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23 | Bona praesentis, carpe laetus horae

Ich las mir die Speisekarte bestimmt zum fünften Mal durch, ohne wirklich etwas davon aufzunehmen. In Gedanken war ich immer noch dabei, die Stimmung im Restaurant aufzusaugen. Seit wir nach Deutschland gezogen waren, hatte ich keinen Fuß mehr in Lokale dieser Art gesetzt. Wie auch, wenn das Vermögen meiner Großeltern wegfiel.

Und obwohl ich wusste, dass es besser so war, dass wir größere Probleme hatten, ich hatte es vermisst. Die gedämpften Unterhaltungen und leise Musik im Hintergrund, die winzigen, kunstvoll angerichteten Portionen, die Dinge, die man beobachten konnte. Es war eine ganz andere Welt, die mir unendlich weit weg und doch so bekannt vorkam.

Schließlich richtete sich meine Aufmerksamkeit dennoch auf die Karte, die zum Glück zur Hälfte auf Englisch war. Es gab ein normales und ein vegetarisches Menü mit mehreren Gängen. Da für mich ohnehin nur das Vegetarische infrage kam, musste ich nur noch die Entscheidung zwischen verschiedenen Hauptgerichten und Vorspeisen treffen.

Aus dem Augenwinkel sah ich Thea die Speisekarte zuklappen und einen Schluck ihres Aperitifs nehmen. Vor allem, da auch schon die Karten ihrer Eltern geschlossen vor ihnen lagen, beeilte ich mich, mir die nächstbesten Gerichte herauszusuchen. Dann tat ich es Thea gleich und legte sie zur Seite. Den Augenblick nutzte ich außerdem, um einmal einen genaueren Blick auf ihre Eltern zu werfen.

Ihre Mutter war nur ein Stückchen größer als Thea selbst. Sonst sah sie aber komplett unterschiedlich aus. Sie hatte kurze dunkle Haare, eine schmale, leicht unebene Nase und glatte helle Haut. Auch wenn Theas Vater deutlich größer war als seine Frau, sah er Thea fast wie aus dem Gesicht geschnitten aus. Er hatte genau dieselbe erdbeerblonde Haarfarbe, dieselben sturmgrauen Augen, dieselben geschwungenen Lippen. Wie es vom Charakter her aussah, konnte ich noch nicht beurteilen. Seit ich Theas Familie vor dem Restaurant getroffen hatte, hatten sie noch nicht viel geredet.

Nachdem ein Kellner vorbeigekommen und unsere Bestellungen aufgenommen hatte, sagte Theas Mutter: „Schön, dass du so spontan Zeit gefunden hast, herzukommen, Annalena."

„Danke für die Einladung", entgegnete ich. „Anna reicht übrigens."

Sie lächelte warm. „Kein Problem. Wie du wahrscheinlich schon weißt, ich bin Astrid, und das ist mein Mann Thorin." Sie deutete knapp neben sich, dann wanderte ihr Blick zu dem nun leeren Platz, wo meine Speisekarte gelegen hatte. „Ich nehme an, das ist nicht das erste Mal, dass du in einem feineren Restaurant bist."

Ich blinzelte. Wollte sie mich gerade beleidigen oder war es einfach nur eine Feststellung gewesen? Wenn sie Ähnlichkeiten mit Thea hatte, vermutlich eher letzteres.

„Ich war früher oft mit meinen Großeltern unterwegs, sie sind ziemlich wohlhabend."

Als ich Astrids prüfenden Blick auf meinen nicht ganz so teuren Klamotten spürte, schob ich noch hinterher: „Wir hatten vor ein paar Monaten einen ziemlich großen Streit mit ihnen und haben den Kontakt abgebrochen."

Das schien sie mir eher abzunehmen. Ihr Lächeln vertiefte sich. „Tut mir leid, ich kann manchmal sehr neugierig sein. Thea hat schon so viel aus der Schule erzählt."

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Thea geistesabwesend an ihrer linken Hand herumknetete. Auch wenn vermutlich aus anderen Gründen konnte ich weiteres Nachhaken gerade nicht gebrauchen. Zeit, das Thema zu wechseln.

„Sehr schönes Restaurant, übrigens", merkte ich unbeholfen an.

Das schien Theas Mutter jedoch wenig zu stören. Sie fing an, von den Geschichten zu erzählen, die die Olsens mit dem Lokal verbanden. Und bis die Vorspeisen kamen, war die Stimmung soweit gelöst, dass auch Thea und ihr Vater ab und an ein bisschen zum Gespräch beitrugen.

