Streit
Der Gastraum in Mhilrams Haus war gut gefüllt. Neben einigen der männlichen Dorfbewohner hielt sich noch eine Gruppe Reisender aus Rohan hier auf, die mit Faris Geschäfte machten. Gerade zu diesen zunehmende unsicheren Zeiten, wo Orks und Wegelagerer umher zogen, war es ungewöhnlich, Fremde im Dorf zu haben.
Was Thrain, der in einer Ecke des Raumes saß und still sein Bier trank, aus den Unterhaltungen heraus hörte, hatte Faris seine Gäste nach einem Abendessen in Skolviths Gasthaus hierher geführt.
Doch sonderlich interessierte der Zwerg sich nicht für die Gäste. Seine Gedanken weilten bei Ira, die diesen Abend frei hatte und ihn mit ihm verbringen wollte. Während er auf sie wartete, hatte Mhilram ihn mit Bier versorgt und bis auf ein gelegentliches Nicken ignorierten die Mädchen ihn, wussten sie doch, dass er nur wegen Ira hier war.
Auch Musmasum trieb sich in dem Raum herum. Mit hoch gerecktem Schweif streifte die junge Katze zwischen den Stühlen und Sesseln umher, ließ sich kraulen und kam schließlich mit leisem Maunzen auf Thrain zugelaufen, dem sie zutraulich auf den Schoß sprang. Lächelnd kraulte er die Kleine, einen Moment wehmütig an Biest denkend, die er tatsächlich immer wieder sehr vermisste.
Sein Blick glitt durch den einfachen Raum. Dessen Fensterläden waren mittlerweile verschlossen und blockierten den Blick durch das milchige Glas nach draußen auf den Gebirgsbach. Die Gäste hatten auf einer Reihe bunt durcheinander gewürfelter, abgewetzter Sitzgelegenheiten Platz genommen, scharf beobachtet von Mhilram, die hinter ihrer Theke stand und ein kleines Fass Bier, das sie von Skolvith bezog, bewachte. Nube und Gloida waren auch anwesend, plauderten mit den Gästen, zogen an der ein oder anderen Pfeife, die ihnen hingehalten wurde oder ließen sich mal für eine längere Unterhaltung auf einem stoffbezogenen Stuhl nieder.
Die Gäste aus Rohan erhoben sich und verließen nach einem Abschied den Raum, offenbar wollten sie sich von ihrer langen Reise erholen. Deutlich ruhiger war es nun in dem kleinen Raum und zufrieden Musmasum kraulend freute Thrain sich darauf, bald wieder Ira im Arm zu halten.
Den ganzen Tag hatte er in der Schmiede gestanden. Seit dem Angriff auf Nebelgrund vor wenigen Wochen, der, Mahal sei Dank, nur wenige Opfer gefordert hatte, fertigte Thrain nun zunehmend auch Waffen für die Dorfbewohner. Alle waren nun in einem permanenten Zustand der Alarmbereitschaft. Die Anspannung zerrte an den Nerven und Angst vor einem weiteren Angriff hatte sich über die Siedlung gelegt. Tatsächlich schienen die Orks etwas von den Vorräten an abgebautem Kupfer gestohlen zu haben, auch wenn es Thrain ein Rätsel war, was sie damit anfangen wollten.
Eine plötzlich laute Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und er hob den Kopf.
Faris, nun allein sitzend und nach mehreren Humpen Bier, rief Nube zu sich heran. Die blonde und ungewöhnlich große Zwergin kam elegant auf ihn zugeschritten.
„Nube!", begrüßte der Händler sie mit breitem Grinsen und deutlich lallender Stimme. Im Hintergrund hob Mhilram den Kopf und beobachtete ihren Gast scharf.
Nube legte den Kopf schief und lächelte einstudiert auf Faris hinab, der bekanntermaßen eine deutliche Schwäche für sie hatte. „Findest du nicht, dass du langsam genug getrunken hast?", fragte sie. „Ach was!", entgegnete der Zwerg lachend und erhob sich schwankend. Seine Arme legte er um Nubes Hüfte, erst um sich zu stützen, dann zog er die Frau an sich heran. Umstandslos glitt eine seiner Hände an ihrer Taille entlang zu ihren Brüsten.
