12. Träume
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Frisch geduscht und mit trockener Kleidung betrat Hanabusa die Lobby der Nightclass. Typisch für einen Samstagabend saß dort eine Gruppe von Vampiren und verbrachte zusammen ihre Zeit. Manche unterhielten sich, andere hielten ein Nickerchen, lasen ein Buch oder starrten gedankenverloren vor sich hin. So auch Hanabusa , als er sich neben seinen Cousin Akatsuki Kain auf das weiße Sofa fallen ließ. Er verschwendete keinen weiteren Blick daran wer noch anwesend war.
Seine Gedanken kreisten schon die ganze Zeit um Sora und dem was sie erzählt hatte. Sie hatte von Blut erzählt und etwas in ihm hatte an seinen Alarmglocken geklingelt. Dadurch, dass er so vertieft in seinen Gedanken war, bemerkte er nicht den fragenden Blicke von Akatsuki und Ruka. Die Nightclassschülerin war es schließlich, die ihn aus seinen Gedanken zog. „Über was denkst du so scharf nach, Hanabusa? Geht es um die Bluttabletten? Stimmt mit ihnen etwas nicht?"
Beinahe wäre Hanabusa zusammen gezuckt, als er in seinem Gedankenfluss unterbrochen wurde. Verwirrt sah er Ruka an. „W-Wie? Ach nein, mit denen ist alles in Ordnung!"
Das Ruka direkt auf den Gedanken mit den Bluttabletten kam, wunderte ihn wenig, schließlich war er einer derjenigen, die sich besonders gut mit der Bluttablette auseinandersetzten und Ruka gehörte nun einmal zum Team und wollte von möglichen Nebenwirkungen wissen. Doch was sie als nächstes fragte füllte seinen Körper mit einer Anspannung, die der von vor wenigen Stunden ähnelte.
„Oder hat es etwas mit deiner kleinen Menschenfreundin zu tun, mit der du heute in der Stadt gewesen bist?" Dabei sagte sie das in ihrem typischen überheblichen Ton in der Stimme, der ihm verriet, dass es mit Sicherheit von Anfang an in ihrer Absicht gelegen hatte auf das Thema Hanabusa-gibt-sich-mit-einem-Menschen-ab-und-bricht-somit-alle-Regeln-der-Academy zu wechseln. Schweiß lief seiner Stirn hinab, als er realisierte, was Ruka da von sich gab. Hatte Ruka die beiden etwa gesehen?! Wann? Und warum hatte er das nicht bemerkt?
Zog Sora etwa seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich, dass er nicht einmal mehr die vertraute Anwesenheit von der Vampirin bemerkt hatte?!
Das sah schlecht für ihn aus. Schnell durchforstete er seinen Kopf nach Ausreden und öffnete den Mund, ohne vorher darüber nachzudenken. „Ein Menschenmädchen? Wann war das denn? Du weiß doch; wir Adelsvampire sind von solcher Schönheit, dass die Menschen selten ihren Blick von uns lösen können und einige von ihnen trauen sich auch mal uns anzusprechen. Und eben genau das passierte mir heute mehr als nur einmal."
Er spürte deutlich den brennenden Blick von seinem Cousin, dennoch ignorierte Hanabusa ihn konsequent. Würde er sich jetzt zu ihm umdrehen, würde er seine Unsicherheit verraten. Mit Sicherheit war es Akatsuki schon klar, dass Hanabusa log und auch wer das Mädchen war, mit den Ruka ihn gesehen hatte. Da hatte er sich vielleicht was eingebrockt...
„Dabei habt ihr einen solch vertrauten Eindruck auf mich gemacht, als ihr beide ins Kino gegangen seid. Hätte ich das nur gewusst, dann hätte ich dich natürlich angesprochen und von dem Mädchen und ihrer aufdringlichen Art gerettet. Tja, da hab ich mich wohl geirrt.", sagte Ruka mit einem leichten Bedauern in der Stimme und dennoch war jedem Anwesenden klar, dass das nur vorgeheucheltes Zeug war. Ruka war ein Level B mit Haut und Seele und benahm sich auch so. „Doch warum bist du denn mit ihr ins Kino gegangen, wenn du sie nicht kanntest?" Ein hinterhältiges Lächeln hatte sich auf ihren Lippen breit gemacht.