***

Am Abend saßen Thea und ich in ihrem Zimmer. Da ich ohnehin nur für zwei Nächte bleiben würde, hatten wir beschlossen, dass wir uns einfach ihr Doppelbett teilten. Es war ein schlichtes Modell, das sich jedoch gut in den skandinavisch-modernen Stil ihres Zimmers einfügte.

Generell war ich von ihrer Einrichtung überrascht. Eigentlich hatte ich erwartet, die Villa wäre so kühl und minimalistisch möbliert wie die meiner Großeltern. Stattdessen zierten verschiedenste Gemälde die Wände, die Möbel waren farbenfroh und die Räume hatten eine helle, wohlige Atmosphäre. Es gefiel mir durchaus, wie das Haus trotz des vielen Platzes nicht leer wirkte.

In Gedanken berührte ich die noch verschlossenen Knospen einer Zimmerpflanze. Zarte Blütenblätter sprossen hinaus und entfalteten sich langsam. Es war nicht so, als machte ich es zum ersten Mal, doch im Training hatte ich den Prozess noch nie aus einer nicht-analytischen Perspektive betrachtet.

„Du vermisst die Schule jetzt schon, oder?", fragte Thea.

Meine Magie erlosch und machte dem Gedanken an die Matheklausur letzte Woche Platz. „Nicht wirklich. Von mir aus könnten die Herbstferien noch zwei Monate länger gehen. Oder zumindest so lang, dass ich Mathe nicht zurückbekomme. Ernsthaft, die Hälfte der Zeit hatte ich keine Ahnung, was ich überhaupt hingeschrieben habe, und die andere Hälfte habe ich nichts hingeschrieben."

Darüber hatte ich mich bei ihr auch direkt nach der Klausur schon beschwert. Unser Plan war, dass sie mir das nächste Mal Nachhilfe gab. Höchstwahrscheinlich würde es aber eher darin enden, dass ich mich davor auch noch drückte. Mathe war einfach ein wahrgewordener Alptraum.

„Ich weiß, das nächste Mal wird es besser", sagte Thea. „Aber die Art von Schule meinte ich nicht. Eher die Magiestunden."

„Oh." Das war nochmal ein anderes Thema.

Thea sah mich abwartend an, das typische interessierte Funkeln in ihren Augen. Ich seufzte.

„Auf der einen Seite ja, auf der anderen nein. Es ist eine dämliche Regel, dass wir unsere Magie erst nach dem Abi außerhalb der Akademie benutzen dürfen."

„So sinnlos ist sie nicht."

Ich wollte gerade widersprechen, als sie ergänzte: „Vor allem bei manchen Personen nicht."

Auch wenn mir schon auf Anhieb mehrere Beispiele dafür einfielen, hob ich eine Augenbraue. „Für wen denn zum Beispiel?"

„Es gibt da eine in meinem Kurs", sagte sie zögerlich. „Sie hat es geschafft, sich fast ihren Finger in einem Eisblock abzufrieren."

„Wie das?" Ich war ehrlich überrascht. Etwas in der Art hatte selbst Jannis in meinem ehemaligen Magiekurs nicht hinbekommen.

„Keine Ahnung. Eigentlich sollten wir nur ein Schlückchen Wasser in einer Schale einfrieren, aber irgendwie ist das nach hinten losgegangen." Sie lächelte leicht. „In der Stunde ist so einiges schiefgegangen. Irgendwer hat auch versucht, sein Eis in eine bestimmte Form zu bringen. Stattdessen ist es in die Luft gegangen."

Eine Weile schwebten wir in den Erinnerungen an diverse Magievorfälle, bis Thea fragte: „Und warum möchtest du nicht wieder zurück?"

Stimmt, da war noch was. „Es ist anstrengend. Sie sind alle viel besser. Obwohl ich weiß, dass ich nicht so viel schlechter bin und es irgendwie schaffen kann, mitzuhalten, der Aufwand ist einfach extrem hoch."

Thea sah mich nur aufmerksam an, daher fuhr ich fort. „Zum Beispiel vor einer Woche. Wir sollten einfach nur einen Stein in Würfelform bringen, während wir einen Kaktus wachsen gelassen haben. Mehr nicht. Fast alle haben das höchstens nach ein paar Minuten rausgehabt. Selbst Tom. Und dann komme ich und brauche erstmal eine Viertelstunde.

Danach habe ich das zwar mit Kathi geübt, aber es ist immer noch eine Katastrophe. Vor allem, dass ich die Einzige bin, die es nicht auf Anhieb hinbekommt. Und wenn dann noch jemand wie Konrad darauf rumhackt..."

