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Siebzehn

Zehn Minuten später trinke ich meinen fünften Kaffee, da kommt Mikael zur Tür herein. In letzter Zeit hat er häufiger Tagdienste.

„Ich gehe zu den Mayfields, babysitten." Mikael nickt, klaut mir meinen Kaffee und trinkt ihn aus.

„Hey!", mache ich.

„Du hattest genug. Iss lieber was." Er reicht mir eine Banane und wartet bis ich sie geschält habe. Dann beobachtet er, wie ich einen Bissen nehme und schlucke. Ekelhaft. Viel zu süß. Er nickt wieder, diesmal zufriedener.

„Ich hab nicht so viel Zeit, der Bus fährt gleich", flunkere ich.

„Du musst mehr essen, Stew. Du wirst wieder dünner", murmelt er. Sein Gesichtsausdruck wird weicher, macht der Sorge Platz, die nie wirklich verschwunden ist in den letzten drei Jahren. Mein Magen krampft sich zusammen. Ausnahmsweise nicht weil er leer ist.

„Und du sorgst dich zu viel", entgegne ich. Es stimmt was er sagt. An manchen Tagen spüre ich, wie meine Beckenknochen hervor treten. Es gefällt mir nicht, aber genauso wenig weiß ich, wie ich es verhindern soll. Die Angst, die sich an mir satt isst, sitzt zu tief.

Unter seinem besorgten Blick esse ich die Banane auf und will schon nach draußen eilen, da reicht er mir eine zweite.

„Die auch noch?", frage ich. Mein Magen rebelliert. Es ertönt dieses gurgelnde Geräusch, das mich jedes Mal zusammen zucken lässt.

„Und das war deine Antwort", sagt Mikael. Er lässt mich nicht aus den Augen, während ich auch diese Banane schäle. Vielleicht hätte ich einen Pullover anziehen sollen. Das T-Shirt, das mir eng an Bauch und Schultern klebt, scheint mir nicht mehr so angemessen zu sein wie noch vor wenigen Minuten. Doch bevor ich mich umziehen kann, klingelt es an der Tür. Dahin wäre meine Notlüge. Jetzt weiß Mikael, dass ich definitiv nicht mit dem Bus fahre. Eilig stopfe ich mir die restliche Banane in den Mund und schlucke. Mikael klopft mir auf die Schulter.

„Ich bin stolz auf dich", sagt er leiser, damit uns niemand zufällig belauschen kann, geht nicht auf das Klingeln ein. Tränen treten mir in die Augen, ich kann es nicht verhindern. Schnell drehe ich mich weg, damit er es nicht bemerkt. Ich stolpere zur Haustür, schnappe mir meine Tasche und mein Handy.

„Tschüss", rufe ich, doch Mikael, ganz der große Bruder, der er nun mal ist, denkt nicht daran, mich einfach gehen zu lassen. Er wartet hinter mir, während ich die Tür öffne.

„Hey, Blondie", sagt Khan. Mittlerweile habe ich mich an den Kosenamen gewöhnt. Mikael hingegen runzelt verwirrt die Stirn.

„Du bist also der Bus, den meine Schwester nimmt", bemerkt er und zieht eine Augenbraue hoch. Gott, das muss so falsch aussehen.

„Mikael, das ist Khan. Der Bruder des Jungen, den ich babysitte." Ich wende mich an Khan und ignoriere, wie gut er in dieser Sporthose und dem rot-schwarz-gestreiften Sweatshirt unserer Footballmannschaft aussieht.

„Khan, das ist mein Bruder Mikael. Er denkt, dass er mich babysitten muss." Beide schmunzeln sie und geben sich dann die Hand.

„Und du holst sie ab, weil...?" Mikael verschränkt die Arme vor der Brust, scheint keine Lust zu haben wieder ins Haus zu gehen.

„Weil es schneller ging. Bei uns zuhause herrscht sowas wie eine Notfalllage. Deshalb brauchen wir Blon... Stew." Wenigstens erinnert er sich an meinen Namen. Ich unterdrücke die Gedanken an das letzte Mal, als er mich bei meinem richtigen Namen nannte. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, die seitdem vergangen ist.

„Die Notfalllage löst sich aber nicht von selbst auf", füge ich hinzu, und mache einen Schritt nach draußen, dränge meinen Bruder gleichzeitig damit quasi zu verschwinden.

„Wann kann ich mit dir rechnen?", fragt Mikael. Ich seufze.

„Ich schick dir eine Nachricht. Aber erst spät." Khan beobachtet uns schweigend und setzt sich erst in Bewegung, als ich ihn förmlich am Pulloverkragen nach unten ziehe. Mikael lacht nur.

