-In Schalter ab und hielt bald einen dampfenden Becher in der Hand. Auf dem heute in krakeliger Schrift ‚Chandelier' stand. Nach ‚Chanter', ‚Chan-Chan' und ‚Chandler' glaubte er nicht mehr an ein Versehen. Heute war diese Respektlosigkeit der Tropfen, der sein Fass aus Negativität zum Überlaufen brachte. Mit großen Schritten stapfte er in das Café und hielt den beleidigenden Becher in die Höhe. „Wer verdammt noch mal ist dafür verantwortlich?"

Als sich alle Augen, die der Kunden und die der Angestellten, auf ihn richteten, kam ihm in den Sinn, es leicht übertrieben zu haben. Eine Blondine am Tresen lächelte ihm zu, also gesellte er sich zu ihr. „Ist etwas mit Ihrem Kaffee nicht in Ordnung, Sir? Kann ich Ihnen einen – ?"

„Nein. Das da ist nicht mein Name. Auch nicht ‚Chan Doe', ‚Rednach' oder ‚Chanderella'. Wer ist für diesen Schwachsinn verantwortlich?"

„Oh, scheiße", flüsterte sie. Die junge Dame presste sich eine Hand vor den Mund, um ihr Gelächter zu unterdrücken. Sie winkte ihm, ihr zu folgen und führte ihn ans andere Ende des Tresens. Dort sah sie einen Mann an und ihre Lippen bewegten sich in einem fast stummen „Wieso?". Zwar verzog sich die Blondine in den Hintergrund und werkelte an einer Kaffeemaschine herum, dass sie die Szene im Blick behielt, kaschierte sie aber amateurhaft.

Chander wandte sich dem Mann zu und runzelte die Stirn. Kinnlange Haare, die vor einiger Zeit einmal schwarz gefärbt worden waren, ging man von dem blonden Haaransatz aus. Braune Augen, ein paar Pickelnarben und eine etwas schiefe Nase. Auf seinem Namensschild stand A. Nicholson. Chanders Blick wanderte zurück zu seinem Gesicht, auf dem man ein Fragezeichen ablesen konnte. Seine Lippen hatten sie bewegt, doch Worte waren bei Chander nicht angekommen.

„Entschuldigen Sie, haben Sie etwas gesagt?" Irgendetwas an dem Angestellten irritierte ihn, dass er fast vergaß, wütend zu sein. Jedoch fing er sich schnell. „Sind Sie der Armleuchter, der meinen Namen nicht auf die Reihe bekommt? C-h-a-n-d-e-r. Was ist daran so schwer? Ist das so etwas wie ein Flirtversuch? Dann kann ich Ihnen sagen: Ich stehe nicht auf solche dummen Spielchen."

Mit beiden Händen stützte sich sein Gegenüber auf dem Tresen ab. „Auf welche denn dann?" Sein Akzent war undefinierbar. Der Angestellte lächelte geduldig und großäugig zu ihm auf. „Ich sehe was, was du nicht siehst? Fangen? Verstecken?"

Chander fiel der Kaffeebecher aus der Hand und auf die weiße Theke, wo ihn der Angestellte fix in eine senkrechte Position zurückbrachte.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?" Für eine Millisekunde schoben sich Anatols Züge über die von dem Angestellten. „Oh je, warten Sie. Nicht zusammenklappen, ja?" Nicholson rutschte über den Tresen, nahm ihn am Arm und dirigierte ihn zu einem freien Tisch.

Währenddessen war sein Gehirn auf Sendepause, die Kapazität reichte gerade aus, ihn den kalten Klumpen in seinem Magen spüren zu lassen.

„Sie sind weiß wie ein Bettlaken. Ich hole Ihnen einen neuen Kaffee. Und Waffeln. Waffeln machen alles besser. Das geht natürlich aufs Haus. Es tut mir wirklich leid."

Chander konnte ihm nur hinterherstarren. In seinem Gehirn kreisten die Gedanken. Anatol Nye. A. Nicholson. A und N. Der Ursprung und die Generation. Er schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein. Das war nur Zufall. Das war Irrsinn. Bevor er eine bewusste Entscheidung getroffen hatte, stand er schon wieder. Auf dem Weg nach draußen hangelte er sich an den rot gepolsterten Stühlen und weißen Tischen entlang, um vom Schwanken des Bodens nicht von den Füßen gerissen zu werden.