Ich brach ab. Beschweren würde mir nicht weiterhelfen. Auch wenn es guttat, sich einfach mal auszukotzen.

„Du bist erst seit zwei Monaten dabei und musst gleichzeitig noch alles aus dem ersten Jahr aufholen", sagte Thea nüchtern. „Klar, dass das schwierig ist. Aber wie ich es mitbekomme, läuft es doch wirklich ganz in Ordnung."

„Das Einzige, was derzeit in Ordnung läuft, sind die Sprachen. Der Rest ist schrecklich."

„Das sind doch immerhin vier Fächer."

„Fünf", verbesserte ich wie automatisch.

Thea runzelte die Stirn. „Englisch, Latein, Französisch, Spanisch und was noch?"

In dem Moment bemerkte ich, was ich falsch gemacht hatte. Am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen. Wie konnte man nur so dämlich sein?

„Manchmal sehe ich Deutsch so halb noch als Fremdsprache", versuchte ich, die Situation zu retten. „Vor ein paar Monaten habe ich noch in Italien gelebt. Das waren nur ein paar Jahre, aber irgendwie gewöhnt man sich daran."

„In Italien? Wohnen da auch deine Großeltern?", fragte Thea neugierig.

Die hatte ich ja auch noch erwähnt. Zum Glück hatte ich eine halbwegs vollständige Geschichte, an die ich mich halten konnte.

„Ja, aber nur die väterlicherseits. Die anderen kommen aus Frankfurt, sind aber schon seit einiger Zeit tot."

„Oh, das tut mir leid." Thea machte eine kurze Pause. „Aber ich kenne die Situation."

Ich sah sie fragend an.

„Mein Vater ist halb Deutscher", sagte sie. „Ich bin mit Norwegisch und Deutsch aufgewachsen. Ist ein ganz schönes Durcheinander manchmal."

Das konnte ich aber sowas von unterschreiben. „Vor allem, wenn einem plötzlich irgendein Begriff in der einen Sprache nicht einfällt und man dann am liebsten auf was anderes ausweichen würde."

„Oder wenn du plötzlich anfängst, mit wem Norwegisch zu reden, der das gar nicht kann." Ihre Augen begannen, aufzuleuchten und sie musste kichern.

Ich grinste. „Dafür hältst du dich aber sehr gut."

„Du aber auch", sagte sie gönnerisch. „Besonders mit deinen tausend anderen Sprachen."

„Latein zählt nicht." Auch wenn mir die Sache mit den fehlenden Vokabeln da auch schon passiert war.

„Dann halt nur fünf verschiedene Sprachen."

„Genau so muss man es sehen. Schockierend, dass ich das hinbekomme und dann in allen anderen Fächern komplett versage. Manchmal frage ich mich wirklich, wie du oder jemand wie Tom das alles so leicht schaffen."

„Jeder hat seine Begabungen wo anders. Sieh es mal so rum: Dafür bin ich in Magie und Sport nicht sonderlich gut."

„Magie zählt nicht mal ins Abi, und Sport ist nur ein Fach."

Sie seufzte. „Hör auf, dich selber runterzuziehen. Du bist genau so gut, wie es gerade ist. Dein Talent liegt eben bei den Sprachen und Magie und Sport."

Als wäre ich in Magie irgendwo nahe den anderen. Nicht mal Tom war so weit hintendran. Doch bevor ich es aussprechen konnte, erklärte Thea energisch: „Erstens, Tom ist in einer Magierfamilie aufgewachsen. Er hat quasi von Geburt an von Frau Schwab gelernt, wie man sein Element beherrscht. Dass du zusammen mit ihm ins zweite Jahr gewechselt bist, spricht für dich."

Ich wollte sie unterbrechen, aber sie redete einfach weiter. „Und zweitens, ich meine es ernst. Ich zum Beispiel bin gut in der Schule, habe dafür aber keinerlei soziale Fähigkeiten. Nehmen wir einfach mal den ersten Tag, da sieht man das ganz gut. Fragt sich, was am Ende besser ist."

Für die Zukunft wahrscheinlich eher gute Schulleistungen. Doch wie es aussah hatte nicht nur ich ein Problem mit einigen Dingen in meinem Leben.

„Der erste Tag war vielleicht ein bisschen suboptimal", stimmte ich zu. „Aber du siehst doch, das wird. Und so schlimm sind ist es gar nicht. Sieh dir mal die ersten Male zur Lichtung an."