Verdammt, dachte sich Aido, jetzt musste eine verdammt gute Ausrede her. Als er spürte wie seine Zähne über seine Unterlippe schabten, ließ er sie schnell wieder los. Jetzt übernahm er auch noch die schlechten Angewohnheiten von Sora! Doch glücklicherweise fiel ihm etwas ein, was ihm als Ausrede dienen konnte. „Ach, das. Das Mädchen kam nicht aus Japan und hatte Probleme dem Verkäufer verständlich zu machen, dass sie alt genug sei um in den Horrorfilm zu gehen, wobei ich nicht verstehe, wie man sich einen Horrorfilm mit Untertiteln antun kann. Jedenfalls schien ich mit meinem blonden Haar und blauen Augen der perfekte Dolmetscher.", log Hanabusa gekonnt und wankte mit seiner Hand, um zu verdeutlichen, wie bedeutungslos und unwichtig das scheinbare Geschehene gewesen war.
Ruka lächelte weiterhin, doch schien es an Stärke zu verlieren, als sie kapitulierte. „Verstehe."
Erleichterung durchflutete Hanabusa, als er die Zimmertür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Es dauerte nicht mehr lange bis die Sonne aufging. Die letzten Stunden waren relativ ruhig vergangen. Keiner hatte mehr das Gespräch in die falschen Bahnen gelenkt und somit blieb es ihm erspart sich weitere Lügen auszudenken.
Es war Glück gewesen, dass Ruka Sora nicht erkannt hatte. Zum allerersten Mal war er froh darüber gewesen, dass Sora nie zum Wechsel erschien, ansonsten hätte Ruka sich ihr Gesicht gemerkt, wo Kaname doch mit Sicherheit jedes mal ein paar Worte mir Sora ausgetauscht hätte.
Nun aber hatte er ein weiteres Problem, denn kaum war er wenige Schritte in Richtung Bett gegangen, da hörte er wie hinter im die Zimmertür geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen wurde. Akatsuki. Frustriert kniff er kurz die Augen zusammen.
Er hatte die ganze Zeit über immer wieder die Blicke von seinem Cousin auf sich gespürt und er war sich sicher, dass der andere Vampir sich nicht so einfach abspeisen würde, so wie Ruka es getan hatte. Nein, Hanabusa war sich sicher, dass Akatsuki schon mit Sicherheit wusste, mit wem er unterwegs gewesen war.
Angespannt starrte Aido aus dem Fenster und blickte die mittlerweile kahl gewordenen Bäume an und wartete. Wartete darauf, dass sein Familienmitglied als erstes das Wort ergriff.
„Warum, Hanabusa? Warum tust du so etwas?", fragte Kain mit seiner kehligen Stimme.
„Es ist nur Spaß, nichts ernstes!", verteidigte sich Hanabusa, war sich dem jedoch nicht mehr ganz so sicher. War es für ihn wirklich nur noch Spaß oder war dieser schon lange vorbei? Und das ohne, dass er es bemerkt hatte?
„So wie damals es mit Fuka nur Spaß war?", fragte Kain ohne Rücksicht auf Verluste. Wütend wandte Hanabusa sich ihm zu. „Fuka war ein Experiment und das von Anfang an! Das mit Sora ist was anderes! Für Fuka... für Fuka habe ich nie...", stammelte er zum Schluss.
„Was hast du für Fuka nie?", hakte der andere nach, als Hanabusa verstummte. Doch konnte er auf eine Antwort noch lange warten, denn Hanabusa ergriff die Flucht, indem er eines der Fenster mit einem Ruck öffnete und hinaus sprang.
Er musste hier einfach weg! Er konnte die verdammten Fragen und indirekten Vorwürfe Kains nicht mehr hören!
Währenddessen, nicht weit entfernt von den Geschehnissen, fand in einem anderen Teil des Hauses Mond ein ähnliches Gespräch statt. „Er scheint Interesse an ihr zu haben oder aber er nutzt sie aus, was eher zu ihm passen würde. Was meinst du dazu, Kaname-sama?", fragte Takuma den Reinblut Vampir, der an einem der Fenster stand und zwischen den schweren Vorhängen hinaus blickte.
