Der Abschied
Bilbo war gerade dabei, die letzten Vorbereitungen für seine Abreise zu treffen, als plötzlich jemand lautstark an seine Haustür hämmerte. Bilbo seufzte und ging öffnen. Gandalf stand vor der Tür und kam nun hinein. Er wirkte wütend. ,,Das fandest du wohl unheimlich schlau, was?", fragte der Zauberer.
,,Ah, komm schon Gandalf!", erwiderte Bilbo und war etwas genervt. Konnte sein alter Freund denn gar keinen Spaß verstehen?
,,Hast du ihre Gesichter gesehen?", fügte er hinzu und konnte sich ein Schmunzeln nur schwer verkneifen. Allein die verdutzten Gesichter seiner Gäste waren diese kleine Showeinheit wert gewesen. ,,Es gibt viele Zauberringe auf dieser Welt, Bilbo Beutlin, und keinen davon sollte man leichtfertig benutzen", sagte Gandalf ernst. ,,Das sollte doch nur ein kleiner Spaß sein!", entgegnete Bilbo. ,,Ach, wahrscheinlich hast du wieder Recht, wie immer ... du wirst ein Auge auf Frodo haben, nicht wahr?"
Für einen Moment fühlte Bilbo sich furchtbar. Frodo war zwar mittlerweile eingeweiht aber rechnete sicher nicht damit, dass Bilbo wirklich aufbrechen und nie wiederkommen würde. Er musste sich von seinem Vettern verabschieden. Etwas anderes hätte Frodo nicht verdient, aber würde er ihn dann einfach gehen lassen? Vielleicht könnte Frodo ja doch mitkommen ... Schluss jetzt, sagte Bilbo sich. Frodo war nicht mehr länger der kleine Junge aus Bockland, dessen Eltern ertrunken waren und der bei Bauer Maggot Pilze klaute.
Nein, er war nun 33 Jahre alt und ein Beutlin aus Beutelsend, mit Mumm und dem Mut zum Abenteuer in seinen Knochen. Genauso wie Bilbo selbst. Aber das war lange her, viel zu lange. ,,Zwei Augen, so oft ich sie entbehren kann", erwiderte Gandalf und Bilbo fiel ein Stein vom Herzen. Er würde Frodo schrecklich vermissen aber er war sich sicher, dass Gandalf gut auf den Jungen achten würde.
,,Ich hinterlasse ihm natürlich alles", sagte Bilbo. Er hatte Frodo schon seit Jahren als Erben in seinem Testament eingetragen, zum Ärger der Sackheim-Beutlins. ,,Was ist mit deinem Ring, bleibt der auch hier?"
,,Jaja", meinte Bilbo zerstreut. ,,Er liegt in einem Umschlag auf dem Kamin."
,,Hm", machte Gandalf und Bilbo spürte, wie der Blick des Zauberers zum Kaminsims wanderte, auf dem weder ein Ring, noch ein Umschlag lagen. ,,Nein, warte", sagte Bilbo nachdenklich und sprach eher zu sich selbst, als zu Gandalf. Seine Hand wanderte wie selbstverständlich zu seiner Westentasche, in dem der Ring wie immer lag. Dort, wo er all die Jahre lag. Plötzlich fiel Bilbo ein, dass er den Ring gar nicht hierlassen würde. Vielleicht könnte er ihn ja noch gebrauchen. Er gehörte ihm und niemand anderes hatte ein Recht darauf. Niemand. ,,Er ist ... in meiner Tasche. Ist das ... ist das nicht seltsam? Ja, warum eigentlich nicht, warum sollte ich ihn nicht behalten?"
,,Du solltest den Ring zurücklassen, Bilbo!", erwiderte Gandalf. ,,Fällt dir das so schwer?" ,,Ach, was, nein!", entgegnete der Hobbit ärgerlich. ,,Und ja! Jetzt, da es soweit ist, mag ich ihn gar nicht hergeben, er gehört mir, ich habe ihn gefunden! Er ist zu mir gekommen!"
,,Du brauchst nicht zornig zu werden!", meinte Gandalf. ,,Wenn ich es bin, ist es deine Schuld! Es ist meiner, mein Eigen, mein Schatzzzz!"
