Kapitel Acht
Als ich an unseren ersten Übungskampf zurückdachte, musste ich grinsen. Auch beim zweiten Mal hatte er gewonnen, auch wenn ich, meine Meinung nach, kurz davor gwesen war zu gewinnen. Wir beide hatten nach dem Tag überall blaue Flecken, allerdings hauptsächlich ich. Satumar hatte nur ein paar erhalten, was mich immer noch ärgerte.
Mittlerweile trainierten wir jeden Tag, nachdem wir zu Abend gegessen hatten. Ein paar Mal hatten uns auch Limbara, Amandiel und Vraldes zugesehen, doch meistens blieben die Drei im Haus und unterhielten sich.
Ab und zu nahm mich Satumar mit zu den Tieren und ich half ihm, sie zu versorgen. An den anderen Tagen half ich Limbara dabei, das Essen zuzubereiten. Das Gemüse und das Brot dafür holten wir meistens frisch vom Markt, der immer in der Mitte des Dorfes stattfand. Dort hatte sich sehr schnell herumgesprochen, dass ich die Prinzessin war. Jeder machte mir Platz, und das beste Gemüse und Brot wurde für mich beiseite gelegt. Als ich das bemerkt hatte, hatte ich Satumar, Limbara und Amandiel gefragt, woher die Leute wussten, dass ich Ramura war. Doch alle Drei hatten nur mit den Schultern gezückt und gemeint, dass sie mich wahrscheinlich erkannt hatten. Schulterzuckend hatte ich mich abgewandt. Im Grunde konnte es mir ja recht sein. Wir bekamen immer das Beste vom Besten.
Heute würde ich Satumar wieder bei den Tieren. Das hieß, alle Ställe mussten ausgemistet und dann wieder neu eingestreut werden. Nachdem wir damit fertig wären, würden die Tiere reingeholt und gefüttert. Während ich in den Stallungen beschäftigt gewesen wäre, würde Satumar sie auf die Weiden bringen, damit die Pferde und Ziegen ein wenig grasen könnten.
Vor ein paar Minuten hatte ich für die Stallarbeit alte, zerlumpte Kleidung angezogen und wartete nun vor der Tür auf Satumar. Als er nach einigen Minuten immer noch nicht erschien, fing ich an mir Sorgen zu machen. Normalerweise war er sehr pünktlich und häufig auch schon vor mir an der Tür. Gerade wollte ich mich auf die Suche nach ihn machen, als er endlich aus seinem Zimmer kam. Doch anstelle seiner Stallklamotten, wie er sie zu nennen pflegte, trug er ausgesprochen feine Kleider, die ich noch nie an ihm gesehen hatte.
Als er mich erblickte, blieb er stehen und sah mich fragend an. Dabei zog er seine rechte Augenbraue hoch und legte den Kopf schief. Diese Angewohnheit hatte ich auch bei Limbara bemerkt, weswegen ich vermutete, dass er sie von ihr hatte.
»Ramura?«, fragte er dann auch schon erstaunt.
»Ja?«, erwiderte ich, ebenfalls verwirrt.
»Hat Limbara dir nicht gesagt, dass das Dorf heute ein Fest feiert, weil du hier bist?«
Verneinend schüttelte ich den Kopf. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass sie ein Fest erwähnt hat.
»Komisch«, murmelte er. »Sie hat mir gesagt, dass sie es dir erzählt.«
»Vielleicht hat sie es einfach vergessen«, verteidigte ich sie. Warum wusste ich selbst nicht einmal, doch ich hatte sie in den letzten drei Wochen lieb gewonnen. Wirklich übel nahm ich ihr nicht, dass sie es vergessen hatte, denn ich hatte nicht wirklich Lust auf ein Fest. Lieber würde ich alle Ställe noch einmal säubern. Als ich dies Satumar erzählte, fing er an zu lachen.
»Wieso möchtest du denn nicht?«, wollte er wissen. »Wird doch mit Sicherheit ganz lustig.«
»Für dich vielleicht«, grummelte ich. Ich wollte nicht, dass die Leute im Dorf mich feierten. In Grunde war ich ja auch nur ein Mensch. Was mich zu so etwas Besonderem machte, dass man mir zu Ehren ein Fest gab, wusste ich wirklich nicht.
»Lass mich raten«, überlegte Satumar. »Du willst nicht im Mittelpunkt stehen und willst auch nicht, dass wir unser Essen für eine Prinzessin ausgeben, die hier Hilfe sucht.«
Langsam nickte ich. So konnte man es sagen.
»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte er mich. »Das Essen würde eh gegessen werden. Ob jetzt bei einem Fest oder nicht. In Bezug auf deine Angst, im Mittelpunkt zu stehen, kann ich dir leider nicht helfen. Ich frage mich nur, wie du es als Prinzessin dein Leben lang ausgehalten hast.«
»Das ist was anderes«, versuchte ich mich rauszureden, was mir aber, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, nicht gelang.
Satumar fing an zu lachen. »Wenn du willst, bin ich die ganze Zeit bei dir. Dann bist du nicht alleine.«
»Das wäre nett«, bedankte ich mich bei ihm.
»Ich gehe mich dann mal umziehen«, grinste ich freudlos.