„Es wird sich mit der Zeit zeigen, was er in ihr sieht. So lange er sie nicht anrührt, ist es vorerst unwichtig. Dennoch sollte man die beiden weiterhin im Auge behalten.", gab Kaname den Befehl und beobachtete Hanabusa, wie er fluchtartig durch das Gelände lief.
Loyal nickte Takuma ihm zu. Er war nicht in alle Pläne Kanames eingeweiht, doch weshalb dieses Mädchen ihm, dem fast königlichen Vampir, so wichtig war wusste er.
"Hatschi!"
"Oh je. du warst gestern wohl doch zu lange in den nassen Sachen.", seufzte Yuki und sah ihre Freundin besorgt an, die mit rot angelaufener Nase im Bett lag. Daneben stand ein Papierkorb der voll mit gebrauchten Taschentüchern war.
„Ach was.", winkte Sora mit verstopfter Nase ab. „Morgen geht's mir bestimmt wieder besser!"
Sayori, die mit einer neuen Tasse Tee das Zimmer betrat, entgegnete: „So siehst du aber nicht wirklich aus. Es wird wohl das beste sein, wenn du heute und morgen das Bett hütest. Dann sehen wir weiter."
„Aber der Un-Unt-hatschi!", nieste die Suzuki und klaubte sich ein neues Taschentuch vom Nachtisch, um sich die Nase zu putzen. „Ich kann den Unterricht doch nicht verpassen."
Yuki setzte sich lachend zu ihr aufs Bett. „Mach dir da mal keine Sorgen. Yori-chan und ich werden dir Notizen machen, dann kannst du den Unterrichtsstoff ganz einfach wieder nachholen."
„Wobei wohl eher ich euch beiden Notizen machen werde. Wir wissen alle, dass du die Zeit wie immer mit schlafen verbringen wirst. Du und Kiryu-kun müsst doch noch morgen wegen letzter Woche nachsitzen, oder?", fragte Sayori die Adoptivtochter des Rektor leicht amüsiert.
Diese ließ deprimiert ihren Kopf sinken und stöhnte gequält auf. „Erinnere mich bloß nicht daran!"
Den gesamten Vormittag verbrachte Sora mit Schlafen. Hin und wieder schreckte sie von einem ihrer Fieberträume auf, doch war sie viel zu erschöpft sich jedes Mal vom weiterschlafen abzuhalten. Angenehm waren diese Träume nicht und schienen ihre ganze restliche Energie zu stehlen. Das schlimmste war wohl, dass es immer der selbe Alptraum zu sein schien.
Sie rannte in einem langen, dunklen und ihr seltsam vertrauten Flur entlang, doch schien es keinen Ausweg zu geben, denn egal wie weit und wie lange sie lief, es sah immer und überall vollkommen gleich aus.
Die eine Wand war mit großen, meterlangen Fenstern bestückt an denen Vorhänge hingen. Blitze zuckten draußen in der tiefschwarzen Nacht unregelmäßig hin und her und animierten Sora zum Weiterlaufen. Auf der gegenüberliegenden Wand hingen ebenfalls riesige Gemälde von Personen, deren Gesichter jedoch im Schatten lagen.
„H-Hilfe...", wimmerte Sora keuchend. Tränen rinnen ihrer Wange herunter und versperrten ihr die Sicht. Wobei das nicht besonders viel ausmachte, wo sie doch sowieso nur etwas sah, wenn in der Nähe ein Blitz einschlug.
Plötzlich stolperte sie, ob über den langen, dunkelroten Teppich oder über ihre eigenen Füße, könnte Sora im Nachhinein nie sagen, und blieb mit einem Tränen überströmtes Gesicht liegen. Ein weiterer verzweifelter Ruf nach Hilfe entwich ihrer Kehle.
Schluchzend versuchte sie sich wieder hoch zu stemmen, doch rutschte sie immer wieder mit den Händen am Boden ab. Irritiert hielt sie inne und hob eine ihrer beiden Hände an ihr Gesicht. Ein Blitz schlug draußen ein und beleuchtete den Flur. Ein Grollen ertönte. Dann ein Schrei.
Mit geweiteten Augen starrte Sora ihre blutüberströmte Hand an und verstand nicht, was geschehen war. Wo kam das Blut her?! Krampfhaft versuchte sie das Blut am Teppich von den Händen wegzuwischen, doch schien es nicht zu klappen. Im Gegenteil, sie hatte das Gefühl, dass es schlimmer wurde! Blut rann an ihren Armen bis zu den Ellenbogen hinab.
