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Sechsundvierzig

„Ihr habt euch geküsst?" Ich halte das Telefon einen halben Meter von meinem Ohr, weil Mariahs Kreischen mein Trommelfell zum Platzen bringt.

„Hörst du mir zu? Ashton-", ich sehe förmlich vor mir, wie sie die Augen verdreht, als sie mich unterbricht.

„Wen interessiert schon die Doofbratze. Ihr habt euch geküsst!"

„Ich bin mir 100-prozentig sicher, dass du der erste Mensch auf Erden bist, der das Wort Doofbratze benutzt."

„Lenk nicht ab, Stew!" Sie schnalzt vorwurfsvoll mit der Zunge.

„Verdammt, wie hat es sich angefühlt?", will sie wissen. Ja, wie hat es sich angefühlt? Unglaublich. Außergewöhnlich. Atemberaubend. Seine Hand an meiner verdammten Hüfte... Mariahs Lachen ertönt, als ich eine Weile lang nichts gesagt habe.

„Dich hat's erwischt."

„Stimmt ja gar nicht." Nachdem wir den zweiten Kuss beendet hatten, gingen wir zurück zur Drama-AG. Sein Arm lag auf meiner Schulter. Irgendwie fand ich das sogar besser als wenn er meine Hand gehalten hätte. Sein Weihnachtsduft hüllte mich in eine glückliche rosafarbene Blase. Und wir kamen gerade rechtzeitig. Als nächstes würde die Szene geprobt werden, in der Cinderella dem Elf begegnete. Ich musste mich heftig zusammenreißen, den Elf nicht unentwegt anzugrinsen. Hormone. Das waren definitiv die Hormone.

Mir fiel erst später, nachdem Khan mich heimgefahren hatte(es herrschte angenehme Stille, wir fielen nicht noch mal über einander her), auf, dass wir nicht geklärt haben, was gestern passiert ist. Gestern. Fühlt sich an, als wäre es Wochen her, seit wir normal mit einander geredet haben. Vielleicht hatte er recht, ich habe mich verschlossen – aber doch nicht, um ausschließlich ihn auszuschließen, sondern um die Welt auszuschließen. Wir haben gar nichts geklärt, wenn ich es mir recht überlege. Das alles ist ein riesengroßes Durcheinander.

„Seid ihr jetzt ein Paar?", fragt Mariah weiter. Ich habe nicht zugehört, was sie vorher gesagt hat.

„Keine Ahnung." Ich stöhne. Am liebsten würde ich mich in meinem Bett verkriechen und eine Weile über gar nichts nachdenken. Nicht über Khan, nicht über meine Eltern, über gar nichts.

„Was soll das heißen?" Ehe ich antworten kann, klopft es an meiner Zimmertür.

„Ja?" Mikael steckt den Kopf zur Tür herein.

„Wir gehen aus." Drei Worte. Ich hebe beide Augenbrauen.

„Wir?"

„Dad, du und ich." Er öffnet die Tür weiter. Mum?

„Also mach dich fertig, wir fahren in dreißig Minuten." Mit offenem Mund bleibe ich allein zurück.

„Erde an Stew?", tönt es da durch mein Handy.

„Hast du das gehört?", frage ich Mariah.

„Ein Familienessen", stimmt sie zu. Ich schüttele ungläubig den Kopf.

„Dad ist seit Ewigkeiten nicht mit uns ausgegangen."

Mariahs Stimme klingt zuversichtlich, als sie erwidert: „Es gibt für alles ein zweites erstes Mal." Danach lege ich auf und suche in meinem Kleiderschrank nach einem frischen Pullover – diesmal ein erdbeerfarbener, der so dick ist, dass ich garantiert nicht friere – und einer langweiligen weißen Jeans. Ich schlüpfe in meine Highheels, ehe ich mich im Bad neu schminke und hoffentlich den Dreck der letzten Tage überdecke.

Weil ich das Gefühl habe, dass Dad etwas mit Mikael und mir besprechen will, schlage ich den Bieber vor – einen Ort, an dem ich mich wohl fühle und im Notfall abhauen kann, wenn es mir zu viel wird. Mein Vater trägt ein ordentliches Hemd und sogar eine Krawatte. Ich stelle erleichtert fest, dass sowohl Mikael als auch ich selbst underdressed sind. Wenigstens nicht ich allein.

Die Autofahrt verläuft schweigend, ich tausche vereinzelte Nachrichten mit Mariah aus, die mich davon zu überzeugen versucht, dass es sich hierbei um ein unverfangenes Abendessen handelt.