„Bis später. War mir eine Freude dich kennenzulernen, Khan."

„Ganz meinerseits", entgegnet der, während er sich von mir zu seinem Wagen ziehen lässt. Ich verdrehe nur die Augen und setze mich auf den Beifahrersitz. Er öffnet die Fahrertür und steigt ein, startet den Motor, ohne etwas zu sagen.

Und ich genieße die Stille, die sich ausbreitet. Beim letzten Mal hatte ich wenig Gelegenheit mich in seinem Wagen umzuschauen, deshalb hole ich das jetzt nach. Die Decke, die er mir gegeben hat, liegt auf den Rücksitzen, als wäre sie seitdem nicht mehr benutzt worden.

Daneben liegen ein paar Knobelhefte für Drittklässler, die bestimmt Aiden gehören. An dem Spiegel über dem Lenkrad hängt eine Figur, die einen Ball durch die Gegend zu schießen scheint. Ich schmunzle. Dann widme ich mich den CD's, die im Handschuhfach liegen.

„Dein Bruder ist cool", sagt Khan, während er unsere Straße verlässt.

„Er geht in Ordnung", bestätige ich. Keine von den CD's kommt mir auch nur im mindesten bekannt vor.

„Was sind das für Songs?", frage ich und wechsle so das Thema. Aber Khan ist das von mir ja mittlerweile gewohnt – wenn er irritiert ist, so lässt er es sich jedenfalls nicht anmerken.

„Die sind... nicht wichtig." Seine Worte sind mehr wie eine Frage als eine Antwort.

„Warum sind sie nicht wichtig?" Und warum kenne ich sie nicht? Es gibt vermutlich keinen Menschen, der so viele Bands und Songs kennt wie ich. Ich hatte immerhin ein ganzes halbes Jahr Zeit, um mich mit Musik auseinander zu setzen.

„Weil ich sie selbst aufgenommen habe", wispert er und ich glaube zu erkennen, dass er vom Hals aufwärts etwas rot wird. Er presst die Lippen aufeinander, die trotzdem ziemlich voll aussehen. Fasziniert hebe ich beide Augenbrauen. Die Tatsache, dass Khan rot werden kann, verblüfft mich. So habe ich ihn doch echt falsch eingeschätzt.

„Du machst Musik?"

„Gibt es irgendwas, was du nicht machst?", flüstere ich, eher zu mir selbst als zu ihm. Er schauspielert, er macht Musik, er kocht, er spielt Football, er ist in einem Kunstkurs mit Ashton, er... Himmel, sein Leben ist so viel aufregender als mein eigenes.

„Falls es dich tröstet, ich kann nicht gut backen." Er kann nicht gut backen. Backen. Backen!

„Das soll das einzige sein, was du nicht gut kannst?", spotte ich. Inzwischen fahren wir über die Autobahn. Es ist angenehm neben Khan im Auto zu sitzen. Mit ihm kann ich umgehen wie mit einem alten Freund. Als würden wir uns schon ewig kennen.

„Das ist das einzige", bestätigt er. Ich lache und schüttle den Kopf. Er hat jedenfalls ein gehöriges Portiönchen Selbstbewusstsein abbekommen.

„Was für Musik machst du?" Ich öffne die oberste CD-Hülle, die in ein schwarzes Papier gewickelt wurde, und stutze, als ich auf eine überhaupt nicht beschriftete CD stoße.

„Alles mögliche. Das, was mich gerade so bewegt, findet sich auf diesen CD's wieder."

„Kann ich sie rein legen?", frage ich und sehe ihn mit bettelnden Augen an. Jetzt lacht er, nimmt mir die CD aus der Hand.

„Vielleicht wann anders." Ich versuche nicht zu viel Enttäuschung zu zeigen. Ich verstehe, warum er das nicht will. Vermutlich handelt seine Musik von persönlichen Dingen. Und wir kennen uns nicht gut genug, um so weit zu gehen. Ich öffne mich ihm schließlich auch nicht, also kann ich nicht erwarten, dass er es mir gegenüber tut. Das wäre nicht fair.

„Warum hast du kein Auto?" Khan kann nicht wissen, dass das ein Thema ist, das ich am liebsten meide. Ich wurde schon oft gefragt, warum ich kein Auto habe.

„Der Punkt ist nicht, dass ich kein Auto habe. Ich habe auch keinen Führerschein", gestehe ich und schaue aus dem Fenster. Im Rückspiegel kann ich mich selbst sehen und erschrecke kurz. Das ist nicht das Mädchen, das ich in den letzten drei Jahren geworden bin. Das ist eine ältere Version derer, die ich damals war. Schnell schaue ich wieder zu Khan, der mich aufmerksam mustert.