Mit diesen Worten verschwand ich wieder in dem Zimmer, das ich mir mit Vraldes teilte. Die Kleine war ganz schön nachtaktiv für ihr Alter, was auch mich nachts lange wachhielt. Bis spät in die Nacht redete sie mit mir über Drachen, Sagen, Mythen, Geschichten und andere Dinge, die sie irgendwann irgendwo mal aufgeschnappt hatte. Meistens war das sehr interessant und ich redete gerne mit ihr, doch gerade nach einem anstrengendem Tag wollte ich nichts anderes als schlafen und dann war es manchmal etwas nervig. Als ich jetzt das Zimmer betrat, war Vraldes in ihrem Bett und schlief noch. Gestern hatten wir wohl etwas zu lange über Drachen geredet. Sobald ich an unser Gespräch zurück dachte, musste ich Lächeln. Vraldes glaubte im Ernst, dass es Drachen wirklich gab. Stundenlang lag sie mir damit in den Ohren, dass die Existenz von Drachen eine Tatsache sei und ich nur nicht an sie glaubte, weil ich noch nie einen zu Gesicht bekommen habe. Daraufhin hatte ich sie gefragt, ob sie selbst denn schon einmal einen gesehen habe, doch sie verneinte diese Frage. Verwundert wollte ich dann wissen, wie sie dann darauf kam, dass es Drachen gab. Da meinte sie, dass es sie auch dann geben kann, wenn man sie noch nie gesehen hat.
Vraldes war schon ganz süß. Manchmal ein bisschen zu leichtgläubig, aber eindeutig süß.
Nachdem ich ihr gesagt hatte, dass man dann aber auch nicht beweisen kann, dass es Drachen gibt, eben weil man noch nie einen gesehen hat, fing sie an zu schmollen und wollte erstmal nicht mit mir reden, bevor ich meinte, dass ich ihr glaubte, obwohl sie noch nie einen Drachen gesehen hatte. Daraufhin meinte sie, dass ich dies nur sagen würde, weil ich nicht wollte, dass sie wütend auf mich ist. Angesichts ihres trotzigen Kinderblicks konnte ich sie nicht erneut anlügen, also erzählte ich ihr, was ich über dieses Thema dachte. Daraufhin hatte Vraldes geschnaubt, aber sonst nichts dazu gesagt. Seitdem hatten wir nicht mehr geredet, was aber auch daran lag, dass sie direkt daraufhin einheschlafen wa, während ich noch eine Zeit lang wach gelegen hatte, um über ihre Worte nachzudenken. Was, wenn sie recht hatte, und es wirklich Drachen gab? Wenn ich mal einen sehen würde, dann, so hatte ich es mir vorgenommen, würde ich es Vraldes als erstes erzählen. Mit diesen Gedanken war ich dann auch endlich eingeschlafen und hatte prompt von Drachen geträumt. In meinem Traum flog Vraldes auf einem dieser Geschöpfe und meinte dann, dass ich ungläubig sei und auf den Scheiterhaufen gehörte. Schweißgebadet war ich zum Glück aus dem Traum aufgewacht und hatte einen Moment nicht gewusst, wo ich war, bevor auch der Rest des Traumes verschwand.
In dem Versuch, Vraldes nicht zu wecken, öffnete ich leise den Kleiderschrank und wühlte einen Moment, bis ich endlich ein etwas besseres Kleid herauszog. Es war dunkelblau und sah sehr teuer aus. Limbara hatte es mir überlassen, weil es ihr nicht mehr passte. Bisher hatte ich noch keinen Anlass dafür gefunden, das Kleid anzuprobieren, doch heute war der perfekte Tag dafür. Langsam zog ich mich aus, bevor ich kurz überlegte, wie ich gleich die feinen, stoffüberzogenen Rückenknöpfe schließen sollte, bevor ich es überzog. Eine Zeit lang versuchte ich erfolglos, die verflixte Knöpfe durch die Knopflöcher zu schieben, doch irgendwann gab ich es auf. Aber mit einem offenem Kleid konnte ich auch nicht herumlaufen, weshalb ich leise die Tür öffnete, Vraldes noch einen letzten Blick zu warf und dann hinaus schlüpfte. Kurz sah ich mich um, doch Satumar war der einzige, den ich fand. Sowohl Limbara als auch Amandiel hatten schon vor einiger Zeit das Haus verlassen. Satumar stand mit dem Rücken zu mir, weshalb er mich nicht sofort bemerkte.
»Satumar?«, fragte ich leise, darauf bedacht, ihn nicht zu erschrecken.
Blitzschnell drehte er sich um, ein erschrockener Ausdruck im Gesicht, bevor er mich erkannte. So viel dazu, dass ich ihn nicht erschrecken wollte. Langsam musterte er mich von oben bis unten.
»Gut siehst du aus«, flüsterte er mit rauer Stimme.
»Danke«, murmelte ich verlegen. »Das Kompliment kann ich nur zurück geben.«
Jetzt war es an ihm, verlegen nach unten zu sehen. Mit einem leichten Lächeln bedankte er sich, bevor er fragte, ob wir los wollen.
»Wenn du mir eben hilfst die Knöpfe zu schließen, dann bin ich fertig.«
»N... Natürlich«, stotterte er überrumpelt.
Langsam drehte ich mich um und als ich seine warmen Finger auf meinen Rücken spürte, lief mir ein angenehmer Schauer über die Wirbelsäule. Seine Finger wanderten sanft von einem Knopf zum anderen, während er sie einen nach dem anderen geschickt schloss. Als er beim letzten und obersten Knopf ankam, strich er leicht über meinen Nacken und nahm sanft meine Haare zur Seite. Sofort spürte ich, wie ich aufgeregt wurde. Wird er mich küssen?, schoss es mir durch den Kopf und gleichzeitig verfluchte ich mich für meine Hoffnung.
Sanft fielen meine Haare neben meinem Kopf an mir herunter und schon spürte ich seinen Atem auf meiner Haut. Sofort stellten sich mir die Haare auf und nichts wünschte ich mir sehnlicher, als dass er mich jetzt küsste. Fast konnte ich schon seine Lippen auf meiner Haut spüren. Eine Aufregung machte sich in mir breit, die ich so noch nie gespürt hatte.
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