Zwei Dinge, die mir dazu einfallen.

Erstens: Dad macht keine halben Sachen. Unverfangen ist bei ihm gar nichts. Irgendeinen Hintergedanken muss er haben, wenn er uns nach knapp acht Jahren mal wieder zum Essen ausführt.

Zweitens: Abendessen. Versteht mich nicht falsch. Ich habe hier schon mit Khan gesessen und mir das Essen in den Magen gezwängt. Die Tatsache, dass es toll schmeckt, hilft mir da auch nicht weiter. Aber Restaurants generell bekommen mir nicht gut, ich fühle mich wie das Kind, das unvorbereitet auf der Talent-Show-Bühne steht. Alle Scheinwerfer auf dieses Kind gerichtet. Und dann fängt es an zu weinen.

Es ist also nicht schwer zu erraten, wie es mir auf dem Weg zum Bieber geht, den Dad überraschend einfach findet.

„Vorwarnung am Rande, Dad, der Besitzer ist der Vater des Jungen, den ich babysitte", sage ich, eine Spur Hohn in der Stimme. Ob er sich erinnert, dass ich neben der Schule babysitte?

„Tatsächlich", erwidert er nur und ich verwette meinen linken Schuh darauf, dass er sich nicht erinnert. Mikael und ich folgen ihm wie Küken ihrem Hähnchen.

„Ein Fenstertisch?", fragt Dad. Um diese Zeit ist es noch relativ leer, wodurch wir uns unseren Platz aussuchen können. Ich atme tief durch. Was soll das alles?

„Warum nicht?", antwortet Mikael, wirft mir im Gehen einen Seitenblick zu, der besagt: ‚Benimm dich!'

Wir bestellen Getränke bei einem Kellner, den ich bisher noch nie hier gesehen habe. Mikael und Dad führen ein Gespräch über den Klimawandel. Dann über Dads neuen Roman. Irgendwann kann ich anstatt Löcher in die Luft zu starren an meinem stillen Wasser nippen. Insgeheim hatte ich gehofft, Khan hier anzutreffen und mit ihm zu verschwinden. Dad zu entkommen.

Aber Charming ist nicht hier. Da kann ich seine Hilfe nun einmal gebrauchen und der Typ ist nicht anzutreffen. Typisch, huh?

„Stew, du bist so ruhig." Dad hebt beide Augenbrauen. Ich entgehe einer Antwort, da der Kellner zurück kommt, um unsere Bestellung aufzunehmen. Es ist Miles, der Kellner vom letzten Mal(so hieß er doch?), der mich anlächelt. Offensichtlich erinnert auch er sich an mich.

Weil mir Khan diesmal keine Portion Nudeln andrehen kann – weil er nicht hier ist – bestelle ich einen einfachen Salat. Mikaels Blick spricht Bände, ich ignoriere ihn, Dad bekommt davon nichts mit, scheint sich auch nicht zu wundern, warum ich mir einen Salat bestelle. Eben, viele Menschen essen Salat zu Abend. Liegt nicht so schwer im Magen.

„Also, Stew. Was ist los? Warum so ruhig?" Mikael nimmt einen großen Schluck Bier. Die Augen beider Männer liegen jetzt auf mir.

„Nichts. Ich bin kein gesprächiger Mensch, schon vergessen?" Ich muss mich zusammenreißen, um Mikael nicht eine zu klatschen. Er weiß genau, was los ist. Diese Situation ist... falsch. Zumal Mum fehlt und Dad noch immer nicht die Bombe platzen gelassen hat, warum wir hier sitzen und einen auf heile Familie machen.

„Aber jetzt mal ehrlich, Dad", ich betone das Wort Dad absichtlich stärker, „Was tun wir hier? Du willst mir nicht sagen, dass du plötzlich Gefühle für uns entwickelt hast." Unter dem Tisch gibt mir Mikael einen Stoß mit dem Fuß. Dads Gesichtsausdruck bleibt gleich, ruhig, versteinert. Nur die Art und Weise wie er das unbenutzte Besteck auf dem Tisch umfasst, bedeutet mir, dass ihn meine Worte getroffen haben. Vielleicht fühle ich mich sogar schlecht deswegen.

„Ich habe tatsächlich etwas mit euch zu besprechen." Bingo. Er fährt sich durch die Haare und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit erkenne ich, dass mein Vater alt wird. Nicht sein Aussehen, sondern die Art, wie er sich gibt, zeigt mir das.