„Warum nicht?", fragt er und übergeht den kurzen Augenblick, in dem ich meinem Spiegelbild ins Gesicht schaute. Ich antworte ohne darüber nachzudenken und würde es am liebsten zurück nehmen.

„Geld, schätze ich." Meine Stimme ist rau und ich schäme mich. Ob für die Sache mit dem Spiegel oder wegen dem Geld, ich weiß es nicht. Wahrscheinlich wegen beidem.

„Das bedeutet, du babysittest, um dir einen Führerschein zu finanzieren?" Ich schüttle den Kopf und lächle traurig.

„Ich babysitte, um mir ein Studium zu finanzieren. Meine Tante hat damals auch mit dem Autofahren gewartet bis sie selbst Geld verdient hat." Das stimmt. Meine Tante bereut diese Tatsache zwar, aber das muss Khan ja nicht wissen.

„Verstehe." Er trommelt mit den Fingern auf das Lenkrad.

„Besides, ich mag Aiden. Da fällt mir das Babysitten nicht besonders schwer." Ich erzähle ihm in Kurzform von der Babysitter-Geschichte mit meinen Nachbarn, habe aber das Gefühl, er hört mir gar nicht richtig zu. Er lacht kurz, als ich fertig erzählt habe, mit den Gedanken ganz wo anders.

„Was arbeiten deine Eltern?", will er wissen und komischerweise tritt mir diese Frage nicht zu nah. Mir fällt auf, dass er der erste Mensch ist, mit dem ich offen über die Sache mit dem Geld rede. Unfassbar.

„Mein Vater ist Schriftsteller." Ich zucke mit den Achseln, als Khan mich überrascht ansieht.

„Das ist nichts besonderes. Sein peak ist vorbei, er schreibt bloß noch, um uns über Wasser zu halten, denke ich. Damals, als er so alt war wie ich, hat er einen Preis für sein erstes Buch bekommen. Es wurde ein Bestseller – innerhalb weniger Wochen. Er..." Ich räuspere mich. Meine Familiengeschichte ist relativ langweilig, durchschnittlich, vielleicht auch traurig. Ich bin mir nicht sicher, ob Khan sie hören will.

„Er hat mal gesagt, dass alles, was wir am Anfang unseres Lebens lieben, irgendwann vergehen wird. Damit meinte er vermutlich seine Liebe zum Schreiben." Wieder zucke ich mit den Achseln. Draußen verwandeln sich die Häuser in Villen. Wir erreichen das teurere Viertel. Bald werden wir Khans Zuhause erreicht haben.

„Naja und meine Mum hat vor ein paar Jahren aufgehört zu arbeiten. Burnout und sowas. Heute geht sie kaum noch aus dem Haus, höchstens wenn sie zur Therapie fährt – ansonsten liegt sie im Bett." Ich schaffe es nicht, den Spott gänzlich aus meiner Stimme zu verdrängen. Mums Situation hat mich noch nie kalt gelassen. Auf der einen Seite tut sie mir selbstverständlich leid – mir ging es letztes Jahr schließlich irgendwie ähnlich. Andererseits... Ist es nicht auch ihre eigene Schuld?

Statt mit ihrem Leben etwas anzufangen, was ihr Spaß macht, wurde sie Kellnerin, hatte irgendwann so viel Stress, dass es sie furchtbar krank machte. Und jetzt will sie, dass ich genau dasselbe mit meinem Leben anfange. Sie will, dass ich etwas praktisches lerne – ganz egal, ob ich dabei so ende wie sie. Und ich? Ich möchte einfach mein Glück finden.

„Und mein Bruder..." Ich hole rasselnd Luft, registriere, dass Khan keine Fragen stellt, sondern mich einfach reden lässt. Und ehrlich, ich bin ihm dankbar, dass er mich nicht drängt. Ich weiß nicht mal, woher das Bedürfnis kommt, jemanden davon zu erzählen. Schätze, ich habe mich in den letzten Tagen zu einer Rede-Tante entwickelt.

„Der wohnt noch zuhause, obwohl er 23 ist und eigentlich längst auf eigenen Füßen stehen könnte. Er arbeitet bei der Feuerwehr. Er gibt es nicht zu, aber er tut es für mich." Es stimmt. Diese Sache vor drei Jahren(oder besser vor vier Jahren) hat ihn in seiner Rolle als großen Bruder nur noch bekräftigt. Am Anfang wich er mir kaum noch von der Seite. Sein Beschützerinstinkt ist seit jeher nicht wieder gewichen.