„Wir zwei sollten mal nach oben gehen.", fuhr er fort. Nube jedoch machte einen unwilligen Schritt zurück und entkam so der Umarmung des Zwerges. „Du hast eindeutig zu viel getrunken, um auch nur irgendwas in Anspruch zu nehmen!", erwiderte sie kalt.
Besorgt setzte Thrain Musmasum auf dem Boden ab, da er ahnte, dass Faris nicht locker lassen würde. Auch Mhilram kam langsam hinter ihrer Theke hervor, die Szene mit zunehmender Wut beobachtend.
Faris folgte Nube tatsächlich, griff mit noch erstaunlich sicherem Griff ihre Handgelenke und hielt sie fest. „Ich bezahle für dich, Hure!", zischte er, „Du hast mir zu gehorchen!" Offensichtlich ungeduldig packte er ihren Rock.
„Faris!", schnitt Mhilrams Stimme da durch die Luft. Mit schnellem Schritt war die Zwergin bei den beiden. „Raus hier!", fuhr sie den Betrunkenen an, ihre Stimme so voller Zorn wie Thrain es noch nie gehört hatte.
Doch der Zwerg lachte nur, zerrte Nube an sich und wollte sie zur Tür ziehen. Thrain sprang auf die Füße, im gleichen Moment in dem Mhilram den Zwerg an der Schulter packte. Die kurze Unaufmerksamkeit Faris' nutzend, riss Nube sich los und lief rasch hinter Mhilram. Diese baute sich vor Faris auf. „Wag es nie wieder, eines meiner Mädchen anzufassen!", schrie sie ihn mit rotgefleckten Wangen an.
Faris machte einen Schritt auf sie zu, vielleicht wollte er angreifen, doch er kam nicht weit, denn nun war Thrain herangekommen und ein wohl platzierter Schlag an sein Kinn sandte den Zwerg zu Boden.
Heftig atmend stand Thrain über dem nun bewusstlosen Faris. Wut fuhr wie Feuer durch seine Adern und der Gedanke, dass Ira auch Opfer dieses Übergriffes hätte werden können, ließ seinen Zorn nur weiter steigen.
Totenstill war es in dem Raum geworden, die verbliebenen Gäste starrten zu dem niedergeschlagenen Faris hinüber. „Danke.", flüsterte Nube leise Thrain und Mhilram zu, die einen Arm um ihren Schützling gelegt hatte.
„Ich bringe diesen rukhs shirumund caragu* nach draußen.", sagte Thrain zu Mhilram, packte Faris grob an den Armen und schleifte ihn aus dem Zimmer.
Unsanft beförderte er den Blonden aus dem Haus und auf die abendliche Straße. Als er wieder ins Haus kam, stieg eben seine Ira die Treppe hinab ins untere Stockwerk, gefolgt von einem Menschen des Dorfes, der Thrain mit einem Grinsen ansah. „Holst du deine Frau ab, Tarl?", fragte er, „Eigentlich müsstest du doch genug verdienen, aber es ist unsere Freude, dass Ira immer noch arbeitet."
Die Hitze schoss Thrain ins Gesicht, als der Kunde seiner Liebsten so zielsicher in den einzigen wunden Punkt ihrer Beziehung stach. Wütend ballte der Zwerg die Fäuste und machte einen Schritt auf den Mann zu. Wie konnte er es wagen, über sie zu spotten! Die Vorstellung, dass dieser Kerl eben noch Iras wunderbaren Körper hatte genießen können, schürte die rasende Eifersucht in ihm nur noch weiter. Es war schon ohne beißende Bemerkungen für ihn jedes Mal eine Überwindung, Iras Arbeit zu akzeptieren. Den Impuls, jeden ihrer Kunden von ihr fort zu jagen, musste er immer wieder unterdrücken.
Ira trat rasch an Thrains Seite. „Komm Tarl,", sagte sie sanft, „lass uns gehen." Arm in Arm verließen sie das Haus. Dort erblickte Ira den im Straßengraben schnarchenden Faris und zog irritiert die Augenbrauen in die Höhe. „Wie kommt Faris denn hier hin?", fragte sie, doch Thrain schüttelte den Kopf. „Lass mich dir ein anderes Mal davon erzählen.", erwiderte er. Jetzt wollte er sie nicht mit dem Angriff auf Nube belasten.