„Aber das bedeutet nicht, dass ihr mir nicht wichtig seid." Ich schweige. Mikael zupft an seinen Fingern. Etwas, das er immer dann tut, wenn er nervös ist. Hah. Also geht ihm dasselbe durch den Kopf wie mir.

„Was möchtest du mit uns besprechen?", fragt mein Bruder, diplomatisch wie er eben ist. Ich an seiner Stelle wäre ungeduldig sofort zum Geschäftlichen übergegangen und hätte Dad mega konfrontiert.

„Und ihr wollt sicher nicht bis nach dem Essen warten?", fragt Dad zurück. Unser darauffolgendes Starren scheint ihm Antwort genug zu sein. Dad seufzt.

„Wie ihr bereits wisst, werden eure Mum und ich von hier wegziehen. Ihr erster Termin bei Miss Nadine fällt auf das zweite Dezemberwochenende. Also in etwa sechs Wochen. Bis dahin werden wir unsere Wohnung neu bestückt haben müssen."

„Und hier kommen wir ins Spiel", unterbreche ich ihn schnaubend. Mikael gibt mir einen weiteren Stoß unter dem Tisch.

„Stew hat recht. Wir können jede Hilfe gebrauchen, wenn es um den Umzug geht." Sehr dreist.

„Und wenn wir nein sagen?" Ich verschränke die Arme vor der Brust. In diesem Moment kommt der Miles mit unserem Essen. Beim Anblick von Mikaels Spagetti Carbonara läuft mir der Speichel im Mund zusammen. Eilig wende ich den Blick ab und beginne in meinem Salat zu stochern.

„Wir können euch zu nichts zwingen", gibt Dad zu und widmet sich gedankenverloren seinem eigenen Teller. Ich lasse seine Worte in meinem Kopf hin und her schwimmen. Er will, dass wir ihnen beim Umzug helfen. Selbstverständlich.

Es gleicht einem Wunder, wenn er Mum überhaupt auf die Autobahn bekommt, geschweige denn in sein Auto oder in einen Zug. Sie wird ihm kaum dabei helfen, Möbel zu tragen und von einer Stadt zur anderen zu befördern. Eine Umzugsfirma wird sich Dad kaum leisten können. Es ist lange her, dass seine Bücher die Bestsellerlisten gesehen haben.

„Wir helfen euch", sagt Mikael da, als wären wir eine Person. Ich kann aber für mich selbst sprechen.

„Benutzt du jetzt schon den königlichen Plural?", frotzele ich. Mein Bruder wirft mir einen scharfen Blick zu. Als wäre er nicht genauso verwirrt oder verletzt wie ich. Wobei. Vielleicht ist er es nicht. Er ist schließlich mit seinen Eltern aufgewachsen, ohne dass diese irgendwann beschlossen in die Stadt zurückzukehren, die ihn kaputt gemacht hat. Nein, Mikael dürfte eher nicht verletzt sein.

Ich lehne mich zurück und unterdrücke ein Seufzen. Dann gebe ich mich damit zufrieden den beiden stumm zuzuhören und Dad anzustarren. Sie reden über den Umzug, das sogenannte Geschäftliche.

Je länger ich starre, desto unangenehmer scheint Dad sich zu fühlen. Gut so. Ob er so merkt, wie es mir im Moment geht? Oder bedarf das härterer Maßnahmen? Ich schaue auch nicht weg, als mir ein eisiger Windhauch über den Rücken fährt und mir eine Gänsehaut beschert. Die Ladentür fällt zu. Die Luft gewöhnt sich wieder an humane Temperaturen.

„Erde an Stew?" Es ist Dad, der mich aus meiner Trance holt. Anscheinend habe ich inzwischen durch ihn hindurch gestarrt.

„Ich bin hier", murmele ich.

„Wie ich bereits zu deinem Bruder sagte, keiner von uns kann dich zwingen, zu helfen." So viel Einsicht hätte ich nicht erwartet. Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe an ihm vorbei. Meine Augen weiten sich.

„Wir wissen ja alle, wie unwohl du dich in dort fühlst", fügt Mikael da hinzu. Aber meine Aufmerksamkeit liegt längst auf den drei Personen, die eben zur Tür herein gekommen sind. Besser gesagt, auf Khan. Khan und seiner Familie. Kerstin hilft Aiden gerade seine Jacke aufzuhängen. Unsere Blicke treffen sich, als sie sich umdreht. Sofort scheint sich ihr Lächeln zu erweitern. Und ich komme auch nicht umhin ein wenig zu grinsen.

