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Achtundzwanzig

„Du bist es wirklich." Einige Meter weiter steht ein zierliches Mädchen. Ihre roten Haare trägt sie mittlerweile in einem hübschen Bob, die grün-gestreifte Cheerleaderuniform schmiegt sich perfekt an ihren Körper. Ich mustere die blauen Glubschaugen und die buschigen Augenbrauen, kann den Blick nicht von ihren kindlichen Gesichtszügen nehmen.

„Ana", sage ich leise, setze ein leichtes Lächeln auf, auch wenn ich mich nicht danach fühle.

„Oh mein Gott", erwidert sie.

„Dan! Komm aus dem Wagen, Stew ist hier." Erst da fällt mir auf, dass sie selbst gerade dabei ist, ein Auto zu tanken. Sie drückt Dan, der missmutig aus dem Wagen steigt, das Werkzeug in die Hand. Ich erkenne auch Dan, der mir zunickt. Das kann unmöglich gerade wirklich passieren.

Ana kommt auf mich zugelaufen und schließt mich in eine für sie typische Umarmung.

„Wie lange ist es her?", fragt sie, mehr zu sich selbst als zu mir, drückt mich nur noch fester an sich.

„Vier Jahre." Ich erwidere die Umarmung leicht, weiß allerdings nicht, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll.

Ana und ich waren beste Freundinnen, bevor der ganze Kram passiert ist. Ich bin damals wortlos verschwunden und habe keinem gesagt, wohin. Sie hat mir Nachrichten geschickt, meine Familie angerufen, mich angerufen. Mikael sagte ihr, wir wären weggezogen, weil Mum eine neue Arbeit gefunden hat. Ich ignorierte jeden Anruf. Natürlich, nichts davon hat sie verdient gehabt. Aber ich konnte es einfach nicht.

„Wo warst du die letzten Jahre?" Sie löst sich von mir und in ihren Augen stehen Tränen. Ich spüre einen Schmerz in meiner Brust. Schuldgefühle schnüren mir die Kehle zu. Niemals hätte ich gedacht, sie könnte all die Jahre an mir festgehalten haben. Ich selbst habe es nämlich auch nicht getan.

„Wir sind umgezogen." Ich werfe einen Blick über meine Schulter und sehe, dass Mikael mittlerweile an der Kasse ist und bezahlt.

„Du hast auf keine meiner Nachrichten reagiert. Ich hatte echt Angst." Was sie nicht ausspricht, sind die Worte Du hast mich verletzt. Aber ich kann es in ihren Augen sehen. Wie sehr ich sie verletzt habe.

„Es tut mir leid, Ana", sage ich und meine es so. Sie kann schließlich nichts dafür, für gar nichts von alledem. Eine Träne löst sich aus ihrem Augenwinkel.

„Und jetzt? Seid ihr zurück?" Ehrliche Hoffnung steht in ihrem Blick. Es bricht mir das Herz. Mit zitternden Händen umfasse ich ihre Schultern – einfach, da sie mehr als einen Kopf kleiner ist als ich.

„Wir haben Verwandte besucht", lüge ich. Ein Nicken.

„Ich geh dann mal zahlen, Baby." Dan schlägt die Beifahrertür seines Wagens zu. Ana nickt wieder. Dan gehörte damals nicht zu unserem Freundeskreis. Er war der typische beliebte Junge, der in der Cafeteria der Middle School am besten Tisch saß und von Groupies umringt wurde. Ana stand damals total auf ihn, himmelte ihn förmlich an. Interessant, wie sich die Sache zwischen ihnen entwickelt hat.

„Hast du... Wollen wir uns mal wieder treffen? Also so ohne die Tankstelle, meine ich." Wieder dieser Hoffnungsglimmer. Ich atme tief durch. Im ersten Moment will ich verneinen, dann stocke ich. Was spricht dagegen? Wir waren immerhin beste Freundinnen und dann habe ich unsere Freundschaft zerstört, ohne ihr eine Erklärung zu liefern.

