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Nachdem ich die hübsche Assistenzärztin hatte abblitzen lassen, und Juliana treu geblieben war (obwohl wir nicht offiziell zusammen waren), fand der Teufel offenbar, dass er eine andere Strategie brauchte, um mich zurück auf den Pfad des Bösen zu führen.
Er schickte mir die Sünde in Person durch die Türe der Tierhandlung. Und gleichzeitig die Reinkarnation meiner Träume und Alpträume.
Ich war überrascht, sie hier zu sehen, aber gleichzeitig auch nicht. Man sieht sich schließlich immer zweimal im Leben und sie überließ nichts dem Zufall. Dass ich ihr noch einmal begegnen würde, war mir seit dem Tag klar gewesen, an dem sie mich verlassen hatte.
Nur hatte ich mit einem noch ungünstigeren Zeitpunkt gerechnet. Mein Hochzeitstag, zum Beispiel.
Dass sie genau dann durch die Türe des Tierladens trat, während ich mit einem Stalker und einem gestalkten Mädchen zu kämpfen hatte, mit der Scheidung meiner Eltern klar zu kommen versuchte und gerade mit einem anderen Mädchen warm wurde, war lediglich etwas unpassend.
Aber das Universum hatte mir schon immer den schwarzen Peter zugesteckt und was Frauen anging, hatte ich schon immer meine Probleme gehabt.
„Ich bin nicht überrascht, dass du immer noch hier arbeitest", bemerkte sie, als sie vor der Kasse stehen blieb und sich umsah.
„Ich bin nicht überrascht, dass es dich immer noch stört", erwiderte ich und lehnte mich in meinem Stuhl zurück.
„Es stört mich nicht. Du warst nur nie ein großer Tierfreund und in einer Tierhandlung sollte jemand arbeiten, der- Ist das dein Hund?" Sie zog die Augenbrauen zusammen und sah auf Loaf hinab, die zwischen meinen Füßen ein Nickerchen hielt. Liv hatte nie viel für Hunde übrig gehabt.
„Sie haaren mir die Kleidung zu und stinken, wenn sie nass werden", hatte sie immer gesagt. Dem konnte ich ihr nun aus Erfahrung voll und ganz zustimmen, aber es störte mich nicht einmal ansatzweise so sehr, wie ich es vermutet hatte.
„Was willst du hier?", fragte ich. „Ich dachte, du wärst längst in Wisconsin."
Sie nickte und verschränkte die Hände vor dem Körper. Mit dem weißen Blazer, der dunkeln Jeans und der großen Sonnenbrille auf dem Kopf konnte ich mich nur fragen, ob ihre Eltern hatten herhalten müssen oder ein neuer Verehrer.
„Ich war dort. Für ein paar Wochen. Und es war schön, aber..."
„Aber?"
Sie sah mich an und ihr Blick wurde weicher. „Du hast mir gefehlt."
Ich lachte auf. „Ist ja lustig. Ich dachte, du hast mit mir Schluss gemacht."
„Weil du ein Kindskopf warst, der sich nicht mit der Zukunft auseinandersetzen wollte."
„Glaub mir, wenn ich sage, dass ich mich in den wenigen Wochen nicht geändert habe, also kannst du gehen."
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „So verbittert habe ich dich aber nicht zurückgelassen."
„Ich bin nicht verbittert, aber wie kommst du dazu, wieder in mein Leben zu schneien, genau in dem Augenblick, in dem ich akzeptiert habe, dass das mit uns vorbei ist und ich jemanden gefunden habe, der mir vielleicht geben kann, was ich will? Woher nimmst du dir dieses Recht?"
„Woher ich das Recht nehme, eine öffentliche Tierhandlung zu betreten?" Ihre Stimme nahm denselben süßlichen Ton an, wie er es immer schon getan hatte, wenn sie jemandem hatte drohen wollen. „Mal sehen. Soll ich deinen Chef fragen und ihm sagen, dass du versuchst, mich rauszuschmeißen? Soll ich ihm sagen, wie du dich einer Kundin über verhältst?"
Ich lehnte mich weiter zurück und betrachtete ihren mahnenden Blick. Sie hatte sich kein Bisschen geändert. Sie versuchte immer noch Leute mit Drohungen einzuschüchtern und so nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen.
Ich nickte zu Mal, der gerade im Lager war. „Nur zu." Sie rührte sich nicht von der Stelle, das hatte ich auch nicht erwartet. Mir gegenüber waren ihre Drohungen schon immer leer gewesen, vielleicht, weil sie tief im Inneren gewusst hatte, dass ich an nichts auf dieser Welt so sehr festhielt, dass mich eine Drohung eingeschüchtert hätte.
„Dann bin ich diesen Job wenigstens endlich los", fügte ich hinzu.
Sie stieß verärgert den Atem aus und sah durch die Fensterfront zwischen den ausgestellten Kratzbäumen auf die Straße hinaus.
Als sie sich wieder zu mir drehte, sagte sie: „Ich wollte nur mit dir reden. Hast du keine Mittagspause?"
„Nicht für dich."
„Werd nicht kindisch." Sie schüttelte müde den Kopf. „Bin ich dir so egal geworden?"
„Lass mich nachdenken." Ich sah an die Decke. „Ja."
Ich hatte gedacht, ein so frühes Wiedersehen würde mich durcheinanderbringen, aber mein Standpunkt war offenbar klar. Gut zu wissen.
Sie beugte sich vor und sah mir fest in die Augen. „Du. Ich. Abendessen. Heute."
Ich kniff die Augen zusammen. „Und was, wenn ich Nein sage?"
„Wirst du nicht", entgegnete sie. „Weil ich dich kenne und du wissen willst, was ich hier zu suchen habe. Wir treffen uns hier wieder um sechs. Zieh dir etwas Ordentliches an."
Sie stolzierte aus der Tierhandlung als gehöre ihr die Welt und setzte sich die Sonnenbrille genau in dem Moment wieder auf, in dem sie die Sonnenstrahlen trafen.
Wie immer eine echte Dramaqueen.
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