Offenbar verwirrt von meinem plötzlichen Moodswing, sagt mein Vater meinen Namen. Etwas zu laut. Jetzt erblicken auch Khan und Aiden mich. Meine Wangen werden heiß, als die Familie Mayfield den kleinen Gang wie auf einem roten Teppich zu uns hinüber schwebt. Natürlich sind sie hier. Das Restaurant gehört ihnen schließlich.

Dennoch fühle ich mich unvorbereitet. Der Kuss ist keine drei Stunden her. Müsste das zwischen Khan und mir nicht super seltsam sein? Und mit super seltsam meine ich einfach nur peinlich.

„Blondie", grüßt Khan und stellt sich neben mich. Er nickt Mikael zu und wendet sich dann an meinen Dad.

„Mr. Dexter, schön sie endlich kennenzulernen. Ich heiße Khan", er streckt meinem völlig überrumpelten Dad seine Hand hin.

„Gleichfalls", erwidert der nur, ehe er mich ansieht. Und zwar so richtig. Ich verdrehe die Augen.

„Das sind Kerstin und Aiden", ich deute auf Khans Mutter und Bruder.

„Ich babysitte Aiden", füge ich hinzu, um meinem Vater auf die Sprünge zu helfen. Er hebt beide Augenbrauen. An seiner Stelle stellt sich mein Bruder vor und schüttelt Aidens kleine Hand, der natürlich sofort protestiert.

„Du babysittest mich nicht, Stew. Ich bin neun!"

„Eben genau deswegen babysittet sie dich, kleiner Mann", wirft Khan ein. Ich grinse in mich hinein, muss den Blick abwenden, weil ich das Gefühl habe, ansonsten noch röter zu werden als ich es ohnehin schon bin.

Kerstin wirkt ebenfalls erheitert, sie lacht leise.

„Wollt ihr euch zu uns setzen?", frage ich, einen Ausweg aus diesem unangenehmen Gespräch zum Thema Umzug findend. Dads ausdruckslose Miene bestätigt mir, dass das Gespräch dennoch noch nicht vorbei ist. Mikael seufzt leise.

„Wenn es euch nichts ausmacht?", sagt Kerstin, die bisher seltsam ruhig gewesen ist.

„Natürlich nicht", ich rücke mit meinem Stuhl etwas näher zu Mikael, schiebe meine halb-leere Schüssel Salat zur Seite. Aiden pikst seine Mutter in die Seite.

„Kann ich zu Dad?", will er wissen. Sie wuschelt ihm durch die Haare und schickt ihn dann in Richtung Küche. Einige Leute, die neben uns sitzen, drehen ihre Köpfe in seine Richtung, als er an ihnen vorbei stürmt.

„Also, was bringt euch her?", durchbricht Khan die Stille, die sich über unseren Tisch gelegt hat. Er beherrscht das seltene Talent in jeder Situation zu wissen, was er sagen muss. Ich spiele mit einem Salatblatt und antworte, ohne ihn anzusehen, weil ich fürchte, ich könnte wieder erröten. Sein Kuss liegt mir buchstäblich noch auf den Lippen. Da hilft es auch nicht, dass er mir praktisch gegenüber sitzt und seinen Geruch bereits überall verteilt hat.

„Familienessen, ich mag den Bieber. Also habe ich ihn vorgeschlagen." Ich spüre seinen Blick auf mir. Würde ich hochschauen, ich würde ihn sicherlich dabei ertappen, wie er sich ein Grinsen verkneift. Ob er weiß, weswegen ich gerade so verlegen bin?

„Na das hört man doch gerne", meint Kerstin, woraufhin mein Bruder sie in ein Gespräch über das Restaurant und seine Entstehungsgeschichte verwickelt. Ich höre erneut mit halben Ohr zu und kümmere mich gleichzeitig darum, die Salatblätter auf meinem Teller zu zerstückeln. Unter dem Tisch spüre ich, wie Khans Fuß meinen anstupst. Wider Willen blicke ich auf.

Blau. Saphir-blau. Ich beiße mir auf die Lippe. Was ist nur los mit mir? Gestern war ich nicht so seltsam drauf in seiner Gegenwart? Welche Hormone hat dieser Kuss nur in mir ausgelöst... Aiden rettet mich erneut aus einer seltsamen Situation, kommt wieder angerannt, seinen Dad im Schlepptau. Paul trägt doch tatsächlich eine Kochschütze. Schweiß steht ihm auf der Stirn und ich frage mich prompt, welche Krankheit genau er hat. Ob er damit überhaupt weiterhin arbeiten sollte. Er muss es ihnen sagen. Mir wird heiß. Verdammt, das hat er ja immer noch nicht getan.