Irgendwie bin ich es ihr schuldig, denke ich. Vielleicht werden wir unsere Freundschaft nicht retten können, aber zumindest werden wir es schaffen Frieden zu schließen.

Ich bin nicht mehr der Mensch, der ich damals war, rufe ich mir in Erinnerung. Der Mensch, den sie kannte. Sie kennt mich nicht. Sie weiß nicht, wie sich die neue Stew von der alten Stew unterscheidet. Also nicke ich.

„Können wir machen." Zum Glück liegt mein Geburtsort nur knapp zwei Stunden von unserem neuen Haus entfernt. Ich hätte längst mal hier vorbeischauen können, aber ich habe es nicht getan. Zu viel verbinde ich mit diesem Ort.

„Nächste Woche bin ich noch mal hier", sage ich, als Mikael die Tankstelle verlässt.

„Wenn du willst, können wir uns um dieselbe Zeit irgendwo treffen." Ich kann selbst kaum glauben, was ich hier tue. Das ist so surreal. In den letzten drei Jahren habe ich keinen Gedanken an Ana verschwendet. Das klingt hart. Es ist die Wahrheit. Ich mag das Mädchen nicht, das ich damals war. Es hat nichts mit Ana zu tun – sie hat mich auch so ertragen, sie hat jedenfalls so getan, als würde sie mich mögen. Aber alles, was sie verkörpert, ist das, was ich verdrängen will. Die Erinnerung an Zeit, die ich verdrängen will.

„Das wäre toll." Sie strahlt. Hinter Mikael kommt Dan aus dem Tankstellenstübchen stolziert.

„Ana, hey", sagt mein Bruder und lächelt sie an – in seinen Augen ein überraschter Funke und... noch etwas anderes. Ana lächelt genauso zurück, umarmt ihn allerdings nicht so wie sie mich umarmt hat. Die beiden hatten schon immer eine merkwürdige Beziehung. Eilig wendet Ana den Blick ab und ich unterdrücke es, die Augenbrauen zu heben. Insbesondere da Dan direkt neben ihr steht.

„Also nächste Woche um fünf im St. Daniels?", will sie wissen. Ich nicke. Im St. Daniels. Lange ist es her, dass ich diesen Namen gehört habe. Es handelt sich um unser damaliges Stammcafe, wo wir unsere Nachmittage vebrachten.

„Ich freue mich." Sie macht kehrt und öffnet die Beifahrertür zu ihrem Auto. Dann fahren sie und Dan davon. Ich bin so perplex, dass ich erst wieder aus meiner Trance erwache, als ein Hupen ertönt. Anscheinend stehe ich im Weg. Mal wieder. Mikael zieht mich zu seinem eigenen Wagen, drückt mich in meinen Sitz und startet den Motor.

„Das war seltsam", sage ich leise.

„Wem sagst du das", gibt er zurück. Ich lache, ausnahmsweise ehrlich, während ich versuche aus Anas Verhalten schlau zu werden. Warum war sie nicht sauer? Ist sie dieselbe, die sie damals war? Was wird nächste Woche passieren? Eine Träne läuft mir über die Wange, keine Ahnung, wieso. Irgendwann schlafe ich ein, in Gedanken bei dem letzten Cheerleader-Training, das ich in meinem Leben hatte. Bei dem Tag, an dem alles anfing – und alles aufhörte.

Am Samstag proben Khan und ich für das Vorsprechen. Er ist wirklich gut, das muss man ihm lassen. Ich glaube ihm alles, was er in der Rolle des Prinzen von sich gibt. Ich hingegen fühle mich neben ihm wie ein Amateur. Versteht mich nicht falsch, ich habe genug Selbstvertrauen, um zu wissen, dass ich schauspielern kann.

Aber Khan ist eben eine ganz andere Nummer.

Später am Abend verschwinden er und sein Vater wieder, ich habe immer noch nicht erfahren, was die beiden immer machen. Auch Kerstin geht schließlich zur Arbeit und lässt mich mit Aiden alleine, der genüsslich sein Nutellabrot mampft und später eine Runde Spongebob sieht. Ich bin in Gedanken stets beim Vorsprechen am darauffolgenden Montag.