Am nächsten Tag hatte Ira frei und die beiden Zwerge gingen gemeinsam zur Nebel, die jetzt besonders fischreich war. Thrain hatte sich von Skolvith eine Angel geliehen und mit etwas Proviant ausgestattet, wollten sie den Tag am Fluss verbringen.
Nur wenige Wolken zogen über den strahlend blauen Himmel und schon am Vormittag stieg in den Straßen des Dorfes die Temperatur beachtlich. Auch die kühlen Winde von den Bergen blieben nun aus. Thrain freute sich bereits, dass in einigen Wochen der Spätsommer sich dem Herbst entgegen neigen und Abkühlung bringen würde. Dass er hier bereits sehr viel südlicher war als am Erebor, war ihm in den letzten Wochen deutlich bewusst geworden.
Auf den Feldern des Dorfes bogen sich die schweren Getreideähren, goldgelb in der Sonne schimmernd und reiche Ernte versprechend. Ira und Thrain kamen an einigen Bauern vorbei, die vor der Mittagshitze noch ihre Felder bestellten, ihnen folgte die kleine Musmasum, neugierig an dem einen oder anderen interessanten Fleckchen Erde schnüffelnd, dann aber wieder ihren Pflegeeltern hinterher eilend.
Angenehme Temperaturen empfingen sie am Flussufer. Das rauschende Wasser des Gebirgsbaches kühlte die Luft ab und die Bäume, die bis an den Fluss heran reichten, spendeten wohltuenden Schatten. Ira lief zielbewusst in Richtung des gemeinsamen Lieblingsplatzes, wo sie sich unter dem raschelnden Blätterdach einer Weide auf dem Moos niederließ.
Zufrieden die Beine von sich gestreckt und an den Baum gelehnt beobachtete sie, wie Thrain den Köder für die Angel vorbereitete und auswarf. Umsichtig sicherte der Zwerg die Angel mit einigen Ufersteinen, dann ging er zu seiner Geliebten, setzte sich neben sie und legte einen Arm um sie. Musmasum kauerte sich nicht weit von ihnen entfernt ins Ufergras und beobachtete mit zuckendem Schwänzchen einen kleinen Vogel, der sich unvorsichtigerweise naher der Katze nieder gelassen hatte.
Mit einem wohligen Seufzer kuschelte sich Ira an Thrain und liebevoll gab er ihr einen Kuss auf die Stirn. Es war ein wunderschöner Tag und eigentlich war alles perfekt. Er saß hier, an diesem herrlichen Fluss, mit der schönsten Frau Mittelerdes an seiner Seite, die seine Liebe erwiderte, er litt keinen Hunger und hatte ein Dach über dem Kopf.
Und doch war Thrain unruhig. Dabei waren es noch nicht einmal die Nachrichten von Angriffen auf Dörfer und Höfe, die sich nun immer mehr häuften und die erhöhte Anzahl von Orks, die man beobachtete, welche ihn rastlos werden ließen.
Nein, die Szenen in Mhilrams Haus vom Vorabend gingen ihm nicht aus dem Kopf. Nube, die sich mit zunehmender Angst versucht hatte, von Faris loszumachen... Faris, wie er spottend und respektlos sie wie einen Gegenstand behandelt hatte, über den er frei verfügen konnte... Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn er und Mhilram nicht da gewesen wären! Immer wieder sah er anstatt Nube Ira, wie sie angegriffen wurde, gezwungen wurde...
Der beißende Spott und die Beleidigung, die er von Iras Kunden hatte erdulden müssen! Was waren sie beide nur für ein Paar, wo er zuließ, dass seine Gefährtin von anderen Männern berührt wurde! So sollte es nicht sein! Er wollte dem nicht länger zusehen! Doch es gab nur eine Möglichkeit, dem ein Ende zu setzen und davor scheute er zurück.
Eifersucht, Sorge und Zorn brodelten nun schon seit Wochen in Thrain und mittlerweile fiel es ihm immer schwerer, diese zu unterdrücken.
Unbehaglich rückte er an seinem Platz hin und her, sodass die Zwergin irritiert den Kopf hob. „Was hast du, Tarl?", fragte sie besorgt, als sie seine düstere Miene erblickte.