Das Klingeln des Glöckchens an der Tür ließ ihn zusammenfahren. Je weiter er sich von dem Café entfernte, desto mehr Klarheit kehrte in seinen Kopf zurück. Michelle hatte offenbar recht und er mehr Probleme, als er sich selbst eingestehen würde. Chander schüttelte über sich selbst den Kopf. So eine Überreaktion, wegen eines inkompetenten Idioten mit Liebeskummer.

„Mister Ainsworth! Warten Sie doch. Bitte!"

Wenn er jetzt anhielt, wusste er, würde er in die nebelbedeckte Schlucht vor ihm fallen und am Grund in tausend Teile zerschellen.

Chander drehte sich um und hatte ein ‚Verpiss dich' auf der Zunge.

In Nicholsons Gesicht stand Verzweiflung. Mit einer Hand balancierte er den Kaffeebecher und einen Teller mit Waffeln, Schlagsahne und Kirschen, mit der anderen stützte er sich auf einen Stock, um sein linkes Bein zu entlasten.

Als er bei ihm ankam, klebte ihm Schweiß schwarze Strähnen an die Stirn und sein Gesichtsausdruck hatte sich von verzweifelt zu schmerzerfüllt gewandelt. „Es ... es ... tut mir ... wirklich ..."

Einige Sekunden hörte Chander sich das Gekeuche an, dann erbarmte er sich. „Setz dich erst mal und komm zu Atem", murmelte er und deutete auf eine der Bänke am Wegesrand.

Auch nachdem sich Nicholsons Atmung beruhigt hatte, saßen sie noch eine Weile stumm da, bis sich Chander schließlich räusperte. „Also?"

Nicholson zuckte zusammen und sah auf seine Finger. „Es tut mir leid. Wirklich. Ich wollte Sie nicht verletzen. Wirklich nicht." Erneut erschauderte er und ballte seine Hände, die auf seinen Oberschenkeln lagen, zu Fäusten. Der Waffelteller auf der Bankfläche zwischen ihnen erzitterte. Jetzt sah er ihm direkt in die Augen. „Wir wollten Sie kennenlernen, bevor ... Ich dachte, es wäre eine gute Art, ins Gespräch zu kommen. Und die Bemerkung ... ich dachte, so könnte ich überprüfen ... und darauf hindeuten ..." Er sackte in sich zusammen und kaute auf seiner Unterlippe herum, mied erneut Blickkontakt, bevor er durchatmete und sich straffte. „Okay, ich versuche es noch einmal", verkündete er der Straßenlaterne vor ihnen. „Mein Name ist Anthony Nicholson. Zumindest gab man mir diesen Namen vor einigen Jahren. Ich bin einer der genrivischen Reinenklone. Der einzige, der noch lebensfähig war. Wenn man es denn so nennen will. Ich meine ... Ich habe Jahrzehnte in einem Tank verbracht, in dem mein Leben daraus bestand, Anurú über die Schulter zu blicken. Dieser Mechanismus sollte uns Nachfolgern helfen, uns schneller einzugewöhnen. Es sollte uns schneller einsatzfähig machen. Aber ... Als man mich aufweckte ..." Er lachte auf und hob die Schultern. „Anurú lebte vor tausend Jahren! Und ich hatte keine Ahnung, was es bedeutete, wirklich zu leben, anstatt lediglich in einer lebenslangen Dokumentation gefangen zu sein. Anatol war ... großartig. Er war für mich da, er hat mich in diese Welt eingeführt und ... Dann kam der Krieg und ich war alleine mit Brandt. Anatol hatte uns viel von dir erzählt und wir – ich wollte Sie unbedingt kennenlernen. Um mehr über Anatol zu erfahren. Und mehr von dem Mann, von dem er so sehr geschwärmt hat." Anthony suchte Blickkontakt, musterte ihn mit gerunzelter Stirn. „Sie halten mich für geisteskrank, oder?"

Chander nahm sich den Kaffeebecher und schlürfte die warme Brühe. Seine Gedanken fuhren währenddessen Achterbahn, schrien ihn an, zu fliehen, weg von dem Abgrund, der sich immer finsterer aus dem Nebel schälte. „Meine Definition von geistiger Gesundheit hat sich über die Jahre und vor allem in der Zeit, die ich mit Anatol verbrachte, stark gewandelt. Ich halte Sie tatsächlich nicht für übermäßig gestört. Sie beide nicht. Oder sind Sie zu dritt?"