Das ist meine Chance. Meine Chance, wieder zu spielen. Meine Chance, eine Beschäftigung für die nächsten Monate zu haben. Meine einzige Chance. Ich will diese Rolle. Und wenn ich sie Anne aus den perfekt manikürten Fingernägeln reißen muss.

Dennoch fürchte ich mich davor, die Szene zu verpatzen, Wörter zu vergessen – oder ein totales Blackout zu haben. Noch nie vorgekommen, aber es gibt schließlich für alles ein erstes Mal.

Aiden ist seltsam ruhig, als ich ihn später ins Bett bringe. Ehe ich seine Zimmertür hinter mir schließe und das Licht ausmache, sehe ich ihn aufmerksam an.

„Alles gut bei dir, kleiner Mann?" Mit hochgezogenen Augenbrauen warte ich auf eine Antwort.

„Khan wollte mich nicht mitnehmen", platzt er heraus und presst die Lippen auf einander. Wenn ich doch nur seine Probleme hätte. Seufzend kratze ich mich am Kopf.

„Und nenn mich nicht kleiner Mann!" Ich beiße mir auf die Lippe, weil er mit diesem Gesichtsausdruck an eine beleidigte Katze erinnert. Super-niedlich.

„Wohin wollte er dich nicht mitnehmen?", frage ich und lehne mich an den Türrahmen.

„Zum Training."

„Da gehen die beiden also immer hin", murmle ich, mehr zu mir selbst als zu ihm. Jetzt ergibt die Sache einen Sinn. Immer mittwochs und samstags. Deshalb die Routine. Aiden nickt zustimmend und sieht mich an, als wären mir auf einmal zwei Köpfe gewachsen.

„Hat er es dir nicht gesagt?" Ich schüttle nur den Kopf. Aiden schnalzt mit der Zunge, erinnert mich mit dieser Geste an Miss Nadine. Wow. Jetzt erinnert mich schon ein Neunjähriger an meine Therapeutin. Die Paranoia kommt anscheinend schneller als ich dachte.

„Naja, ich hab ihn vorhin gefragt, ob ich zuschauen könnte." Aiden zieht sich die Decke bis hoch zur Nasenspitze und gähnt.

„Und er hat nein gesagt?" Das klingt nicht nach Khan.

„Er meinte, da hätte er dich vorher fragen müssen..." Noch ein Gähnen. Mich hätte er fragen müssen?

„Mich?"

„Dich." Aiden nickt. Ich schüttle ungläubig den Kopf. Als seine Babysitterin tue ich, was man mir sagt. Nicht anders rum. Khan ist schon ein Typ!

„Keine Sorge, Aiden. Nächste Woche bringen wir dich da hin." Ich zwinkere.

„Das würdest du für mich tun?", fragt er, starrt mich aus großen Augen an. Ich lache leise. Was habe ich gesagt? Super-niedlich. Können nicht alle Jungs so sein?

„Natürlich. Wart's nur ab." Dann knipse ich das Licht aus.

„Gute Nacht, Aiden." Als Antwort bekomme ich nur ein zustimmendes Gähnen.

„Du siehst... wach aus", ist Andreas einziger Kommentar, als ich Montag Morgen in ihr Auto steige. Sie hat sich mittlerweile angewöhnt, mich morgens zur Schule zu fahren. Sehr praktisch.

„Ich bin auch wach", gebe ich zu. Ich habe drei Tassen Kaffee getrunken, bin gestern Abend um zehn ins Bett gegangen und vor zwei Stunden aufgewacht, dann habe ich eine Ewigkeit in der Dusche und vor dem Spiegel verbracht, ich fühle mich gut. Keine Träne wurde am Wochenende wegen Darren vergossen. Dieser Montag kann nur gut werden.

„Ach richtig, dein Vorsprechen." Sie schnaubt, setzt einen Blinker und biegt rechts ab. Anscheinend findet sie es mehr als merkwürdig, dass ich ausnahmsweise wach und pünktlich bin. Ich beschließe das Thema zu wechseln. Je mehr ich über die Theater-AG nachdenke, desto nervöser werde ich. Schrecklich, dass es noch so lange dauert, ehe es so weit ist.