„Ach... Es ist nichts.", murmelte er und gab ihr einen kurzen Kuss. „Ich glaube, da hat was angebissen." Er stand auf und ging zu der Angel, die überhaupt nicht gewackelt hatte und wo auch nach wie vor kein Fisch hing.
Thrain ließ sich ein wenig Zeit, um die Angel zu kontrollieren, sodass sich sein aufgewühltes Blut etwas beruhigen konnte. Doch viel half es nicht. Mit einem Seufzen wandte er sich wieder der Geliebten zu, die verträumt mit dem Anhänger spielte, den er ihr im Frühjahr geschenkt hatte, und die lauernde Katze beobachtete.
„Ich mache mir Sorgen um dich.", gab er schließlich zu.
„Warum?", fragte Ira und sah ihn aufmerksam aus ihren Kristallaugen an.
Thrain holte tief Luft und ging wieder zu ihr zurück. „Was wenn wir erneut angegriffen werden? Die Nachrichten von Orks und Trollen, die umher ziehen, häufen sich. Wegelagerer, die Händler überfallen, seltsame Reiter, die ganze Dörfer in Angst und Schrecken versetzen... Früher oder später wird es auch unser Dorf wieder treffen!", erklärte er sich. Es war nicht die gesamte Wahrheit und nur ein Bruchteil dessen, was ihn beschäftigte. Doch er traute sich einfach nicht, sich Ira gänzlich zu offenbaren.
Die Zwergin erwiderte ernst seinen Blick und nickte. „Ja, wir leben in zunehmend unsicheren Zeiten. Aber was sollen wir tun? Dies ist unsere Heimat. Wir können nirgendwo anders hin.", erwiderte sie.
Thrains Blick fiel auf den Dolch, den er ihr einst geschenkt hatte, als er noch seine Gefühle versucht hatte, vor ihr geheim zu halten und eine plötzliche Eingebung kam ihm.
„Steh auf!", sagte er und hielt ihr die Hand hin, „Ich lehre dich den Umgang mit deinem Dolch."
Mit etwas überraschtem aber erfreutem Gesichtsausdruck ergriff Ira seine Hand und ließ sich in die Höhe ziehen. Sie löste die Waffe von der Schleife ihres Kleides und stellte sich vor Thrain, den Dolch so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervor traten.
Mit einem milden Lächeln griff er nach ihrer Hand und löste vorsichtig die Waffe aus ihrem verkrampften Griff. „Nicht so fest...", murmelte er, „Deine Hand, dein Arm und deine Schulter müssen ganz entspannt sein, damit sie schnelle Bewegungen ausführen können. Der Dolch ist nicht schwer, halt ihn so sacht wie eine Feder und doch sicher." Sanft ordnete er ihre Finger richtig, trat hinter sie und drückte ihre hoch gezogenen Schultern nach unten.
Geduldig begann er ihr zu erklären, wo sie hinzielen sollte, um einen Feind möglichst rasch kampfuntauglich zu machen. Und so begannen sie zu üben, während Musmasum sich auf einem Sonnenfleck einrollte und aus halb geschlossenen Augen die beiden Zwerge beobachtete.
Thrain lehrte Ira die wichtigsten Stich- und Hiebbewegungen, ließ sie die Angriffe wieder und wieder durchführen und korrigierte ihre Haltung. Seine Liebste zeigte sich als gelehrige und motivierte Schülerin und für einen kurzen Moment dachte er daran, wie sehr seine Schwester es genossen hätte, Ira zu unterrichten. Doch als er dann als Gegner herhielt und Ira ihn angreifen sollte, wofür sie den Dolch durch einen dünnen Ast ersetzten, zögerte die Zwergin.
Anstatt ihn anzugreifen, ließ sie ihre Waffe sinken und schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass ich das je lernen werde.", sagte sie mutlos. „Warum?", erwiderte Thrain, „Du hast doch bisher alles ohne Probleme umgesetzt. Ich habe Krieger gesehen, die sich mit neuen Kampftechniken mehr abgemüht haben als du jetzt."