,,Dein Schatz?", fragte Gandalf. ,,So ist er früher schon genannt worden, doch nicht von dir."
,,Grr, was geht es dich überhaupt an, was ich mit meinen Sache mache!?", fragte Bilbo hitzig. Wütend starrte er Gandalf an. Warum behinderte er ihn so? Wollte er ihm den Ring etwa wegnehmen? Seinen Ring? Seinen Schatz?
,,Du hast den Ring wirklich lange genug gehabt!", entgegnete Gandalf. ,,Du...du willst ihn nur für dich selber haben!", sagte Bilbo wütend. Gandalf wirkte verärgert und plötzlich war es Bilbo so, als wenn Gandalf größer werden würde. Sein Schatten erfüllte das ganze Zimmer zusammen.
Gandalf sagte: ,,Bilbo Beutlin, halte mich nicht für jemanden, der mit faulem Zauber arbeitet! Ich will dich nicht berauben ... ich will dir helfen!" Bilbo wimmerte, als er begriff, was er getan hatte. Wie hatte er nur so von Gandalf denken können? Er lief in Gandalfs Arme und fühlte sich schrecklich. ,,All die Jahren waren wir Freunde", fuhr Gandalf fort. ,,Vertrau mir, so wie früher, gib ihn auf!"
,,Du hast Recht, Gandalf", meinte Bilbo schließlich. ,,Der Ring muss an Frodo gehen! Es ist schon spät und der Weg ist lang. Ja, ich muss aufbrechen."
Ein letztes Mal ließ er seinen Blick in seiner Hobbithöhle herumschweifen. Er war hier geboren, hier aufgewachsen, erwachsen geworden und hatte immer gedacht, dass er auch hier sterben würde. Aber so war es nicht. Sein Blick blieb an dem Portrait von Thorin hängen. Konnte er es wirklich hierlassen? Bilbo seufzte leise. ,,Nimm es doch mit", sagte Gandalf sanft. ,,Ich weiß, wie viel es dir bedeutet."
Der Hobbit nickte, lächelte traurig und nahm das Bild von der Wand. Er nahm es aus den Rahmen, rollte es vorsichtig zusammen und steckte es in seinen Rucksack. Dann nahm er seinen Wanderstock und ging in Richtung Tür. ,,Bilbo!", rief Gandalf ihm hinterher. Der alte Hobbit drehte sich noch einmal zu ihm um und machte:,, Hm?" ,,Du hast ja den Ring immer noch in der Tasche!", erwiderte Gandalf.
,,Ah ... ja", meinte Bilbo, holte den Ring heraus, betrachtete den Ring noch einmal und ließ ihn dann von seiner Hand gleiten. Der Ring fiel schwer auf den Boden und Bilbo fühlte sich das erste Mal seit 60 Jahren wieder richtig frei. Er war erleichtert, dass er den Ring endlich loslassen konnte. Der Schatten des Ringes war von ihm gefallen.
,,Mir ist ein hübscher Schluss für mein Buch eingefallen: Und dann lebten sie vergnügt bis ans Ende ihrer Tage", sagte Bilbo zufrieden. Er hatte sich nämlich dazu entschlossen, Fili, Kili und natürlich Thorin in seinem Buch überleben zu lassen. Bilbo wollte sich das Happy End schreiben, was er nie hatte.
Gandalf lächelte leicht und erwiderte: ,,Und ich bin mir sicher, dass würden sie, mein Freund."
,,Leb wohl, Gandalf!", meinte Bilbo und öffnete seine Tür. ,,Leb wohl, lieber Bilbo!", sagte Gandalf. Bilbo trat heraus und lief los. Er fing an leise zu singen:,, Die Straße gleitet fort und fort, weg von der Tür, wo sie begann..."
Bilbo kam gut voran und als die Sonne aufging, hatte er Froschmoorstätten schon hinter sich gebracht. Der 23. September war ein schöner sonniger Tag und Bilbo frühstückte an einem kleinen Weiher, er aß selbstgebackenes Cram. Das war eine Art Zwieback-Brot, welches von den Menschen aus Thal und Esgaroth gebacken wurde. Es war sehr nahrhaft, aber geschmacklos. Deshalb wurde es oft mit Honig oder Milch aufbereitet. Bilbo hatte es mit den Zwergen auf dem letzten Stück bei ihrer Reise zum Einsamen Berg gegessen und in einer Nacht in Esgaroth.