„Versucht Ashton immer noch, dich zurück zu gewinnen?", frage ich, während ich in den Spiegel über mir gucke und mein Make-Up überprüfe. Keine Ahnung, ob das Thema Sperrgebiet ist. Aber wir stecken im selben Boot, also denke ich, ich darf das.

„Er hat mir allein gestern fünf Nachrichten geschrieben", bestätigt sie. Wir seufzen unisono.

„Schon traurig, dass die beiden uns am selben Abend betrogen haben." Sie klingt bitter. Ich zucke zusammen.

„Muss was im Punsch gewesen sein", fährt sie fort und runzelt die Stirn. Sie mag sich noch so drüber hinweg anhören, ich weiß es besser. Wir geben uns beide, als könnte es uns nichts mehr anhaben und doch trauern wir ihnen immer noch hinterher. Als wir die Autobahn verlassen, ordnet sich ein sehr bekanntes silbernes Auto vor uns ein. Mein Herz krampft sich zusammen.

„Wenn man vom Teufel spricht." Darren. Obwohl der Idiot ein Idiot ist und so viel schlimmes verdient, reagieren sowohl mein Körper als auch mein Herz auf seine Anwesenheit.

Hoffentlich kann er uns im Rückspiegel nicht sehen. Neben ihm sitzt eine Gestalt im Wagen – ob männlich oder weiblich, keine Ahnung.

Hoffentlich ist es nicht Anne. Wir folgen ihnen den Rest des Weges bis zur Schule. Andrea stellt ihren Wagen extra weit von Darrens entfernt auf den Parkplatz.

Zu meiner Überraschung ist es nicht Anne, die neben ihm aus dem Auto steigt, sondern Ashton. Die beiden reden angeregt miteinander, scheinen nicht mitbekommen zu haben, dass wir direkt hinter ihnen waren.

„Ignoriere sie einfach", sagt Andrea, während sie ihre Sachen aus dem Kofferraum holt. Ich mustere den Schulhof, der heute besonders leer ist. Mag sein, dass ich Andrea genötigt habe, etwas früher als sonst herzufahren. Heute muss alles perfekt laufen. Zur ersten Stunde werde ich nicht unpünktlich kommen.

„Leichter gesagt als getan", meine ich. Ihre Aufmerksamkeit ist nicht länger bei mir. Ich drehe den Kopf in die Richtung, in die sie blickt. Ashton steuert direkt auf uns zu, Darren im Schlepptau. Mein Herz rutscht mir in die Hose, ich weiche seinem Blick aus.

„Andrea", sagt Ashton. In aller Seelenruhe schließt Andrea den Kofferraum. Ich bin die einzige, die erkennt, dass ihre Hand unmerklich zittert.

„Bitte lass uns reden." Seine Stimme klingt verzweifelt und beinahe nehme ich es ihm ab. Unter seinen Augen bilden sich tiefe Ringe ab, die Dreadlocks sehen nicht länger gepflegt aus. Im Gegenteil, sie widern mich an. Urplötzlich frage ich mich auch, den wievielten Tag er die grauen Socken in seinen Sandalen trägt.

Ich schaue zwischen den beiden hinterher, als Andrea nach meinem Arm greift und mich mit sich in Richtung Hintereingang zieht, ohne ein Wort zu sagen. Ashton ruft uns noch hinterher, fordert sie auf, stehen zu bleiben. Wir laufen weiter.

Darren hingegen hat nicht mal versucht mit mir zu reden.

„Sehr leicht", sagt Andrea zu mir und weist damit auf meine Bemerkung von eben hin.

„Wir sind schon zu bemitleiden", spotte ich. Sobald wir drinnen sind, lässt sie mich los und geht zu ihrem Spind. Hier drinnen hängen ein paar vereinzelte Schüler rum, die noch Hausaufgaben erledigen oder knutschen. Peinlich berührt folge ich Andrea. Ansonsten ist es eher leer.