„Das meine ich nicht.", sagte Ira und trat einen Schritt zurück. „Ich will nicht lernen, zu töten." Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
Ernst erwiderte Thrain ihren Blick. „Und das ist auch gut so.", sagte er. „Keinem Krieger sollte es gefallen, zu töten. Gefährlich wäre er sonst für jeden in seiner Umgebung. Doch ist es notwendig, auch wenn es nie angenehm ist und einen die Toten oft monatelang verfolgen." Er ergriff Iras Hände und sah ihr fest in die Augen. „Wenn du in einem Kampf bist, denkst du darüber jedoch nicht nach. Du reagierst nur noch und dein Körper erinnert sich an das Gelernte. Und denke daran, Liebste, dass ich keine Kriegerin aus dir machen will. Ich bringe dir nur bei, was du wissen musst, um dein eigenes Leben zu schützen."
Sacht küsste er ihre Stirn, trat wieder zurück. „Komm, du kannst das.", sagte er und tatsächlich machte die Zwergin einen raschen Ausfallschritt nach vorne und zielte auf sein Zwerchfell. Stolz nickte Thrain. Zwar hatte er den Angriff lange kommen sehen und jeder einigermaßen geschulte Gegner könnte Ira ohne Probleme ausweichen, aber für den Anfang machte sie gute Fortschritte. Er ließ sie weiter üben und vergaß darüber sogar seine Sorgen und die unterschwellige Wut über ihre Arbeit.
Die Sonne verließ den Zenit und wanderte weiter in Richtung Horizont. Am späten Nachmittag machten die zwei Zwerge sich auf den Rückweg. Zwei Fische hatten an ihrer Angel angebissen, die Thrain nun bei sich trug, um sie über dem Feuer für sie zu räuchern. Ira hatte Musmasum hoch auf die Arme genommen, da die kleine Katze am Flussufer eingeschlafen war.
Zufrieden hatte Thrain einen Arm um Ira gelegt und führte sie die Straße entlang. Die wuterfüllten Gedanken waren vergessen.
Zwei Zwerge kamen ihnen entgegen, scheinbar eben von der Arbeit in der Kupfermine heimkehrend. Einer winkte Ira zu und sie erwiderte fröhlich lächelnd den Gruß. Mit nur schwer unterdrücktem Knurren zog Thrain sie fester an sich. Seine gute Laune drohte bereits wieder zu verschwinden.
„Ira!", rief da einer der beiden übermütig, „Ich komme dich morgen besuchen! Habe extra gespart... Ziehe doch dein rotes Kleid für mich an, ja?" Ira lachte und winkte dem Zwerg zu.
Das war zu viel für Thrain. Unfassbare Wut stieg in ihm empor und all die Eifersucht auf Iras Kunden entluden sich über dem Zwerg.
„Verschwinde! Und Finger weg von meiner Frau!", bellte er ihn an. Seine Augen sprühten Funken. Sein Gegenüber wollte schon zu einer heftigen Erwiderung ansetzen, doch sein Begleiter, der wohl ahnte, dass der Schmied in diesem Moment nur zu gern zuschlagen würde, packte ihn am Arm und zog ihn weiter, bevor die Situation eskalieren konnte.
„Tarl!", rief Ira entsetzt, als die beiden verschwunden waren. „Was bei Mahal fällt dir ein?", fragte sie vollkommen fassungslos.
„Komm mit!", knurrte Thrain, packte sie und zog sie weiter zur Schmiede.
Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel und sie allein in der Werkstatt waren, setzte Ira die mittlerweile erwachte Katze ab und fragte erneut: „Was sollte das denn werden? Was hast du?" Fassungslos warf sie die Hände in die Höhe.
„Es ist nichts!", fauchte Thrain wütend. Schwer atmend stapfte er einige Schritt von ihr weg zur Esse. Wie von selbst fand seine Hand den Griff eines der schweren Schmiedehämmer und seine Finger legten sich so fest darum, dass die Knöchel weiß hervor traten. Die Schultern des Zwerges bebten vor kaum zurückhaltbarer Wut.
„So sieht es mir nicht aus!", ließ seine Liebste nicht locker.
„Kannst du es dir nicht denken?", knurrte er ungehalten. Er wollte nicht reden. Er wollte jedem Zwerg, der es wagte, Ira auch nur anzuschauen, das Genick brechen!
„Nein...", kam es von hinten.