Sie ließ sich nach hinten aufs Bett fallen und kniff die Augen zu. „Das war schrecklich, erinner mich nicht daran."

„Ich bin danach nicht direkt abgehauen, das muss was bedeuten."

„Nicht direkt."

„Stimmt, ich könnte jetzt noch wegrennen." Ich grinste. „Die perfekte Route habe ich auch schon. Einfach aus dem Fenster, dann die Einfahrt runter und übers Tor klettern."

Eine Weile geschah nichts. Beinahe dachte ich, ich hätte irgendwas Falsches gesagt. Dann spürte ich eine leichte Berührung an meinem Bein. Ich hob die Augenbrauen, als ich die leicht verkrumpelte Decke neben Theas Bein sah.

„Sollte das ein Tritt sein?"

„Ja. Nein. Was weiß ich." Sie presste sich tiefer ins Kissen, ihre Wangen leicht gerötet. „Siehst du, da ist wieder dieses Ungeschickte. Endet immer in einer peinlichen Situation."

Ich legte mich neben sie und sah an die cremeweiße Decke. „Wenn du schon wen trittst, dann mach es auch richtig. Anwendbar in allen Lebenssituationen, im Übrigen."

„Danke für diese Lebensweisheit, oh große sozial kompetente Anna."

Da sagte man einmal etwas halbwegs Nützliches und dann kam so etwas. Frechheit. Ich holte aus und traf ihr Bein.

„Hey!", kam es postwendend zurück.

Ich drehte den Kopf und gluckste. „Ich wollte dir nur einmal demonstrieren, wie man es richtig macht."

Während sie gespielt beleidigt ihr Gesicht verzog, erfüllte mich ein seltsamer warmer Schauder. Sie sah so zufrieden und leicht aus. Und selbst wenn es nur zwei Monate gewesen waren, sie hatte sich vom ersten Eindruck bis hierher verändert. Ihre Züge wirkten weniger zerbrechlich und unsicher. Ich wusste nicht, wie ich damals hatte übersehen können, wie schön sie eigentlich war.

Hatte ich mich auch verändert? Wahrscheinlich. Doch genau diese Überlegung ließ sofort ein Gewicht auf meine Brust sinken. Jeder mochte Probleme haben, doch bei niemandem, den ich kannte, würde ein einziger Fehltritt im schlimmsten Fall einen schmerzhaften Tod zur Folge haben.

Egal wie sehr ich ihr vertraute, ich würde Thea nie die ganze Wahrheit erzählen können. Sie würde nie erfahren, dass ich bis zu den letzten Monaten noch nirgendwo anders als in Italien gelebt hatte. Dass ich vermutlich nie wieder dorthin zurückkehren konnte, weil uns die kalabrische Mafia im Nacken saß. Dass mein Vater, so nett er menschlich auch war, dutzende Leben auf dem Gewissen hatte. Und dass wir nur noch am Leben waren, weil er seine Freunde der Polizei ausgeliefert hatte. Nur ein Bruchteil derer hatte sich retten können - darunter auch die De Lucas, gute Bekannte meiner Familie.

„Ich hole uns mal kurz ein bisschen Wasser und Obst hoch, ja?" Thea stand auf und sah mich erwartungsvoll an. Ich nickte.

Als sie das Zimmer verließ, glänzten ihre rötlichen Haare seidig im Sonnenlicht. Warum mir das erst jetzt auffiel? Ich war mir nicht sicher. Der Raum wirkte nun aber verlassen, als ob ein essentieller Teil fehlte.

Ich versuchte, mich zu entspannen, den Moment zu genießen. Das war jedoch leichter gesagt als getan. Ich starrte lediglich an die Decke und beobachtete die Schatten, die die Lampe dort warf.

Es war ein Spiel gegen die Zeit. Entweder wir leisteten uns einen fatalen Fehler, oder Mafia landete einen Glückstreffer. Dann wäre es vorbei. Noch ein Grund mehr, die Zeit zu genießen, anstatt sich in der Vergangenheit festzubeißen.

Vielleicht sollte ich es positiv sehen. Ich war erst sechzehn und unbeteiligt an der Entscheidung, mich würden sie am ehesten verschonen. Sicher war ich mir damit aber absolut nicht. Vor allem nicht, nachdem ich gesehen hatte, zu was sie fähig waren.

Es gab nur eines, das ich mit Sicherheit sagen konnte. Sollte auch nur einer aus meiner Familie gefunden werden, wüsste ich nicht, was ich tun würde.

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