„Ich möchte ja nicht vorschlagen, dass du ihn mit dir reden lässt, aber... Ashton wirkt, als wäre es ihm wichtig." Ich hole mein Handy raus und checke meine Nachrichten. In diesem Moment klingelt mein Wecker, um mir anzuzeigen, dass es noch sieben Stunden bis zum Vorsprechen sind.

„Ashton mag nicht in deiner Theater-AG sein, Stew, aber schauspielern kann er allemal." Sie schlägt ihren Spind zu und runzelt mal wieder die Stirn.

„Glaub mir. Das konnte er schon immer gut. Wenn er etwas will, dann bekommt er es auch. So ist Ashton nun mal gestrickt. Ich werde ihm aber nicht geben, was er will. Der Kerl muss lernen, dass er zu seinen Fehlern steht."

„Wenigstens bemüht er sich", entgegne ich schulterzuckend, dabei klingt mir das einleuchtend.

„Komm schon, Stew. Ich bin nicht blöd. Die Leute reden über Khans und deine Szene letzte Woche." Sie senkt die Stimme und hebt eine Augenbraue. Die Szene am Freitag? Was hat das hiermit zu tun?

„Du willst gar nicht, dass er sich bemüht." Ihre Worte fühlen sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Natürlich wünscht sich ein Teil von mir, er würde sich um mich bemühen – zumindest um unsere Freundschaft. Er könnte sich zumindest bei mir entschuldigen, zumindest einen Versuch starten, unsere gemeinsam verbrachten drei Jahre nicht einfach so in den Dreck zu ziehen. Ehe ich also protestieren kann, hat Andrea eine Hand gehoben, um mich davon abzuhalten.

„Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen und ihr hättet euch so oder so getrennt", sagt sie. Sie sagt es nicht, um mich zu verletzten, das merke ich ihr an. Sie ist nicht Anne. Sie ist einfach ehrlich.

„Das stimmt nicht", flüstere ich.

„Ich versteh dich, wirklich. So ein paar Jahre, die man zusammen ist, die schmeißt man nicht gerne weg." Wäre ich Miss Nadine, ich würde ihr nun das ‚Language'-Schild zeigen.

„Das ist aber auch das einzige, was du wegschmeißt. Nach einem Jahr ist die Liebe nicht mehr dieselbe, geschweige denn nach drei Jahren – oder nach fünf." Zu meiner Überraschung gibt sie mir eine kleine Umarmung. Andrea ist kein Berührungsmensch. Ich schweige.

„Er wäre jedenfalls nicht der Vater deiner Kinder geworden. Highschoolromanzen halten nicht ewig. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass Ashton und ich einfach nicht länger zusammen sein sollten. Dieser Abschnitt meines Lebens ist vorbei – ein neuer soll anfangen." Sie zuckt die Achseln.

„Soll nicht bedeuten, dass ich ihm nicht hinterher trauere." Ein Kopfschütteln. Ich schlucke.

„Man sieht sich, Stew. Denk mal drüber nach." Und das tue ich. In diesem Moment krampft sich mein Magen zusammen. Hat sie womöglich recht? Habe ich Darren überhaupt noch geliebt? Würde ich ihn noch lieben? Vielleicht ist es gut, dass er sich nicht mehr um mich bemüht. Vielleicht sollte es genau so kommen...

Plötzlich ist mir schlecht. Ich eile zur Toilette und kotze den Apfel aus, den mir Mikael heute Morgen in die Hand gedrückt hat. Dann kotze ich auch noch den Rest meines Mageninhalts in die Toilette. Es geht mir nicht unbedingt besser, aber immerhin schwimmt da nichts mehr in mir herum.

Mit zitternden Händen betätige ich die Spülung, wasche mir die Hände am Waschbecken und werfe einen Blick in den Spiegel.

Ich bin nicht krank. Ich bin aufgeregt – einerseits wegen Darren und den Sachen, die Andrea eben zu mir gesagt hat, andererseits wegen chronischem Lampenfieber. Die Mischung aus beiden macht es zur schlimmsten Aufregung, die ein Mensch empfinden kann. Ich kann kaum klar denken.