„Als Feuerwehrmann verdient man schließlich genug", füge ich hinzu und lache, um die Stimmung zwischen uns aufzulockern. Man sieht Khan an, dass er schockiert ist. Dabei ist meine Situation nicht so schlimm. Es gibt Menschen, die haben es schlimmer erwischt.

„Das ist...", setzt er an, findet kein passendes Wort und schweigt wieder. Wir erreichen die Kreuzung mit meiner Bushaltestelle und biegen dann in seine Straße ein. Er parkt eine Ecke weiter und steigt nicht sofort aus, als er den Motor abschaltet. Stattdessen fährt er sich durch die kurzgeschorenen Haare und sieht mich dann wieder mit dem aufmerksamen Blick an, den ich nicht gewöhnt bin. Ich dachte, wir hätten es eilig?

„...nicht der Weltuntergang", beende ich seinen Satz für ihn. Nicht ihre Arbeit ist es, die Mum und Dad davon abhält, sich mit Mikael oder mir zu befassen. Ihre Arbeit kann da gar nichts für.

„Früher wollte ich auch unbedingt Schriftstellerin werden, weißt du? Dads Beruf wirkte immer total entspannt. Er hat geschrieben, Kaffee getrunken, geschrieben, Kaffee getrunken. Ich habe ihn beobachtet und ich fand es faszinierend." Ich lache leise auf.

„Und dann passierte die Sache mit Mum. Sie lag dann eine ganze Weile... in der Anstalt. Dad hat seine Sorgen im Whiskey ertrunken, geschrieben, Whiskey getrunken, geschrieben. Und ich wusste auf einmal, dass ich nicht so werden wollte wie er."

Weder hinsichtlich seines Berufes noch hinsichtlich seines Charakters. Er war ein verlorener Mann. Ich will niemals eine verlorene Frau sein.

„Deshalb möchte ich studieren. Nicht dass ich wüsste, was ich studieren will, aber ich möchte es tun." Meine Hoffnung, im Studium etwas zu finden, dass mich vom Burnout entfernt so wie von Dads Tätigkeit Whiskey in sich hineinzukippen, um arbeiten zu können, mag mich etwas naiv wirken lassen. Aber ich habe kein Problem ein naives Mädchen zu sein, solange ich genügend Geld zusammen kratzen kann, um mir ein Studium zu finanzieren.

Khan wirkt zum zweiten Mal, seit wir uns kennen, sprachlos. Ich fuchtel mit einer Hand vor seinem Gesicht herum.

„Hey? Alles gut bei dir?" Er legt den Kopf schief und schüttelt unmerklich den Kopf.

„Tut mir leid. Das... passt nur schon wieder überhaupt nicht zu dem, was ich von dir gedacht habe." Er verzieht den Mund zu einem entschuldigenden Lächeln, woraufhin ich bloß den Kopf schütteln kann.

„Never judge a book by its cover." Dann schnalle ich mich ab und steige aus seinem Auto.

Ich kann mir nicht verkneifen, ein: „Solltest du vielleicht auch mal an deine Wand schreiben", hinzuzufügen. In Gedanken füge ich der Liste an Dingen, die er gut kann, hinzu, dass er außerdem poetisch veranlagt ist. Meine Güte, was kann dieser Typ eigentlich nicht?

Am Montag werde ich von Andrea mit zur Schule genommen. Wie sich herausstellte, wohnt sie nicht weit von mir entfernt, daher konnte ich ihr Angebot unmöglich ausschlagen. Der Samstagabend verlief ohne besondere Vorkommnisse. Kerstin war schon bei der Arbeit, als Khan und ich das Haus betraten und er und sein Dad verschwanden auch sofort. Bei Pauls Anblick wurde mir zwar irgendwie schlecht, aber ich habe nichts gesagt. Was sollte ich auch sagen?

Tschuldigung, aber waren sie der Typ, der mich letztes Jahr um zwei Euro gebeten hat?

Eher nicht. Ich verbrachte etwas Zeit mit Aiden, ehe ich ihn ins Bett schickte und damit war der Abend vorbei. Als die anderen zurückkehrten, lief ich zur Bushaltestelle und bekam gerade so den letzten Bus für den Tag. Wie sagt man so schön? Pech in der Liebe, Glück im Leben.

Andrea und ich verabschieden uns im Schulflur von einander und ich bin erneut darin bestätigt, dass wir dabei sind, eine Freundschaft zu knüpfen. Als sie und Ash ein Paar waren, hingen die beiden praktisch durchgehend aneinander, wodurch ich sie nicht wirklich kennenlernen konnte. Und vermutlich dachte sie dasselbe von mir.