Mein drängender Blick lässt ihn zusammenzucken. Gut. Wenigstens das. Gleichzeitig tut es mir leid, dass ich heute zu jedem irgendwie gemein bin. Erst zu meinem Vater, meinem Bruder und dann auch noch zu Khans Dad, der mir eigentlich nichts getan hat – außer mich in seine Lügenmärchen zu verwickeln natürlich.

„Paul!" Kerstin springt sofort auf und wirft ihre Arme um ihren Mann. Sie geben sich einen Kuss, der vermutlich einen Ticken zu lange dauert, um als angebracht zu gelten. Mich stört es nicht. Die beiden scheinen so verliebt, es ist hinreißend – und schenkt mir Hoffnung, dass ich so etwas auch mal haben werde.

Wäre da nicht Pauls Geheimnis, die beiden würden für mich das perfekte Märchen-Pärchen abgeben. Ohne recht darüber nachzudenken, habe ich meine Gedanken laut ausgesprochen.

„Wie habt ihr beiden euch gefunden?" Anders als meine Mutter, die als Antwort auf diese Frage bloß die Augen verdrehen und mich tadeln würde, lacht Kerstin vergnügt auf. Sie sieht ihren Mann fragend an. Paul grinst, nickt aber.

„Ich war auf Schüleraustausch in Irland", beginnt Kerstin, woraufhin ich einen überraschten Laut von mir gebe. Wusste ich doch, dass ihr Akzent britisch ist.

„Halt dir lieber die Ohren zu, Aiden, das ist nicht für deine Ohren geeignet", scherzt Khan und legt seine Hände scherzeshalber auf die Ohren seines kleinen Bruders. Kerstin lacht.

„Paul war der Sohn meiner Gasteltern. Zwischen uns hat es sofort gefunkt. Clumsy wie ich bin, bin ich in jedes Fettnäpfchen getreten und er hat mich jedes Mal aufgefangen." Sie schenkt ihm einen verliebten Blick. Schuldgefühle bilden sich in meinem Magen. Er muss es ihr unbedingt sagen. Dennoch hänge ich an ihren Lippen, als sie fortfährt.

„Fünf Jahre später, ich war 22 und er machte mir einen Heiratsantrag, als ich es am wenigsten erwartet habe." Pauls Wangen werden doch tatsächlich rot.

„Diesen Tag werde ich nie vergessen", sagt er. Während Kerstin weitererzählt, wie sie gemeinsam das Haus seiner Mutter hier in den Staaten einrichteten und sie plötzlich in einer Lache Farbe landete, den Ring neben sich schwimmen sah und beinahe in Ohnmacht fiel, wie sie ihn aufhob und Paul entdeckte, der vor ihr kniete, scheinbar lässig meinte, er habe geahnt, dass sie den Eimer um schmeißen würde, und ihr damit ja wohl den süßesten Heiratsantrag in der Geschichte der süßen Heiratsanträge machte, steht dieser reglos neben ihr und betrachtet sie mit so viel Liebe, dass mir erneut das Herz aufgeht.

Ich unterdrücke eine vereinzelte Träne, weil ich weiß, wie glücklich sie miteinander sind. Und weil ich weiß, dass dieses Glück bald unter einer Zerreißprobe stehen wird.

„Viele Jahre später und die Sache mit dem Farbeimer rührt mich immer noch zu Tränen, wenn ich daran denke", meint Kerstin mit rauer Stimme und fährt sich unauffällig über das Gesicht.

Selbst Mikael, der nichts von tiefen Gefühlen hält und auch noch nicht über den One-Night-Stand hinaus gegangen ist, legt sein Besteck beiseite. Ehrfurcht in seinem Gesichtsausdruck.

„Hört sich an wie im Märchen", kommentiert er, als Stille einkehrt. Ich halte meine Hand hoch, damit er abklatschen kann. After all, wir sind immer noch Geschwister. In vielen Dingen sind wir uns uneinig, und doch gibt es Momente, in denen wir absolut gleich denken.

„Zu schön, um wahr zu sein", bestätigt Paul leise. Kerstin gibt ihm einen weiteren Kuss. Niemand versteht den Unterton in seiner Stimme. Außer mir. Ich höre, wie sie bricht. Ich sehe, wie er die Augen angestrengt offen hält. Ich sehe, wie er den Kiefer aufeinander presst. Ich höre, was er nicht laut ausspricht.

Denn es ist zu schön, um wahr zu sein.

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