Vor meinem inneren Auge sehe ich Darren und mich, wie wir vor zwei Jahren beim Vorsprechen standen. Ich kämpfte um die Rolle der Desiree, Napoleons Geliebte, während Darren einen Statisten spielen wollte. Er hätte es nie geschafft, die Rolle des Napoleon höchstpersönlich zu bekommen.

Morgens hatte ich mich davon abgehalten mich zu übergeben – mehrmals. Kotzen war ein No-Go, hatte mir Miss Nadine eingeprägt.

Letzten Endes schaffte ich es, die Aufregung beim Vorsprechen beiseite zu schieben und meine beste Performance bis dato vorzuzeigen. Darren spielte einen Statisten, einen Soldaten, und ich die Desiree. Wir waren damit zufrieden, weil Desiree im Stück Napoleon nie küssen musste. Keine Ahnung, wie Darren die Situation gehandelt hätte, wäre dies der Fall gewesen...

Vielleicht läuft es heute genauso. Vielleicht schaffe ich es, Cinderella zu spielen. Vielleicht läuft alles genau so wie ich es mir vorstelle! Nichts da, vielleicht. Das Drama mit Darren und Andreas Worte beiseite, ich will das. Ich will das so sehr, dass es weh tut. Und ich werde es bekommen.

Schnell erneuere ich mein Make-Up, atme tief durch und bin dann im Inbegriff die Toilette zu verlassen, als jemand aus einer der Kabinen tritt. Anne. Na toll. Hat sie etwa meine Arie mitbekommen?

„Aufgeregt, Stew?", fragt sie, während sie sich die Hände wäscht und dann einen Lippenstift aus der Tasche zieht. Ich ignoriere sie und steuere auf die Tür zu. Das muss ich mir echt nicht bieten.

„Oder musst du deine bullimischen Neigungen ausleben?" Ein Lachen, als sie sich die Lippen nachzieht. Ich erstarre.

„Wie bitte?"

„Oh, du hast mich verstanden."

„Ich würde es gerne noch mal hören", entgegne ich, glücklicherweise mit fester Stimme. Aus der Entfernung kann sie nicht sehen, dass ich anfange zu zittern.

„Ob du dich immer nach dem Essen übergibst, wollte ich wissen." Wieder dieses Gackern. Tränen treten mir in die Augen, ich presse sie zurück. Wie konnte ich nur ihre Freundin sein? Sie ist das letzte. Selbst wenn ich mich immer nach dem Essen übergäbe, so gäbe es keinen Grund, sich darüber lustig zu machen. Es ist ein Krankheit.

Du lachst doch auch nicht darüber, wenn jemand sich den Magen verdorben hat und deswegen speit! Genau aus diesem Grund erzähle ich niemandem, wo ich vor vier Jahren war. Weil ich Angst habe, dass ihre Reaktion so aussieht.

„Du vergisst, dass nicht ich dich verletzt habe, Anne", sage ich, ignoriere meinen Magen, der schon wieder rebelliert. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, meine Augen brennen.

„Du hast mich mit meinem Freund betrogen. Lass deine Schuldgefühle gefälligst an jemand anderem aus." Und mit diesem Worten lasse ich sie stehen. Immer wieder rede ich mir ein, dass sie bloß bitter ist. Dass sie wütend mit sich selbst ist und deshalb auf mir herum hackt. Andererseits, hat sie bloß laut ausgesprochen, was sie gesehen hat... Sie kann nicht gewusst haben, welche Art Thema sie da anschneidet. Das ist ihre Art mir eins auszuwischen, um sich zu rechtfertigen.

Kopfschüttelnd konzentriere ich mich auf etwas anderes. Heute lasse ich mich nicht so behandeln. Heute soll alles glatt laufen.

Zu meiner Verblüffung ist Khan noch nicht da, als ich pünktlich auf die Minute den ersten Unterrichtsraum betrete. Er soll auch für den Rest des Mittags weder auf meine Nachrichten reagieren noch auftauchen. So viel zu glatt laufen.

♤♤♤

Diese Spekulationen im letzten Kapitel ajajaj xxx

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