Das brachte das Fass zum Überlaufen. „Dann schau uns doch mal an!", brüllte er aus voller Kraft und wirbelte herum. „Der Schmied und die Hure!" Wütend schleuderte er den Hammer beiseite, der eine Holzkiste traf und zerschmetterte. Musmasum schreckte empor und flitzte durch einen Spalt in der Hintertür ins Freie, fort von dem tobenden Zwerg.
„Ich werde es nicht mehr dulden, dass andere dich berühren! Ich ertrage es nicht, Ira! Die Vorstellung, dass andere Männer...!" Die Stimme brach ihm. Das Blut rauschte Thrain in den Ohren, seine Hände zitterten.
Ira verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn ruhig an. „Das ist meine Arbeit. Und ich habe dir immer wieder gesagt, dass mein Herz nur dir gehört, Tarl!", erwiderte sie leise.
Doch ihre Wut brachte ihn nur noch mehr zum Toben. „So sollte es nicht sein!", rief er händeringend. „Siehst du nicht, wie wir belächelt werden, wie man sich über uns lustig macht? Ein feines Paar sind wir, wo die Frau Eigentum jedes Mannes im Dorf ist!"
„Ich bin niemandes Eigentum!", rief Ira dagegen. Wut blitzte in ihren hellen Augen auf und sie trat einen Schritt auf den Zwerg zu. „Ich habe, seit ich ein junges Mädchen war, für mich selbst sorgen können! Habe Freiheiten genossen, die anderen Frauen unseres Volkes verwehrt sind. Ich gehöre niemandem! Auch nicht, wenn er Geld für meinen Körper zahlt!"
„Du bist meine Gefährtin!", rief Thrain aufgebracht. „Ich dulde es nicht, dass andere dich berühren dürfen!"
„Und wie soll ich dann meinen Lebensunterhalt verdienen, Tarl?", setzte Ira nach, ihre Stimme scharf wie eine Peitsche. Nicht im mindesten ließ sie sich von dem tobenden Mann vor sich einschüchtern.
„Das brauchst du doch gar nicht!" Thrains Stimme hallte von den Wänden der kleinen Werkstatt wider, die an der Wand ordentlich aufgereihten Werkzeuge schepperten unheilverkündend. Ohne Zweifel hörte man sie auf der Straße, doch das war ihm vollkommen egal.
„Ich verdiene mehr als genug Geld für uns beide!", schrie Thrain seine Ira an, „Ohne Probleme könnte ich für uns sorgen!"
Überrascht zog Ira die Augenbrauen hoch. „Wenn das ein Antrag sein soll...", setzte sie an.
Doch Thrain warf nur wütend die Hände in die Luft und wandte sich ab. Ziellos lief er in der Schmiede auf und ab, versuchte die glühende Wut in den Griff zu bekommen. Doch das Bedürfnis etwas zu zerschlagen war übermächtig, in seinen Ohren sirrte es. Zu lange hatte er dem ganzen Treiben um Ira zugesehen.
„Was verlangst du von mir?", rief Ira. „Ist dir das eigentlich klar?"
Die Zwergin hatte die Hände in die Hüften gestemmt und funkelte ihn wütend an. „Jahrzehntelang habe ich mich selbst versorgt, war unabhängig! Und nun, nun kommst du daher und forderst, dass ich mein Leben für dich vollständig ändere? Soll ich nun die brave Frau des Schmiedes werden, die ihr restliches Leben mit Kochen und Nähen zubringen soll?"
Thrain wollte ihr schon eine zornige Erwiderung entgegen schleudern, doch sie ließ ihn nicht so weit kommen.
„Du forderst so viel Vertrauen von mir, Tarl! Dabei kenne ich dich immer noch kaum! Ich soll mein Leben in deine Hände legen, darauf bauen, dass du für mich sorgen wirst und dabei weiß ich immer noch nichts von deinem Leben, bevor du hierher gekommen bist!", rief sie wutentbrannt, drehte auf dem Absatz um und stürmte aus der Schmiede.
Knallend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
Stille herrschte, nur unterbrochen vom heftigen Atem Thrains. Mit einem Wutschrei warf er sich gegen den Amboss, der mit lautem Aufschlag zu Boden fiel.
*bartlosen Orkmist
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