Retroperspektive Bilbo
Er fröstelte, als er auf den Balkon trat. Schnell wickelte Bilbo sich enger in seinen blauen Mantel ein und starrte hinunter auf die Seestadt. Vom Haus des Bürgermeisters hatte man wirklich einen guten Ausblick. Die dunklen alten Häuser lagen still da, genauso wie der schwarze See. Es hatte aufgehört zu schneien aber war trotzdem noch sehr kalt. Thorin trat ebenfalls hinaus und umarmte Bilbo von hinten. Bilbo konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und genoss es. ,,Du zitterst ja", raunte Thorin ihm ins Ohr und Bilbo lief ein angenehmer Schauer über den Rücken. Der Zwerg begann nun Bilbos Hals mit heißen Küssen zu liebkosen und entlockte dem Hobbit somit ein kleines Stöhnen. ,,Hör auf, Thorin", flüsterte Bilbo grinsend. ,,Wir können auch noch mal hinein gehen", schlug Thorin vor und löste sich sanft von dem Hobbit. ,,Die Nacht ist noch lange, Meisterdieb."
Bilbo kicherte und wurde rot. Thorin lächelte und legte seine Hände an Bilbos Wangen. ,,Bereust du es?", fragte der Zwerg leise.
,,Dass wir miteinander geschlafen haben?", fragte Bilbo nun leise und schmunzelte, ,,niemals."
,,Gut, ich auch nicht", erwiderte Thorin und küsste ihn. Bilbo schloss die Augen und erwiderte den Kuss gierig. ,,Glaubst du, dass es für die anderen ein Problem ist?", fragte Bilbo ängstlich, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten. ,,Was meinst du?", fragte Thorin sanft.
,,Naja..", meinte Bilbo verlege., ,,Gibt es bei euch Zwergen dazu nicht irgendwelche Regeln. Hätten wir es erst tun dürfen, wenn wir verheiratet sind? Außerdem bist du der Thronfolger, solltest du nicht mit einer Zwergin zusammen sein, die dir einen Erben schenken kann? ... Ich kann dir nämlich nicht geben, was eine Frau kann."
,,Ich weiß, Bilbo", sagte Thorin zärtlich und streichelte ihm über die Wange. ,,Du kannst mir auch nicht geben, was ein anderer Mann kann, aber das ist mir egal, weil ich dich liebe und dich ausgewählt habe. Ich bin 195 Jahre alt, Bilbo. Die Hoffnung auf Nachkommen von mir haben alle bereits aufgegeben. Fili wird später meinen Platz einnehmen und das ist auch gut so. Und ich verspreche mir, niemand wird damit ein Problem haben, denn diese Nacht geht nur uns etwas an."
Bilbo nickte lächelnd. Thorin zündete seine Pfeife an und holte einen kleinen Zwieback aus seiner Tasche. ,,Hier, probier' mal", meinte er grinsend. ,,Du kannst dich schonmal daran gewöhnen ... wir werden es die nächsten Tage nur noch essen."
Bilbo nahm ihm den Zwieback zögernd ab und knabberte daran. Es schmeckte furchtbar trocken, hatte keinen Geschmack und war dazu noch hart. ,,Igitt", meinte Bilbo. ,,Du bist zu verwöhnt, mein kleiner Hobbit", lachte Thorin und legte ihm eine Arm um die Schulter.
,,Das stimmt doch gar nicht", nuschelte Bilbo beleidigt und legte Thorin einen Arm um die Hüfte. So standen sie auf dem Balkon, rauchten und starrten auf die dunkle Stadt hinab. Plötzlich verzogen sich die Wolken, eine Mondsichel kam zum Vorschein und tauchte den See in silbernes Licht. ,,Ich liebe dich", flüsterte Bilbo. ,,Ich dich auch, Meisterdieb", hauchte Thorin und küsste Bilbo auf den Kopf.
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