Winselnd hob sie ihren Kopf und blickte durch ihren seltsamen langen Pony auf die hohen Wände. Wieder Schlug ein Blitz und zeigte Sora, dass auch die Wände, samt Gemälden voller Blut war!
Mit einem lauten Schrei schreckte sich Sora auf und saß mit vor Schreck geweiteten Augen auf ihrem Bett. Keuchend blieb sitzen und sah sich verwirrt in ihrem Zimmer um. Vor den Fenstern waren die Vorhänge zugezogen und nur wenige Sonnenstrahlen schafften es durch die leichten Ritze durch zu strahlen. Die Lampe auf Soras Nachttisch war an und verschaffte dem Raum eine angenehme Atmosphäre. Es war ein krasser Gegenteil von dem, was sie vor wenigen Sekunden noch geträumt hatte.
„Hier.", ertönte eine dunkle Männerstimme in ihrer Nähe. Erschrocken drehte Sora ihren Kopf um und bemerkt erst jetzt, dass Kiryu auf Yukis Bett saß.
„W-Wie bitte?", fragte sie mit heiserer Stimme und verstopfter Nase nach.
„Für deine Nase und deine Tränen." Fordernd hielt Kiryu ihr zwei Taschentücher entgegen, welche sie zögernd entgegennahm und sich erst die Nase putzte. Nachdem sie dieses in den einzigen Papierkorb im Raum schmiss, fuhr sie mit dem anderen Tuch vorsichtig über ihre Wangen. Sora hatte gar nicht registriert, dass sie geweint hatte. Doch als ihre Wangen und auch die Augen soweit getrocknet hatte war das Taschentuch von ihren Tränen durchnässt.
„Danke...", bedankte sie sich mit gebrochener Stimme. Der Alptraum lag ihr noch immer schwer in den Knochen und nur langsam begann sie zu begreifen, dass es tatsächlich nur ein Traum gewesen war und die Realität ganz anders aussah.
In der Realität saß sie mit roter Nase und verschwitzten Haaren auf ihrem Bett und starrte auf Kiryu. Sie schluckte schwer und sah kurzzeitig runter auf ihre Hände. Verkrampft hielt sie die Bettdecke fest und es dauerte bis sie ihre Hände soweit entspannen konnte, dass sie sie loslassen konnte. Mit einem Stirnrunzeln wandte sie sich wieder dem Jungen zu. "Was machst du hier?"
Kiryu, der sich in der Zwischenzeit von Sora abgewandt hatte, wandte sich ihr wieder zu. „Ich hatte die Wahl beim Organisieren des Winterballs zu helfen oder hier zu sitzen und mich mehr oder weniger um dich kümmern. Hier, du solltest etwas trinken." Damit reichte er ihr dieses Mal ein Glas Wasser von Yukis Nachttisch und ging ohne weiteres aus dem Zimmer.
Ein Lächeln bildete sich auf Soras Lippen, als sie das Glas entgegen nahm und folgte ihm mit ihren Augen. Typisch Kiryu. Er fragte nicht weiter nach, wovon sie geträumt und solche Angst bekommen hatte. Nein, er unterstützte sie soweit es ihm möglich war und behielt dennoch den Abstand wie zu jedem anderen, abgesehen von Yuki. Sie hatte sich schon oft gefragt, was da zwischen den beiden eigentlich genau lief. Eigentlich hatte sie immer gedacht, dass Yuki in Kaname verliebt war. Vielleicht sollte sie Yuki mal ausfragen, doch andererseits würde sie es verstehen, wenn Yuki ihr nicht antworten würde. Schließlich verriet Sora weder Yuki, noch Yori, dass sie Zeit mit Hanabusa verbrachte. Sie seufzte und blickte hinunter auf das Wasserglas. Vielleicht war es ja wirklich mal an der Zeit, dass sie ihnen die Wahrheit gestand.
Sie hörte wie die Tür wieder geöffnet wurde und sah Kiryu mit einem nassen Lappen wiederkam. Schnell trank sie das Glas leer. Später. Wenn sie wieder fit war würde sie es ihnen sagen. Jedoch nicht heute.
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