Mittlerweile weiß ich, dass sie ganz anders ist als ich annahm. Ich verpasse mir denselben Denkzettel, den ich Khan gab. Beurteile ein Buch nicht nach seinem Einband.

Ich öffne mein Schließfach und hole die Bücher, die ich für den Tag brauche heraus. Als ich die Tür zuschlage, fällt mein Blick auf eine Gestalt etwas weiter entfernt. Darren. Er beobachtet mich, seine braunen Augen so konzentriert, dass ich ihre Farbe sogar aus der Entfernung ausmachen kann. Sein Blick beunruhigt mich, gleichzeitig würde ich mich am liebsten in seine Arme werfen. Er sieht aus wie immer. Genauso gut, genauso gefasst, genauso glücklich. Entweder er ist tatsächlich darüber hinweg oder er kann besser schauspielern als angenommen.

Ich sehe weg, ertrage es nicht, dass er mich scheinbar stalkt. Mein Herz krampft sich zusammen und ich eile mit verschleierten Augen so schnell wie möglich davon, in der Hoffnung ihm zu entkommen. Wenn er mich angesprochen hätte, hätte ich für nichts mehr garantieren können. Entweder ich hätte angefangen zu flennen oder ich hätte ihm eine geknallt. Denn ich bin längst nicht darüber hinweg.

Ich renne so schnell, dass ich prompt – mal wieder – in jemanden hinein laufe. Khan – ebenfalls mal wieder. Sein Lachen ist so glockenhell und mein Herz löst sich etwas aus der Verkrampfung. Stattdessen klopft es mir heftig gegen den Brustkorb. Ich blinzle die Tränen weg, die sich bei Darrens Anblick in meinen Augen gesammelt haben.

Khans Hände liegen an meinen Schultern, bewahren mich vor einem Sturz. Er hält mich so eng, dass zwischen uns gerade mal eine Hand gepasst hätte.

„Nicht so stürmisch, Blondie. Sonst nehme ich noch an, du würdest dich auf mich freuen." Ich verdrehe die Augen und grinse ihn schief an.

„Du nimmst doch sowieso an, was du willst." Dann mache ich mich von ihm los und ignoriere die Gänsehaut, die sich dabei auf meinen Armen gebildet hat. Wir stehen wie zwei Idioten – mal wieder – vor der Tür zu unserem ersten Kurs. Ein DejaVu. Anders kann man das gar nicht nennen.

„Das stimmt", sagt er und macht eine Bewegung mit den Händen, die mich anweist, den Klassenraum zu betreten.

„Nach dir, Blondie." Das lasse ich mir nicht zwei mal sagen, laufe schnell zu meinem Platz und bemerke erst dann, dass es noch fünf Minuten dauert bis der Unterricht anfängt. Seit wann ist Khan überpünktlich?

„Flipflops?", fragt Khan, ehe ich meine Gedanken laut aussprechen kann, und nickt mit dem Kinn zu meinen Füßen. Er gleitet neben mich auf seinen Stuhl.

„Bist du etwa vor mir schon gegen jemand anders gelaufen?" Ich schnaube.

„Genau. Das ist mein Markenzeichen." Tatsächlich hatte ich heute Morgen einfach keine Lust Highheels anzuziehen. Vielleicht achtet ja niemand darauf, dass ich sie nicht trage. Es wird ohnehin längst jeder wissen, dass Darren und ich kein Paar mehr sind. Alle wissen, dass ich hier mit kaputtem Herzen rumlaufe, warum also nicht auch mit Flipflops?

„Hast du die Highheels denn dabei?", will er wissen. Ich schüttle den Kopf.

„Aber ein zweites Paar Flipflops, falls du die haben willst." Die Vorstellung von Khan in meinen pinken Flipflops mit den Palmen oben drauf, ist so merkwürdig, dass ich leise lache. Das sollte eigentlich ein Scherz sein. Zu meiner Überraschung erscheint so ein Glitzern in seinen Augen. Ein abenteuerlustiges Grinsen. Wir schauen uns an und irgendwie scheinen wir beide genau zu wissen, was der andere denkt.

„Gib schon her", sagt Khan im gleichen Moment, als ich: „Moment", sage. Grinsend fische ich in meiner Tasche nach den Flipflops. Er hadert nicht lange, wechselt seine Schuhe aus und lehnt sich dann zufrieden in seinem Sitz zurück.

„Heute wird ein guter Tag", murmelt er so leise, dass ich es kaum verstehe. Ich weiß nicht recht, ob ich ihm da zustimmen soll. Aber gut angefangen hat der Tag immerhin.


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