„Ts." Tony schüttelte den Kopf und starrte wieder die Lampe an. „Arschloch. Ja, jetzt ist es Anurús Abbild, das mir über die Schulter schaut. Ebenfalls ein nutzlos gewordener Mechanismus, der den Nachfolgern helfen sollte und es mir jetzt nur umso schwerer macht ... Andererseits wird er langsam leiser und ich weiß nicht, ob es wirklich besser sein wird, alleine zu sein." Er lachte auf, presste die Lippen zusammen.

„Hm", machte Chander. Trank einen erneuten Schluck von seinem Kaffee. Nein, Reine hatten es wohl nie leicht.

„Ich ... Scheiße." Seine Stimme verlor an Unsicherheit und er packte seinen Gehstock fester. „Wissen Sie was? Es tut mir leid, Mister Ainsworth. Ich wollte sie nicht belästigen."

Chanders Herz wurde ihm schwer, bei dem Anblick des müden Mannes neben ihm. Er packte ihn am Handgelenk und hinderte ihn so am Aufstehen. „Hören Sie ... Hör mal. Hast du noch kurz Zeit oder bekommst du Ärger?" Er nickte Richtung Café.

„Nein, schon gut. Der Laden gehört sowieso mir."

Gut, ein paar Vorteile, Reiner zu sein, hatte es anscheinend auch immer. „Hast du ein Handy?"

Zweimal blinzelte ihn Tony an, dann kramte er in seinen Taschen, bis er einen platten, schwarzen Quader in Händen hielt, in dem er Chanders Nummer speicherte.

„Wenn du irgendwann einmal Hilfe brauchst, kannst du mich anrufen. Du solltest nicht mit Brandt alleine sein."

„Anurú kann Bandt nicht leiden. Ich habe es Anurús Kommentaren zu verdanken, dass er mir nicht auf der Nase herumtanzt und sich schon längst Anatols Erbe unter den Nagel gerissen hat, um damit ... Verrückte-Wissenschaftler-Dinge zu tun. Ich wohne außerdem mit Lykke, der Barista, die dich zu mir gebracht hat, in einer WG über dem Laden. Sie kann Brandt auch nicht leiden. Alleine bin ich nicht. Nicht in dem Sinn. Allerdings weiß niemand, dass ich eigentlich erst seit ein paar Jahren wirklich lebe, ein Klon bin und Stimmen höre. Meine Freunde denken nur, bei mir wäre lediglich eine normale Schraube locker." Er stockte und wischte sich die Hände an den Hosen ab. „Tut mir leid, ich weiß, ich rede zu viel."

Chander winkte ab. „Schon gut. Es freut mich, dass du dir ein Leben aufbauen konntest." Als er es aussprach merkte er, dass er es hundertprozentig so meinte. „Was würdest du über Anatol denn gerne wissen?"

„Oh. Alles." Tony grinste ihn an. „Von Anfang an."

„Das wird eine lange Geschichte. Hast du heute Abend schon was vor? Wenn nicht, könnte ich dich später mit zu Freunden nehmen. Sie alle kannten Anatol ebenfalls mehr oder weniger und würden sich bestimmt freuen, dich kennenzulernen."

Lachend fuhr sich Tony durch die Haare. „Langsam kommt mir, dass ich dich schon viel früher einfach hätte ansprechen sollen. Ich komme mir etwas dumm vor ..."

„Ich kann verstehen, warum du gezögert hast. Das habe ich schließlich auch."

Tony lächelte ihm zu. „Ich habe gedacht, du wärst tougher. Was keine Beschwerde sein soll. Gerne. Ich komme heute Abend gerne mit."


In den nächsten Stunden gaben sie abwechselnd ihre Erinnerungen an Anatol zum Besten.

Der Nebel lichtete sich und was Chander anfangs für eine Schlucht gehalten hatte, entpuppte sich als Aschefeld. Erste hellgrüne Pflänzchen keimten im Grau und reckten sich der Sonne entgegen, die die Schwaden so lange verschlungen hatten.

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